1916. Der I.Weltkrieg tobt in aller Grausamkeit. In den Schützengräben sterben täglich Tausende und es nimmt kein Ende. Die Front wird zum Schlachthaus, aus dem es kein Entkommen gibt. Nur für Stunden, Tage gelingt es wieder in das Dorf, die Stadt zurückzukehren, in das Leben davor – aber gibt es das noch?…
Toni Muhr kommt mit dem schweren Dampfzug am Wiener Westbahnhof an. Der Blick aus dem Fenster am Weg in die Kaiserstadt zeigte noch eine Welt von „gestern“ in all ihrer scheinbaren Idylle und Beschaulichkeit. Doch diese Idylle gibt es schon lange nicht mehr, gab es nie…
Und jetzt macht sich Toni Muhr auf den Weg zu den schillernden wie verlassenen Straßen, Plätzen der Stadt und begegnet den Menschen in all ihrer Vielfalt der Herkunft und Persönlichkeit…im Schatten, Spiegel des Krieges und der Sehnsucht nach Leben, Liebe, Hoffnung…
Der österreichische Schriftsteller, Diplomat und Journalist Paul Zifferer(* 9. März 1879 Bistritz † 14. Februar 1929 Wien) legt mit dem Roman „Die Kaiserstadt“ ein faszinierendes Panoptikum von Mensch, Zeit, Gesellschaft in der Monarchie am Ende des I.Weltkrieges und der beginnenden 1920er Jahre vor, das in seiner Unmittelbarkeit wie Ganzheitlichkeit beeindruckt. Zifferer schafft es eine Zeit und ihr Denken, Fühlen, Handeln lebendig darzustellen und anschaulich zu machen und kreiert ein mitreißendes Leseerlebnis im und um den geographischen Romanmittelpunkt Wien.
„Ein Roman, der Mensch und Zeit in der Dunkelheit des Krieges wie des Neubeginns beeindruckend zur Sprache bringt.“
„Die Kaiserstadt“ Paul Zifferer. Roman. Reclam Verlag
Lieber Boris, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Das ist schwer zu sagen, da ich unterschiedlich lange Arbeitszeiten habe, aber man kann sagen, dass ich in aller Regel tagsüber meinen Verpflichtungen im „Brotberuf“ nachkomme und dann in den Abend- und auch Nachtstunden schreibe. Im Urlaub, an Wochenenden oder Feiertagen sieht das wieder anders aus – da schreibe ich dann zu jeder vorstellbaren Tages- oder Nachtzeit. Da bin ich meiner geduldigen und duldsamen Frau zu größtem Dank verpflichtet, die mich sehr unterstützt – bisweilen kopfschüttelnd.
Boris Greff, Schriftsteller
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Humanität! Mensch bleiben angesichts aller Unmenschlichkeit, die uns umgibt; trotz Krieg, Pandemie und allgemeiner Unruhe dürfen wir nicht die Menschlichkeit preisgeben, nicht dem Hass und dem Extremismus in die Falle gehen. Den Horizont weiten, trotz aller Engstirnigkeit. Trotz aller Zweifel auch im Zweifelsfall nicht verzweifeln.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Wesentlich ist für mich, dass wir die Technik beherrschen und nicht die Technik uns; dass wir Natur und Technologie miteinander in Einklang bringen, ebenso Geistes- und Naturwissenschaft. Das wird viel zu oft gegeneinander ausgespielt.
Kunst bedarf der Unterstützung, der Förderung, der geeigneten Rahmenbedingungen – das wird manchmal so verklärt gesehen, der arme Künstler, die Boheme, das Leben unter Entsagungen, aber dennoch glücklich, da von der Muse geküsst – aber materielle Sicherheit brauchen wir alle, egal wie spirituell wir sind, und Kunst ist zwar eine große Freude, eine tiefe Erfüllung – aber harte Arbeit. Dabei denke ich, dass vor allem die Kunst es uns ermöglicht, menschlich zu bleiben, und nicht zu raubtierkapitalistischen Technokraten zu degenerieren. Kunst ist in meinen Augen ein menschliches Grundbedürfnis, schon die Urmenschen bemalten die Wände ihrer Höhlen, schlugen die Trommeln und benutzten ihre Stimmbänder. Die Kunst gegen wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt auszuspielen und immer mehr zu beschneiden, ist kurzsichtig, jede Form des gesellschaftlichen Fortschritts bedarf der Dichter und Denker, der Musiker und bildenden Künstler – ohne Kunst kann man vielleicht eine zeitlang überleben, aber wahre Lebensqualität birgt vor allem die Kunst, die Kreativität, die Liebe zu allem Schönen, und nicht Macht, Gewalt oder Finanzkraft.
