„Guide me!“ Ivana Orsolic, Tänzerin, Choreographin _ Give Peace A Chance _ Wien 29.4.2023

GIVE PEACE A CHANCE

Ivana Orsolic, Tänzerin, Choreographin



Guide me!

Imagine all the places we could go.

Vanish? Yes, we could vanish.

Everyone would wonder.

Pull them in too,

Embark them on our journey!

And don´t forget to

Celebrate.

Ever so loudly!

Abandon the hate, while

Chasing the freedom.

Help the dreamers,

Awake the sleepers.

Navigate them to move, to

Change.

Ever so loudly!


Text&Performance _ Ivana Oršolić, 23.4.2023

Ivana Orsolic, Tänzerin, Choreographin

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:

Ivana Orsolic, Tänzerin, Choreographin

Zur Person_ Ivana Orsolic, born in 1996 in Zagreb, Croatia, Ivana started her professional dance education at early age. After graduating Art Schools Silvija Hercigonja and Franjo Lučić, she spent one year at Academy of Dramatic Arts Zagreb.

In 2020 she graduated from Music and Arts University of the City of Vienna (MUK), receiving a Bachelor of Art in contemporary dance and ballet. During her studies she intensely worked with choreographers such as Esther Balfe, Eldad Ben Sasson, Alberto Franceschini, Chris Haring and Mani Obeya, as well as spending her internship in Scottish Dance Theater and Croatian National Theater Rijeka. As a freelance dancer Ivana works between Austria and Germany and has performed on stages such as MuTh, Theater an der Wien, Volksoper, Werk X, Theater Arche, Theatre Patraix and Staatstheater Augsburg. She is a dancer and artistic assistant for platform Choreoloop, based in Augsburg, Germany

Text&Choreographie&Styling _ Ivana Orsolic,

Fotos_Walter Pobaschnig 4_23

Walter Pobaschnig _ 23.4.2023

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„Die Verwandlung und die Ambiguität der Literatur werden sicherlich dringend gebraucht“ Paul Jennerjahn, Autor _ Köln 29.4.2023

Lieber Paul Jennerjahn, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Um 8 Uhr klingelt der Wecker. Ich stehe auf, frühstücke am liebsten mit der Zeitung, trinke Cappuccino. Danach geht es an den Schreibtisch, Romanschreiben. Am Nachmittag breche ich zur Spätschicht in einer Geflüchtetenunterkunft auf, in der ich arbeite, vielleicht auch erst kurz vor Mitternacht, wenn eine Nachtschicht ansteht.

Paul Jennerjahn, Autor

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Intuitiv gesagt, denn ich bin nicht kompetent in dieser Frage, weil ich Künstler bin: uns in ein emotionales Verhältnis setzen zu den Krisen, unter denen wir leben. Betroffenheit, nicht im Sinne eines sentimentalen Traurigseins, sondern als Erfahrung.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Ich bin skeptischer geworden, was die unmittelbare Politik der Kunst und der Literatur angeht. Der politische Aufbruch zu einer sozial-ökologischen Transformationsgesellschaft braucht zwingend die Zuspitzung, Eindeutigkeit, Entschiedenheit. Der Literatur nimmt aber Vereindeutigung tendenziell die Luft, die Figuren und die Sprache zum Atmen benötigen. Andererseits: Die Verwandlung und die Ambiguität der Literatur werden sicherlich dringend gebraucht.

Was liest Du derzeit?

Mehrere Bücher gleichzeitig, wie immer. Von Annett Gröschner Walpurgistag. Von Böll Fürsorgliche Belagerung, das stärkere Buch über die Nachwehen seiner Auseinandersetzung mit der Springer-Presse Anfang der 1970er als Katharina Blum. Dann lese ich gerade endlich Girl, Woman, Other von Bernardine Evaristo. Gedichte von Charles Simic, aus der zweisprachigen Anthologie Picknick in der Nacht.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

In ihrem überaus beeindruckenden Buch Death of a Discipline schreibt die Postcolonial-Denkerin Gayatri Chakravorty Spivak über das Mensch-Erde-Verhältnis in Zeiten, die Globalisierung genannt werden, unter anderem das hier: “The globe is on our computers. No one lives there. It allows us to think that we aim to control it.”

Vielen Dank für das Interview lieber Paul, und viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Paul Jennerjahn, Autor

Zur Person_Paul Jennerjahn, geboren 1993, studierte Germanistik und Sozialwissenschaften in Hamburg und arbeitete zunächst als Lehrer. Heute lebt er als Autor in Köln, schreibt regelmäßig Reportagen und Rezensionen für die Stadtrevue und studiert Literarisches Schreiben an der Kunsthochschule für Medien Köln. 2020 erhielt er den Friedrich Engels-Essay-Preis, 2021 den Bad Godesberger Literaturpreis und eine Nominierung zum 29. open mike, 2022 war er Stipendiat am Center for Literature in Münster. Seine Erzählungen, Gedichte und Essays erscheinen in Zeitschriften und Anthologien, u.a. BELLA triste, JENNY, mosaik und KARUSSELL. Gemeinsam mit Julie Sophia Schöttner kuratiert und moderiert Paul Jennerjahn die neue Lesereihe AUSWÄRTSLESUNGEN, die Anfang Mai in Köln Premiere feiern wird. Aktuell arbeitet er an einem Roman und einem Gedichtband.

6.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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Buchmesse Leipzig: „Mitgenommen habe ich 3 dosen paulaner spezi“ Nicolas Mahler, Bildender Künstler_Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Nicolas Mahler, Bildender Künstler_Wien 28.4.2023

Nicolas Mahler, Bildender Künstler _ Wien

Lieber Nicolas Mahler, was macht den österreichischen Gast aus?

das beginnt ja schon einengend.

Ist Österreich für Deutschland nicht immer (nur) ein Gastland?

kann ich auch nicht beantworten, ich verreise normalerweise in kleingruppen von 1-3 personen, selten als land.

