„Vatersohn“ Monika Boldt. Roman. Neuerscheinung Rauch Verlag.

 

Sie sind zehn Jahre alt. Es wird gespart. Für die Träume. Bei Marten ist es ein Schiff. Bei seinem Schulfreund Maximilian ist es die große Kirmes und dann die Fahrten mit dem Riesenrad, die kandierten Äpfel, die Zuckerwatte, die Geisterbahnfahrten. Die Kirmes ist in drei Monaten. Jetzt aber das Schiff am Rhein. Nein, das Schlauchboot für Marten. Sein Vater fährt die Freunde zum Wasser. Das Boot kentert. Vater will zu Marten schwimmen und geht unter. Stille…

Jetzt hat Marten Bilder im Kopf. Vom Morgen, dem Wegfahren des Vaters mit Aktentasche und Herrenrad. „Als Vater stirbt, ist er nicht weg. Er ist woanders.“ Alles ist jetzt ganz nah im Kopf. Das Zählen des Vaters bis er einschläft. Achtundvierzig. Dann die Heidelbeeren. Das behutsame Anheben der zarten Zweige und das Pflücken. Wenn du zu fest zudrückst, platzt die Beere. Omne kennt die Plätze im Kiefernwald. „Ich will, ich, ich will. Ich will Vaters Stimme hören.“

Und da sind jetzt die Mutter, die den Kleiderschrank des Vaters öffnet, den er nicht mehr braucht, und Liz. Sie sind um Marten und seinen Gedanken. Seinen Wegen. Es wird hell und dunkel. Überall. Und viel zu schnell…

Monika Boldt legt mit dem Roman Vatersohn eine dichte Erzählreise zu Erinnerungen, Emotionen und Träumen im Zusammenhang einer Vater-Sohn wie Familienbeziehung vor. Die Autorin setzt und variiert Perspektiven und erzeugt so eine Reflexionsebene, die Lebensmoment, -krise und Aufbruch verbindet. Es ist ein Weg von und zu sich selbst, den der Roman freigibt und dazu einlädt mitzuerleben und mitzudenken.

 

„Ein Roman, der in seiner Konstruktion und Erzählkraft überrascht.“

 

Walter Pobaschnig 7_19

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„Gemma Habibi“ Robert Prosser. Roman. Neuerscheinung Ullstein Verlag.

 

 

 

„Gemma Habibi“ Robert Prosser. Roman. Neuerscheinung Ullstein Verlag.

Das Bandagieren der Hände. Die Blicke. Die Rufe. Rituale am Weg zum Kampf. Staatsmeisterschaft. Alles geht schnell hier. Das Ziel ist der Titel. Lorenz steigt jetzt in den Ring. Er will gewinnen. Sein Team will gewinnen. „Gemma Habibi“. Dann die Stimme des Ringrichters. Gleich die Gewissheit über Sieg oder Niederlage „…lass es mich sein…“.

Vor vier Jahren hatte das Boxen für ihn begonnen. Der Weg nach Wien. Das Studium. Dann eine Reise nach Syrien. Das Ringen in der Welt. Da und dort. Dort und da. Eine andere Welt? Oder dieselbe? Wer weiß das schon…Ein Versuch anzukommen. Für so viele. Hier und da….

Der Kampf ist gewonnen. Jetzt steht das Finale bevor. Wir sind ein Team am Weg. Diskussionen über Krieg und Frieden in der Welt. Himmel und Erde. So viel an Bewegung. Innen und außen. In allem. In der Stadt. Zwischen uns. Dann das Finale. Und der Weg danach. Da und dort…

Robert Prosser, mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller wie Literatur- und Kulturwissenschaftler, legt mit „Gemma Habibi“ einen Roman vor, der in seiner Erzählkraft mitreißt. Der Autor spannt im Roman einen Lebensbogen persönlicher wie gesellschaftlicher Orientierung und Entscheidung und trifft dabei in das Herz einer Zeit und deren Fragen nach Warum und Sinn. Das Boxen wird zur existentiellen Erfahrung wie zur Metapher, die Glück und Leid in Überraschung und Wucht veranschaulicht. Sieg und Niederlage umgreifen dabei eine Utopie von Freundschaft und Hoffnung über Grenzen und Gegner hinweg. Im Ring wie im Leben.

„Ein Roman, der fulminant unter die Boxhandschuhe eines Lebens und einer Welt blickt und zeigt wie variantenreich Sprache im täglichen Ringen von Sieg und Niederlage tanzen kann.“

 

Walter Pobaschnig 7_19

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Regisseur Michael Haneke über die Zusammenarbeit („Die Klavierspielerin“, 2001) mit Isabelle Huppert. Gespräch mit Stefan Grissemann, Filmkritiker, Kulturressort Leiter profil, Stadtkino Künstlerhaus 25.5.2019

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Michael Haneke:Isabelle Huppert  hat vor nichts Angst, das ist auch das Tolle an dieser Schauspielerin, die eine unglaublich mutige Frau ist und neugierig.

Sie ist einfach neugierig und je weiter es geht, desto interessanter ist es, eigentlich für jede/n ernsthafte/n Schauspielerin/er, die guten Rollen fangen immer dort an wo das Normale überschritten wird.