Was liest Du derzeit?
Derzeit viel Lyrik und Poesie: Federico García Lorca, Friederike Mayröcker, Werner Fritsch, Durs Grünbein, Kathrin Niemela, Jan Wagner, Heinrich Heikamp, Uwe Kraus – dazu noch allerlei Anthologien, gedruckt und online, auch ganz unbekannte Künstlerinnen und Künstler in den sozialen Netzwerken – da gibt es viel zu entdecken. Neben den unvergänglichen Namen, die ich immer wieder konsultiere: Goethe, Schiller, Mörike, Trakl, Benn, ach, und so viele mehr. Jede Nennung tut mindestens einem Dutzend nicht genannter, toller Schriftsteller großes Unrecht. Was Romane angeht, lese ich derzeit von Alex Capus „Susanna“.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Als Entschädigung dafür, dass ich mich selbst zitiere, möchte ich der geneigten Leserschaft gerne ein Gedicht aus meinem ersten Lyrikband „Augenblicke und Wimpernschläge“ (Treibgut Verlag, Berlin, 2021, S. 69) schenken:
„Kratz an den Wolken“
Vogelgesänge, die in vertikalen Schlangenlinien leise tönen,
dort, wo tagsüber dröhnende Baumaschinen dröhnen;
in Asphalt, Glas und Stahlbeton
stürmen wir senkrecht der Natur davon,
jagen immer höheren Himmeln nach,
roden alle Träume, liegen innerlich brach.
Und wenn uns auch tausend Höllenfeuer lodern:
wir möchten alle gerne modern vermodern.
Vielen Dank für das Interview lieber Boris, und viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Papa schlief einst im Bombenkeller. Kinder schlafen dort heute.
Ewigkeiten sind seither vergangen. Es geschah soeben, im Hier und Jetzt.
Achtzig Jahre. Nicht ‘mal Sekunden.
Charakter wurden geformt, deformiert. Und werden.
Erklärungen fehlten. Und fehlen.
Achtzig Jahre, offene Wunden, keine Heilung.
Chancen darauf, waren denn welche da? Wird es je welche geben?
Hilfe fehlte. Und fehlt.
Angst übertrug sich auf die nächste Generation. Wird sich übertragen. Doch
Chancen wird es wieder geben.
Es wird, hoffentlich, bald ein Ende haben. Es muss!
Winfried Dittrich, 4.2.2023
Winfried Dittrich, Schriftsteller
Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:
Winfried Dittrich, Schriftsteller
Zu Person und Text_
Winfried DITTRICH (Autor) wurde 1981 geboren und lebt in der Ruhrgebietsstadt Witten. Er ist Vater von drei Töchtern und hauptberuflich Direktor im „Hotel Papa“. Daneben schreibt er u.a. Gedichte, arbeitet im Dortmunder Schreiblust-Verlag mit und steht ab und zu vor Menschen, um ihnen etwas zu erzählen. Nicht nur in dem vorliegenden Text setzt er sich mit der Biografie seines Vaters auseinander, der 1942 im Ruhrgebiet geboren wurde und während seiner ersten Lebensjahre Luftangriffe erlebte
Da ist Tom. Und da sein Weg in eine neue berufliche Existenz. Tief unter und über der Erde. Mehlwürmer. Ideen und Produktentwicklung laufen. Die Gesprächspartnerin jetzt ist nicht so ganz überzeugt. Das Schnitzel klatscht jetzt fetttriefend auf den Teller. Er ist zurück. Bei Oma.
Das Zimmer oben. Der Balkon. Das Handtuch im Bad. Als ob die Sommerferien weitergingen und die Wünsche der Oma. Alles wie gehabt.