Ist „Meaoiswiamia“ Ausdruck des österreichischen Minderwertigkeitskomplexes?

weil es kleingeschrieben ist?

…oder auf den Literaturbetrieb selbst bezogen?

vielleicht soll es implizieren, dass nicht alle österreicher zur buchmesse reisen konnten?

Was hat Österreich was Deutschland nicht hat?

weniger einwohner natürlich. Die messe ist größer als die buchwien.

Wie hast Du die Messetage erlebt und was nimmst Du aus Deutschland mit?

Mitgenommen habe ich 3 dosen paulaner spezi für meinen sohn.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Selbsbeschreibung _ Nicolas Mahler, geboren 1969 in Wien. Lebt immer noch dort. Autodidakt.

Diverse Ausstellungen (genaue Ausstellungsliste und minutiöser Lebenslauf erhältlich gegen Vorauskasse.)

Illustrationen u.a. für Die Zeit, Insel Verlag, Gallimard.
Witze u.a. für NZZ am Sonntag, Titanic.
Comics u.a. für FAZ, Le Monde, Fluide Glacial, La Repubblica.

Seine Bücher erscheinen in 12 Ländern.

https://www.mahlermuseum.com/titel/sprache/deutsch/

Aktuelles Buch_Nicolas Mahler, Akira Kurosawa und der meditierende Frosch

Nicolas Mahler, Akira Kurosawa und der meditierende Frosch

Reprodukt Verlag/Berlin

€16,00 inkl. MwSt., zzgl. Versand

Versandkostenfrei ab EUR 29,00

Akira Kurosawa und der meditierende Frosch

Foto_privat

Interview_Walter Pobaschnig 28.4.2023

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Buchmesse Leipzig: „Österreich war immer der Gockel, der alle befruchtet.“ Gabriele Kögl, Schriftstellerin_Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Gabriele Kögl, Schriftstellerin_Wien

Ist Österreich als Gastland die vorauseilende Revanche für den deutschen (Sommer) Gast?

Nicht nur für den Gast, auch für die vielen deutschen Hackler und Hacklerinnen. Wie wir wissen, stellen die Deutschen den größten Anteil an Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen dar. Jetzt hackeln wir einmal ordentlich in Leipzig auf der Buchmesse und sind heuer dort wohl die meisten Gastarbeitenden.

Gabriele Kögl, Schriftstellerin_Wien

Was zeichnet den österreichischen Gast aus?

Das Klischee: Grantig sein, jammern, alles mit daheim vergleichen und draufkommen, dass es dort eh am Besten ist, wo man herkommt. Und im Ausland wäre es nur wirklich schön, wenn es die Ausländer nicht gäbe.

Manchmal muss man sich als Gast aber auch richtig bemühen, das Klischee zu erfüllen, um die Gastgeber oder das Gastland in der Erwartung nicht zu enttäuschen. Das wird in Leipzig nicht anders sein. Wir werden ihnen schon zeigen, wo der Bartl den Most holt mit unserem Österreichisch.

Wird Leipzig das Literatur-Cordoba für Österreich?

Ich habe es ja schon miterlebt, als Österreich in Frankfurt Gastland war. Damals gab es Leipzig in dieser Form noch gar nicht. Seither sind wir zweimal Weltmeister geworden (LNP)und haben zweimal in Frankfurt gesiegt (DBP). Insofern können wir diesem Medienspektakel gelassen entgegenschauen. Wir haben nichts zu verlieren.  

Ist „Meaoiswiamia“ als majestetischer Plural gemeint, um Deutschland geschickt narzisstisch zu überlisten, oder als Selbstkritik am Literaturbetrieb?

Ich hoffe, irgendjemand in Deutschland versteht es. Wenn wir schon in unserer Geheimsprache dort auftreten, hätte ich gesagt: Meaoiswiamiasanmia. Vielleicht besteht die Überlistung darin, die unüberwindliche Tiefe zwischen der deutschen und der österreichischen Sprache zu manifestieren. Also doch ganz narzisstisch: Miasanmia (und nur die Eingeweihten kriegen es mit, also nur mia söba).

Henne oder Ei? Wer zuerst? Wer war literarisch zuerst da? Österreich oder Deutschland – Wer ist literarische Henne oder literarisches Ei?

Ich glaube, Österreich war immer der Gockel, der alle befruchtet.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Gabriele Kögl wurde in Graz geboren und wuchs in der Weststeiermark auf. Sie absolvierte ein Lehramtsstudium in Graz sowie ein Studium an der Filmakademie Wien. Sie verfasste Drehbücher für Kurz- und Dokumentarfilme, seit 1990 schreibt sie literarische Texte: Romane, Theaterstücke und Hörspiele. Gabriele Kögl erhielt zahlreiche Preise, zuletzt wurde sie 2019 für ihr Hörspiel »Höllenkinder« mit dem Prix Europa für das beste europäische Hörspiel des Jahres ausgezeichnet. Im Picus Verlag erschien 2020 ihr Roman »Gipskind«. members.aon.at/gkoegl

http://www.gabrielekoegl.at/

https://www.picus.at/autoren/gabriele-koegl/

Aktueller Roman_

Gabriele Kögl, Gipskind, Picus Verlag

Einband gebunden, 336 Seiten

Format 13,5 x 21,0

ISBN 978-3-7117-2098-6

Ersch.Datum August 2020

€26,00kaufen

E-Book €19,99E-Book kaufen

Gipskind

Foto_privat

28.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig.

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Buchmesse Leipzig:“Ist der heimische Literaturbetrieb fähig zur Selbstkritik?“ Wolfgang Salomon, Schriftsteller_Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Wolfgang Salomon, Schriftsteller_Wien

Wolfgang SalomonAutor

Lieber Wolfgang Salomon, wie verhält sich ein Gastgeberland als Gast zum Gastgeber als Gast im Gastland?

