Liebe Katharina, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Kaffee immer. Ein kleiner Morgenspaziergang mit dem Hund. Und dann ab nach Linz zu den Proben für #schalldicht im Phönix Theater mit Premiere Mitte Juni beim SCHÄXPIR Festival. Ich bin also zurück im Theaterleben. Es wirkt fast unrealistisch. Für mich ist das ein großer Switch: nach über einem Jahr des permanenten Ausnahmezustands in den eigenen vier Wänden, hin zum Ausnahmezustand von Intensivproben im Theater. Auch ein guter Switch.
Katharina Senk_Tänzerin, Performerin, Pädagogin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Für mich ist es wichtig, kollektiv Alternativen zur „alten Normalität“ zu denken, zu verkörpern und zu leben. Ich wünsche uns Zeit, die Erfahrungen der letzten eineinhalb Jahre zu verdauen. Ich wünsche uns Zuwendung, die wir uns selbst und einander geben können; und ich wünsche uns Mut. Um mutig, neugierig und mitunter auch lustvoll Antworten zu suchen auf die Fragen, Herausforderungen und Ungerechtigkeiten, die die Pandemie befeuert hat.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Tanz, dem Theater, der Kunst an sich zu?
Die schwarze Autorin und Aktivistin Toni Cade Bambara hat einmal gesagt „The role of the artist is to make the revolution irresistible.“ (übersetzt: „Die Aufgabe der Künstler:innen ist es, die Revolution unwiderstehlich zu machen.“) Das ist für mich ein starker Leitgedanke. Wie kann ich durch meine Kunst anti-ableistische, anti-rassistische und anti-sexistische Utopien für das Publikum erfahrbar machen, und diese Zukunftsperspektiven so unwiderstehlich machen, dass wir sie auch in unsere gelebte Wirklichkeit hineinpraktizieren möchten?
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„All that you touch you change. All that you change changes you.“ Octavia Butler
Vielen Dank für das Interview liebe Katharina, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Tanz-, Performanceprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Liebe Lucille, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Tagesablauf – nun ich steh um 5 auf, geh Gassi mit meiner Babette und beginne im Kopf auf halber Strecke zu malen. Seh` ich Taubenscheiße am Asphalt, denk` ich mir unfassbar was für ein herrliches Neapelgelb und bin schon beim Inkarnat im Kopf und rieche förmlich die wohlig milchige Brust, die ich malen werde!
Lucille Wittgenstein, Künstlerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Besonders wichtig zurzeit ist, sich den Mund nicht verbieten lassen und Rücksicht .
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst zu?
Egal was in Zukunft passieren wird, die Kunst wird uns alle überleben, das ist eine Art Fundament, das wir Menschen für die Nachwelt hinterlassen, streiten drüber können sich andere Generationen.
Was liest Du derzeit?
Lesen tu ich grad von Suter die dunkle Seite des Mondes – lovely .
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Mitgeben möchte ich den Leuten ein Kipferl und nen Becher Kaffee, dann sinds schon viel besser drauf . hugs lu
Vielen Dank für das Interview liebe Lucille, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Lucille Wittgenstein, Künstlerin
Foto_Lucille Wittgenstein
31.5.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
Magda Woitzuck_Schriftstellerin_Niederösterreich__Teilnehmerin _Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Liebe Magda, herzlichen Dank für Deine Teilnahme, Deinen spannenden Text wie Lesung!
Wo und wie hast Du die Preisverleihung und den Abschluss der Literaturtage miterlebt?
Ich war bei mir zu Zuhause und habe die Preisverleihung mit meiner Familie auf dem Laptop mitverfolgt. Für Nava Ebrahimi und Dana Vowinckel habe ich mich gefreut. Das waren zwei wirklich starke Texte.
Wie sieht Dein Rückblick auf die Literaturtage aus?
Es waren sehr aufregende Tage, die aber auch ziemlich anstrengend waren. Ich habe mir alle Lesungen und Diskussionen angesehen. Am Abend haben wir Fußball geschaut. Es ist eine seltsame Situation: man weiß, da findet irgendwo etwas statt, von dem man Teil ist, aber man ist daheim und sitzt auf dem Sofa. Das macht es irgendwie surreal, man findet kein richtiges Verhältnis dazu.
