„Zwingli und Luther – Ihr Streit über das Abendmahl nach seinen politischen und religiösen Beziehungen“ Band I und II, Walther Köhler. Gütersloher Verlagshaus.

 

 

„Zwingli und Luther – Ihr Streit über das Abendmahl nach seinen politischen und religiösen Beziehungen“ Band I und II, Walther Köhler.

Es sind die großen Gedenkjahre der Reformation, die auch den Beginn des 21.Jahrhunderts kennzeichnen. 2017, die Thesenveröffentlichung von Martin Luther in Wittenberg gilt als Initialzündung der weitreichenden reformatorischen Prozesse in Theologie, Kirche, Politik und Gesellschaft.

2019 ist nun das Gedenkjahr an Ulrich Zwingli und sein umfangreiches reformatorisches Wirken. Am 1.Januar 1519 trat der aus einfachen Verhältnissen stammende und in der Schweiz 1484 geborene Priester, der eine gute theologische wie humanistische Ausbildung (Studien in Wien, Basel) besaß sein Amt am Großmünsterstift in Zürich an. Der ambitionierte Priester verfügte auch über eine umfangreiche Privatbibliothek und war der griechischen Sprache mächtig, die ihn seine Predigtschwerpunkte des Neuen Testamentes tiefgehend vorbereiten ließ. Im Zuge der folgenden Jahre kam es zu grundlegenden Veränderungen des religiösen wie gesellschaftlichen Leben in Zürich, an denen Zwingli wesentlichen Anteil hatte. Kirche, Bildung und Stadt bekamen ganz neue Formen, die noch heute die reformierte Tradition (benannt nach Ulrich Zwingli und Johannes Calvin) der evangelischen Kirche prägen.

Zum reformatorischen Anspruch Martin Luthers gibt es nun Parallelen (etwa die Bedeutung und Maßgabe der Schrift/Bibel wie die Ablehnung des Zölibates und das geschlechtsoffene Predigtamt) aber auch wesentliche Unterschiede, etwa im Verständnis des Kirchenraumes (strenges Bilderverbot in der reformierten Tradition) oder im Sakramentsverständnis das Abendmahl betreffend. Letzteres kann als theologische Mitte wie Grenze der Begegnung und Zusammenarbeit der beiden Reformatoren Zwingli und Luther gesehen werden über die sie nicht hinaus konnten und die auch in Gesprächen nicht überwunden werden konnte. Hier trafen wesentlich die Theologen in einem sakramentalen Streitpunkt aufeinander, dessen Hintergründe aber weitreichender gewesen sein dürften, die in diesem Thema aber fokussierten.

Der evangelische Theologe Walther Köhler (geb.1870 in Elberfeld/Wuppertal -1946, Heidelberg) war einer der bedeutendsten Kirchenhistoriker des 20.Jahrhunderts. Sein Forschungsschwerpunkt war insbesondere die Reformationsgeschichte und dabei auch die theologischen Besonderheiten der evangelischen Konfessionen.

1924 (Band II 1943) erscheint sein bahnbrechendes wie umfangreiches Werk zum Abendmahlsverständnis Zwingli und Luthers, welches nun in einer zweibändigen Neuauflage des Gütersloher Verlagshauses 2017 als Reprint erschienen ist. Im Vorwort weist der Autor auf sein Ansinnen hin, einen Beitrag zum guten Miteinander zwischen den evangelischen Konfessionen leisten zu können – „…so wäre sein höchster Zweck erfüllt.“

Köhler legt seine Studie in zwei großen Schwerpunkten an, welche auch die Inhalte der zwei Bände markieren.

Der Autor thematisiert zunächst im Rückgriff auf umfangreiches Quellenstudium (Briefe, Traktate) die Genese und theologischen Prämissen des Abendmahlverständnisses von Ulrich Zwinglis wie es sich im Religionsgespräch von Marburg 1929 schließlich manifestierte. Ausführlich werden theologische Standpunkte und Ereignisse der Zeit dargestellt und erläutert. Beeindruckend dabei die umfassende Quellenbearbeitung und kontextuelle Aufbereitung. Besonders bemerkenswert ist auch die Analyse des theologischen wie gesellschaftspolitischen Umfeldes der beiden Reformatoren und ihrer Einflüsse und Spannungsfelder.