Fair? Vielleicht ist das ja eine kleine Chance, österreichischen Verlagen zukünftig auch in Deutschland genügend Spielraum zu geben.

Wie lange bleibst Du? – wird Österreich in Leipzig dies zuerst gefragt?

Bei musikalischen Veranstaltungen habe ich Leipzig nicht als Gastgeberstadt, sondern als herzliche Stadt mit noch herzlicheren Menschen kennengelernt. Ich wurde nur gefragt, ob die Anreise lang und beschwerlich war.

Was macht einen österreichischen Gast aus?

Demütig in den spröden Charme dieser faszinierenden Stadt einzutauchen.

Ist „Meaoiswiamia“ eine Aussage bei einem Scheidungsrichter?

Ich kann sowenig mit dieser hölzernen Aussage anfangen, wie ein Scheidungsrichter es könnte.

…oder eine Selbstkritik des Literaturbetriebes?

Ist der heimische Literaturbetrieb fähig zur Selbstkritik?

Was nimmt der Gast Österreich aus Deutschland mit? Offiziell und inoffiziell.

Kulturelle Ohnmacht ist offiziell und inoffiziell grenzüberschreitend.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Jahrgang 1967, typischer Wiener, Reisender, Beobachter und Stimmungsvermittler. Schreibt und fotografiert seit zehn Jahren literarische Reisebücher über Wien, Triest und Venedig und versucht sich zur Zeit gerade an seiner ersten venezianischen Krimi-Trilogie.

Foto_Götz Schrage

Kommende Neuerscheinung _

Wolfgang Salomon, Genießen in Venedig.

Styria Verlag 2023 (Erscheinungsdatum 8. Mai 2023)

Musilhaus Klagenfurt

Weitere Bücher von Wolfgang Salomon_

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28.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig.

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Buchmesse Leipzig: „Auch ein Großevent kann immer nur einen Ausschnitt zeigen.“ Kirstin Breitenfellner, Schriftstellerin_Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Kirstin Breitenfellner, Schriftstellerin_Wien

Kirstin Breitenfellner, Schriftstellerin

Liebe Kirstin Breitenfellner, wie verhält sich ein Gastgeberland als Gast zum Gastgeber als Gast im Gastland?

Da ich in Wien geboren bin, aber in Deutschland in die Schule gegangen bin, da ich Doppelstaatsbürgerin bin und Verwandte in beiden Ländern habe, dem Gastgeber Deutschland und dem Gastland Österreich, da ich sozusagen zweisprachig aufgewachsen bin, kenne ich die verzweifelten Versuche, zwischen diesen beiden Ländern Abgrenzungen zu finden, in dem, was sie eigentlich eint, zur Genüge. Und hoffe, damit auf eine komplizierte Frage noch komplizierter geantwortet zu haben!

Wie lange bleibst Du? – wird Österreich in Leipzig dies zuerst gefragt?

Ich bleibe bis Sonntag und hoffe, darüber keine Rechenschaft abgegeben zu müssen. Außer einer Lesung werde ich versuchen, inkognito heimzuschleichen und eine Antwort auf Frage 1 zu finden 😉

Warum wird Leipzig Österreich nicht so schnell vergessen?

Weil es hoffentlich die österreichische Jahrhundertmalerin Maria Lassnig entdeckt, die hier mit einer Ausstellung mit Zeichnungen, einer Auswahl von Texten aus ihren Notizbüchern („Am Fenster klebt noch eine Feder“, Wieser Verlag) und meinem Roman „Maria malt“ (Picus Verlag) vertreten ist.

‚Über die Präzision der Gefühle / On the Precision of Feelings‘. Ausstellung Maria Lassnig

Ist „Meaoiswiamia“ eine Aussage bei einem Scheidungsrichter?

Es ist eine Aussage, die versucht, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Allerdings in einem höchsteigenen und nicht allgemein verständlichem Idiom. Hoffentlich versteht sie der Gastgeber auch! Der könnte damit eine Holschuld einlösen (gibt es so was???) …

Was nimmt der Gast Österreich aus Deutschland mit? Offiziell und inoffiziell.

Offiziell wird der Gast hoffentlich einen Erfolg nach Hause fahren, inoffiziell wird er vermutlich die notwendige professionelle Evaluation durchführen. Aber: Bei so etwas kann man es nie allen Recht machen und wohl kaum vermeiden, durch Platzierungen und Auslassungen andere Literaturschaffende gekränkt zu haben. Auch ein Großevent kann immer nur einen Ausschnitt zeigen.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Kirstin Breitenfellner wurde am 26.9.1966 in Wien geboren.

Aufgewachsen in Kufstein/Tirol und seit 1972 in Bensheim an der Bergstraße, Deutschland.

Studium der Germanistik, Philosophie und Russisch an den Universitäten Heidelberg und Wien.

Lebt und arbeitet seit 1989 in Wien als Autorin von Romanen, Gedichten, Kinderbüchern und Sachbüchern sowie als Literaturkritikerin, Redakteurin
und Yogalehrerin.

https://www.kirstinbreitenfellner.at/

Aktueller Roman_

Kirstin Breitenfellner, Maria malt. Roman. Picus Verlag. 2022

Einband gebunden

Umfang 464 Seiten

Format 13,5 x 21,0

ISBN 978-3-7117-2130-3

Ersch.Datum August 2022

€28,00kaufen

E-Book €20,99E-Book kaufen

Besprechung _ Literatur outdoors

„Ein mitreißender Roman über eine ganz außergewöhnliche Künstlerin der Moderne“

„Maria malt“ Kirstin Breitenfellner. Picus Verlag

Foto_Mats Bergen.

Walter Pobaschnig _ 28.4.2022.

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Buchmessse Leipzig: „das Programm geht eher weniger Risiko ein“ Christian Klinger, Schriftsteller _ Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Christian Klinger, Schriftsteller_Wien

Christian Klinger, Schriftsteller

Was macht den österreichischen Gast aus?