Welche Inspirationen nimmst Du für Deine Literaturprojekte mit?
Der Bewerb an sich ist ja nicht sonderlich inspirierend, insofern denke ich nicht, dass ich davon etwas für meine Arbeit mitnehmen werde. Gefallen hat mir, dass so viele völlig unterschiedliche Texte vertreten waren.
Was sind Deine nächsten Schreibprojekte?
Am Tag nach dem Bachmannbewerb ist bei SWR2 mein Podcast „Shit happens“ erschienen, eine Doku über eine Wiener Drogendealerin, die im großen Stil mit Haschisch gehandelt hat. Den kann man jetzt auf jeder Podcast-Plattform anhören, worüber ich mich sehr freue. Dann kommt auch bald ein neues Hörspiel und im Herbst stehen einige kleinere Projekte an.
Univ.-Prof. Dr. Klaus Kastberger, Leiter Franz-Nabl-Institut/Literaturhaus Graz_Juror_Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Lieber Klaus, herzlichen Dank für Deine spannenden Besprechungen, Deine Zugänge, Impulse zu den Lesungstexten wie die abwechslungsreiche Diskussion im Kolleg*innenkreis des Juror*innenteams!
Wie hast Du die Preisverleihung und den Abschluss der Literaturtage miterlebt?
In Klagenfurt gibt es viele Arten des Glücks. Eine besteht darin, dass die eigene Kandidatin gewinnt. Nava Ebrahimis Text war einer der komplexesten des ganzen Bewerbs und dabei noch dazu höchst gegenwärtig und wach. Dass ausgerechnet so ein Text gewinnt, ist ein gutes Zeichen nicht nur für die deutschsprachige Literatur, sondern auch für die momentane Verfasstheit der Literaturkritik.
Wie sieht Dein Rückblick auf die Literaturtage aus – wie hast Du die Textbeiträge und wie die Jurydiskussionen im Team erlebt?
In irgendeinem Feuilleton habe ich gelesen: Texte schwach, Jury lebendig wie kaum je zuvor. Literatur und Kritik aber gehören in einer ganz anderen Weise zusammen, denn es ist durchaus nicht so, dass die Stärken des einen sich aus den Schwächen des anderen bauen. Am stärksten sind Literatur und Kritik immer gemeinsam und, wenn man es schon als ein Match sehen will, das sich hier abspielt, ist eines sicher: Am Ende gewinnt immer der literarische Text. Oftmals übrigens auch gegen den eigenen Autor oder die eigenen Autorin.
Welche Inspirationen nimmst Du für Deine vielseitigen Tätigkeiten im Literatur- Kunstbereich mit?
Egal, ob auf der Uni oder im Literaturbetrieb, alle meine Tätigkeiten fokussieren auf einen einzigen Moment: Texte zu lesen, sie zu verstehen und das Verstandene zu vermitteln. Es ist schon seltsam, dass ich mich gerade in Klagenfurt, inmitten einer Fernsehshow, diesen Momenten oft am nächsten fühle.
Wie bist Du mit der Hitze heuer in und außerhalb des ORF-Studios in Klagenfurt zurechtgekommen bzw. umgegangen? Waren es die heißesten Literaturtage bisher?
Im Studio war es angenehm kühl. Und der Wörthersee traumhaft.
Was wünscht Du Dir für die Literatur Tage in Klagenfurt 2022?
Autoren und Autorinnen, Publikum und Kollegen vor Ort. Und Texte, die uns vom Hocker reißen. Vielleicht gerade auch deshalb, weil sie unsere ersten Erwartungen an sie nicht erfüllen.
Laudatio_Klaus Kastberger für Nava Ebrahimi, Bachmannpreisträgerin 2021. Nava Ebrahimi wurde von Klaus Kastberger zu den Literaturtagen in Klagenfurt eingeladen.
Lieber Klaus, vielen Dank für das Interview! Viel Freude und Erfolg weiterhin für alle Literaturprojekte wie schönen Sommer!