Im Band II werden schließlich die unmittelbaren Argumente der Reformatoren beim Marburger Religionsgespräch 1529 dargelegt, die schließlich im Verständnis von Symbolik (Zwingli) und Realpräsenz Christi (Luther) zu unüberbrückbaren Trennlinien wurden. Köhler setzt auch hier einen umfassenden theologischen wie kirchengeschichtlichen Rahmen und stellt damit das theologische Gespräch in einen umfassenden Kontext der Folgeereignisse.

Hervorzuheben ist zusammenfassend neben der fundierten theologisch-kirchengeschichtlichen Darstellung und Erläuterung eines der wesentlichen Kristallisationspunkte der Reformation die kontextuelle Vermittlung und narrative Kraft des Autors, welche ein anspruchsvolles theologisches Thema gut lesbar wie spannend aufbereitet.

„Ein wesentliches Stück Reformations-, Theologie- und Weltgeschichte in kompakter wie spannender Form aufbereitet und erzählt.“

 

Walter Pobaschnig, Wien 5_2019

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„Mein Hundemund“ Werner Schwab, fulminant mutige Inszenierung am Werk X-Petersplatz, Wien, 27.4.19.

„Mein Hundemund“ Werner Schwab am Werk X-Petersplatz, Wien, 27.4.19.

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Sein Bein und viel mehr an Seele blieb im Krieg. Fortgerissen. Jetzt ist es ein Kriechen, Verstecken und Warten auf das Ende zwischen all dem Müll, der sich in schweren schwarzen Säcken türmt wie die Macht und Ohnmacht eines Lebens in dieser vollen leeren Welt. Die Kraft fehlt ihm, um neue Lebensziele zu erkennen oder zu gewinnen. Für ihn und für alle um ihn ist alles längst verloren…

 

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Seine Frau versucht ihn verzweifelt an seinen Platz und seine Aufgabe in Beruf und Familie zu erinnern. Doch er kann längst nicht mehr. Es ist ein Requiem der Resignation und ein Manifest der Anklage, das er starr zwischen Blut und Gedächtnis spricht, flüstert und schreiend wiederholt. Der Schmerz menschlicher Natur holt sich hier alles und auch seinem Sohn gelingt es nicht, seine Aufmerksamkeit zu motivieren. Doch bevor er seinen Abschied nimmt, müssen Frau und Sohn, Himmel und Erde seine sprachliche Wut und Wucht ertragen. Draußen warten die Hunde und da sein Schmerz – der Blitz und Donner endloser Nacht. Bis zur Grabesstille zwischen einer Handvoll Erde oder was davon noch übrig ist…

 

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Alexandru Weinberger-Bara inszeniert das sprachgewaltige Werner Schwab Stück „Mein Hundemund“ (Uraufführung 1992, Schauspielhaus Wien) als existentielles Requiem in einer erdrückenden Welt, die, in Geschichte und Gegenwart, jeglichen Lebensimpuls zerstört. Mittels eines eindrücklichen Kostüm-und Bühnenbildes, in welchem Müllberge zentral Bewegung einengen und damit bestimmen, hebt der Regisseur in einem wagemutigen Kunstgriff die wuchtige kritische Ansprache Schwabs in einen Kontext globaler Herausforderungen des 21.Jahrhunderts.

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Ein Wagnis, welches Regisseur Weinberger-Bara hier eingeht und dem zu gratulieren ist. Es ist ein höchst beachtlicher dramatischer Transfer und öffnet mutig wie anspruchsvoll Möglichkeiten zeitgenössischen Theaters in Ansprache und Dialog von Bühne und Publikum. So war Schwab noch nie zu hören und vor allem zu sehen.

Jens-Ole Schmieder, mit sensationell eindrücklichen Spiel, wie das Ensemble mit Sonja Kreibich und Benjamin Vanyek setzen diese aufmerksame Inszenierung in bester Schauspielkunst um.

Ebenso ist das Kostümbild hervorzuheben – Antoaneta Stereva trifft die Inszenierung großartig, insbesondere auch Mutter und Sohn als Abbild in Kleidung und Style der 1980er Jahre. Hervorragend auch Musik/Sound_David Lipp und die Technik/Regieassistenz – Andreas Stockinger.