Zynisch betrachtet, könnte man meinen, der österreichische Gast meint, überall den Ton angeben zu müssen. In der Literatur ist das ein ambitioniertes Ziel, das man durchaus verfolgen sollte, nur so entwickelt sich Literatur fort.

Ist Österreich für Deutschland nicht immer (nur) ein Gastland?

Sprachlich (Austriazismen, die manche Verlage so gar nicht mögen) kann es auch oft Ausland sein. Dies ist jedoch mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Leider ist es für österr. Autor:innen nicht immer einfach, in Deutschland Fuß zu fassen, für die meisten bleibt es ein „Gastland“.

Wird Leipzig das Literatur-Cordoba für Österreich?

Allein über die Frage muss ich schon lachen. Man darf ja nicht vergessen, dass dieses nationale Narrativ, das nicht nur meine Generation geprägt hat, ziemlich genau der Bösartigkeit entspricht, die man dem Wiener im Allgemeinen nachsagt: Auch, wenn es mir nicht nutzt, Hauptsache, es schadet einem Anderen. Österreich war ja aus dem Bewerb draußen, konnte sich aber damit rühmen, auch die Deutschen rausgeboxt zu haben. Ich denke, ein Literatur-Cordoba kann und soll es nicht geben, da die Literatur-Szene eher danach trachtet, Synergien zu finden und man sich gegenseitig fördern will.

Ist „Meaoiswiamia“ Ausdruck des österreichischen Minderwertigkeitskomplexes?

Oder der österr. Selbstüberschätzung. Allerdings, das muss man sagen, das Programm geht eher weniger Risiko ein. Man setzt primär auf eingeführte Personen. Ein Eklat oder Provokation wird so vermieden.

…oder auf den Literaturbetrieb selbst bezogen?

Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich habe weder den Begriff noch das Konzept dahinter richtig verstanden, mich aber auch nicht eingehend damit befasst. Vielleicht versteckt sich das Konzept hinter dieser Begrifflichkeit, mit der die Menschen jenseits der bayrischen Grenzen nichts anfangen werden. Man kann aber auch sagen: Ja, es gibt eben sehr viel mehr, als das, was sich hier präsentiert, die Protagonist:innen sind nur die Speerspitze eines breiten Literaturbetriebs, der sehr viel mehr umfasst.

Was hat Österreich was Deutschland nicht hat?

Einen Dialekt, der sich leider für die Verschriftlichung nur bedingt eignet. Ein „Haste“ versteht man wahrscheinlich auch im Südburgenland oder in Favoriten, während für ein „Ham S‘“ hinter der Grenze bald Schluss ist. Daher ist eben auch das Motto unseres Beitrags für Leipzig durchaus ambitioniert, Verständnis für einen unverständlichen Dialekt zu schaffen.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Christian Klinger, geboren 1966 in Wien, Studium der Rechtswissenschaften.

Seit 2017 Zweitwohnsitz in Triest.

Er veröffentlichte zahlreiche Krimis und Beiträge in Anthologien, erhielt den Luitpolt-Stern-Förderungspreis und war auf der Auswahlliste des Agatha-Christie-Krimipreises (2011). Im Picus Verlag erschien 2020 sein Roman »Die Liebenden von der Piazza Oberdan«. 

Christian Klinger

Aktueller Roman_

Christian Klinger, Ein Giro in Triest, Picus Verlag. 2022

Buch: Hardcover, 296 Seiten

ISBN:  978-3-7117-2116-7

Foto_Paul Feuersänger/Picus Verlag

Ein Giro in Triest

28.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig.

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Buchmessse Leipzig: „eine Aufforderung zu mehr Mit- und Ineinander“ Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin_Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin_Wien

Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin

Ist Österreich als Gastland die vorauseilende Revanche für den deutschen (Sommer) Gast?

Wir nehmen unsere Invasion zumindest sehr ernst: Ich war ab Wien gefühlt nur mit BesucherInnen der Leipziger Buchmesse im Zug. Und das um 06:56, später war kein einziger Platz mehr frei.

Was zeichnet den österreichischen Gast aus?

Eine traumatische Belastungsstörung, wenn die Anreise mit der Deutschen Bahn erfolgt ist. Und die latente Angst, was auf der Rückreise auf einen zukommt.

Wird Leipzig das Literatur-Cordoba für Österreich?

Nach Schweiß riecht es schon einmal.

Ist „Meaoiswiamia“ als majestetischer Plural gemeint, um Deutschland geschickt narzisstisch zu überlisten, oder als Selbstkritik am Literaturbetrieb?

Selbstkritik weiß ich nicht. Aber ich höre darin schon eine Aufforderung, die sich an beide Seiten richtet, zu mehr Mit- und Ineinander.  

Henne oder Ei? Wer zuerst? Wer war literarisch zuerst da? Österreich oder Deutschland – Wer ist literarische Henne oder literarisches Ei?

Es gab und gibt in beiden Ländern Hennen und Eier.

Herzlichen Dank!

Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin

Zur Person_Sophia Lunra Schnack (*1990) lebt und schreibt überwiegend in Wien. Sie verfasst Lyrik und (lyrische) Prosa, die bisher u.a. in den Manuskripten, in der Poesiegalerie, in Das Gedicht oder in den Signaturen publiziert wurden. 

Ihre Texte rücken Materialität, Musikalität und Sensualität der Sprache ins Zentrum. 

Die Autorin schreibt sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch. Immer wieder sucht sie eine klanglich-atmosphärische Annäherung zwischen den beiden Sprachen.

2022 erhält sie den rotahorn-Förderpreis.

Im August 2023 erscheint im Otto Müller Verlag ihr Debütroman „feuchtes holz“.

Ab März 2023 leitet sie einen Lyrikblog für „Das Gedicht“ (Hg. Anton Leitner).

Derzeit arbeitet Schnack an ihren zweisprachigen  Gedichtbänden „getrocknete mohnblumen – coquelicots séchés“ sowie „wimpern piniengrün – cils verts de pins“.  