Doch die Zeit bleibt nicht stehen. Nicht bei Tom und nicht bei Oma…Unvorstellbares geschieht, ein Unfall und nun braucht Oma Hilfe, Pflege. Pflegekräfte kommen. Und jetzt ist Kreativität gefragt in Organisation, Planung. Und noch mehr Fingerspitzengefühl…
„Oma, wir sind zu Hause. Schau, das ist dein Haus. Alles ist wie immer, nichts hat sich verändert! Dein Haus…“
Alina Lindermuth, 2022 mit dem Sonderpreis des Wiener Werkstattpreises ausgezeichnet, legt mit Ihrem zweiten Roman „Fremde Federn“ eine sprachlich und thematisch rasante, spritzige wie begeisternde Tragikkomödie der Herausforderungen modernen Generationenlebens vor. Die österreichische Schriftstellerin, die schon 2010 den Bachmann Jugendliteraturpreis gewann, überzeugt mit einer variantenreichen Erzählstruktur, die in witzig-pointierten Gesprächen, reflexiven, psychologisch sehr feinen wie direkten Innenperspektiven mitreißend packt, eine außergewöhnliche Lebendigkeit, die bis zur letzten Seite nicht nachlässt.
Das Thema Mensch, Familie, Weg und Verantwortung, Forderung wie Überforderung wird perspektivenreich geöffnet und lässt wiedererkennen, lachen, nachdenken, weinen. Es trifft ins Herz. Von Mensch und dessen Brüchen in Wunsch, Ziel und Weg.
„Alina Lindermuth, das sind literarisch 1000 Volt in Witz, Anspruch, Spannung und Sinn!“
CHANCE Erfolgsaussichten, Wege, Umwege -chance ist zu schwammig
Waltraud Mittich, 15.11.2022
Waltraud Mittich, Schriftstellerin
Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:
Waltraud Mittich, Schriftstellerin
Zur Person_Waltraud Mittich _geboren 1946 in Bad Ischl; 1952 Übersiedlung nach Südtirol; Studium „Lingue e letterature straniere e moderne“ an der Universität Padua; anschließend Unterrichtstätigkeit. Lebt in Südtirol.
Lieber Jens-Philipp, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Nach dem Morgenkaffee gehe ich an den Schreibtisch, um mich der Brotarbeit als Lektor zu widmen. Meine eigenen Projekte – gerade feile ich an einem Buch über die Mystik – verfolge ich nachmittags. Täglich nehme ich den Faden wieder auf, und räume der literarischen Umsetzung von Gedanken, Ideen und Träumereien so viel Zeit wie möglich ein. Zur Zerstreuung male ich vergleichsweise dilettantische Aquarelle, gehe spazieren und höre Musik. Songtexte, die mich berühren, dienen mir als Inspiration für meine Prosa.
Jens-Philipp Gründler, Schriftsteller
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Dass wir einen kühlen Kopf bewahren und eine gewisse innere Friedlichkeit kultivieren, mit der im Idealfall Toleranz und kulturelle Offenheit einhergehen. Wir sollten künstlerischen Erzeugnissen stets unvoreingenommen und gewissermaßen naiv entgegentreten und den Arbeitsaufwand der Schöpferinnen und Urheber berücksichtigen, bevor wir harte oder ungerechte Urteile fällen. Diese Herangehensweise lässt sich auch auf das gesellschaftliche Zusammenleben übertragen, wie ich meine. Jeder Mensch hat eine ganz eigene Geschichte, die wir sanftmütig und mittels kindlicher Arglosigkeit miteinbeziehen sollten, bevor wir uns ein Bild machen. Menschlichkeit entspringt tiefgreifenden, gelegentlich leidvollen Erfahrungen. Dies sollten wir beachten, wenn wir anderen begegnen.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Die Kunst transzendiert unsere Menschlichkeit. Einerseits stecken wir in diesem Körper; bestehen aus Fleisch, Blut und Knochen. Andererseits ist uns die Fähigkeit zur Transzendenz gegeben worden. Die Literatur gibt Beispiele, indem sie anhand von Geschichten und Gedichten etwas schwer Begreifliches abbildet. Ewigkeit, ein Verbleiben im permanenten Jetzt, betrachte ich als das Geheimnis der Kunst. Gute Literatur fängt einen Funken der metaphysischen Essenz ein und verursacht so ein uns wärmendes, inneres Feuer.
