„Dietrich Bonhoeffer – Auf dem Weg zur Freiheit. Ein Porträt“ Wolfgang Huber. Neuerscheinung Beck Verlag.
Breslau. 1906. Eine Stadt mit wechselhafter Geschichte im Sturm der Zeiten findet den Weg in die Moderne. Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur formen am neuen Gesicht im Blick in die Zukunft. Tradition und weltoffene Verantwortung prägt diese Prozesse. Auch die Religionsgemeinschaften sind gefordert. Die evangelische Mehrheit wie die katholische Schwesterkirche. Auch hier sind es Herausforderungen, die Denkprozesse und Positionen erfordern, um persönliche und gesellschaftliche Glaubenstraditionen in Reflexion und Option am Weg der Gesellschaft mitzunehmen und einzubringen.
Am 4.Februar kommt Dietrich Bonhoeffer mit seiner Zwillingsschwester Sabine in Breslau zur Welt. Das Elternhaus ist geprägt von wissenschaftlicher und theologischer Berufsausrichtung und -karriere und gestaltet den gesellschaftlichen Aufbruch wesentlich mit. Der Umzug nach Berlin erfolgt 1912, wo der Vater an der Friedrich-Wilhelms Universität lehrt (Neurologie/Psychiatrie). Dietrich nimmt dies früh in seinen Bildungsweg auf und entscheidet sich mit siebzehn Jahren für das Theologiestudium. Der Tod des Bruders Walter im Ersten Weltkrieg erschütterte die Familie zutiefst und mag auch die Bildungsentscheidung Dietrichs sehr persönlich beeinflusst haben. Die rasche Ausbildung und Tätigkeit als Pfarrer wie auch die stetige wissenschaftliche Vertiefung und kritische Reflexion des Glaubens in verändernder Gesellschaft prägen nun das Leben Dietrichs. 1930 studiert er ein Jahr in New York und lernt dabei auch neue Formen von Spiritualität und unmittelbarem Lebensbezug kennen. Als er zurückkehrt, geht es für die deutsche Gesellschaft im politischen Sturm um das Überleben von Werten wie das unmittelbare der jüdischen wie auch weiteren Minderheiten. Jetzt ist auch die Kirche gefordert und Bonhoeffer geht nun seinen Weg in Mut und Konsequenz. Tiefe Spiritualität und Verantwortung tragen nun seinen Weg der Freiheit im dunklen Abgrund der Zeit….
Der vielfach ausgezeichnete wie engagierte Theologe Wolfgang Huber, 1994-2009 Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sowie von 2003-2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, legt mit seiner Biographie über eine der wesentlichen theologischen Persönlichkeiten der Moderne ein informatives wie mitreißend erzähltes Porträt vor, das Zeit und Leben in einen Spannungsbogen darstellt, der in seiner Reflexion immer auch den Blick auf das persönliche Hier und Jetzt legt. Huber versteht es beeindruckend, Schlüsselereignisse und Fragestellungen der Biographie Bonhoeffers zu öffnen und deren Bewegungen und Entscheidungen zu erläutern. Kapitel um Kapitel werden so zu einer Zeitreise, die einem Film gleich packt und erschütternd wie neugierig machend, weiterführt. Das ist ein Kunstgriff, den nur wenige moderne Biographen zu Wege bringen. Huber schafft dies fulminant und diese Verbindung von Inhalt und modernen Darstellungs- wie Reflexionsstil beeindruckt sehr.
„Ein Leben, in dem es in Freiheit und Verantwortung um alles geht. Und ein Porträt, das mitreißend klug davon zu erzählen weiß.“
Walter Pobaschnig, Wien 2_2019
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