Jeden zweiten Freitag veröffentlicht sie außerdem ein Gedicht in ihrem Blog „Lyrik am Freitag“ auf Facebook und Instagram.

https://www.sophialunraschnack.com/

Foto_Walter Pobaschnig 3/23

Walter Pobaschnig _ 28.4.2023

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Buchmessse Leipzig: „Das hier ist eine Milchmesse und wir sind die Kühe.“ Gertraud Klemm, Schriftstellerin _ Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Gertraud Klemm, Schriftstellerin_Wien

Gertraud Klemm, Schriftstellerin_Wien

Liebe Gertraud Klemm, ist Österreich als Gastland die vorauseilende Revanche für den deutschen (Sommer) Gast?

Es geht doch nur darum, dass das Geld in Zirkulation bleibt. Mit Rache hat das nichts zu tun.

Was charakterisiert den österreichischen Gast?

Ich denke, unser kleines Minderwertigkeitsgefühl, das immer auch etwas großkotzig daherkommt. In der Literatur und überall sonst auch. Sonst wollen wir das deutsche Geld, egal aus welcher Tasche.

Wird Leipzig das Literatur-Cordoba für Österreich?

Ein trauriger Befund. Ich finde Literatur aus Österreich viel zu gut, um das depperte Fußball zu bemühen. Die Wahrheit ist eine kapitalistische. Ich bin gerade beim Frühstück im Hotel gesessen, daneben haben irgendwelche Verlagsmenschen über ein Skript gelästert. Das hier ist eine Milchmesse und wir sind die Kühe. Kühe sollten auf Weiden und in Ställen sein.

Ist „Meaoiswiamia“ als majestetischer Plural gemeint mit dem WIR geschickt Deutschland narzisstisch überlisten?

Ich mag nichts zu dem Wort sagen.

Wer kann besser lesen – Deutschland oder Österreich?

Besser heißt mehr. Deutschland natürlich! Wie viele deutsche Autoren und Autorinnen kennst Du, die auf den österreichischen Markt schielen, und wie ist es umgekehrt?

Herzlichen Dank!

Zur Person_Gertraud Klemm, 1971 in Wien geboren, studierte Biologie und arbeitete als hygienische Gutachterin bei der Stadt Wien. Seit 2006 ist sie freie Autorin. Ihr Roman „Aberland“ stand 2015 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Für ihre Texte erhielt sie zahlreiche Preise, u.a.: Publikumspreis beim Bachmannpreis 2014, Outstanding Artist Award für Literatur 2020, Ernst Toller Preis 2021, Anton Wildgans Preis 2022. Zuletzt erschien ihr Roman „Hippocampus“ bei Kremayr & Scheriau.

https://www.kremayr-scheriau.at/autoren/gertraud-klemm/

Aktueller Roman _ Gertraud Klemm, Einzeller

Gertraud Klemm, Einzeller

Hardcover mit Schutzumschlag

312 Seiten, Format 12,0 x 20,0

1 Auflage, Kremayr & Scheriau 2023

24,00 € inkl. MwSt.

ISBN: 978-3-218-01382-6

https://www.kremayr-scheriau.at/bucher-e-books/titel/einzeller/

Gertraud Klemm, Hippocampus.


Gertraud Klemm, Hippocampus.

Kremayr & Scheriau

384 Seiten, Format 12,0 x 20,0

3 Auflage, Kremayr & Scheriau 2021

22,90 € inkl. MwSt.

ISBN: 978-3-218-01177-8

Hippocampus

Foto_Dirk Skiba

Walter Pobaschnig 28.4.2023

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Bachmannpreis _ Rückblickinterview: „der Bachmannpreis hat sehr viel Energie und setzt auch viele Energien frei“ Martin Amanshauser, Schriftsteller _ Bachmannpreisteilnehmer 2000 _ Wien 28.4.2023

Bachmannpreis _ Rückblickinterview

Martin Amanshauser, Schriftsteller_

Martin Amanshauser, Schriftsteller_ Bachmannpreisteilnehmer 2000 _

Lieber Martin Amanshauser, Du hast 2000 am Bachmannpreis in Klagenfurt teilgenommen. Wie kam es zu Deiner Teilnahme und wie gestaltete sich Deine Vorbereitung?

Ich wurde von Robert Schuindel gefragt, ob ich teilnehmen wolle, und schließlich wurde ich eingeladen. Ursprünglich hatte ich vor, einen Text aus meinem im darauffolgenden Herbst bei Deuticke erscheinendem Roman „NIL“ vorzulesen, den Schindel ziemlich gut gefunden hatte. Ich fand aber schließlich, dass die Stelle zu unabgeschlossen sei und wollte plötzlich mit einer „amerikanischen“ Kurzgeschichte an den Start gehen, die ich eigens für den Preis schrieb, mit Begeisterung. Ich meinte zu Schindel, ich fühlte mich wohler mit etwas, das aus einem Guss sei. Schindel war nicht begeistert, ganz im Gegenteil, aber er meinte, dass ich das schon selbst entscheiden müsste. Er warnte mich aber auch, denn er war überzeugt davon, dass ich mit dem Romanausschnitt bessere Chancen haben würde. Ich war jung und eigensinnig und dachte, ok, da setz ich mich durch.

Welche Erwartungen hattest Du?

Zuerst nur wenige, aber je näher der die Veranstaltung kam, desto ehrgeiziger wurde ich. Ich dachte, das Ding muss doch zu gewinnen sein mit dieser coolen Geschichte.

Gab es im Vorfeld der Veranstaltung Kontakte zu den Mitlesenden und der Jury und wie war der Kontakt (Kontaktmöglichkeiten) vor Ort?

Nein, ich kannte ein paar der Mitlesenden, hatte aber keinen spezifischen Kontakt und außer Schindel kannte ich niemanden in der Jury persönlich. Vor Ort war alles sehr familiär und ich lernte einige der Mitlesenden kennen.

