„Einer, der seinen eigenen Traum mit Hilfe eines Buches weiterträumt, das ist schon die halbe Welt“ Wolfgang Hermann, Schriftsteller_Wien 31.12.2020

Lieber Wolfgang, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Nach dem Aufstehen Qi Gong, dann an den Schreibtisch, um an meinem neuen Roman weiterzukommen, was nicht immer gelingt. Es gibt zuviele Möglichkeiten der Ablenkung, Mails und Internet sind für das Schreiben Gift. Telefon aus, Stecker beim Computer ziehen und Konzentration auf die Geschichte. So sähe der ideale Tagesbeginn aus. Aber oft kommt es anders, das Leben da draußen hat seine eigenen Gesetze, denen man sich nicht entziehen kann, und wenn, dann nur für kurze Zeit.

Wolfgang Hermann, Schriftsteller

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ein Schreiber wie ich lebt eigentlich schon immer in Quarantäne, denn der Rückzug, um ein Buch zu schreiben, ist ja nichts anderes. Die Lektion des Bei-sich-bleibens, des Bleibens bei den inneren Bildern und Notwendigkeiten der Geschichte, das ist die Aufgabe, der man sich jeden Tag neu stellen muß.

Die Zeit jetzt ist außergewöhnlich für uns alle. Schon lange waren nicht mehr soviele Menschen auf sich selbst zurückgeworfen. Es wäre schön, wenn wir etwas daraus machen könnten, einen Neubeginn, mit anderem Blick auf die Welt da draußen und in uns.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Man schreibt ja hier und heute nicht im Bewußtsein einer Wirkung draußen in der Welt, dazu ist die Literatur viel zu sehr an den Rand gerückt. Wir sind eine Gesellschaft der Zerstreuung, an jeder Ecke poppen überlaute Marketing-Produkte auf, wer soll da noch die leise Stimme einer kleinen Geschichte hören. Aber sei‘s drum, wer nur auf Wirkung hin schreibt, der sollte vielleicht das Metier wechseln. Wenn ein Leser da draußen die innere Bewegung einer Geschichte mitgeht und in sich verwandelt und seine eigenen Bilder dafür an die Membran seiner inneren Netzhaupt strahlt, dann ist das mehr als man sich erträumen darf als Schreiber. Einer, der seinen eigenen Traum mit Hilfe eines Buches weiterträumt, das ist schon die halbe Welt.

Was liest Du derzeit?

Paolo Rumiz, Via Appia. Auf der Suche nach einer verlorenen Strasse. Ein herrliches Leseabenteuer an der Seite einer kleinen Gruppe von Wanderern, die sich aufmachen, um eine legendäre geschichtsträchtige, aber zerstörte Straße wieder zum Leben zu erwecken.

Außerdem lese ich das Buch Schulden. Die ersten 5000 Jahre von David Graeber, der leider viel zu früh starb. Ich begann das Buch vor Jahren, jetzt ist es Zeit es zu Ende zu lesen, es ist ein Vermächtnis.

Was lese ich noch? Arik Brauers Lebenserinnerungen „Die Farben meines Lebens“. Das ist ein außergewöhnliches Dokument eines Humanisten, humorvoll, lebensweise, eine Rückschau mit einem Augenzwinkern auf das Leben, unglaublich komisch, obgleich dieses Leben oft bedroht war.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Ich erinnere mich an eine Zeile in einem Gedicht von John Ashbery, die ungefähr so ging:

Wir verirren uns im Leben, aber das Leben weiß, wo wir sind.

Vielen Dank für das Interview lieber Wolfgang, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

Ich habe zu danken!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Wolfgang Hermann_Schriftsteller

Geboren in Bregenz, Studium der Philosophie in Wien. Anschließend lange Jahre in verschiedenen Ländern, u.a. Frankreich, Japan u.a.

Seit „Das schöne Leben“ (Hanser 1988) zahlreiche Bücher, u.a. „Herr Faustini verreist“, „Abschied ohne Ende“, im Jahr 2020 erschienen „Walter oder die ganze Welt“ sowie „Der Lichtgeher“. Im Februar 2021 erscheint „Herr Faustini bekommt Besuch“.