Es gibt SchauspielerInnen, die sehr gut sind, aber mit denen würde ich nie arbeiten, weil ich weiß, das würde nicht funktionieren. Man muss ein Gefühl dafür haben, mit wem man gemeinsam tickt und mit wem nicht und das hat sie offenbar.

 

Stefan Grissemann: Mit einer Virtuosin wie Isabelle Huppert wie viele takes machen sie da im Durchschnitt?

Das hängt von der Szene ab. Ich mache immer eine zweite als Reserve, falls etwas technisch nicht in Ordnung ist. Eigentlich geht alles schnell. Manchmal, wenn Sie sich aus irgendeinem Grund etwas anderes vorgestellt hat, dann kann man auch mal 40 takes machen, wenn es sein muss.

Sie macht da mit?

Sie macht da mit. Sie ist da verzweifelt. Ich auch.

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Über den Film „Die Klavierspielerin“

 

Michael Haneke: „Dass Isabelle spielt, war meine Bedingung den Film zu machen. Der Produzent fragte mich ob ich den Film machen wolle. Ursprünglich wollte ich das nicht. Ich hatte etliche Literaturverfilmungen für das Fernsehen gemacht, fürs Kino wollte ich das aber nicht. Schon dem Kollegen (der ursprünglich den film machen sollte, Anm.) habe ich gesagt, diese Rolle muss Isabelle Huppert spielen – „Du kriegst keine bessere“.

Als Sie ja gesagt hatte, blieb mir nichts anders übrig als den Film zu machen (lacht). Es hat auch viel Spaß gemacht aber war natürlich schwierig für alle Beteiligten, weil der Film nun mal in Wien spielt und wir müssen so tun als wäre sie eine Wienerin. Ich denke, wir haben es ganz gut synchronisiert (Original in französischer Fassung., Anm.).

Isabelle konnte nur ein paar Takte Klavierspielen. Es war eine Tüfftelarbeit die Schnitte nach der Länge der Musik abzustimmen. Denn sie konnte nicht mehr spielen als diese Takte.

Noch viel krasser war es bei Benoit Magimel. Ich sagte, Du musst Klavierspielen lernen, sonst kannst du die Rolle nicht spielen. Er konnte auch nicht Eislaufen, das musste er auch lernen (lacht). Er hat in Wien jeden Tag nach dem Dreh stundenlang Klavierspielen geübt, er hatte einen Superlehrer. Ich habe seine Klavierszenen im Dreh nach hinten verlegt. Wie er das dann gemacht hat, war brilliant. Er war einfach irrsinnig fleißig.

Das Geheimnis beim Film sind zwei Sachen – ein gutes Drehbuch und das richtige Casting.“

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Die Klavierspielerin

Drama
Österreich/Frankreich 2001

PRODUKTION

Wega Film

REGIE

Michael Haneke

DREHBUCH
Michael Haneke (nach dem gleichnamigen Roman von Elfriede Jelinek)

PRODUZENT/INNEN
Veit Heiduschka, Marin Karmitz, Alain Sarde

BESETZUNG
Isabelle Huppert, Benoît Magimel, Annie Girardot, Anna Sigalevitch, Susanne Lothar, Udo Samel

 

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Alle Fotos_Walter Pobaschnig.

„Vom Glück&Leid des Seins“ Der Literatur Kalender 2020 und der literarische Küchenkalender 2020, edition Momente.

„Vom Glück&Leid des Seins“ Der Literatur Kalender 2020, edition Momente.

 

Da blickt der italienische Starautor Umberto Eco hinter einem Vorhang hervor. Aufmerksam, bestimmt und mit großem Interesse für den Menschen und die Welt. Wie er es in all seinen Romanen und Essays eindrücklich zeigte und ein Millionenpublikum begeisterte und begeistert – „Das Schöne, die wahre Freude ist, sechs, sieben, acht Jahre lang (möglichst ewig) in einer Welt zu leben, die man sich nach und nach erbaut, bis sie die eigene wird…“ ist dann ein Zitat des Autors zu lesen. So lässt der traditionsreiche Literaturkalender der edition momente das Jahr 2020 beginnen. Er lädt ein, an der Welt mitzubauen. Selbstbewusst, mutig, ausdauernd. Im Glauben an das Schöne und die Freude des Lebens. Mitten im Glück&Leid des Seins.

„Vom Glück&Leid des Seins“ ist das Thema des Literaturkalenders 2020. Und es sind weitere beeindruckende Fotos&Texte, die durch das Jahr begleiten und anhalten, nachdenken und Inspiration aufnehmen lassen.

„Sie haben mir einmal gesagt, ich sei ihr Stern, vergessen Sie nie, mon amour, dass er nur an einem sehr dünnen Faden hängt und dass er, wenn Sie für einen Augenblick aufhören, ihn zu halten, nicht mehr da sein wird, und um ihn wieder zu erreichen, das wird dauern…“, so schreibt im Kalenderblatt November die Grafikerin Gisele Lestrange an den Dichter Paul Celan. Eine große Liebe gekennzeichnet von „Glück&Leid des Seins“, großen Momenten der Freude wie dunklen des Schmerzes…

Es ist eine besondere literarische Reise, die hier durch das Jahr begleitet. Ein Zauber, der Woche für Woche neugierig macht und den eigenen Lebensweg im Licht von Wort&Bild bedenken und in den Tag (literarische Gedenktage sind angeführt) mitnehmen lässt.