 

„Bahnbrechendes Theater, welches die Sprachwucht Werner Schwabs an den globalen Fragestellungen und Friedhöfen der Gegenwart fulminant ankommen lässt.“

 

„Mein Hundemund“ Werner Schwab

Inszenierung Alexandru Weinberger-Bara

Weitere Vorstellungen: 2., 3., 4., 8., 9. und 10.5.2019, jeweils 20h.

Werk X-Petersplatz, Petersplatz 1, 1010 Wien.

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Walter Pobaschnig, Wien 4_2019

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Alle Fotos_Walter Pobaschnig

 

 

 

„Damals“ Siri Hustvedt. Roman. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

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„Damals“ Siri Hustvedt. Roman. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

Es ist der heiße Sommer 1978 als die junge Frau in Manhattan ankommt. Eine Insel, die jetzt zum Abenteuerland für die Studentin aus Minnesota werden sollte. So der Wunsch, die Erwartung und der Wille. Bevor es zu den langen Tagen und Nächten der Prüfungsvorbereitungen in den Bibliotheken der Universität geht, soll aber noch eine Welt im Schreiben entstehen. Soll sich Phantasie und Realität im Wort drehen. Hier im schäbigen dunklen Apartment, das Freiheit und Interesse jetzt endlich Raum gibt. So viel gibt es jetzt zu entdecken in der neuen Stadt. Endlose Spaziergänge zu Buchhandlungen, Restaurants und Überraschungsorten werden zu Impulsen des Schreibens und der persönlichen Erfahrung. Das Tagebuch wird zum Begleiter für das eigene Erleben und die Gedanken und Reflexionen der SchriftstellerInnen und DenkerInnen der Zeit und der Vergangenheit. Ebenso aber wird das unmittelbare Leben Tür an Tür, Wand und Wand, zur Herausforderung von Wahrnehmung und Handlung. Die rituellen Gesänge der Nachbarin werden mehr und mehr zu Rufen in Schrecken und Angst und jetzt gilt es sich den Geheimnissen und täglichen Abgründen der Welt zu stellen und damit auch den Weg zu sich selbst zu finden…

Der neue Roman, der Bestsellerautorin, Essayistin und Literaturwissenschaftlerin, Siri Hustvedt, ist eine fulminante moderne Abenteuergeschichte, die einen biographischen wie geistesgeschichtlich gesellschaftshistorischen Bogen erzählerisch zu spannen vermag, der bis zum Finale in Atem hält. Die literarische Konstruktion in Rückblick, Reflexion und Ausblick schenkt Leserin und Leser auch Räume persönlicher Erinnerung und erzeugt so eine dialogische Ansprache, die einzigartig ist. Das erzählerische Experiment der Autorin wird so zu einem Leseerlebnis, das kritisch Rollenbilder und Denkwege moderner Gesellschaft in packender story öffnet und auch mutig Position bezieht.

Bemerkenswert ist auch die grafische Illustration (Zeichnungen) der Autorin im Text, die sehr fein Erzählung und Gedankenwelt begleitet und auch eine neue künstlerische Seite Siri Hustvedts öffnet.

„Ein Roman, der in Spannung und Anspruch mutige neue Wege geht und damit alles gewinnt.“

Walter Pobaschnig, Wien 3_2019

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„Über die Ferne der finsteren Fluren hebt mich mein Stern…“ Paul Celan, Lebensorte _ Wien

 

Paul Celan (23.11.1920 Czernowitz/Rumänien +20.4.1970
Paris)
Der Dichter erreichte im Dezember 1947 Wien und fand
zunächst Aufnahme in einer Flüchtlingsunterkunft
(adaptierte Schule) in Hernals. Städtische Hilfe und
Freunde ermöglichten ihm wesentlich seinen weiteren Weg.
Alle Fotos: Walter Pobaschnig

„Imagine.John.Yoko.“ Neuerscheinung Edel Verlag.

Cover _ Imagine„Imagine.John.Yoko.“ Neuerscheinung Edel Verlag.