Willkommen (wolfganghermann.at)

Foto__Andrea Peller

19.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Dass wir gerade im Theater essentielle Sehnsuchtsutopien entwerfen können“ Mille Maria Dalsgaard, Schauspielerin_ Kopenhagen _ 31.12.2020

Liebe Mille Maria, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Im Moment wegen der Pandemie sieht mein Tagesablauf gleichmäßiger aus als sonst: aufstehen, Kind zur Schule bringen, nach Hause fahren, zweiten Kaffee, virtuelles Morgentreffen im Theater, Mails beantworten und Coronabesprechungen allerart über unterschiedliche Web-Plattformen durchführen. Mich als abenteuersehnsüchtiger Mensch langweilt diese Routine sehr und ich fühle mich wie ein Tiger im Käfig. Selbstredend beunruhigt mich die Situation auch, es trainiert aber auch den langen Atem, was auch was wert ist, – und natürlich auch die Schönheit zu finden in der näheren Umgebung und in den kleinen Verschiebungen im Alltag, und diese zu genießen.

Mille Maria Dalsgaard, Schauspielerin, Regisseurin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Den Kopf nicht verlieren. Ich habe anfangs der Pandemie große Hoffnungen in die Transformation gesetzt, die auch irgendwie zu spüren war. Vor allem als der gesamte Stadt- und Flugverkehr einfach lahmgelegt wurde, haben wir einen Alltag erlebt, den ich in meinem Leben bis hierhin nicht erlebt hatte. Es setzte Freiheit los – nicht für den Stadtmenschen als solchen – aber für die Natur, die tatsächlich reichlich in der Stadt vorhanden ist, da kam urplötzlich ein Drang nach Bodenständigkeit und auch eine gewisse Demut wurde generell spürbar unter den Leuten. Da spürte ich tatsächlich so was wie eine Chance, nicht für mich persönlich, aber für uns als Menschheit. Wenn wir so viel bewegen können, binnen kürzester Zeit, dann gibt es tatsächlich viel (Möglichkeits)Raum nach oben um große Krisen der Gegenwart und Zukunft zu hantieren. Das brachte Hoffnung, und die dürfen wir – in herausfordernden Zeiten wie diesen – ja auch nicht verlieren.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater, der Kunst an sich zu?

Das ist natürlich eine richtig große Frage, doch ich glaube, die Kunst – und damit auch das Theater – wird gestärkt aus der Krise kommen, kann sogar Antworten liefern durch konkretes und spürbares Fragenstellen. Wichtig dabei ist, dass wir gerade im Theater essentielle Sehnsuchtsutopien entwerfen können, die Möglichkeiten für uns Menschen erfassbarer machen. Das ist eine Chance, die wir nutzen sollten, um die Stimme dieses utopischen Ortes zu verdeutlichen. Spätestens durch die Covid-Krise ist zumindest klar geworden, dass ein großes Umdenken gebraucht wird, eine Werteverschiebung, was auch in Taten umgewandelt wird. Vielen war das, glaube ich, auch vorher absolut klar, jetzt ist aber noch dazu deutlich geworden, dass man sich als Politiker*in nicht mehr durch das Argument ‚Realpolitik‘ verstecken kann – es ist tatsächlich möglich die Gesellschaft komplett aus den Gewohnheitsfugen rauszunehmen, sobald die Not lautstark genug an der Tür klopft. Also ran da. Die Entschuldigung untätig zu bleiben scheint futsch. Und für das Theater – ja – da hat die Isolation auch einfach unterstrichen, was für ein unfassbarer Ort und welche herausragende Möglichkeit es ist, gemeinsam mit vielen etwas gleichzeitig zu erleben, was nicht pausiert, wenn du pullern musst, wo der Geist wach bleiben muss um mitzufolgen, wo Gedankenanstöße stattfinden und wo du nach einem gelungenen Theaterabend inspiriert nach Hause gehen und lange davon zehren darfst.

Was liest Du derzeit?

Feder von Ursula Scavenius und Ditte Menschenkind von Martin Andersen Nexö + drei – vier andere Bücher, die gerade Pause machen.


Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Ich habe neulich einen Artikel von einem Pyrohistoriker in der Zeitung über unser Zeitalter gelesen, dass alles was wir Menschen schaffen mit dem Feuer verbunden ist. Dass unsere Entwicklung quasi eng mit dem Zähmen des Feuers verbunden ist, und dass wir gerade dabei sind, alle Zeiten gleichzeitig zu verbrennen, nicht nur heutige Landschaften, und dadurch zukünftige, sondern auch die unserer Vorgeschichte; wenn wir z.B. Öl verbrennen. Er meint, wir befinden uns im Gegenteil von der Eiszeit, also in der Feuerzeit, und argumentiert, dass obwohl es durch die Erderwärmung gerade widersprüchlich oder unvorstellbar scheint, sollten wir die prähistorischen Landschaften in der Erde lassen, weil wir es unter Umständen in Zukunft gut gebrauchen können, uns wieder an einem Feuer zu erwärmen, weil die Erde wieder kalt wird. Das war für mich eine neue Perspektive, unsere Zeit durch das Prisma des Feuers zu betrachten. 

Vielen Dank für das Interview liebe Mille Maria, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

Mille Maria Dalsgaard, Schauspielerin, Regisseurin

5 Fragen an KünstlerInnen:

Mille Maria Dalsgaard_Schauspielerin, Regisseurin

skuespiller mille maria dalsgaard

Fotos_Karoline Lieberkind, Lieberkindphoto

22.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Versprich es mir“ Joe Biden. Beck Verlag.

November 2014. Es ist für den langjährigen Spitzenpolitiker und nunmehrigen Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Joseph Robinette „Joe“ Biden, Jr., die alljährliche Fahrt zur Zusammenkunft mit der Familie. Wenige Tage vor dem Thanksgiving Fest im Kreis der Kinder und Enkelkinder feiert Biden seinen Geburtstag. Er wird zweiundsiebzig Jahre alt. Die Weltpolitik fordert seine ganze Kraft tagtäglich aber die Familie gibt ihm Halt und Rückhalt wie auch die Auszeit jetzt fern vom dichtgedrängten politischen Terminkalender.

Doch es gibt auch Schatten über der Familie. Die Krankheit des Sohnes, ebenso aufstrebender Politiker, lastet auf der Familie…

Und nun ist der Vizepräsident der USA inmitten von fordernden politischen Aufgaben wie jenen innerhalb der Familie. Es geht jetzt um Vertrauen, Trost, Ziele. Um Leben und Perspektive da und dort. Und der Politiker und Familienvater Joe Biden stellt sich diesen Herausforderungen. Verantwortung und der Blick nach vorne, bis hin zur Kandidatur als Präsident der Vereinigten Staaten, prägen die kommenden Jahre…

Joe Biden (*1942), US-amerikanischer Politiker der Demokratischen Partei und der designierte Präsident der Vereinigten Staaten, legt in diesem sehr persönlichen Buch Erinnerungen und Ausblicke seines privaten wie politischen Lebens vor. Die unmittelbare Schilderung familiärer Tragik und Hoffnung lässt den Politiker als Mensch in allen Facetten von Glück und Leid erfahren. Diese Offenheit beeindruckt. Ebenso wie die Schilderung des Alltags und der Herausforderungen eines politischen Lebens in Spitzenpositionen.

„Ein beeindruckendes Buch über Leben und Politik im Horizont von Hoffnung und Verantwortung“

Walter Pobaschnig 12_20

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„Aber ich weiß, dass Musik und Kunst wichtig sind, und ich hoffe, dass das so bleibt!“ Karsten Riedel, Musiker_ Bochum 30.12.2020

Lieber Karsten,wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Ich kümmere mich im wesentlichen um meine drei Kurzen! Nachmittags geh ich spazieren, und genieße ansonsten die Pause vom ‚Auf Knopfdruck kreativ sein!‘ – heißt: ich spiele so gut wie keinen Ton..

Karsten Riedel, Musiker

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Geduld

Im Studio für Aufnahmen zum Moondog-Album ‚ERK‘, mit dem Ensemble Bracelli der Bochumer Symphoniker

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?