Was liest Du derzeit?
The Philosophy of Modern Song von Bob Dylan. In atemberaubenden Essays philosophiert Dylan über Songs, die ihn beeinflussten und prägen. Meines Erachtens handelt es sich bei Dylan um den größten lebenden Poeten.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
“An unlocked door means that, occasionally, you might get a devil come in, but a locked door means you have thousands of angels just walk by.” (Ian MacKaye)
Vielen Dank für das Interview lieber Jens-Philipp, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Marco Anders Rauch wurde 1976 in Erlangen geboren. In der Vergangenheit hat er für Verbraucherportale Produktrezensionen verfasst, nebenberuflich Texte für ein IT-Unternehmen geschrieben und sie ins Englische übersetzt. Der gelernte Fotolaborant hat später eine Ausbildung zum Pflegehelfer absolviert und einige Jahre in dem Bereich gearbeitet. Seit 2010 beschäftigt er sich im Bereich der Medizintechnik mit kranken Menschen und verwebt seine Eindrücke aus der Praxis gerne mit in die Geschichten.
Bücher: April 2021: Erster Roman „Hinter deiner Wirklichkeit“ veröffentlicht
„Wie aus einer anderen Welt stand die Kaiserin vor mir…“ Constantin Christomanos, Tagebücher (folgende)
Christomanos war der Griechisch-Lehrer und Reise-Begleiter von Elisabeth von Österreich. Seine Gespräche mit Elisabeth, Erinnerungen erschienen erstmals unmittelbar nach ihrem Tod 1898.
Valentina Himmelbauer, Schauspielerin _ acting Sissy _125.Todesjahr _ Elisabeth von Österreich(* 24.Dezember 1837 München +ermordet 10.September 1898 Genf)
„Wir sollten die Musik aller Dinge in uns aufnehmen, in uns zu einer Einheit verschmelzen...“
„Aus einer gegenüberliegenden Tür, die offen war und in kleines Boudoir blicken ließ, trat mir die Kaiserin entgegen…“
„Übrigens hat die Liebe auch Flügel zum Fortfliegen…“
„Haben Sie jemals einen Toten gesehen? frug mich die Kaiserin nach einer Weile. Auf allen toten Gesichtern drückt sich Weh und Hohn aus. Es ist der Hohn des Sieges über das Leben, das so weh getan hat…“
„Alle gehen unbewusst, aber sicher einem Ziel zu…“
Valentina Himmelbauer, Schauspielerin _ acting Sissy _125.Todesjahr _ Elisabeth von Österreich(* 24.Dezember 1837 München +ermordet 10.September 1898 Genf)
Fotonovel_Sissy
125. Todesjahr Elisabeth von Österreich_ 2023
Elisabeth von Österreich(* 24.Dezember 1837 als Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern/München +ermordet 10.September 1898 Genf/Schweiz)
Alle Zitate_ Constantin Christomanos: Tagebuchblätter 1898. Ausgabe Insel Verlag 1993
Zur Person_Constantin Christomanos (* 1.8.1867 Athen + 14.November 1911 ebenda), Historiker, Autor und Theaterleiter. Herausgeber der Wiener Rundschau.
Christomanos war der Griechisch-Lehrer und Reise-Begleiter von Elisabeth von Österreich. Seine Gespräche, Erinnerungen mit Elisabeth erschienen erstmals unmittelbar nach ihrem Tod 1898.
Lieber Fredrik, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Oh.. das ist ganz unterschiedlich. Wenn ich probe, sehe ich in der Früh mit meiner Tochter gegen 7:00 Uhr auf. Sport, Yoga oder meditieren, Text lernen und dann zur Probe, Pause oder Sport und dann wieder zur Probe oder zur Vorstellung.
Wenn ich keine Probe habe, mache ich auch Sport oder Yoga und meditiere und dann gibt es für mich immer wieder einiges zu planen und organisieren, da ich auch als Coach/Trainer arbeite.