Im Anhang des Kalenders gibt es eine ausführliche Erläuterung zu Leben und Werk der DichterInnen, die von Umberto Eco, Colette, Maya Angelou, Ernst Jandl bis zu Leonard Cohen reicht.

 

 

 

Der literarische Küchenkalender 2020. Herausgegeben von Sybil Gräfin Schönfeldt. Mit Texten, Rezepten&Bildern, edition momente

 

 

Inspiration für Körper und Geist. Essen und Literatur. Eine geniale Idee der Herausgeberin Gräfin Schönfeldt, die auch 2020 eine wunderbare grafische Umsetzung gefunden hat. Ein literarischer Text mit kulinarischem Bezug und dazu das Rezept mit einladenden Fotos, so beginnt jeweils die Kalenderwoche und gibt Ideen für Geist und Küche mit.

Der Januar 2020 beginnt gleich mit einer feurigen Gulaschsuppe, die im Roman „Die Zweisamkeit des Einzelgängers“ von Joachim Meyerhoff serviert wird. So kann das Jahr im Topf beginnen und Wort und Suppe können auch über Tage begleiten. Die Fülle in der Zeit.

Für textliche wie kulinarische Abwechslung ist übers Jahr gesorgt. Da gibt es etwa im Juli Curry und rosa Pudding der Autorin Judith Lennox. Die Himbeeren, die Sahne/Schlag und die Flasche Wein am Bild sehen in jedem Fall sehr einladend aus…

Es sind literarische und kulinarische Überraschungen, die das Jahr ganz wunderbar würzen und schmecken lassen.

 

Walter Pobaschnig 7_19

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„Wir haben es mit einer Zerstückelung der Gesellschaft zu tun, in der ein Wir sehr schwer herzustellen ist.“ Interview Ferdinand Schmalz, Tonhof/Maria Saal, 12.7.2019

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Wie kommt der „Jedermann“ von Ferdinand Schmalz an den Tonhof in Maria Saal/Kärnten?

Ferdinand Schmalz: Ich kenne Markus Achatz (Anm. künstlerische Leitung Theater WalTzwerk) schon länger und als er mich fragte, dachte ich, das ist genau die richtige Location hier. Ich habe dann beim Verlag für ihn vorgesprochen und gesagt, es wäre gut, wenn wir das Stück hierher vergeben. Es ist ein toller Ort und da muss Theater weitergespielt werden.

Welche Bezüge gibt es von Dir zum Tonhof?

Ein Freund von mir, Florian Zambrano Moreno, hat in der Nähe ein Theater, das Theater an der Glan, bei einer der Inszenierungen im Stadel war ich vor Jahren das erste Mal auf Besuch hier am Tonhof und habe auch hier genächtigt. Von der Literaturgeschichte her war es mir natürlich schon vorher bekannt.

 

Gibt es heute vergleichbare Treffpunkte von Literatur, Theater, Musik und weiteren Kunstformen wie es hier am Tonhof in den 1950/60er Jahren von Gerhard und Maja Lampersberg ermöglicht wurde?

Heutzutage ist es viel mehr institutionalisiert, das gab es ja früher nicht. Die Festivals, die es heute gibt, sind so ähnliche Treffpunkte. Etwa das Prosanova in Hildesheim oder das DramatikerInnen Festival in Graz. Es gibt schon einige Plattformen, die in den letzten Jahren zu einem Zusammenkommen von Schreibenden, die sonst im stillen Kämmerchen am Schreibtisch sitzen, geworden sind. Der Bachmannpreis ist ja auch in gewisser Weise so ein Szenetreff geworden. Damals hing es eben vielmehr noch an Privatpersonen.

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In Kärnten wurde vor kurzem eine Kulturstiftung vorgestellt, in der private und öffentliche Hand zusammenwirken sollen. Wie wichtig sind solche kooperierenden Initiativen im modernem Kunstschaffen?

Es ist wichtig, wenn Kunst heute auch von privater Hand her als schützenswert und förderungswürdig erkannt wird, eben als wichtiger Bestandteil einer Gesellschaft. Die Gefahr, die dabei aber besteht, ist, dass Kunst zu einem Event wird, in welchem die Künstlerin oder der Künstler eine Rolle zu spielen hat.

 

Dein Stück „Jedermann (stirbt)“ wurde am Wiener Burgtheater gefeiert und auch mit dem Nestroypreis ausgezeichnet. Große Traditionen stecken in diesem Dramastoff. Du hast schon im Titel neue Akzente gesetzt. Wie hast Du Deinen Zugang zum Jedermann gefunden?

Das Problem beim Titel ist schon, dass er sich im allgemeinen Gebrauch abgenutzt hat. Man kann diesen gar nicht mehr sagen, ohne dass man den ganzen Domplatz plötzlich vor sich sieht. Das ist schon wie ein Eigenname geworden.