Das kann ich nich sagen.. aber ich weiß, dass Musik und Kunst wichtig sind, und ich hoffe, dass das so bleibt!

Karsten Riedel_‚Der Liebe Lust, der Liebe Schmerz’ in den Bochumer Kammerspielen_2017_ Foto_Kirch
Karsten Riedel_‚Der Liebe Lust, der Liebe Schmerz’ in den Bochumer Kammerspielen_2017_ Foto_Kirch
Konzerthaus Wien, mit FRANUI
Auftritt mit dem Roman Britschgi Quartett.. Wien, Ende 2017.

Was liest Du derzeit?

Andrej Kurkow:Pinguine frieren nicht

Ska-und Reggaeband ‚Alphaboyschool‘

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

‚ES IS SO, WIE ES IS!‘

Karsten Riedel _Burgtheater-Kantine mit Ignaz Kirchner.. Wir hatten schöne Zeiten zusammen, auf – und außerhalb der Bühne! Ich vermisse ihn sehr!

Vielen Dank für das Interview lieber Karsten, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an KünstlerInnen:

Karsten Riedel_Musiker, Komponist

13.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Die Erkenntnisse aus der Krise nicht zu vergessen: Sozialstaat, Demokratie, Diskurs.“ Brigitte Walk, Regisseurin_Feldkirch, 30.12.2020

Liebe Brigitte, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Ich stehe früh auf, gegen 6.30 Uhr, das habe ich vorher gemacht, das mache ich jetzt. Derzeit wartet zumeist ein Tag mit Arbeit, aber wenigen Kontakten, keine Proben, keine Workshops, keine Projekte. Geblieben sind Besprechungen, manche auch live, Abrechnungen, Projektplanungen, Organisation meiner Compagnie, Körpertraining, inhaltliches Arbeiten an kommenden Stücken und Projekten. Kochen ist vorher immer eine seltene Luxuserholung gewesen neben sehr viel Berufsarbeit, derzeit ist die Familienversorgung aufwändig und wichtig, um alle bei guter Laune zu halten.

Ohne Impulse von Menschen und Berufskolleginnen ist alles gedankliche und organisatorische Arbeiten sehr viel zäher als sonst. Die Energie ist recht niedrig, flackert bei Telefonaten oder Zooms kurz auf, verdämmert aber bald wieder.

Tägliches Gehen / Radfahren mache ich bei jedem Wetter derzeit.

Brigitte Walk, Schauspielerin, Regisseurin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Im Gespräch bleiben, mit Freunden reden und manche auch treffen. Im Internet spannende Sachen suchen, aber nicht ständig sinnlos herumsurfen. Solidarisch bleiben, demokratische Standards kennen und nicht abrücken, gegenseitig aufmuntern und von was anderem als C zu reden. Wichtig ist,  die Erkenntnisse aus der Krise nicht zu vergessen: Sozialstaat, Demokratie, Diskurs.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Tanz, der Kunst an sich zu?

Ich habe noch nie etwas davon gehalten, dass die Kunst irgend etwas erfüllen muss. Kunst ist frei und wenn sie Wege findet, auf die Ereignisse zu reagieren ist dies genauso wichtig wie auch, uns ganz woanders hin zu entführen. Kunst ist keiner Mode unterworfen, keiner Thematik, keinem Zweck und dies ist ihr wichtigstes Merkmal: Frei zu sein. Darin kann jede und jeder sehr viel für sich bekommen, sei es als Künstlerin oder als Publikum.  

Was liest Du derzeit?

Hannah Arendt, alles von ihr und wiederholt, das ist unser nächstes Projekt.

Dazwischen Monika Helfer, Die Bagage.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

For the times they are a’changing….