Fredrik Jan Hofmann, Schauspieler, Sprecher & Coach
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Hm.. das darf ja jede für sich entscheiden. Wünschen würde ich mir, dass es mehr Zeit, Platz und Raum gibt zu differenzieren und das sich jeder mehr mühe geben würde, sein Gegenüber zu verstehen, bevor man in den Widerspruch geht. Außerdem würde ich es begrüßen, wenn Fehler mit ein wenig mehr Nachsicht beäugt werden, statt gleich draufloszukloppen… und natürlich wünsche ich mir Frieden im Osten und eine erfolgreiche Iranrevolution.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?
Das ist ein komplexe Frage. Ich würde es begrüßen, dass wieder mehr differenzierte und vielmehr widersprüchliche Meinungen, Haltungen auf der Bühne zu sehen und hören sind. Wenn ich als Zuschauer ins Theater gehe, möchte ich mir selber eine Meinung bilden dürfen und ich denke, das ist eigentlich jetzt auch das, was im Schauspiel, in der Kunst abgebildet werden sollte. Dieselben Möglichkeiten sollten aufgezeigt und gleichzeitig in Frage gestellt werden. Ich habe dieses Jahr “Gott” von Schirach gespielt. Es war eine tolle Inszenierung, auch wenn ich das Stück nicht über jeder Zweifel erhaben finde, so waren die Gespräche mit den Zuschauer*innen stets interessant, denn oft hat die Meinung des/r Zuschauer*in innerhalb der Inszenierung gewechselt. Das gefällt mir.
Was liest Du derzeit?
Harper Lee “Gehe hin, stelle einen Wächter”
Harper Lee “Gehe hin, stelle einen Wächter”, habe ich just zu Ende gelesen. Es ist ein verschollenes Werk und wurde erst 2013 veröffentlicht. Geschrieben in den 50ern und zeigt das Aufbegehren einer jungen Frau gegen den aufkommenden Rassismus im Süden Amerikas. Das Aufbegehren gegenüber dem Verhalten ihres Vaters. Spannend & bewegend.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
“Hope and curiosity about the future seemed better than gurantees. The unknown was always so attractive to me… and still is.”
„Hoffnung und Neugier für die Zukunft schienen interessanter als Sicherheiten. Das Ungewisse war immer so attraktiv für mich… und ist es noch immer.“
Hedi Lamar
Vielen Dank für das Interview lieber Fredrik, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Fredrik Jan Hofmann, Schauspieler, Sprecher & Coach
Zur Person_Fredrik Jan Hofmann ist seit 2002 Schauspieler. Nach seiner Ausbildung am Max Reinhardt Seminar war er an verschiedenen deutschsprachigen Theater engagiert, und gastierte als Gast am Theatre National du Luxembourg, bei den Ruhrfestpielen Recklinghausen und seit 2015 gehört er zum Ensemble des Schauspielhaus Graz. Vor der Kamera arbeitet er seit gut 10 Jahren. Er wirkte in Kinofilmen, Fernsehfilmen mit. Es stand u.a. für die Serie “Das Boot” vor der Kamera und im letzten Frühsommer war er für die Amazon Serie “Therapy” am Set stehen.
Seit 2008 coacht und unterrichtet er rund um das Thema “Rhetorik & Körpersprache”. Er veranstaltet Workshops in eigener Regie und arbeitete als Dozent u.a. der FH Aachen/Architektur, int. Bühnenwerkstatt Graz, Kunstuniversität Graz sowie zuletzt im Rahmen der Green Actors Lounge. Seine Ausbildung zum Tanztherapeuten(*IGE) wird er im Jänner 2023 abschließen.
Foto_Volker Schmidt
16.12.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
Liebe Elisabeth, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich versuche in meinem Tagesablauf möglichst feste und regelmäßige Strukturen einzuhalten. Das gibt mir gerade in unsicheren und belastenden Zeiten wie diesen Halt und es erleichtert mir auch meine Arbeit.
Zu meinem Leidwesen brauche ich in den letzten Jahren viel Schlaf und stehe erst gegen halb neun Uhr morgens auf. Das ärgert mich. Früher war ich eine ausgesprochene Frühaufsteherin und ich mag die ruhigen Morgenstunden eigentlich sehr.
Nach dem Aufstehen und vor dem Frühstück gehe ich erst einmal an den Computer und schaue kurz, was es Neues gibt. Nach dem Frühstück beginne ich den eigentlichen Tag meist mit einer kurzen Reflexion und einem Eintrag in mein Tagebuch. Erst danach fühle ich mich wirklich psychisch gerüstet.