Es ist ein respektvolles Begegnen mit dem vorliegenden Bild/Textband, welches das erste Blättern und Sehen begleitet…

Erinnerungen an Musik und Zeit, Aufbruch und Vision einer Generation, einer Epoche – zentral darin John Lennon in genialer Komposition und kompromissloser Authentizität – werden lebendig. An seiner Seite als ebenso geniale Künstlerin, Yoko Ono, die für den gefeierten Star neue Horizonte öffnet. Die Verbindung von Kunst und Leben. Aufmerksamkeit und Engagement. Im Kleinen, im Großen, Im Lauten, im Stillen. Ebenso faszinierend die liebenden Künstler. Das Dasein im gemeinsamen Weg in größten privaten wie Spannungen der Zeit. Und dann das Attentat 1980 in New York. Der Tod John Lennons. Und die Trauer einer Generation und weit darüber hinaus. In der Mitte natürlich der Song Imagine. Der Traum vom Überwinden der Grenzen in dieser Welt, eine umfassende Vision von Frieden…

All das ist im weißen Coverrahmen, dem schlichten Foto, im feinen himmelblauen Buchschnitt schon zu spüren – der Buchzauber wirkt sofort! – und die ersten großartigen Fotos, Zeichnungen und Texte nehmen dann gleich ganz zur Reise von   – Imagine/John/Yoko – mit.

Es ist eine ganz besondere Buchausgabe rund um die Entstehung von „Imagine“, den genialen tiefgründigen Klassiker moderner Musik, der jede Generation neu anzusprechen weiß, welche der Edel Verlag hier in deutscher Übersetzung vorlegt. Kurz gesagt, ist es ein großes Geschenk, das in Form und Präsentation wie in der inhaltlichen Variation und Fülle von Fotos, Texten, Interviews und multimedialer Erinnerungen begeistert. Das Öffnen des Buches gleicht einem Zeitsprung, der in hervorragenden eindringlichen Fotos umfängt, die zu gut abgestimmten Textelementen gesetzt sind. Erstaunlich wie die Fülle unveröffentlichter Fotos ist auch die Bandbreite der Interviews von unmittelbaren MusikollegInnen bis zur Nachtportierin im Studio, die sich an die Studioarbeiten zum Album Imagine (1971) und die Songs erinnern, die im Buch chronologisch vorgestellt werden.

Ein Buch als umfassendes Kunstwerk, welches das Musikgenie John Lennon anhand seines einflussreichsten Albums Imagine in Bild, Text und Erinnerungen in atemberaubender Weise vorstellt.

Walter Pobaschnig, Wien 3_2019

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Clemens J.Setz, Der Trost runder Dinge, Erzählungen. Neuerscheinung Suhrkamp Verlag.

 

Clemens J.Setz, Der Trost runder Dinge, Erzählungen. Neuerscheinung Suhrkamp Verlag.

Es ist eine kurze Nacht ohne Traum. Es ist die Nacht vor dem Abflug. Kanada. Für vier Wochen. Ein Literaturfestival. Er ist nicht der einzige Österreicher da. Das Morgengespräch mit Marianne kommt zwischen Musik, Avocados und dem Reisegedanken langsam in die Gänge. Er ist oft auf Reisen. Und diesmal sollte es mit Kanada klappen. Doch am Flughafen kommt es zu Verzögerungen. Schließlich doch das Einstiegen. Das Anrollen. Doch dann ein plötzlicher Halt. Die Passagiere müssen aussteigen. Er macht sich auf den Weg nach Hause. Doch als er die Tür öffnet, ist alles anders. Menschen kauern überall in der Wohnung. Am Flur, in der Küche, im Schlafzimmer. Marianne gibt ihnen zu trinken, sucht Decken und beugt sich sorgend zu ihnen. Er ist zunächst starr und folgt still Marianne, die in dieser Dramatik jedoch ganz zu sich gekommen scheint. Jeder Schritt, jede Bewegung, jedes Wort von ihr zeigt jetzt eine tiefe Verbindung mit der Welt, die er mit ihr bisher so nicht erlebte. Was geschieht hier? Was ist jetzt mein (schreibendes) Leben und was tragende Liebes-/Lebens_Realität? Und warum kommt ihm wieder der Name des Schriftstellers in den Sinn…dieses Rätsel ist in jedem Fall schwieriger zu lösen als jenes in der Wartezeit am Flughafen…