Die Jury war nicht wirklich greifbar, die mischten sich nicht so unter die Menschen, was ich auch verstehen kann, jeder will ja von denen etwas. Ich sah nur Schindel, und manchmal diesen einen Rädelsführer der Jury, ein Deutscher, dessen Namen ich vergessen habe. Ich fand seine Präsenz abscheulich. Der war ja noch arroganter als ich!

Welchen Text hast Du in Klagenfurt vorgestellt?

Die Kurzgeschichte „El Examen“, in 1. Person von einer lateinamerikanischen Studentin erzählt, die auf der Uni in Genf eine wichtige Prüfung ablegt und dabei schwindelt, ohne erwischt zu werden. Für mich war es eine klassische Short Story, ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand viel daran kritisieren würde. Ich legte vor allem Wert auf stilistische Genauigkeit. Mir war damals nicht klar, dass es darum bei diesem Wettbewerb gar nicht ging.

Wann hast Du gelesen und wie hast Du Dich unmittelbar auf Deine Lesung vorbereitet?

Ich habe, glaub ich, am ersten der drei Tage gelesen, um 11 Uhr. Die Vorbereitung daheim hatte darin bestanden, dass ich den Text vor Videokameras ein paar Mal las. Direkt vor der Lesung bereitete ich mich so vor, dass ich die Lesung eines meiner direkten Mitlesenden, Georg Klein, im Fernsehen ansah, ein Text, den ich absolut nicht gut fand und von dem ich dachte, den mit seinen elendsvielen unoriginellen Adjektivkaskaden werden die sicher voll verreißen und zerreißen – ich kann nicht verhehlen, dass ich kein Mitleid verspürte mit ihm – und dann mit einem ausgiebigen Frühstück im Moser Verdino. Ich hatte gefürchtet, nervös zu sein, aber ich war dann überhaupt nicht nervös, sondern gut angeregt, als ich auf die Bühne ging.

Wie hast Du Deine Lesung und die Jurydiskussion erlebt?

Unterschiedlichst. Die Lesung war wunderbar. Ich hatte noch nie auf der Bühne ein dermaßen gutes Gefühl bei einer Lesung. Die Stimmung war zauberhaft. Das Publikum lauschte atemlos, es saßen total viele Schüler/innen aus Klagenfurt im Publikum, ich merkte so richtig, wie alle mit dem Text mitgingen. Selten in meinem Leben war ich so zufrieden mit einer Performance.

Die Jurydiskussion überraschte mich hingegen sehr.

Ich musste eine harsche Kritik einstecken, auf die ich nicht gefasst war. Ich fand auch, dass einige von denen nicht gerade intelligente Dinge über meinen Text sagten (ich glaube, vielen Autoren/innen geht es so). Ich war angesichts der negativen Perzeption sehr vor den Kopf gestoßen. Der Unterschied zwischen der zauberhaften Stimmung vorher und der Abkanzelung nachher war sehr hart zu nehmen. Vor allem hatte ich aber das Gefühl, dass sie schnell durch wollten und sich keine Mühe gaben, wirklich über den Text zu sprechen, was auch de facto so war, denn „meine“ Diskussion war wegen irgendeiner TV-internen Sache (Werbung? Vorschauen für andere Sendungen?) um zehn Minuten kürzer als jene bei den meisten Mitlesenden. Also ich hatte kein Glück, und Pech kam auch noch dazu. Ich war echt deprimiert, als mir klar wurde, diesen Preis werde ich jetzt doch nicht gewinnen, nicht den großen und auch keinen anderen.

Im Lauf der nächsten Tage kam sogar eine Jurorin, die schwächste, die sich öffentlich gar nicht zu Wort gemeldet hatte, bei mir vorbei und sagte, dass ihr mein Text eigentlich total gut gefallen hätte, dass sie aber gar nicht dazugekommen wäre, das in der Diskussion zu sagen. Ich fand das eh nett, es half mir aber nichts. Ich verbrachte einen ganz akzeptablen Tag, machte gute Miene zum bösen Spiel, gab mich optimistisch, aber am Abend im Hotelzimmer musste ich sehr stark weinen.

Wie gestalteten sich für Dich die weiteren Lesungstage und die Preisverleihung?

Eine bekannte deutsche Agentin wollte mich unter Vertrag nehmen und meinte, meine Geschichte wäre ein guter Ausgangspunkt für einen Roman, aber ich fuhr ihr über den Mund und fragte sie, ob sie nicht wisse, was eine Short Story sei. So war ich damals. Das Interesse der Dame erlahmte schlagartig. Nachher tat mir das ein bisschen leid, weil mir jemand erzählte, dass diese Frau keine Augen, sondern stattdessen Dollarzeichen hatte, da wurde mir klar, ich habe mich vielleicht um Geld gebracht, und das gefiel mir dann nicht so. Überhaupt hätte ich in meinem Leben in vielen Situationen einfach einmal den Mund halten sollen, dann müsste ich heute nicht hier über Bachmannreminiszenzen schreiben, sondern würde von der New York Times zu den wichtigsten literarischen Themen der Vereinigten Staaten, Europas, und zur Weltlage interviewt. Aber selbst das jetzt hätte ich nicht sagen sollen, ich fürchte, ich bin einfach noch immer so.

Anyway, ich war noch immer vage optimistisch, es in die Runde der letzten 10 zu schaffen. Ich war sicher, das geht sich schon irgendwie aus mit dieser letztlich soliden Geschichte, egal was die da gelabert hatten in der Jurydiskussion. Da irrte ich mich aber. Ich trank den Rest der Zeit recht viel Alkohol, sah mir Lesungen an, und ich hatte gar keine schlechte Zeit. Am Tag der Preisverleihung kam heraus, ich war nicht in den Top 10. Ich fühlte mich gedemütigt, vor allem dann auch, weil gerade Georg Klein, dessen Text ich so schlecht gefunden hatte, den Preis gewann.