Bachmannpreis 2021_Rückblick_Blitzlicht:
Univ.-Prof. Dr. Klaus Kastberger, Leiter Franz-Nabl-Institut/Literaturhaus Graz_Juror_Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Liebe Beata, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Wenn ich über meinen derzeitigen Alltag nachdenke und dabei automatisch zurückblicke, habe ich eigentlich jahrelang in einem Hamsterrad gelebt – viel studiert – zunächst Klavier, parallel ein paar Jahre Architektur bis zum Sudienabbruch und danach Gesang. Ich war zielstrebig dabei, mein Leben mehr und mehr aufzubauen und nach meinen Wünschen zu gestalten. Und auf einmal war sie da, die ungewohnte Stille im bewegten Leben der Künstler. Die Ruhe, die doch oft so ersehnt wird, wenn sie sich in weiter Ferne befindet.
Man glaubt es kaum: aber auch während des Stillstandes hatte mein Tag immer noch zu wenig Stunden.
Beata Beck, Lyrische Koloratursopranistin und Pianistin
Als menschliche Wesen bedienen wir uns der hedonistischen Anpassung. Das Leben bietet immer wieder Veränderungen im Positiven wie im Negativen, man passt sich schnell an und gewöhnt sich an die neue Situation, wodurch sich der Alltag natürlich verändern kann oder neue Prioritäten bekommt. Mit anderen Worten: das Leben muss irgendwie weiter gehen. Andernfalls wäre es ja auch ziemlich eintönig.
Ich bin der Typ Mensch, der aus jeder Situation versucht, das Beste heraus zu holen und habe – da es meiner Natur immer schon widerstrebte, faul zu sein, ohne dabei ein zermarternd schlechtes Gewissen zu haben – auch die Zeit der Pandemie sehr gut genutzt, um mich in erster Linie meiner Stimme zu widmen, also Technik und Repertoire zu fokussieren. Erweiterung im Klavierrepertoire stand auch am Tagesplan – ich habe alle Werke, die für entfallene Konzerte geplant waren, einstudiert und hoffe auf eine Verwirklichung der aufgeschobenen Konzerte.
Natürlich ist es insgesamt nicht immer einfach, sich zum Üben zu motivieren – ich hatte auch genug Tage zwischendurch, an denen gar nichts ging und die Motivation im Keller war. Das Üben ohne Ziel im Sinne von Druck beziehungsweise Auftritten, ist bekanntlich nicht so einfach. Insofern muss man sich die Ziele eben selbst setzen.
Inzwischen überrollt es mich im Alltag ohnehin bereits wieder, zwar noch ohne Aufrittsroutine, aber auf einmal ist der Stress wieder da. Die Zeit, alles in Ruhe zu erledigen, viel zu lesen und sich für alles einfach mehr Zeit zu nehmen, nimmt wieder drastisch ab. Nach so langer Zeit wiederum eine Umstellung, aber ich liebe es und fühle mich sehr energiegeladen.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Mir persönlich wäre es ein Herzensanliegen, wenn unsere Gesellschaft an sich wieder zu einer Menschlichkeit und einem gegenseitigen Verständnis zurückkehren würde. Einer Menschlichkeit, die mit Werten von Toleranz und Akzeptanz konform geht und sich nicht am Hass orientiert, somit also erfolgreich spalten lässt. Seinen eigenen Verstand einsetzt und sich auch nicht wie eine Computerseele am geschürten und eingetrichterten Wortschatz unsrer Zeit bedient. Ich persönlich kann so manch modischen Wortgebrauch im respektlosen Gegeneinander eigentlich nicht mehr hören.
Jedes Individuum in unserer Gesellschaft befindet sich in seiner eigenen Auseinandersetzung und seinem eigenen Konflikt mit dieser Situation – manche mehr bis existenzbedrohend, manche weniger. Die einen sind von der Krise stark eingeschränkt und machen verschiedene Maßnahmen schwer zu Schaffen, die anderen bemerken einige Einschnitte in unsere Freiheit nicht einmal, weil sie gar nicht in Berührung kommen oder auch gar nicht realisieren, dass eventuell sogar gewisse Maßnahmen nicht unbedingt gesundheitsfördernd sein müssen.