„Südliches Lazarettfeld“ ist der Titel der ersten Erzählung im neu erschienenen vorliegenden Sammelband des vielfach ausgezeichneten österreichischen Kultautors Clemens J.Setz, der Leserin und Leser wieder eindringlich wie begeistert mit der Sprachvirtuosität und Gedankenhochschaubahn vertraut macht, die mit Leichtigkeit aus und in die alltägliche Welt springt und staunend wie gespannt folgen lässt. Ob in der Frage der ersten Erzählung, was nun eigentlich Welt und Liebe in und mit schreibender Existenz sein kann oder im dramatischen Kosmos von Komödie und Tragödie, Leben und Verhängnis weiterer ProtagonistInnen der Erzählungen, der Autor weiß in einzigartiger Weise mit der Sprache am alltäglichen Leben zu rütteln und hintergründig eben nach diesem in Wahrheit, Liebe und Freiheit zu fragen. Ein genialer Erzähler, von dem es nicht genug zu lesen geben kann.

Ein faszinierendes Nacktbaden der Gedanken im literarischen Zerfetzen von Sprach- und Weltroutine.  

 

Walter Pobaschnig, Wien 3_2019

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Nico – Biographie eines Rätsels“ Tobias Lehmkuhl. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

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„Nico – Biographie eines Rätsels“ Tobias Lehmkuhl. Neuerscheinung Rowohlt Verlag.

Es sind die Jahre des Krieges und das sich langsam wieder findende Leben nach dem schrecklichen Grauen, die für das Junge Kind und Mädchen in Berlin zum Schauplatz von Angst und Traum werden. In den Trümmern der zerbombten Stadt und der eigenen zerrissenen Familie sucht das Mädchen nach Ausblick und Perspektive. Sie findet diese schon sehr früh in Mode und Kunst. Es gilt der Zeit neue Träume zu geben und dazu trägt Mode viel bei. Schon bald wird sie zum viel gebuchten Model zwischen Berlin, Rom und Paris. Die Modemagazine der Zeit reißen sich um diese makellose Schönheit, die nun etwa das Cover der Vogue und weiterer Illustrierten ziert. Auch das Interesse der Filmwelt ist geweckt und die erste Rolle lässt nicht lange aus sich warten. Dann der mutige Weg nach New York zu Andy Warhol. Experiment und Innovation ziehen das vielgefragte Model an und sie geht jetzt einen ganz neuen Weg in Musik und Performance. In der von Andy Warhol initiierten Musikformation Velvet Underground wird sie als Nico zum charismatischen star neben Lou Reed und John Cale. Weitere beachtliche Musik- wie Kunstprojekte folgen, die den Kreis eines schillerndem wie dunklem mutigen Leben in Sehnsucht und Traum ausdrucksstark wie tragisch schließen lassen…

Der renommierte Journalist und Autor, Tobias Lehmkuhl, legt mit „Nico – Biographie eines Rätsels“ eine bemerkenswerte Spurensuche zu einer der charismatischsten, talentiertesten wie eigenwilligsten KünstlerInnenpersönlichkeiten der Moderne vor. Die Faszination ihrer Musik im sehr reduzierten melodisch-tragischen Ausdruck weckt bis heute das künstlerische Interesse und inspiriert über Generationen hinweg. Die Persönlichkeit der deutschen Künstlerin blieb und bleibt dabei weitestgehend ein Rätsel, das der Autor in Bild- wie biographischen und kulturhistorischen Zugängen variantenreich öffnet und so interessante Einblicke in Leben und Zeit frei gibt. Besonders eindringlich kommt dabei die Kompromisslosigkeit der Künstlerin ans Licht, die stets authentisch ihren Weg suchte und ging.

„Eine beeindruckende biographische Spurensuche zu einem Superstar der Mode, Musik und Kunst der 1950/60er Jahre in Traum, Talent und Tragik.“

 

Walter Pobaschnig, Wien 3_2019

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„Jesolo“ Tania Raich. Roman. Neuerscheinung Blessing Verlag.

 

„Jesolo“ Tania Raich. Roman. Neuerscheinung Blessing Verlag.