Von Hofmannstahl wurde es, wie in der mittelalterlichen Vorlage „everyman“ (Anm. 1510, Drama um christliche Erlösung und letztes Gericht), als ein ambivalenter Eigenname, der persönlich aber für uns alle gelten sollte, gewählt. Mein Titel spiegelt auch diese Ambivalenz wider, und auch diese Drohung „Jeder ist sterblich“. Der Titel sagt eigentlich „Du wirst einmal sterben“. Diesen Bedeutungsgehalt, der unter der ganzen Tradition etwas verschüttet wurde, aber im Stoff steckt, wollte ich mit einem kleinen Verb oder auch den Klammern, die dort stehen, die ja wie eine Regieanweisung sind, aushebeln und durch die Verfremdung wieder aktuell machen. Das war der Gedanke dazu.

 

Jedermann ein Börsenspekulant. Seine Vettern korrupte Politiker. In welcher Spannung stehen in Deinem Stück Theater und Realität?

Ich kann mich da nicht hinter den Satz unseres geliebten Bundespräsidenten stellen – „So sind wir nicht“. Da muss ich leider immer wieder sagen, das ist ein Satz wie eine Tapetentür. Dahinter versteckt sich leider das „Jetzt erst recht“, das auf den Fuß gefolgt ist. Es liegt uns doch relativ nahe in Österreich.

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Überrascht Dich das selbst, wenn Du siehst wie Dein Stück immer wieder so viel Realität offenlegt?

Es ist schon manchmal spannend, wenn man das Gefühl bekommt, die Realität antwortet. Kurz nach der Veröffentlichung des Ibiza Videos gab es eine Vorstellung von „Jedermann (stirbt)“ im Burgtheater und Freunde berichteten mir, dass das Publikum beim Satz „Dir zu vertrauen, hieße einen Staatsfeind zum Minister machen“ vor Lachen auf dem Boden lag, weil es einfach so passt auf die aktuelle Situation.

 

Du sprichst in Deinem Stück auch sozialkritische Polaritäten von reich und arm (Jedermann – der arme Nachbar) in unserer Gesellschaft an.

Ich habe zunächst geschluckt als mich Karin Bergmann (Anm: Burgtheater Direktorin) einlud den Jedermann Stoff zu bearbeiten, also das goldene Kalb der österreichischen Dramatik abzuklopfen, wo es trägt und wo vielleicht doch nur Holz drunter ist. Damals, das war zur Zeit als erstmals größere Gruppen über die sogenannte Balkanroute kamen – etwa 400/500 Leute in Traiskirchen und es heißt, wir haben keine Möglichkeit ihnen ein Dach über dem Kopf zu gebe und am selben Wochenende wurde das Donauinselfest gefeiert wo 1 ½ Millionen Leute drei Tage bespaßt worden sind – in dem Moment dachte ich mir, ja so ein Fest wo Leute auftauchen, die dort nichts zu suchen haben oder allein die Frage, wann schmeckt der Wein nimmer recht, ist schon, trotz der Gefahr, dass man hier in sehr moralinsaure Bereiche abdriftet, einfach sehr interessant.

Da ist eine überzeitliche Spannung da. Dies war das Eine und das Andere war die Auseinandersetzung mit dem Tod, was ja schon in meinem Bachmannpreistext Thema war, und was ich bei dem Stücktext weitergezogen habe. Es ist ja auch eine sehr profane Frage, schaut man am Ende seines Lebens noch einmal anders zurück, ist der Todesmoment ein Erkenntnismonent, wo sich doch noch einmal die Perspektive dreht. Und dies als Auftrag vom Burgtheater (in der ja Tote um die Burg getragen werden) und in der Stadt mit so großer „Todestradition“ an sich, dafür dies zu bearbeiten, hat mich interessiert. Es hat ja übrigens auch Lampersberg gemacht, dass er sich im Sarg durch Maria Saal tragen ließ.

 

Der Teufel und die gute Gesellschaft haben ja in Deinem Jedermann eine Doppelrolle, wie kommt es dazu?

Ja, der Teufel und die gute Gesellschaft sind bei mir eins. Dies ist aus der Idee geboren, dass ich in der Tradition des Stoffes las, dass der Teufel immer aus dem Publikum gekommen ist. Er war direkt aus der Gesellschaft, wurde von Spielmannfiguren vorher angesprochen. Und da habe ich mir gedacht, wenn es schon einer aus der Domplatzgesellschaft ist, warum soll nicht diese als Gesamtheit auftreten, auch im Zuge der Gedanken zu den Finanzkrisen der letzten Jahre. Der ja nicht mehr an einer Person festzumachende Heuschreckenkapitalismus heutzutage mit Beratern, wo man nicht genau weiß, wer hat wie viel Verantwortung. Das ist eine Entwicklung, die mich interessiert hat. Man sieht ja auch heute einen Stab von Zuflüsterern, die sich um eine repräsentative Person ranken. Das ist etwas, was mich in dieser Figur auch interessiert hat, die Vergesellschaftung des Bösen eigentlich.

 

„Der Tod als Öffnung in der Welt“ wird im Stück die Polarität von Tod und Leben/Gesellschaft einmal genannt wie ist dies zu verstehen?

