Zur Person_Franziska Bauer, geb. 1951, Studium der Russistik und Anglistik in Wien, wohnhaft im Burgenland, pensionierte Gymnasiallehrerin, Schulbuchautorin, schreibt Lyrik, Essays und Kurzgeschichten für Zeitschriften und Anthologien, zwei Lyrikbände beim Apollon Tempel Verlag, Gewinnerin des 10. Bad Godesberger Literaturpreises
Liebe Beate, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich bin Vollzeit berufstätig als Kommunikationsberaterin und Trainerin, außerdem haben wir zwei Kinder. Das heißt, mein Tag beginnt mit Care-Tätigkeiten: Kinder aufwecken, Frühstück und Schuljause vorbereiten. Weil ich selbständig bin, arbeite ich danach oft im Homeoffice. Falls wenig zu tun ist, gönne ich mir zwischendurch Arbeitspausen. Die sehen so aus, dass ich lese, bevorzugt am Balkon, oder an einem literarischen Text schreibe.
Am frühen Nachmittag, sobald die Kinder nach Hause kommen, koche ich. Darin bin ich furchtbar schlecht, aber ich würde nicht auf das gemeinsame Mittagessen verzichten, weil es mich glücklich macht, wenn die Teenager mir ein paar persönliche Dinge erzählen, die sie gerade beschäftigen. Nachmittags steht dann wieder Arbeit am Programm: Textarbeit, Termine, Telefonate, regelmäßig halte ich Seminare oder Fachcoachings zu Social Media-, Text- oder PR-Themen. Der Abend „gehört“ der Familie – und den Büchern.
Beate Kniescheck, Autorin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Solidarität, aber auch Selbstfürsorge sind jetzt besonders wichtig. Es sind schwere Zeiten für viele Menschen, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Wir sollten auf uns selbst schauen, dabei aber nicht aus den Augen verlieren, ob und wie wir anderen helfen können.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich denke, wir werden mehr Offenheit brauchen, um den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft zu stärken. Diese Offenheit ist aus meiner Sicht ein Merkmal spannender künstlerischer und literarischer Werke.
Was liest Du derzeit?
„Nachkommen“ von Marlene Streeruwitz, „Lucida Console“ von der genialen Natalie Deewan und „Im Kaffeehaus“, ein sehr schön gestaltetes Buch, in dem Fotograf Sepp Dreissinger neben Portraitaufnahmen von Künstler:innen auch Interviews mit Literat:innen publiziert. Unter anderem führte er im Lauf der Jahre Gespräche mit Ilse Aichinger, Elfriede Gerstl, Friederike Mayröcker oder Christine Nöstlinger, um nur einige wenige zu nennen. Sehr interessant, eine schöne Abendlektüre!
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende.“ Von wem das Zitat stammt, scheint nicht bekannt zu sein, manche schreiben es dem brasilianischen Schriftsteller Fernando Sabino zu. Aus literarischer Sicht ist das natürlich ein ausgemachter Blödsinn, es braucht am Ende nicht unbedingt „Friede, Freude, Eierkuchen“. Aber ich mag den Optimismus, der in diesem Zitat mitschwingt. Wir werden ihn noch brauchen.
Beate Kniescheck, Autorin
Vielen Dank für das Interview liebe Beate, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
„Normalerweise sagte er auch während des Arbeitstages nicht mehr als Guten Tag, Guten Appetit, Frau Lah, Bitte sehr, Entschuldigen Sie, Danke, Macht nichts, Erlauben Sie….“
Abends dann der Morgenmantel, Couch, Bett, lesen. Worte zu seiner Frau. Der Blick auf die wachsende Pappel vor dem Fenster, die den Blick auf die Welt verdeckt. Auch die innere, die ganz ruhig ist…
Und doch ist es eine Welt der Begegnung, der Bewegung. Der Stille und der Sprache. Der Menschen. Blitzlichter und Dunkelheit. Die eigene und die andere. Alles da. Immer wieder….
Es geht weiter…
Verpuppt….
Ana Marwan, gefeierte Bachmannpreisträgerin 2022, legt mit „Verpuppt“ ihren zweiten Roman vor und dieser begeistert wie der Siegerintext in Klagenfurt in stilistischer wie inhaltlicher Virtuosität, Originalität und Unverwechselbarkeit.
Ana Marwan, Bachmannpreisträgerin 2022
Die in Slowenien geborene und aufgewachsene Schriftstellerin nimmt Leserin und Leser in einzigartiger Sprach- und Erzählkraft von der ersten Seite an fasziniert mit und lässt bis zum Schließen des Buchdeckels in Überraschung, Witz und Sinn nicht mehr los. Und auf dieser Reise des Wortes begegnet Menschliches, Allzumenschliches in allen existentiellen, sozialen wie metaphysischen Unmittelbarkeiten.