Vielen Dank für das Interview liebe Brigitte, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Brigitte Walk, Regisseurin, Schauspielerin

Foto_Mark Mosman

19.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Es ist unter diesen Bedingungen schon schwer vorzustellen, wie man als Künstlerin jetzt leben und überleben könnte“ Katrin Targo_ Sopran_Wien 29.12.2020

Liebe Katrin, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Da ich jetzt sehr damit beschäftigt bin, mir neben der Musik auch einen anderen Erwerbszweig aufzubauen, fehlt mir ein bisschen die Zeit, aber am meisten das Gemüt zum Singen. Also ein glücklicher Vogel bin ich im Moment sicherlich nicht – und da fehlt mir auch die Lust zum Singen. Aber ich versuche meine geistige Gesundheit zu bewahren und auch das Singen nicht ganz zu vergessen. Aber Existenzängste sind groß. Auch die Ungewissheit – was kommt überhaupt und wenn wann wieder?

Katrin Targo_Sopran_ Palais Auersperg Wien.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Als Mentalhygienistin weiss ich, dass es sehr wichtig ist, unsere Laune nicht komplett fallen zu lassen. Es ist sehr einfach ein Einweg-Ticket in die eigene Gedanken-Hölle zu nehmen und Tag für Tag sich schlimmer zu fühlen. Also dagegen kämpfe ich an und versuche doch nicht einfach zu faulenzen und depressiv sein, sondern versuche mit Freunden und Familie zu videophonieren und mir Beschäftigung zu finden. Und das Gute bei dieser Zeit ist ja, dass man  fast immer lang genug schlafen kann.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?

Jede Gesellschaft braucht Brot und Circus. Das ist ein altes Sagen in Estland. Es ist aber auch die Wahrheit meiner Meinung nach. Deshalb weiß ich, dass die Kunst nie völlig in Vergessenheit fallen wird…aber es ist unter diesen Bedingungen schon schwer vorzustellen, wie man nur als Künstlerin jetzt leben und überleben könnte. Also suche ich auch Alternativen etwas anderes zu tun. Ja, das ist traurig – aber was kann man sonst tun. Wir können uns ja nicht selber aussuchen, wann wir sterben möchten.. 🙂 also an die Arbeit.. und finden wir uns was zu tun bis diese Wahnsinns-Situation zu was Besseren wird..

Was liest Du derzeit?

Eckhart Tolle und Anthony William.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Mein Motto ist: Denke bessere Gedanken, fühle dich besser. Das möchte ich mit euch teilen. Ich weiß, es klingt am Anfang sehr schwer, aber vergesst nie – die Gedanken in euren Köpfen sind wie ein sehr kompliziertes Auto. Sie bewegen und lenken es aber.

Katrin Targo_Sopran_Palais Auersperg Wien

Vielen Dank für das Interview liebe Katrin, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Musikprojekte und Deine neue Qualifikation als Mentalhygienistin wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Katrin Targo, Sopran, Mentalhygienistin

Alle Fotos_Walter Pobaschnig_Palais Auersperg_Wien _ 12_2020.

28.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Life“ Keith Richards, Autobiographie_James Fox_Heyne Verlag

„Life“ Backstage bei Keith Richards – Autobiographie des legendären Stones
Gitarristen im Heyne Verlag


Er ist wohl das Gesicht des Rock `n Roll schlechthin – Keith Richards –
Gründungsmitglied der „Rolling Stones“. Seit er als Kind von seiner Mutter eine Gitarre bekam, ließ ihn die Musik nicht mehr los. Seine umfangreiche
Gitarrensammlung (über 300 Stück) spiegelt diese persönliche Faszination bis
heute auch ganz anschaulich wieder.

Viele Stationen einer einzigarten Karriere
vom Londener Marquee Club bis zu umjubelten Konzerten der Gegenwart
werden in diesen Instrumenten sichtbar und erzählen gleichsam davon…


Für seine Autobiographie „Life“ öffnet Keith Richards aber nicht nur Einblicke
in seine Gitarrensammlung sondern viele sehr persönliche Lebensabschnitte
werden im Zusammenhang der Karrierestationen geöffnet und erzählt. Dabei
werden Gründe und Abgründe eines Musikerlebens zwischen Bühne, Publikum
und Business schonungslos offengelegt. Auch der Werdegang einer Band in
allen musikalischen und emotionalen Spannungsfeldern von Teamgeist wie
auch Eitelkeit und Dominanz wird von Richards in sehr persönlicher
Perspektive erzählt.