Und jetzt der Sommerurlaub. Jesolo. Der Sandstrand, das Meer, das Hotel, die Liegestühle. Alles wie gehabt. Für Andrea und Georg. Ausspannen im Rundumblick zum bunten Sommerleben. Dazwischen leichte Erinnerungen, gemeinsames Lachen, Schwimmen, Spaziergänge am Abend und das Essen im Sonnenuntergang…

Doch das gewohnte sommerliche Ankommen wirft nun bei Andrea Fragen nach der Zukunft auf. Nach dem Ankommen in der Partnerschaft nach der Rückkehr aus dem Sommer. Weitere Schritte mit Georg. Wie ist es jetzt? Wie wird, kann es sein? Am Meer, am See, im Haus, mit Kindern, mit neuen Aufgaben und Herausforderungen…

Dostojewski liegt bei Andrea am Tischchen am Strand. Ihr Blick geht jetzt tief in die Seele und fragt wie strebt nach Lebensstufen. Und auch ihre Welt dreht sich jetzt schneller vorwärts als sie zurückzukommen. Sie ist schwanger und jetzt wird das Leben zum geplanten, in dem sie ihre Rolle und ihr Selbstbewusstsein stets neu zu suchen und zu verteidigen hat…

Die Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Historikerin Tania Raich legt mit „Jesolo“ ein fulminantes Romandebüt vor. In direkter Sprachwucht reißt sie der modernen Seele ihre Fassaden und Facetten gesellschaftlicher Rollenerwartung vom Leib und greift nach dem Herz des Menschen im Fokus von Freiheit und Entscheidung. Raich knüpft an große literarische Traditionen an und lässt diese in selbstbewusster Form und Inhalt im 21.Jahrhundert ankommen. Tania Raich sitzt mit Beauvoir und Bachmann am Schreibtisch und macht sich fabelhaft dabei. Jedes Wort, jeder Gedanke trifft und wird zum Spiegel einer Gesellschaft in Nebel und Wahrheit.

 

Walter Pobaschnig, Wien 4_2019

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„Die Ratten“ Sensationelle Premiere am TAG Theater Wien, 3.4.2019

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„Die Ratten“ Sensationelle Uraufführung am TAG Theater Wien, 3.4.2019

Der Raum hat keine Türen und Fenster. Der Eingang ist ein Geworfensein, ein verzweifeltes an der Wand entlang Tasten, ein starres Verharren oder ein Fliehen. Und so oft ein Zusammenbrechen von Körper, Seele, Mitmensch, Aufgabe, Tag und Nacht. Ein verhängnisvoller Spielort des Lebens in gestundeter Raum_Zeit.

Die junge Frau ist schwanger und allein. Ihr Leben lässt auf das Kommende keinen Ausblick zu. Sie kennt nichts anders als das Allein-Sein im angestrengten Dasein zwischen täglichem Brot und Sorge. Nun lernt sie Frau John kennen, die ein Kind verloren hat und sich weiter mit ihrem Mann so sehnlich Nachwuchs wünscht, um Perspektiven und Sinn zu gewinnen. Frau John setzt nun alles daran, das Kind so schnell als möglich in die schon vorbereitete Wiege zu legen und ein Familienglück um jeden Preis an sich zu reißen. Die junge Frau stimmt in ihrer Verzweiflung zu. Doch dann wendet sich das Blatt und sie will ihr Kind wiedersehen. Jetzt ist der Bruder von Frau John am Zug und ein dramatisches Finale zwischen neugeborenem Leben und Tod setzt ein, in dem alles an Wunsch und Hoffnung in Lüge und Gewalt zerbricht…

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Regisseur Liepold-Mosser und Dramaturgin Tina Clausen gelingt es in Text und Inszenierung in außergewöhnlicher Weise das sozialkritische Drama „Die Ratten“ (1911) von Gerhart Hauptmann (1862-1946) in sprachlicher wie gesellschaftlicher Wucht in die Gegenwart setzen und mit einer mitreißenden Sprachkunst im atemberaubenden Wechsel von absurder Komik und dramatischer Ansprache zu begeistern. Zweifel und Verzweiflung in Leben und Zeit werden in Sprache und Körperausdruck genial eindrücklich in Aktion und Verharrung ausgedrückt. Es sind zweifellos Höhepunkte und Maßstäbe modernen Theaters, die hier von Regie, Dramaturgie, dem hervorragenden Ensemble wie Bühnenbild und dem gesamten Technikteam gesetzt werden.