Manchmal denkt man den Tod als Sackgasse, oder von da an geht es nicht weiter. Man kann natürlich auch den Tod als einzigen Ausweg sehen, den wir aus der Welt haben. Oder mit der christlichen Tradition, in der Jesus ja als Überwinder des Todes gilt. Der Tod also als etwas Wundersames, als Ausweg aus dem Leiden der irdischen Existenz. Den Tod so zu lesen, hat mich interessiert. Darin liegt ja auch ein Erlösungsmoment. Es gibt viele Traditionen, die dem Tod eine positive Wendung geben. Etwa in Mexico beim Dia de los Muertos, wo der Tod fast karnevalesk gefeiert wird. Und auch in Wien. Man sagt ja, die Wiener kommen nur auf die Welt, um ihr Begräbnis zu planen. Also eher ein positiver Aufbruchsgedanke, eher etwas von einem Anfang als von einem Ende. Diese Ambivalenzen in den Todesbegriff reinzubringen und die Vorstellung vom Tod zu öffnen, war mein Interesse.

 

„Jedermann ist niemand, niemand anderes als wir, wenn er doch stirbt, verschwindet er doch nicht“ – Wieviel Gesellschaft ist im Ich und wieviel Ich in der Gesellschaft?

Das ist eine schwierige Frage. Wir haben es mit einer Zerstückelung der Gesellschaft zu tun, in der ein wir sehr schwer herzustellen ist. Es ging mir im genannten Satz vor allem auch um das Stellvertretermotiv im Jedermann-Stoff.

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Wie weit ist Religion an sich thematische Auseinandersetzung in Deinem Schreiben?

Der Religion entkommt man nie ganz. Man merkt es erst, wenn man sich eingehender mit Sprache, Kultur und Kunst auseinandersetzt wie sehr Religion die Matrix für alles gibt und wie viele Geschichten – etwa bei meinem Bachmannpreistext (Anm. „mein lieblingstier heißt winter“ , Bachmannpreis 2017) hieß es ja in der Jurydiskussion „das Grab ist leer“ wie der Kühlkasten ohne Leiche dasteht – es sind einfach Erzählstrukturen, denen man nur schwer entkommt. Ich setze mich auch gezielt mit religiösen Elementen auseinander und im Jedermann noch mehr als bei anderen Stücken. Bei Jedermann geht es ja zum Schluss um die Gretchenfrage ob er glaubt, ob er Vertrauen in sich selbst und in die Schöpfung hat. Da war es eine relativ intensive Auseinandersetzung noch einmal mit Religion und der Frage wie spirituell ich selbst bin und ob ich selber gläubig sein könnte. Das Spannende ist, das der Text dies in einer ziemlichen Ambivalenz gefangen hat.

In der Rezeption von „Jedermann (stirbt)“ gibt es ja zwei Seiten. Einerseits wird davon gesprochen, dass aus dem Stück aller Weihrauch draußen ist und Andere loben, es werden wieder ernsthaft religiöse Fragen am Theater gestellt. Das finde ich nicht unspannend. Man merkt, die Rezeption kann sich gut abarbeiten daran.

 

Wie steht es heute um Erkenntnismomente, Erkenntnisprozesse in unserer Gesellschaft?

Heute wird Politik über Gefühle gemacht. Es braucht die Apokalypse/Weltuntergang, der an die Wand gemalt wird, sonst bewegt sich gar nichts in der Politik, was ich für keine gute Entwicklung halte. Entscheidungen bräuchten viel mehr rationales Überlegen, Ruhe, Gelassenheit – die wissenschaftlichen Daten, die auf dem Tisch liegen, auszuwerten – und dann auch entscheiden und nicht danach, wer die Bevölkerung am Besten einschüchtern kann und dadurch ein Umdenken verankern kann.

 

Die Frage nach dem Tod im Stück ist ja auch eine Frage an das Leben – was könnte gelingendes Leben sein?

Da kommen wir sehr schnell in einen moralinsauren Bereich. Weil im Endeffekt wissen kann`s keiner. Es gibt Richtwerte, wie etwa die Goldene Regel, die ich auch unterschreiben würde. Aber sobald man anfängt die große Weisheit gepachtet zu haben, ist man schon am Holzweg, finde ich. Es geht eher darum jeden zu bestärken in seiner eigenen Fähigkeit die richtigen Entscheidungen zu treffen – in den Momenten, wo man selbst drinnen steckt. Da von vornherein zu sagen, das und das ist gut, wer weiß, wenn man sich an alle Regeln hält, kommt man am Schluss des Lebens drauf, das man gar nicht gelebt hat. Auch das ist die Gefahr an fixen Regelwerken. Vielmehr ist es wichtig, den klaren, wachen Menschenverstand zu schulen, der auf jede Situation mit den richtigen Mittel eingeht und abwiegen anfängt. Als wie jetzt zu sagen das, das, das ist das gute Leben – Haus, Kind, gute Werke und was sonst noch aufgezählt wird.

Ferdinand Schmalz 67548

 

Was sind Deine weiteren künstlerischen Schwerpunkte und Vorhaben?