Besonders spannend legt Richards auch die Hintergründe der Kompositionen
und Songtexte dar, die wesentlich von ihm und Mick Jagger (Leadsänger) zu
verantworten sind. Es kommt dabei das Lebensgefühl der Zeit in allen
Freiheiten wie Ambivalenzen zum Ausdruck und wird damit zur Präsentation
eines Epochenbildes in allen schillernden wie auch dunklen Farben persönlicher
Tragödien, die nicht zuletzt in grenzüberschreitenden Drogenexperimenten
ihren Anfang hatten. Ebenso sind die musikalischen Inspirationen und
Begegnungen wie die vielfältigen Einflüsse von Musikstilen auf die Rolling
Stones aus erster Hand erzählt. Das Buch ist gleichsam ein „Backstage-Pass“
von Keith Richards persönlich ausgestellt – also ein unvergleichliches Leseerlebnis voller Überraschungen…


Keith Richards, Life, Heyne Verlag 2010

Walter Pobaschnig, Wien 12_2020

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„Die Zeit drängt uns regelrecht, uns den schönen Dingen des Lebens zuzuwenden“ Ivana Kampus, Schriftstellerin_Tösching/Tesinja/K, 29.12.2020

Liebe Ivana, wie sieht jetzt dein Tagesablauf aus? 

Jeden Morgen ein guter Lupinenkaffee mit meinem lieben Mann, vormittags spiele ich mit meinen zwei im Hause wohnenden Enkelinnen. Ich koche sehr gerne und bereite „köstliche“ vegetarische Mahlzeiten für meine Großfamilie. Nachmittagsschläfchen, Kaffee, und dann geht mein Arbeitstag los: in diesen Tagen und Wochen übersetze ich slowenische Texte ins Deutsche. Mit Vorliebe widme ich mich der Lyrik, weil ich mich den AutorInnen meist sehr nahe fühlen kann.

Ivana Kampus, Schriftstellerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

In diesen Tagen sollten wir lernen, uns des Lebens zu freuen. Ich meine, die Zeit drängt uns regelrecht, uns den schönen Dingen des Lebens zuzuwenden. Ob das die Musik ist, ein schönes Buch, das Kinderlachen, auch nur Banales wie Vogelgezwitscher oder Kreieren eines neuen Menus. Lebensfreude steht für mich an erster Stelle.

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Die Kunst kann die schöne Aufgabe haben, die Menschen zu erheitern, ihnen die    Schönheit des Lebens, der Natur, des Übernatürlichen näher zu bringen. Künstler sind mit der Phantasiewelt viel eher verbunden als Menschen, die mit Sorgen und Ängsten des Alltags leben und sich in tiefe Sümpfe der Verzweiflung ziehen lassen. Ich weiß, dass es auch Künstlern manchmal so ergeht. Aber nichtsdestotrotz bin ich überzeugt, dass wir direkten Zugang zur Freude, Schönheit, Lebensbejahung finden können, wenn wir es nur wollen.

Was liest Du derzeit?

Da habe ich ein wunderschönes, kostbares Buch vor mir, herausgegeben von Gabriele Russwurm-Biro mit dem Titel „Der Baum“, mit vielen bunten Ausflügen in die Natur, besinnliche, aufhellende, melancholische Texte und ebensolche Photos. Dann habe ich das Buch „Freedom – The End of the Human Condition” vor mir, Autor Jeremy Griffith, ein Australier, der die Misere erklärt, in der sich die Menschheit befindet, in englischer Originalsprache natürlich. Das ist ein Wälzer von fast 800 Seiten, schwer in der Hand zu halten, und doch überaus aufbauend, weil zukunftsweisend. Wir müssen nicht ewig leiden. Die Lösung ist … aber vielleicht nimmt der eine oder die andere dieses Buch selbst in die Hand.

Welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Unsere Gedanken sind kreativ. Helle Gedanken erschaffen eine helle Welt, und dunkle Gedanken …?

Vielen Dank für das Interview liebe Ivana, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Ivana Kampus, Schriftstellerin

Ivana Kampuš – Der Kärntner Schriftsteller Verband (kaerntner-schriftsteller.at)

Foto_privat.