Aufmerksamkeit, Beobachtungsgabe und Abstraktion, Transformation ist wohl eine der wesentlichsten Voraussetzungen von Literatur. Ana Marwan ist eine Meisterin darin und lässt in Sprachwitz Sein und Schein des Lebens ganz fein aufblitzen, ansehen und weiterziehen zur Wahrnehmung, Erfahrung der Leser*innen. Es ist ein Dialog, den die Schriftstellerin hier führt und dieser verbindet in Textmontagen philosophisches wie literarisches Schreiben zu einer Symbiose, einem Universum, darin sich Mensch und Erde weiterdrehen, verpuppen…
Ana Marwan sitzt in ihrem Schreiben mit Nietzsche, Musil und Bachmann am Tisch. Ein Symposium, ein Fest, zu dem Leserin und Leser geladen sind! Wenn morgen die Welt untergeht, sollten sie heute Ana Marwan gelesen haben.
„Ana Marwan ist eine begeisternde, herausragende Stimme moderner Literatur!“
„Verpuppt“ Ana Marwan. Roman. Otto Müller Verlag. 2023
Liebe Katharina, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Momentan sehr gut gefüllt mit Studien, Arbeit und viel Musik und Literatur.
Katharina Mirk, Regisseurin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich denke es ist wichtig sehr bewusst mit den eigenen Empfindungen umzugehen und sich nicht von Negativität hinreißen zu lassen. Und ein bisschen mehr Gelassenheit im Umgang miteinander würde nicht schaden. Einander als Menschen sehen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Film, der Kunst an sich zu?
Vermutlich hilfreich ist, den schwerwiegenden Veränderungen mit einer gewissen Sachlichkeit zu begegnen und sich selbst weniger wichtig zu nehmen. Es funktioniert nur miteinander.
Kunst hat für mich die Aufgabe eines Spiegels, eine Möglichkeit sich mit der Welt und den Menschen auseinanderzusetzen, vor allem auch in humorvoller Weise. Und Kunst ist politisch, eine wunderbare Art des Austauschs.
Was liest Du derzeit?
Ich lese gerne parallel, momentan „Die Gerechten“ (Albert Camus), „Erzählungen aus Kolyma“ (Warlam Schalamow) und „Die Scham“ (Annie Ernaux).
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Der Kopf ist Rund damit das Denken die Richtung ändern kann.“ (Francis Picabia)
Vielen Dank für das Interview liebe Katharina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Katharina Mirk, Regisseurin
Foto_privat
27.11.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
Mein Tagesablauf hängt davon ab, welchem meiner Berufe ich nachgehen muss oder darf. An Tagen, an denen ich an der Berufsschule für Baufachleute Allgemeinbildung unterrichte, stehe ich um sechs Uhr auf, lese Zeitung und fahre dann mit dem Velo zur Schule. Dort bin ich eine Performerin mit Wort- und Körpereinsatz und habe keine stille Minute.
An meinen Schreibtagen stehe ich später auf, wachse in den Tag. Ab zehn Uhr sitze ich am Schreibtisch und lese, was ich schon geschrieben habe. Danach folge ich der Sprache in die Erde oder auf Astenden. Begleitet werde ich meist von Vögeln und Eichhörnchen.
Die Abende sind Geschichten gewidmet oder lieben Menschen. Und dem Schlaf.
Maja Peter, Schriftstellerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Für uns alle wäre jetzt wichtig, mehr von dem zu tun, was uns nährt und vertieft. Sogar meine Schüler, allesamt Berufseinsteiger, wünschen sich nichts mehr, als weniger Zeit mit Nützlichsein zu verbringen.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Um der Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken, müssen wir zuhören, beobachten und zulassen, dass sich ALLE äußern können. Mit Sorge beobachte ich, dass starke Trends Publikationen verhindern, die gerade nicht en vogue sind oder sogar gegen die Trends wie z.B. Wokeness, Genderfluidness etc. antreten. Denn um uns gegenseitig zu verstehen, brauchen wir auch die Bücher, Filme und Kunstwerke, die uns quer vorkommen, uns stören. Ich finde es falsch, jede kritische Stimme unter Extremismus-Verdacht zu stellen. Als Schweizerin weiß ich: Gesellschaften halten offen ausgetragene Differenzen aus. Unangenehmes abzuwürgen, zu denunzieren und zu alarmieren ist weder der Kunst noch einer Gesellschaft zuträglich.
Was liest Du derzeit?