Aus dem Bachmannpreistext ist ein Roman im Entstehen. Geht langsam voran, weil ich für das Theater noch einiges abzuarbeiten hatte. Das „Jedermann (stirbt)“ Stück für das Burgtheater, „der Tempelherr“, der im März des Jahres in Berlin Premiere hatte und jetzt arbeite ich noch an einem Stück für die Nibelungenfestspiele in Worms im nächsten Jahr. Und dann ist endlich Zeit für die Prosa da.

 

Vielen herzlichen Dank für das Interview und viel Erfolg für alles!

 Gespräch_Fotos – Walter Pobaschnig, 12.7.2019  Tonhof, Maria Saal/Kärnten.

 

„Jedermann (stirbt)“ Ferdinand Schmalz. Produktion Theater WalTzwerk, Maria Saal, Tonhofstadel, Spieltermine bis 28.Juli 2019

 

 

„Jedermann (stirbt)“ Fulminante Premiere – Theater WalTzwerk im Tonhofstadel/Maria Saal, Kärnten, 12.7.2019.

Hier hat niemand ein Gesicht. Nur Totenmasken sind zu sehen. Nun folgen ein Stampfen und Tanzen im starren Rhythmus. Der Weg in die Welt. Es beginnt mit dem Tod.

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Langsam schält sich die Gruppe aus der dichten Fellkleidung. Menschwerdung. Nackt und bloß. Aber nicht lange. Als die Kleider schnell und nur halb bedeckend angelegt sind, ist schon klar, hier bleibt niemand lange. Das nackte Ankommen und Verschwinden, der nahe Tod sind allgegenwärtig.

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Aber die Rollen sind schnell verteilt. Macht und Geld sind in einer Hand. Des Jedermann. Die Vettern, die um ihren Wahlkampf bangen, sind stets in seiner Nähe. Und jetzt wird zum Fest geladen. Zum Tanz um das Geld. Alles geschieht wo und wie jedermann es will. Doch der arme nackte Nachbar bittet um einen Anteil des Geldes. Der Gerechtigkeit willen. Jedermann will davon nichts wissen. Legt ihm einen bunten Mantel um und zwingt ihm zum Rausch im Garten. Der Rhythmus verschlingt Fragen und Klagen. Die Illusion des Wertes ist das Wunder. Und das lässt Jedermann als Gold regnen wie es ihm gefällt. Bis der Tod zum letzten Tanz bittet und Jedermann sich nach Freundschaft und Rettung streckt, springt und stumm am Boden aufschlägt…

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Das Theater WalTzwerk, Intendanz Markus Achatz und Sarah Rebecca Kühl, bringt zu seinem 25 Jahr Jubiläum eine fulminante Inszenierung von Valerie Voigt-Firon des „Jedermann (stirbt)“ Stückes (Uraufführung 2018 Burgtheater Wien) von Ferdinand Schmalz auf die traditionsreichen Theaterbretter des Tonhofstadel in Maria Saal/Kärnten und begeistert das Publikum mit selbstbewusster Variation und Ansprache. Regie und Ensemble setzen die Sprachkunst und die gesellschaftliche Reflexionskraft des preisgekrönten Stückes (Nestroypreis 2018) des Bachmannpreisträgers von 2017 in ganz außergewöhnlicher Präzession und Spielkraft. Im klug gesetzten Bühnenbild hat das Ensemble eine solche Aufmerksamkeit, Wucht und Variation, die einmalig Ausdruck und Ansprache verbinden. Sprache, Mimik und Bewegung werden zum tragenden dramatischen Rhythmus, der eine existentielle Dichte erreicht, die mitreißend ist. Dieser Regiekunstgriff funktioniert sensationell. Innovation, Kreativität und Selbstbewusstsein fordert das Drama von Ferdinand Schmalz. Das Theater WalTzwerk scheut sich in Inszenierung und Ensemble, wie Bühnenbild und Kostüm, davor nicht. Hier wird viel gewagt und alles gewonnen, ein wunderbarer Theaterabend – Gratulation!

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„Jedermann (stirbt)“ Ferdinand Schmalz

Regie: Valerie Voigt-Firon

Schauspiel: Sarah Rebecca Kühl, Miha Kristof-Kranzelbinder, Markus Achatz, Simone Leski, Alexander Kuchinka

Bühne: Thomas Garvie

Kostüm: Anna Gentilini

Produktionsleitung: Kerstin Haslauer

 

Weitere Spieltermine: 14., 18., 19., 20., 21., 25., 26., 27., 28. Juli 2019,

Beginn jeweils 20:30 Uhr

 

Spielort: Tonhofstadel Maria Saal, Schnerichweg 2; 9063 Maria Saal

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Walter Pobaschnig

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Alle Fotos_Walter Pobaschnig

„Maschinen wie ich“ Ian McEwan, Roman. Neuerscheinung Diogenes Verlag.

 

 

Charly ist 32 Jahre alt und sein Leben stellt sich gerade auf den Kopf. Seine Mutter ist verstorben und dies stellt ihn vor neue persönliche Herausforderungen wie auch Aktivitäten. Für Trauer bleibt ihm jetzt nicht viel Zeit, da er zunächst das Einfamilienhaus verkaufen muss, das ihm zu groß und auch zu anstrengend ist. Es ist nicht sein Interesse houskeeper zu sein oder zu werden. Es ist jedoch ein günstiger Zeitpunkt für den Verkauf, Bauland ist sehr gefragt und jetzt steht Charlie vor den Möglichkeiten an modernster Innovation der Zeit teilzuhaben. Und das ist die Technik, genauer – ein Roboter!