Im folgenden Jahr gab es zum ersten Mal den Publikumspreis, was mich ziemlich ärgerte, denn der wurde aufgrund von Internetbewertungen vergeben und ich hatte in jener Netzfrühzeit eine ganz gute Internetgemeinde, von der ich glaube, dass sie mir zu diesem Preis verholfen hätte, sind immerhin ein paar Tausend Schilling glaube ich, hätte ich gut gebraucht und wäre ein Schmerzensgeld gewesen.

Welche Erinnerung hast an den Lesungsort Klagenfurt und welche Aktivitäten hast Du in der Stadt unternommen?

Ich unternehme grundsätzlich nirgends „Aktivitäten“, weil ich ja auch als Reisejournalist tätig bin und am liebsten in einer Stadt einfach so dahinlebe und das Touristische, was allzu oft zu meinem Job gehört, möglichst beiseitemlasse. Ich erinnere mich aber, dass ich den Bürgermeisterempfang schwänzte und stattdessen, oder zumindest an diesem Tag, auf die eine Kirche dort im Zentrum hinaufgegangen bin – hab vergessen, wie sie heißt, guter Ausblick – in den See bin ich zwei Mal schwimmen gegangen. Ich war und bin immer extrem gerne in Klagenfurt, nach Wien ist es meine österreichische Lieblingsstadt. Für mich ist Klagenfurt extrem angenehm, auch wenn ich diesen Preis nicht gewonnen habe. Später sprach ich einmal mit einer Verlagsfrau, die glaubte, ich hätte ihn gewonnen, ich korrigierte sie nicht, ich lächelte einfach.

Mit welchen Erfahrungen, Emotionen bist Du als Schriftsteller und persönlich von Klagenfurt abgereist und welche Erinnerung und Resümee hast Du in Abstand an den Bachmannpreis?

Die Emotionen waren durchaus schlecht, aber ich glaube, ich erholte mich rasch wieder davon. Das Resümee war, dass ich taktischer hätte vorgehen sollen. Im Abstand hab ich trotzdem gute Erinnerungen. Ich war gerne dort. Ich finde den Bachmannpreis auch noch eine tolle Veranstaltung, sie hat sehr viel Energie und setzt auch viele Energien frei, sie passt gut zur Stadt, und sie ist ein idealer Gegenpunkt zu den politischen Irrwegen, die aus Kärnten alle ein bis zwei Jahrzehnte kommen. Ich glaube, dass der Bachmannpreis manche da sehr ärgert, weil sie für die paar Tage die Stadt völlig an ein internationales Publikum verlieren, und weil sie eigentlich nichts dagegen sagen können. Aber so genau weiß ich das nicht.

Wie hat die Teilnahme am Bachmannpreis Deine weitere Laufbahn als Schriftsteller beeinflusst?

Gar nicht, glaube ich. Hätte ich einen Preis gewonnen, hätte das die Laufbahn sicher mehr beeinflusst. Aber andererseits war es auch eine Erfahrung, die die meisten Autor/innen jener Zeit unbedingt machen wollten. Positiv daran war sicher, dass ich sie hinter mich gebracht habe. Positiv war, dass ich nicht mehr beim Bachmannpreis lesen musste, weil ich ja jetzt schon dort gelesen hatte.

Gibt es noch Kontakt zu Mitlesenden, Jury, Journalisten*innen oder Bezugspersonen in Klagenfurt?

Ja, sicher. Ich bin niemand, der Kontakte abbricht, ich kenn noch einige Leute aus dem damaligen Umfeld. Aus der Jury kenn ich niemand, die waren wie von einem anderen Planeten. Eine Ausnahme, ich freu mich immer, wenn ich den Robert Schindel sehe.

Würdest Du noch einmal am Bachmannpreis teilnehmen?

Die Veranstaltung soll für junge Leute sein, die sich auf dieser Bühne ausprobieren wollen. Ich würde mir das nicht mehr antun, außer vielleicht, wenn man mir im Vorfeld durch breit angelegte Jurybestechung einen Sieg garantieren würde.

Was wünscht Du Dir für den Bachmannpreis?

Vier Mal hintereinander haben Facebook-Freunde/innen von mir den Bachmannpreis gewonnen. Das war Weltrekord. Das macht mir so schnell keiner nach, oder? Seit ein paar Jahren war das dann plötzlich ärgerlicherweise nicht mehr der Fall. Ich wünsche mir also wieder eine/n Facebook-Freund/in als Sieger/in, oder am besten eine neue Serie dieser Art.

Dem Preis selbst wünsche ich, dass er noch lange besteht. Er gehört gleichermaßen zu der Klagenfurter Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit, er zeigt sehr schön, wie wunderbar und grauenhaft unsere Branche ist, er ist ein gutes Sprungbrett für den einen oder die andere.

Ich hätte mir aber bei den Spielregeln immer, schon damals, besonders zwei Änderungen gewünscht:

1) Dass nicht die Juroren/innen, die dann darüber diskutieren, die Teilnehmenden auswählen, denn sie sind ja dann in der Diskussion immer biased und das ist peinlich, auch medial gesehen ist das nicht ideal.

2) Dass die Diskutanten der Jury die Texte vorher einfach nicht kennen, null, überhaupt nicht. Dann würde es die Jury ebenfalls so schwer haben wie diejenigen, um die es eigentlich geht, jene, die Literatur machen. Das wäre aber mit Juroren/innen aus unseren drei Ländern nicht möglich, man müsste Leute finden, die komplett außerhalb des Literaturbetriebs von D, CH, AT leben und keine oder kaum Kontakte haben. Das wäre gerechter.

Was möchtest Du den aktuellen Teilnehmer*innen mitgeben?

