
Romanschauplatz „Malina“ Wien
Orte sind Möglichkeiten der Ruhe und Ideensammlung, der persönlichen Energiegewinnung.


Orte haben immer auch viel Erinnerung, ihre je einzigartige Geschichte. Ich erinnere mich etwa gerne an Frankreich, wo ich einen Teil meiner Schulzeit verbracht habe. Ich lebte da an der Cote d`Azur. Das war eine sehr schöne Erfahrung, die Welt sehen und erste Freiheit. Es ist ein starker innerlicher Bezug bis heute.



Ich suche mir immer wieder gerne neue Orte der Inspiration. Dabei geht es mir um Überraschung, um eigene Erfahrungen, das Entdecken von Orten, Wegen. Meist mache ich das ohne Reiseführer.



Ich bin in Wien Hernals aufgewachsen. Maturierte dann in Döbling an einem wirtschaftskundlichen Realgymnasium. Wir zogen dann nach Klosterneuburg. Ein wunderbarer Ort an der Donau.



Mit Wien verbinde ich den reichen Schatz von Kunst und Kultur. Wenn ich durch die Stadt gehe, denke ich auch an die Künstler*innen, die hier gelebt haben. Etwa an Stefan Zweig oder eben Ingeborg Bachmann und ihren Roman Malina, der ja ein Wien Weg ist. Literatur hat ein gutes Gedächtnis. Worte verschwinden nicht.




In der Freiheit der Frau hat sich in den letzten 50 Jahren einiges verändert. Gerade auch als Mutter. Zu arbeiten als Ehefrau und Mutter war ja zur Zeit der Romanentstehung praktisch nicht möglich. Auch die Möglichkeiten persönlicher Interessen, etwa Kultur waren eingeschränkt. Die Rolle war klar vorgegeben, der Mann bestimmte. Der Platz der Frau war Zuhause. Es gibt heute mehr Freiheit, Entscheidungsfreiheit für die Frau aber es ist noch viel gesellschaftlich zu tun.


Väter sind heute in der Kindererziehung präsenter. Das ist eine positive Entwicklung. Allerdings ist die Karriereentscheidung größtenteils beim Mann und die Frau muss da zurückstecken.



Das Selbstbewusstsein, die Selbständigkeit der Frau jagt den Männern oft Angst ein. Es geht darum ehrlich und authentisch zu sein, auf beiden Seiten. Das ist ein gemeinsamer Weg.
Frau und Mann brauchen sich gegenseitig.



Freiheit muss sich auch von einem Schuldgefühl lösen. Da lastet die patriarchale Geschichte schwer auf uns.

Ein Mann muss nicht immer stark sein. Er darf auch Schwäche zeigen. Ehrlich sollte es sein.
Jeder Mann und jede Frau haben eine Kindheit und Rollenbilder, Erfahrungen in sich. Daran kommt man nicht vorbei. Es gilt diesen offen ins Auge zu sehen.

Eine eigene Existenz aufzubauen war mir immer sehr wichtig. Da waren auch viele Anstrengungen, Widerstände dabei. Das Wirtschaftsstudium war nichts für mich. Da brauchte ich bei den Vorlesungen Zahnstocher für die Augen (lacht). Zum Theater, Schauspiel kam ich durch Zufall. Ich bin da reingerutscht.

Theater und Leben stehen einander sehr nahe. Empathie, Reflexion, Ausdruck, Interaktion. Vieles aus dem Alltag, aus Lebenssituationen finde ich auf der Bühne wieder. Das reflexive Arbeiten ist sehr wichtig.

Eine Rolle ist ein Hineinfühlen. Es ist zunächst das Auflegen einer Schablone für die Rolle. Dann beginnt die Arbeit daran. Da ist natürlich immer viel Persönliches dabei. Bekanntes und Unbekanntes.

Zur Zeit des Romans Malina war auch die Liebe ein Teil des vorgegebenen gesellschaftlichen Rollenbildes von Frausein. Liebe war ein von außen definierter Ort. Die Liebe selbst war für die Frau größtenteils unerfüllte Sehnsucht.

In der Liebe, in einer Beziehung müssen Erwartungen kommuniziert werden. Das ist oft schmerzvoll aber ganz wichtig, wenn es Zukunft haben soll.

Das Leben, die Liebe stellen immer Entscheidungsfragen. Wo geht es hin mit Ivan, oder Malina, oder alleine? Die Frau trifft eine solche im Roman.








Menschen haben oft eine scheinbare Unnahbarkeit. Es gibt dann Geschichten über sie, von nebenan. Auch darüber erzählt der Roman, auch mit viel Humor.

Jede Seite im Roman ist Zeugnis von einer Liebe zu Wien.

Ingeborg Bachmann ging mutig ihren Weg als Schriftstellerin und Frau. Sie hat viel eröffnet. Der Roman ist ihr Vermächtnis an Kunst, Leben und die Stadt. Und das Gedächtnis davon.

Romanschauplatz „Malina“ Wien
50 Jahre Malina _ Roman _ Ingeborg Bachmann _ im Gespräch und szenischem Fotoporträt:
Ina Soléa_Schauspielerin_Wien
Station bei Ingeborg Bachmann_Romanschauplatz_Malina.
Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _Wien_6_2020.