19.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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„Außerdem wichtig: Jeden Abend bei lauter Musik in der Wohnung tanzen“ Martina Hefter, Schriftstellerin _Leipzig, 28.12.2020

Liebe Martina, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Der ist äußerst unstrukturiert geworden, obwohl ich sehr viel arbeite. Ich schreibe, probe für eine kommende Solo-Performance, kümmere mich um mein Lyrikseminar am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, mache täglich Tanztraining und Workout (draußen oder in meinem zum Glück fast leeren Zimmer). Aber anders als sonst gibts außer für das Lyrikseminar keine verbindlichen Uhrzeiten und Termine. Manchmal steh ich erst um 11 auf, schreibe dann im Bett, manchmal mach ich mein Workout erst um Mitternacht. Wie ich halt gerade Lust habe.

Martina Hefter, Schriftstellerin

Außerdem rausgehen, im Wald rumlaufen, manchmal mit Freundinnen/Freunden oder meinen Töchtern. Wenn es nicht so einen schlimmen Grund gäbe für die Strukturlosigkeit, würde ich sagen, dass ich das mal ganz interessant finde, quasi ohne Uhrzeit zu leben. Aber auf Dauer wäre es nichts für mich.


Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Für alle traue ich mich eigentlich nicht zu sprechen. Für mich: lieber zu hoffnungsvoll als zu pessimistisch denken. Zur Zeit hält mich der Gedanke an die Impfung einigermaßen oben. Ich weiß, dass die Pandemie damit nicht auf einen Schlag vorbei ist, aber es wird vielleicht einiges ein bisschen einfacher.

Überhaupt, ans Frühjahr denken. Ansonsten versuche ich gerade, immer zu allen nett zu sein, weil alle dünnhäutig sind. Gelingt mir leider nicht immer. Außerdem freu ich mich über kleinere oder größere Gesten der Solidarität, in Leipzig gerade in der darstellenden Kunst: Ein Leipziger Theater hat z.B. im ersten Lockdown seine Probenstudios zum Symbolpreis an Einzelkünstler*innen vermietet, dafür bin ich heute noch dankbar.

Außerdem wichtig: Jeden Abend bei lauter Musik in der Wohnung tanzen.


Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und
persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt
dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Was wesentlich sein wird, kann ich schwer sagen, das wird man vielleicht erst mit einigem Abstand sehen. Vielleicht gehts erstmal darum, zu lernen, wie man mit dem Virus lebt, es wird ja noch eine ganze Weile da sein, selbst wenn sich die Lage wieder entspannt. Sich anschauen, welche neuen Formen von Geselligkeit und Gemeinsamkeit entstanden sind und wie man sie fortführen kann.

Ich hab noch nie so viel draußen gemacht zum Beispiel, draußen tanzen, draußen Tanzstücke und Lesungen ansehen und -hören, ich hab draußen mit jemand Bier getrunken im November bei Regen, ich bin nicht mehr so verfroren wie früher, laufe kilometerweit zu Fuß oder fahre Rad anstelle den Bus zu nehmen – einiges davon beizubehalten könnte ja auch positive Aspekte haben, was den Klimawandel betrifft z.B.

Das gilt auch für Literatur und Kunst, es wird bestimmt nicht so bald zurück zu den üblichen Lesungen, Konzerten, Theatervorstellungen oder Ausstellungsformaten gehen. Abseits von
Onlineformaten Corona – verträgliche Formen der Darbietung hinzubekommen, also dann, wenn die Fallzahlen hoffentlich wieder zurückgegangen sein werden – darin liegt ja auch eine positive künstlerische Herausforderung. In Leipzig habe ich da viele gute Ansätze gesehen im Sommer/Spätsommer.

Ansonsten können Literatur und Kunst wie sonst auch Räume eröffnen fürs Denken/Nachdenken, für Unterhaltung und Vergnügen, für Schönheit auch.

Martina Hefter, Schriftstellerin


Was liest Du derzeit?

