Buchmessse Leipzig: „das Programm geht eher weniger Risiko ein“ Christian Klinger, Schriftsteller _ Wien 28.4.2023

Österreich_Gastland Leipziger Buchmesse 2023

Interview _ Christian Klinger, Schriftsteller_Wien

Christian Klinger, Schriftsteller

Was macht den österreichischen Gast aus?

Zynisch betrachtet, könnte man meinen, der österreichische Gast meint, überall den Ton angeben zu müssen. In der Literatur ist das ein ambitioniertes Ziel, das man durchaus verfolgen sollte, nur so entwickelt sich Literatur fort.

Ist Österreich für Deutschland nicht immer (nur) ein Gastland?

Sprachlich (Austriazismen, die manche Verlage so gar nicht mögen) kann es auch oft Ausland sein. Dies ist jedoch mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Leider ist es für österr. Autor:innen nicht immer einfach, in Deutschland Fuß zu fassen, für die meisten bleibt es ein „Gastland“.

Wird Leipzig das Literatur-Cordoba für Österreich?

Allein über die Frage muss ich schon lachen. Man darf ja nicht vergessen, dass dieses nationale Narrativ, das nicht nur meine Generation geprägt hat, ziemlich genau der Bösartigkeit entspricht, die man dem Wiener im Allgemeinen nachsagt: Auch, wenn es mir nicht nutzt, Hauptsache, es schadet einem Anderen. Österreich war ja aus dem Bewerb draußen, konnte sich aber damit rühmen, auch die Deutschen rausgeboxt zu haben. Ich denke, ein Literatur-Cordoba kann und soll es nicht geben, da die Literatur-Szene eher danach trachtet, Synergien zu finden und man sich gegenseitig fördern will.

Ist „Meaoiswiamia“ Ausdruck des österreichischen Minderwertigkeitskomplexes?

Oder der österr. Selbstüberschätzung. Allerdings, das muss man sagen, das Programm geht eher weniger Risiko ein. Man setzt primär auf eingeführte Personen. Ein Eklat oder Provokation wird so vermieden.

…oder auf den Literaturbetrieb selbst bezogen?

Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich habe weder den Begriff noch das Konzept dahinter richtig verstanden, mich aber auch nicht eingehend damit befasst. Vielleicht versteckt sich das Konzept hinter dieser Begrifflichkeit, mit der die Menschen jenseits der bayrischen Grenzen nichts anfangen werden. Man kann aber auch sagen: Ja, es gibt eben sehr viel mehr, als das, was sich hier präsentiert, die Protagonist:innen sind nur die Speerspitze eines breiten Literaturbetriebs, der sehr viel mehr umfasst.

Was hat Österreich was Deutschland nicht hat?

Einen Dialekt, der sich leider für die Verschriftlichung nur bedingt eignet. Ein „Haste“ versteht man wahrscheinlich auch im Südburgenland oder in Favoriten, während für ein „Ham S‘“ hinter der Grenze bald Schluss ist. Daher ist eben auch das Motto unseres Beitrags für Leipzig durchaus ambitioniert, Verständnis für einen unverständlichen Dialekt zu schaffen.

Herzlichen Dank!

Zur Person_Christian Klinger, geboren 1966 in Wien, Studium der Rechtswissenschaften.

Seit 2017 Zweitwohnsitz in Triest.

Er veröffentlichte zahlreiche Krimis und Beiträge in Anthologien, erhielt den Luitpolt-Stern-Förderungspreis und war auf der Auswahlliste des Agatha-Christie-Krimipreises (2011). Im Picus Verlag erschien 2020 sein Roman »Die Liebenden von der Piazza Oberdan«. 

Christian Klinger

Aktueller Roman_

Christian Klinger, Ein Giro in Triest, Picus Verlag. 2022

Buch: Hardcover, 296 Seiten

ISBN:  978-3-7117-2116-7

Foto_Paul Feuersänger/Picus Verlag

Ein Giro in Triest

28.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig.

https://literaturoutdoors.com

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