Gesagt, getan, gekauft – „Vor uns saß das ultimative Spielzeug, der wahrgewordene Traum vieler Jahrhunderte…Unfassbar aufregend, aber auch frustierend…“.  Seine zehn Jahre Jüngere Freundin, Mirinda, findet den neuen Hausgast auch interessant. Sein Name ist schnell gefunden – Adam, der erste Roboter. Und Charly durfte ja auch programmierend miterschaffen. Eigenschaften waren auszuwählen – „offenherzig, schüchtern, energisch, tapfer…“.  Und jetzt ist Adam hier. Nackt und präsent. Und für Charly und Miranda beginnt eine ganz neue Zeit, die sie vor ungeahnte persönliche Erfahrungen, Fragen und Herausforderungen stellen wird…

Der britische Schriftsteller Ian McEwan, der 1998 mit dem Booker Preis und 1999 mit dem Shakespeare Preis der Alfred_Toepfer-Stiftung ausgezeichnet wurde, nimmt mit seinem neuen Roman wesentliche philosophische Fragen in Menschenbild, Ethik und auch Religion auf, die sich im Zusammenhang moderner Technologien und deren Anwendungsbereiche in der Gegenwart zunehmend stellen. Der Autor verpackt dies in eine mitreißend humorvolle Geschichte einer Partnerschaft, in der Mann und Frau ihr Selbstverständnis im Leben „zu dritt“ völlig neu reflektieren und ordnen müssen. Es ist ein direkter, sehr pointierter Sprachstil, der Leserin und Leser von Beginn an anspricht und gespannt bis zum großen Finale folgen lässt.

„Ein großartiger Roman in Stil und Spannung wie  im Anspruch von Frage und Reflexion zu Mensch, Technik und Zukunft.“

„Maschinen wie ich“ Ian McEwan, Roman. Neuerscheinung Diogenes Verlag.

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„Das entfesselte Jahrzehnt“ Sound und Geist der 70er, Jens Balzer. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

 

Es sind zwei ganz besondere Ereignisse in den USA, welche das Jahrzehnt der 1970er Jahre in großen Utopien und Optimismus fulminant beginnen lassen. Die Musik und das Weltall sind die Auslöser für das gemeinschaftliche Erwarten, Feiern und Erhoffen von Millionen Menschen, weit über das Land hinaus. Eine neue Zeit in Vision und ungeahnter Dimension des Lebens bricht für so viele an und lässt eine Generation durchstarten:  „flower power, make love not war“ und „one small step for a man, one giant leap for mankind“. Das Musikfestival in Woodstock 15.-18.August 1969. Die Mondlandung 21.Juli 1969, Apollo 11. So endet und beginnt ein Jahrzehnt, dass so viel an Aufbruch und Veränderung in allen Lebensbereichen in sich tragen wird. Im aktiven innovativen Geist einer Generation und vor allem auch einem sound, der Lebensgefühl und Ausdruck spiegelt, prägt und trägt…

Der Autor, Kolumnist und künstlerische Ideengeber, Initiator und Berater (etwa Donaufestival Krems) Jens Balzer, legt mit „Das entfesselte Jahrzehnt“  eine vieldimensionale Zeitreise in das Jahrzehnt der 1970er Jahre vor, die vor allem in ihren zahlreichen kulturellen Querverbindungen und Erläuterungen, Spannung und Information verbindet und so ein Lesevergnügen öffnet, das ganz besonders ist.

Der Autor setzt vier Schwerpunktkapitel, die mit Aufbruch, Veränderung, Bewusstseinsbildung und Ausblick zusammengefasst werden können. Dabei kommt der Musik von David Bowie, Disco bis zu Punk eine besondere Bedeutung und Beachtung zu aber auch den wesentlichen Veränderungen der Lebensverhältnisse in wissenschaftlicher Innovation (etwa Antibabypille),  medialer Ansprache (Fernsehen, Werbung) und schließlich beginnender Digitalisierung. Beachtlich ist auch wie dem Autor eine weltweite Zusammenschau von Kultur, Gesellschaft und Politik gelingt. Ebenso ist der gute Erzählstil hervorzuheben, der Geschichte und story einzigartig zu verbinden weiß.

„Ein Buch wie ein Rockkonzert, das ein Jahrzehnt fulminant auf eine spannende wie informative Bühne bringt und leicht mitschwingen wie auch kritisch Hintergründe und Ausblicke mitdenken lässt.“

„Das entfesselte Jahrzehnt“ Sound und Geist der 70er, Jens Balzer. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

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„Gotteskind“, John Wray. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

 

Sie ist achtzehn Jahre alt. Und jetzt ist eine Entscheidung getroffen. Aden Grace kommt mit dem genehmigten Visum für die große Reise nach Hause. Ihre Mutter ist im Bett, alle Bilder sind umgedreht. Es ist ein kurzes Gespräch. Eigentlich nur eine Mitteilung über die Abreise. Doch diese hat eigentlich schon früher hier begonnen. In diesem Haus. Bei Vater und Mutter und der Suche der Tochter nach sich selbst. Sie war allein. Hier und dort. Kann eine Reise das ändern? Die eigene Welt neu erschaffen?