Jeder hat aber auch mit seiner Lebensgeschichte verschiedene Ängste und Sorgen. Mensch sein bedeutet, den anderen „sein“ zu lassen und wahrzunehmen. Wie er ist, wie er fühlt – denn all dies hängt mit den eigenen Erfahrungen zusammen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht. Diese Erfahrungen sind Teil seiner Seele und tragen dazu bei, wie ein Mensch denkt und was er für sich und sein Umfeld als richtig oder falsch empfindet. Dieses Gefühl, diese Intuition kann einem niemand nehmen. Mensch sein heisst nicht, sein „Ich“ und seinen Willen auf andere zu projizieren.
Deshalb ist es so wichtig, immer wieder in die Selbstreflexion zu gehen. Sich die Frage zu stellen: Was will ich und was will ich vor allem nicht? Menschen immer so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Mit Respekt, Meinungstoleranz und Empathie. Oder gibt es tatsächlich Menschen, die selbst nicht mit diesen Werten geschätzt werden möchten?
Mehr denn je ist es heute wichtig, eine gefestigte Persönlichkeit zu haben und zu sich zu stehen, auch wenn man mitunter dabei aus der Reihe tanzen muss. Ist nicht gerade dies auch reizvoll? Anders und authentisch zu sein und dabei die eigene, innere Wahrhaftigkeit anzustreben? Dazu fällt mir folgendes Zitat ein, über das ich im Netz gestolpert bin: „Die einzige Wahrheit, die du geben kannst, ist jene dir selbst gegenüber. Und das ist die einzig wahre Befreiung. Dir selbst am Abend im Spiegel in die Augen zu sehen und zu sagen: Ich bin mir selbst treu geblieben.“
Es ist also meinem Empfinden nach auch besonders wichtig, sich selbst und seinen Körper zu spüren. Auf den Körper, die innere Stimme, die Intuition zu hören und dabei seinem Herzen in richtiger Balance mit dem Verstand zu folgen. Der Kreislauf der Natur und der Lebenszyklus zeigen vor, wie es funktioniert, man muss nur aufmerksam wahrnehmen lernen.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Wesentlich ist wohl die Entwicklung des Exhibitionismus von Sachverhalten, die bisher eigentlich unter „Privatleben“ eingestuft wurden: der Trend scheint immer mehr Richtung „gläserner Mensch“ zu gehen. Wenn man rückblickend genau hinsieht, wurde dies mit Social Media eigentlich seit Jahren aufgebaut und zwar in die Richtung gehend, sich sogar selbst dazu zu erziehen. Natürlich jeder in seinem Raum und jedem überlassen, wie weit er dabei gehen möchte, was ja auch völlig in Ordnung ist, solange man sich frei dazu entscheidet. Natürlich aber wird durch diesen jahrelangen Aufbau auch die Hemmschwelle kleiner, sich hedonistisch und reflektionslos anzupassen und widerstandslos zu befolgen, was unter dem Deckmantel des Gemeinwohls beschlossen wird, um so immer mehr dem Zeitalter der Digitalisierung entgegen zu schlittern.
Nun zur Kunst – als Künstler muss, oder besser gesagt kann man (denn müssen soll man gar nichts) ja auch eine gewisse Offenheit im Leben mitbringen, die ich persönlich auch sehr schön, reizvoll und sogar berufsbezogen spannend finde. Authentische Musiker musizieren meist auch so, wie sie leben. Man kommuniziert auf unausgesprochener Ebene, mit dem Ausdruck der Gefühlswelt in Farben und Nuancen. Beim Musizieren und bei der Art des Interpretierens lernt man also oft einen großen Teil der Seele kennen – das ist wohl auch ein Grund, wieso sich Musiker untereinander sehr schnell in zwischenmenschlicher Beziehung finden können. Manchmal sogar quasi von heute auf morgen. Vor allem, wenn die Seelen ein Ganzes ergeben, auf der gleichen Ebene schwingen, was sich auch durch Gemeinsamkeiten spezieller Musikliebe bemerkbar macht. Dasselbe trifft natürlich ähnlich auch in anderen Kunstsparten zu…
Die Rolle der Musik und der Kunst an sich sollte also immer eine verbindende sein. Ein festes, überirdisches Band, das zwei Menschen bis eine ganze Gesellschaft verbinden kann. Jeder von uns kennt es wohl: man hört bestimmte Musik und ist unmittelbar mit einer Erinnerung oder Menschen verbunden, mit denen man diese Musik gemeinsam erlebt hat und eben durch diese immer verbunden sein wird. Genauso wecken auch visualisierte Kunst wie Architektur – Gebäude oder Plätze – besondere Lebensbegebenheiten. Oder verschiedenste Bücher, die ja auch inspiriert aus dem Leben entstanden sind.