Ich lese «Wider die Kunst» von Tomas Espedal und mit einer Klasse «Der Fremde» von Albert Camus. Beides auf Deutsch.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Ein Zitat, mit dem ich mich immer wieder ankere, stammt aus dem Gedicht «Im Gewimmel» von Wislawa Szymborska:
„Ich hätte ich selbst sein können – doch ohne Erstaunen,
und das würde bedeuten,
jemand ganz anderer.“
Vielen Dank für das Interview liebe Maja, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
100. Geburtstag Maria Callas _ Betka Fislová, Tänzerin _ Wien _acting Maria Callas, Sängerin (* 2.12.1923 New York ´16.9.1977 Paris)
„Der Ruhm ist gefährlich, denn ich weiß genau, ich werde nicht immer jene Höchstleistungen erbringen können, die von mir erwartet werden. Ich mache meine Arbeit so gut wie möglich, aber ich bin auch nur ein Mensch. Mit dem Ruhm ist die Angst gekommen: Angst vor mir selbst. Angst vor den anderen.“
Maria Callas (alle weiteren Zitate)
„Ich habe eine poetische Seite, die ich sehr sorgfältig verberge. Nach vierzig Jahren macht man sich nicht mehr viele Illusionen.“
„Die Liebe ist um vieles schöner, wenn man nicht verheiratet ist.“
„Das Publikum klatscht nicht für das, was einmal war.“
„Wenn Musik aufhört, dem Ohr, dem Herzen und dem Sinn zu schmeicheln, dann hat sie ihren Zweck nicht erfüllt.“
„It’s a very terrible thing to be Maria Callas, because it’s a question of trying to understand something you can never really understand.„
„I don’t know what happens to me on stage. Something else seems to take over.„
„Ehen werden im Himmel geschlossen und in der Hölle gelebt.“
„When you interpret a role, you have to have a thousand colors to portray happiness, joy, sorrow, fear….It is a necessity of expression. You have to do it, even if people will not understand. But in the long run they will, because you must persuade them of what you’re doing.“
Maria Callas
100. Geburtstag Maria Callas _ Betka Fislová, Tänzerin _ Wien _acting Maria Callas, Sängerin (* 2.12.1923 New York ´16.9.1977 Paris)
Fotonovel_
100. Geburtstag Maria Callas _ 2023
Betka Fislová, Tänzerin _ Wien _acting Maria Callas, Sängerin (* 2.12.1923 New York ´16.9.1977 Paris).
Idee _ Walter Pobaschnig
Inszenierung/Regie _Betka Fislová, Walter Pobaschnig
Darstellung_Betka Fislová
Kostüm/Style_Betka Fislová
Alle Fotos _ Walter Pobaschnig
Alle Zitate_Maria Callas
Herzlichen Dank an das Magdas Hotel Wien für die freundliche Kooperation!
Dear Sharon, what does your daily routine look like now?
Early morning rise, get the kids to school, return to my studio InDancity and started teaching! Pilates, ballet, modern. Usually 3-4 hours before I go back to pick up the kids, then another 2-3 hours in the evening, kids dance, jazz, cheeky barre. Often my little ones join the evening dance classes.
Return home, help the kids with schoolwork, make dinner, get them bathed and into bed. Then some administrative work for InDancity or Tanz Bozen the workshop festival I direct, or a bit of a chill out before I shower and go to bed!
At least once a day I FaceTime with my parents in Canada.
Sharon Booth, dancer, teacher, director
What is particularly important for all of us now?
To keep pushing forward. There seems to be a passivity, a blasé attitude towards change, self-betterment, ambition. A spark needs to be lit under us to get us moving again! Covid sucks, no argument. But letting our hunger for more be dampened is certainly a drawn out and unnecessary side effect.
We are all facing a new beginning, socially and personally. What will be essential and which role will dance/theatre and art play in this?
Connection. Actual, tangible connection. Making eye contact, moving in space with others, sharing laughter, building up was has been broken down in the past few years. Shining light upon our isolation created by depending on screens and texts that attempt to replace faces and voices. Faces and voices, bodies and breath are irreplaceable. Sharing experiences in person, live, in the moment keep us striving to towards our best selves.
What are you reading at the moment?
“Good Inside” by Dr. Becky Kennedy
What quote, what text impulse would you like to give us?
There’s nothing to fear but fear itself.
Thank you very much!
Sharon Booth, dancer, teacher, director
Vielen Dank für das Interview liebe Sharon, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Tanz-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Sharon Booth, dancer, teacher, director
Zur Person_Sharon Booth,
die in Montreal, Kanada, geborene Sharon Booth begann schon in sehr jungem Alter zu tanzen. Nach dem Besuch der Schule des National Ballet of Canada’s und des Banff Centre schloss Sharon Booth 1999 die Juilliard School mit einem Bachelor of Fine Arts ab. Sie trat mit dem Smuin Ballet und Les Ballets Jazz de Montreal auf, bevor sie sich eine Verletzung zuzog, die ihre Karriere auf der Bühne effektiv beendete.
Nach ihrem Umzug nach Europa wurde Sharon eine zertifizierte Pilates-Trainerin, nachdem sie über 1800 Stunden praktisches Training absolviert hatte. Sie trat der Fakultät der Ballettakademie der Wiener Staatsoper bei und gastierte an der Musik und Kunst Privat Universität Wien.
Seit 2010 unterrichtet sie Workshops für zeitgenössischen und modernen Tanz bei Tanz Bozen und hat ihre Zertifizierung in ganzheitlicher Tanztherapie abgeschlossen. Ab 2017 begann Sharon für Produktionen in Quebec zu choreografieren und aufzutreten und genießt ihre Rückkehr auf die Bühne sehr!
Seit 2016 ist Sharon künstlerische Leiterin des Kursprogramms von Tanz Bozen-Bolzano Danza.
Im Jahr 2020 wagte Sharon den Sprung ins nächste Kapitel ihres Lebens – sie gründete InDancity, einen Tanz- und Körperarbeitsraum in Wien, um all ihre Leidenschaft und Erfahrung unter einem Dach zu teilen.