Bitte nicht so jung und arrogant sein wie ich. Aber das ist eh keine große Gefahr. Heutzutage sind alle jungen Leute schon durch eine gesellschaftliche Schule gegangen, die ihnen nahelegt, wie wichtig es ist, bescheiden zu sein, die meisten verhalten sich auch danach. Es sind alle, die sich öffentlich äußern, egal zu welchem Thema, so sittsam und bescheiden geworden, und sie klingen zu allem Überfluss authentisch dabei. Sieges- oder Großmachtphantasien haben die wenigsten, und wenn, dann nur allein daheim, oder wenn sie dann am Stammtisch sitzen. Dort brechen dann die Bestien wieder durch, auch bei den Wohlerzogenen.

Welche aktuellen Projekte gibt es derzeit für Dich?

Eine Menge. Ich schreib so die Dinge, die ich schreiben möchte. Das ist nicht immer einfach, weil ich ein sehr unstetes Leben führe, aber ich verspreche, dass man eines Tages wieder einen Roman von mir lesen wird. Ich muss ihn nur vorher hinkriegen. Solche Interviews sind da nicht besonders hilfreich, ehrlich gesagt. Andererseits machen sie aber auch wieder Spaß.

Ich möcht unbedingt bald wieder nach Klagenfurt. Vorletztes Jahr war ich auf der Durchfahrt nach Slowenien mit meinen Kindern kurz am Wörthersee. Wir haben kurz entschlossen verboten geparkt und sind einfach ins Wasser gesprungen.

Vielen Dank für das Interview, lieber Martin Amanshauser, und alles Gute!

Bachmannpreis _ Rückblick _Interview:

Martin Amanshauser, Schriftsteller_ Bachmannpreisteilnehmer 2000 _Wien

Zur Person _ Martin Amanshauser (1968, Salzburg)

Studium von Geschichte bzw. Portugiesisch/Spanisch/Afrikanistik in Wien. Diplomarbeit Al-Garb und Galicien, Die ´Reconquista´ in Portugal (711-1147), Wien 1994. Dissertation: Taifas und Condados, Die mittelalterliche Stadt im Westen der Iberischen Halbinsel, Wien 2001.

http://www.amanshauser.at/

Aktuell_ Martin Amanshauser, Es ist unangenehm im Sonnensystem. Verlag Kremayr & Scheriau

„In Martin Amanshausers Universum ist jeder Tag eine neue Chance. Eine Chance, um zu lachen, zu weinen, zu lieben, zu staunen und manchmal auch grandios zu scheitern. Ob Liebesfreud, Liebesleid, politische Ärgernisse, eigenartige Reisen, nervtötend gleichförmiger Alltag oder Selbstreflexion – alles findet seinen Platz in Amanshausers ureigenem Sonnensystem, in dem manchmal nach klassischen Vorlagen gereimt wird, oftmals alles im Chaos versinkt und immer irgendetwas zwickt und zwackt.

Ich hätte meinen Schmerz am liebsten idiotisch.

Ich würde mit ihm um die Wette schrein.

Den Nachbarn würd ich sagen, ich lern Gotisch.

Und meine Katzen (sag ich) quietschen oft allein.

Amanshauser schickt seine literarischen Miniaturen, in denen er Großes verhandelt, aus allen Ecken der Welt, bleibt in Herz und Feder aber immer österreichisch – also skeptisch – und auf dem Boden, den Artmann, Jandl &Co. einst bereitet haben. Durchzogen von feinem Witz, einer guten Portion Selbstironie, realistischer Melancholie, immer scharf beobachtend, schreibt er sich durch die Welt und lässt die Lesenden teilhaben am Allgemeingültigen aus seinem Gefühlskosmos. Was dabei entsteht, sind Texte, die auf jedem Planeten verständlich sind. Aber keine Sorge: Martin Amanshausers Lyrik bleibt stets erfrischend erdverbunden. Wenn sie uns nicht gerade einen Schlag auf den Kopf versetzt.

Hardcover mit Schutzumschlag

176 Seiten, Format 13,5 x 21,5

1.Auflage, Kremayr & Scheriau 2019

19,90 € inkl. MwSt.

ISBN: 978-3-218-01163-1

https://www.kremayr-scheriau.at/bucher-e-books/titel/es-ist-unangenehm-im-sonnensystem/

Weitere Bücher:

Im Magen einer kranken Hyäne, Wiener Stadtkrimi, 1997.

Erdnussbutter, Roman, 1998.

in der todesstunde von alfons alfred schmidt, Gedichte, 1999.

Der Sprung ins Dritte Jahrtausend, 2 Stories zur Jahrtausendwende, gemeinsam mit Gerhard Amanshauser, 1999/2000.

NIL, Roman, 2001.

100.000 verkaufte Exemplare, Gedichte, 2002.

Chicken Christl, Roman, 2004.

Alles klappt nie, Roman, 2005.

LOGBUCH WELT, 52 Reisegeschichten, 2007.

Viel Genuss für wenig Geld, Sachbuch, 2009.

Das Rogner Bad Blumau, Reiseführer, 2013.

Falsch Reisen, Alle machen es, 100 Geschichten, Reisebuch, 2014.

Der Fisch in der Streichholzschachtel, Roman, 2015.

Pedro und der Drachen, Kinderbuch 2016.

Typisch Welt, 111 Geschichten zum weiter Reisen, 2016.


Übersetzungen

aus dem Portugiesischen:

Hotel Lusitano (Roman) von Rui Zink, 1998.

Apokalüpse Nau (Roman) von Rui Zink, 1999.

Afghanistan! (Roman) von Rui Zink, 2001.

aus dem Englischen:

What is told (Roman) von Askold Melnyczuk, 2006.

Das Witwenhaus (Roman, gemeinsam mit Andrea Marenzeller) von Askold Melnyczuk, 2008.

Musik:

Amanshauser & Wenzl, Auf der falsche Seite von Ikebukuro, CD, 2006.

Foto_privat.

Walter Pobaschnig 4_23

https://literaturoutdoors.com