„Ein Theaterabend als Meisterwerk. Großartig in allem und von allen. Regisseur Bernd Liepold-Mosser, Dramaturgie Tina Clausen und das hervorragende Ensemble Lisa Schrammel Georg Schubert Michaela Kaspar Jens Claßen Raphael Nicholas katapultieren Gerhart Hauptmann einmalig sprachgewaltig und ausdrucksstark in das zerrissene gehetzte Herz des 21.Jahrhundert und erobern Wien.“

 

DIE RATTEN

Uraufführung

Von Bernd Liepold-Mosser

Frei nach Gerhart Hauptmann

Es spielen: Jens Claßen, Michaela Kaspar, Raphael Nicholas, Lisa Schrammel, Georg Schubert

Text und Regie: Bernd Liepold-Mosser

Ausstattung: Karla Fehlenberg

Dramaturgie: Tina Clausen

Musik: Boris Fiala

Licht: Hans Egger, Katja Thürriegl

Ton/Video: Peter Hirsch

Technik: Andreas Nehr

Regieassistenz: Renate Vavera

Regiehospitanz: Ann-Kathrin Pfahler

Kostümbetreuung: Daniela Zivic

Maske: Beate Lentsch-Bayerl

 

TAG

Theater an der Gumpendorfer Straße

Gumpendorfer Straße 67

1060 Wien

Weitere Vorstellungen:

FR 5., SA 6., DI 9.*, DO 11., FR 12., DO 25., FR 26 UND SA 27. APRIL 2019, 20.00

Di 7., Mi 8., Fr 10., Sa 11., Fr 17. und Sa 18. Mai 2019, 20.00

 

Walter Pobaschnig 3.4.2019

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„My Generation – Roger Daltrey“ Die Autobiographie. Neuerscheinung Bertelsmann Verlag.

My Generation von Roger Daltrey

 

„My Generation – Roger Daltrey“ Die Autobiographie. Neuerscheinung Bertelsmann Verlag.

  1. Florida. Das Publikum des Ford Amphitheatre in Tampa ist in großer Erwartung. Einerseits sind es Fans, die eine der Kultbands ihrer Jugend wiedersehen und vor allem wiederhören wollen und anderseits sind es deren Kinder und Enkel, welche die Faszination dieser legendären Rockband auch erleben wollen. Sie stehen dicht gedrängt. Auch hinter der Bühne herrscht Anspannung. Es ist auch nach Jahrzehnten etwas Besonderes ein Rockkonzert zu geben und der Sänger und Gittarist bereiten sich ruhig und professionell vor. Dann ertönen die ersten Musiktakte und Roger Daltrey und Pete Townsend brandet Jubel entgegen – „my generation“, The Who, ein unverwechselbarer Sound und eine charismatische Stimme. Zwei des legendären Quartetts sind jetzt hier und lassen sich von einer Welle der Begeisterung tragen. Daltrey nimmt das Mikrofon in die Hand und schwingt es, sein Markenzeichen, doch dann, er hält inne, schwankt er, fällt, 20 000 Fans halten den Atem an. Stille. Die knapp 80 Konzerte der letzten 9 Monate hatten ihren Tribut gefordert. Im Krankenhaus werden ein viel zu niedriger Körpersalzgehalt und ein Rückenwirbelbruch festgestellt. Daltrey erinnert sich nicht an Bruch, der schon lange zurückliegen muss. Ein Ausdruck und Symbol eines rastlosen Lebens für die Musik, seit über 50 Jahren…

Doch auch ein Innehalten – Zeit sich an Stationen, Etappen, Menschen zu erinnern und all dem Raum zu geben was ein faszinierendes Musikerleben ausmachte, begleitete, beeinflusste und bis in die Gegenwart inspiriert und trägt – auch mit gebrochenen Rückenwirbel…

Der charismatische Leadsänger und Gründungsmitglied der legendären englischen Rockband The Who legt seine lang erwartete Autobiografie vor, die eine faszinierende Zeitreise in die Musikwelt der 1960/70er Jahre bietet wie auch einen facettenreichen Lebenslauf vom Kriegskind über Schulabbruch, Beruf und schließlich der Karriere auf den größten Rockbühnen der Welt mitreißend nachzeichnet.

„Eine Legende der Rockmusik blickt auf die Zeit der Woodstock-Generation zurück und lässt diese faszinierend lebendig werden“

Walter Pobaschnig, Wien 3_2019

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