Es klingt vielleicht seltsam, aber ich verrichte bis zu einem gewissen Grad sehr gerne Hausarbeit. Sie erdet mich und oft kommen mir gerade da die Ideen für mein Schreiben. Die Hälfte des Vormittags verbringe ich in der Regel bei Arbeiten in Haus und Garten. Den Rest dann meist mit Organisatorischem wie dem Beantworten bzw. Schreiben von Mails usw. Wirklich feste Schreibzeiten habe ich ehrlich gesagt nicht. Viele AutorInnen sagen ja, dass sie sich jeden Tag ein bestimmtes Pensum vornehmen. Das tue ich nicht. An manchen Tagen schreibe ich gar nichts, an anderen nur ein oder zwei Sätze und manchmal bin ich gewissermaßen in einem Schreibrausch. Da arbeite ich dann ganze Nachmittage hindurch oder recherchiere. Ich schreibe ja in erster Linie historische Romane und es ist mir sehr wichtig, alles geschichtlich korrekt und stimmig darzustellen.
Elisabeth Schinagl, Schriftstellerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Nicht in Verzweiflung zu verfallen. Das ist in diesen Zeiten wahrhaftig nicht einfach. Wir alle sind psychisch ausgelaugt. Bei vielen meiner Bekannten und Freunde wirken immer noch die traumatischen Erlebnisse der Pandemiezeit nach. Jetzt haben wir diesen schrecklichen Krieg in Europa, also quasi vor unserer Haustüre. Jeden Tag die Bilder von Tod und Zerstörung. Man fühlt sich ohnmächtig. Dazu kommt das Dauerthema des Klimawandels: Unwetter, Überschwemmungen, Dürren, Artensterben und, und, und… Wir alle müssen Lösungsansätze für eine Verhaltensänderung entwickeln. Individuell und gesamtgesellschaftlich. Das ist unbequem und anstrengend.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Das ist eine gute, aber schwer zu beantwortende Frage. Ich würde gerne sagen‚ “Antworten auf die Fragen der Zeit zu bieten.“ Aber das ist ja fast schon ein Klischee und trifft es nicht. Was soll man antworten auf Krieg oder Klimawandel? Welche Lösungsansätze kann Kunst bieten? Ich glaube nicht, dass es „vorgefertigte“ Lösungen gibt. Aber Kunst kann jeden und jede Einzelne auf ganz verschiedenen Ebenen berühren, sowohl emotional wie auch rational. Sie kann zum Nachdenken anregen, kann Impulse liefern. Der unumgängliche Aufbruch, das Umdenken, kann ja nur gelingen wenn wir möglichst viele mitnehmen auf diesem neuen Weg und da kann Kunst helfen. Darin sehe ich im Moment ihre Aufgabe. In meinen Werken befasse ich mich sehr häufig mit Zeiten des Umbruchs. Für mich sind diese Zeiten eine Art Spiegel für unsere eigene.
Was liest Du derzeit?
Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege. Zum einen, weil ich im Herbst fünf Wochen in Wien zubringen durfte und diese wunderbare Zeit in der Lektüre nachklingen lassen möchte. Zum anderen aber auch,weil es ein Roman ist, der sich mit einer Zeit des Umbruchs befasst. Das Habsburger Reich ist zusammengebrochen. Die Menschen haben alte Gewissheiten verloren und müssen sich in einer veränderten Welt zurecht finden. So interpretiere ich das zumindest.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Ein Rilkezitat, das ich mir zum Lebensmotto erkoren habe:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.
Vielen Dank für das Interview liebe Elisabeth, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Elisabeth Schinagl, Schriftstellerin
Zur Person_Dr. Elisabeth Schinagl, geb. 1961 in München, studierte Latein und Germanistik in Eichstätt und Regensburg. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für mittellateinische Philologie an der Katholischen Universität Eichstätt und danach Gymnasiallehrerin. Von 2009 bis 2017 war sie als Referentin im Bayerischen Landtag tätig. Seit 2018 ist sie freie Autorin. In ihren Werken befasst sie sich vorwiegend mit Themen aus der bayerischen Geschichte.