Gedichte der Studierenden meines Lyrikseminars sowie theoretische Texte zu meinem Seminarthema, unter anderem Anja Utlers Buch “Manchmal sehr mitreißend” über die Wirkung gesprochener Gedichte. Dann den schönen Gedichtband “Gestohlene Luft” von Yevgeniy Breyger. Den Roman “Was man sät” von Marieke Lucas Rijneveld (dt. von Helga von Beuningen) – der ist toll.


Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Auf der Suche nach einem solchen – ich wollte auf jeden Fall etwas aus
“Gestohlene Luft” nehmen – kam es zu diesem tollen Zufallsfund:
“Stechende Weltdüfte launischer Viren, ausgestorbene Rassen von Brutvögeln,
die Seelen von allen zerstäubten Nierensteinen sammeln sich in der
Atmosphäre und regnen hernieder auf die Impfgegner in kristalliner Klarheit.”
(aus: Yevgeniy Breyger, Gestohlene Luft, kookbooks-Verlag)

Vielen Dank für das Interview liebe Martina, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Martina Hefter, Schriftstellerin

Fotos_privat.

19.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

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250.Geburtstag_Ludwig van Beethoven_“Brief an die unsterbliche Geliebte“ _ Reenacting_Daniela Schimpl_Wien 28.12.2020

„….am 6.Juli, morgens…“

„Mein Engel, mein alles, mein Ich…“

„erst bis morgen ist meine Wohnung sicher bestimmt, welcher nichtswürdiger Zeitverderb…“

„Ach Gott blick in die schöne Natur und beruhige dein Gemüth über das müssende.“

„die Liebe fordert alles und ganz mit Recht, so ist es mir mit dir, dir mit mir…“

„Kann unsre Liebe anders bestehn als durch Aufopferungen, durch nicht alles verlangen, kannst du es ändern, dass du nicht ganz mein, ich nicht ganz dein bin…“

„Ach – Es gibt Momente, wo ich finde dass die Sprache noch gar nichts ist…“

„Ach, wo ich bin, bist auch du mit mir, mit mir und dir rede ich mache, dass ich mit dir leben kann…“

„Ich weine wenn ich denke, dass du erst wahrscheinlich sonnabends die erste Nachricht von mir erhältst…“

„wie du mich auch liebst – stärker liebe ich dich doch…“

„doch nie verberge dich vor mir…“

„ist es nicht ein wahres Himmels Gebäude unsre Liebe – aber auch so fest, wie die Veste des Himmels…“

„ja ich habe beschlossen in der Ferne so lange herum zu irren, bis ich in deine Arme fliegen kann..“

„O Gott warum sich entfernen müssen, was man so liebt, und doch ist mein Leben…so wie jetzt ein kümmerliches Leben…“

„Deine Liebe macht mich zum glücklichsten und zum unglücklichsten zugleich…“

„sey ruhig – liebe mich – heute – gestern…“

„Welche Sehnsucht mit Tränen nach dir…“

„dir – dir – mein Leben – mein alles“

„leb wohl – o liebe mich fort – verkenne nie das treuste Herz deines Geliebten L. …“

Ludwig van Beethoven _ 250.Geburtstag

Fotoinszenierung nach _„Brief an die unsterbliche Geliebte“_Ludwig van Beethoven, Komponist und Pianist (1770 – 1827)

https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Brief_an_die_Unsterbliche_Geliebte

In der Rolle der unsterblichen Geliebten Daniel Schimpl, Sportwissenschaftlerin, Yogalehrerin und Delphintherapeutin_Model für Beethoven. 

Fotoinszenierung am Wohnort Beethovens in Wien_Probusgasse 6, 1190. Das letzte Wohnhaus Beethovens ist heute ein Museum. Herzlichen Dank an die Stadt Wien für die freundliche Kooperation!

Kostüm und Acessoires von Kostümverleih Lambert Hofer, costumes for film, theatre, TV, evening wear _Wien –  herzlichen Dank für das Kostümsponsoring und die so freundliche Kooperation und Unterstützung!

Idee und Inszenierung _ Daniela Schimpl und Walter Pobaschnig

Alle Fotos_Walter Pobaschnig.

Wien _ 26.1.2020

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