Jetzt geht Aden zu ihrem Vater. Er ist Professor an der Universität Berkley, sein Fachgebiet sind Nahoststudien. Der Vater versucht mit ihr zu sprechen und ihre Bewegründe und vor allem die Gefahren dieser Reise zu bedenken. Doch auch er selbst wählte in jungen Jahren den Weg nach Kandahar, um seinen persönlichen Fragen nachzugehen und Erkenntnis zu gewinnen. Aden erinnert ihn daran und lässt sich nicht aufhalten…

Am Flughafen trifft sie Decker. Sein Weg führt nach Pakistan wie der von Aden auch. Beide haben Bücher im Gepäck, die an der Zollkontrolle kritisch hinterfragt werden. Es sei für ihre religiösen Studien, sagen sie. Sie dürfen nach längerem Argumentieren passieren und steigen in das Flugzeug. Aden will mehr über ihre Religion und über ihr Selbstbild erfahren, deswegen ist sie jetzt im Flugzeug. Lange hatte sie mit ihrem Freund über die Möglichkeiten vor Ort dazu, in Pakistan gesprochen. Sie hatte sich vorbereitet. Doch als sie am Flughafen ankommen und die Stadt betreten, öffnet sich eine Welt, in der die Schatten des Krieges schon wie Regen auf die dunkle Erde fallen. Und der Weg wird noch weiterführen. Weiter in das Unvorstellbare, das alles fordern wird…

Der Deutschlandfunk Preisträger des Ingeborg-Bachmann Literaturwettbewerbes 2017 in Klagenfurt, John Wray, zeichnet in „Gotteskind“ den Weg einer jungen Frau nach, die sich von Familie und Herkunft löst, um ihren religiösen Fragen nachzugehen und Erkenntnis über ihren Lebensweg zu gewinnen. Dem Autor gelingt es dabei sehr anschaulich einen jungen Menschen in Wille und Ambivalenz zu beschreiben wie auch die Erfahrungen und Reflexionen darzustellen, welche sich in dieser Suche ergeben. Es ist ein moderner kritischer Entwicklungsroman, der in Thema und Anspruch mutige zeitgeschichtliche Wege geht, die in Spannung und Interesse folgen lassen.

„Ein Buch, das in spannender Erzählung wesentliche zeitkritische Fragen nach Sinn und Tragik in der Wandlung von Lebensidealen öffnet.“

„Gotteskind“, John Wray. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

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Isolde Moser, „Bruder, komm zum Militär“ Aus den Tagebuchnotizen des k.k. Artilleristen Josef Sechterberger in der Zeit der Napoleonischen Kriege, Neuerscheinung Hermagoras Verlag.

 

Die Geschichte dieses Buches beginnt in der Kindheit der Autorin. Als die Mutter eine Schublade öffnet, kommt ein vergilbtes Heft mit geheimnisvollen handgeschriebenen Schriftzeichen zum Vorschein. Das Interesse des Kindes ist geweckt und begleitet, bis die Möglichkeit kommt, dieser besonderen Familiengeschichte nachzugehen. Hinein in eine Zeit europäischer Konflikte, Kriege, Friedenschlüsse und mannigfachen Aufbrüchen der Gesellschaft in neue Herausforderungen…

Die Kärntner Autorin, Isolde Moser, studierte Philosophin mit Schwerpunkten zu Biographien und Geschichte, legt mit den Militär Tagebuchnotizen ihres Urahns, des Artilleristen Josef Sechterberger, eine ganz besondere Zeitreise in die Epoche Napoleons und deren dramatischen Bewegungen in Krieg, Politik und Friedensperspektiven bzw. -hoffnungen vor.  Der Zeitraum, der im Tagebuch vermerkten Stationen des Artilleristen, umfasst die Jahre 1813-1823. Es beginnt also mit dem militärischen Ringen in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.-19.Oktober 1813, in dem Napoleon einer europäischen Allianz (Russland, Preußen, Österreich, Schweden, England) unterliegt. Am Schlachtfeld auch Josef Sechterberger, der unmittelbarer Akteur wie Augenzeuge ist. Weitere militärische Stationen folgen für den Artilleristen und an seinen Wegrouten werden wesentliche militärische Entwicklungen wie Lebensbedingungen und gesellschaftliche Prozesse der Zeit deutlich.

„Ein Militär-Tagebuch der Epoche Napoleons und deren europäischen Folgejahren, das in umfangreicher Zuordnung, Erklärung und Illustration zu einem eindrücklichen Panoptikum von Mensch, Zeit, Politik und Gesellschaft wird.“

Isolde Moser, „Bruder, komm zum Militär“ Aus den Tagebuchnotizen des k.k. Artilleristen Josef Sechterberger in der Zeit der Napoleonischen Kriege, Neuerscheinung Hermagoras Verlag.

Walter Pobaschnig 7_19

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