Die Kunst als Ganzes schenkt uns Assoziationen mit unserem eigenen Leben, was ich ganz besonders wichtig finde, auch als heilenden Prozess und als Festhalten von besonderen Erinnerungen und Lebenserfahrungen. Die Kunstform, die uns in den letzten Monaten vermutlich am stärksten blieb, ist das Buch. Dank diesem können wir uns auf Reise begeben, auch oft unvermutet in die eigene Vergangenheit und sogar in nicht erlebte Zeitepochen.
Mein Wunsch wäre abschließend, dass jeder Mensch seinen Weg gehen kann, so wie er/sie es für richtig empfindet und zwar frei, in Eigenverantwortung, frei von Ängsten, frei vom Gefühl, sich genötigt zu fühlen zu etwas, dass er/sie nicht will. Frei vor allem, seine Berufung ausüben zu können.
Was liest Du derzeit?
Ich lese eigentlich alles, was mir in die Hände fällt und anspricht. Von alten Meistern bis zur modernen und zeitgenössischen Literatur und weiterbildenden Lektüren rund um Psychologie, Gesellschaft und natürlich auch musikgeschichtlichem und künstlerbiografischem Inhalt, wie im letzten Herbst die neu erschienenen Bücher von Franz Welser-Möst und Philippe Jordan über die Stille aus unterschiedlichen Perspektiven, musik – als auch lebensbezogen.
Da ich schon seit Kindheit, gefördert durch meine Eltern und meiner Deutschprofessorin am Akademischen Gymnasium begeisterte Leserin bin, schaffe ich mir immer wieder Büchertürme an, die leider im indirekt proportionalen Verhältnis zur tatsächlichen Lesezeit stehen.
Zuletzt habe ich „Stiller“ von Max Frisch gelesen und nun lese ich „Orangen für Dostojewkij“ von Michael Dangl. Seit einiger Zeit habe ich auch Hanns-Josef Ortheil für mich entdeckt, den ich jedem Musiker/Künstler und Kunstgesinnten, der ihn nicht kennt, ans Herz legen möchte. Er schreibt nicht nur wunderschön und lebensnah, sondern auch sehr kunstreich – Musik und Kunst darf in seinen Romanen nicht fehlen. Denn als zunächst angehender Konzertpianist kommt er von der Musik und erzählt auch viel autobiografisch. Seine Bücher sind also immer ein lebensnahes Erlebnis.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Bei so vielen Lieblingsschriftstellern wie Hugo von Hofmannsthal, Thomas Bernhard, Stefan Zweig u.a. war es nicht so einfach, sich zu entscheiden – ich habe Paulo Coelho ausgesucht und möchte Euch gleich ein paar Textimpulse aus seinem neuesten Büchlein „Und die Liebe hört niemals auf“ mitgeben:
„Das Leben ist kein langer Urlaub, sondern eine Zeit unablässigen Lebens. Und die wichtigste Lektion ist: lieben zu lernen. Jedes Mal besser zu lieben. Was macht einen Menschen zu einem großen Künstler, einem großen Schriftsteller, einem großen Musiker? Die Übung. Was macht einen Menschen zu einem großen Menschen? Übung. Nichts anderes.“
Da der Tod vielfach Thema der letzten Zeit war und in Gedenken an meinen eigenen, vor drei Jahren verschiedenen Vater, möchte ich abschließend auch folgende Textstelle von Paulo Coelho zitieren:
„Und die einzigen Dinge, die unsterblich sind, sind ‚Glaube, Hoffnung und Liebe’. Man könnte natürlich einwenden, dass zwei davon doch vergänglich sind: der Glaube, wenn wir die Gegenwart Gottes spüren und erleben, und die Hoffnung, wenn sie erfüllt wird. Aber die Liebe wird ganz gewiss bleiben. Gott, der ewige Gott, ist Liebe. Sucht also die Liebe – diesen ewigen Augenblick, das Einzige, das Bestand haben wird, wenn die Menschheit am Ende ihrer Tage angelangt ist. Die Liebe wird immer die einzige im Universum gültige Währung sein, wenn alle anderen Währungen aller Nationen ihren Wert verloren haben. Wenn ihr euch etwas hingeben wollt, gebt euch der Liebe hin – und alles Weitere wird euch hinzugegeben.“ … „Ich musste alleine herausfinden … Dass in Wahrheit alle, die Gott vertrauen – das heißt, dass jene, die ihn lieben, denn das Vertrauen ist der einzige Weg hin zur Liebe – ein ewiges Leben haben würden.“
Dimitri Schostakowitsch vertonte das „ewige Leben“ 1975 im Finale seiner letzten Komposition – der Sonate für Bratsche und Klavier – wenige Wochen, bevor er verstarb. Ein Abschiedsgesang (mit zitierten Elementen aus der Mondscheinsonate), mit dem ich meinen Vater musikalisch verabschiedete und somit seine Seele in Gottes Hände legte. So viel zurückkehrend zur Rolle der Musik: eine unbändige Kraft, ein verbindendes Band zwischen Menschen und gegenüber Gott – in jeder Lebenslage, die uns fernab vom Musikerberuf an sich auch im Alltag begleitet.
Vielen Dank für das Interview liebe Beata, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Beata Beck, Lyrische Koloratursopranistin und Pianistin
Dana Vowinckel_Schriftstellerin_Berlin_Deutschlandfunk_Preisträgerin_Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Dana Vowinckel_Schriftstellerin_Deutschlandfunk Preisträgerin _ Tage der deutschsprachigen Literatur Klagenfurt 2021
Liebe Dana, herzliche Gratulation zum Deutschlandfunkpreis 2021!
Wie und wo hast die Preisverleihung miterlebt?
Im Wohnzimmer meiner besten Freundin, da ist das Internet besser. Zum Glück wohnt sie im gleichen Haus wie ich, dann konnte ich danach schnell in die Arme der Mitfiebernden laufen, die in meiner Wohnung die Verleihung verfolgt haben!
Was sind Deine ersten Gedanken jetzt?
Erstmal nicht die ganze Zeit weinen vor Glück, dann schaue ich weiter.
Wie sieht Dein Rückblick auf die Literaturtage aus?
Ich möchte von nun an nur noch Zuschauerin sein. Viele Texte haben mich sehr berührt und begeistert, aber die Teilnahme war wirklich nichts für meine zarten Nerven!
Wie wirst Du heute den Deutschlandfunkpreis feiern?
Champagner, dann ausschlafen! Dann weiterschreiben.
Was sind Deine nächsten Schreibprojekte!
Der Roman über Margarita und ihren Vater natürlich.
Liebe Dana, vielen Dank für das Interview! Viel Freude und Erfolg weiterhin wie schönen Sommer!
Bachmannpreis 2021_Rückblick_Blitzlicht:
Dana Vowinckel, Schriftstellerin_ Deutschlandfunk Preisträgerin _ Tage der deutschsprachigen Literatur Klagenfurt 2021
Ich Text im Theater und lerne probe – nein umverdreht, vor lauter lange her, weiß ich gar nicht mehr wie rum – zum Glück aber nicht über Zoom, es hat zwar Vorteile, aber diese waren aufs Theater bezogen dann relativ schnell an einer Hand abgezählt. Wir proben für die neue Sommerproduktion „Halbe Wahrheiten“ von Alan Ayckbourn im Innsbrucker Kellertheater und das ist nicht gelogen.
Die Produktion hätten wir schon letztes Jahr gespielt, sie hatte dann aber keine Lust auf uns virenverseuchte Schauspieler, wer kanns ihr verübeln. Darum hat sie uns auf heuer verschoben. Wir danken ihr dafür.
Am Beginn der Pandemie zog bei uns eine Hündin namens Ilvy ein – halb Aussie, halb Pudel, kurz Doodle… (und sieht aus wie ein Strudel). Wir meinten sie solle es sich vorher gut überlegen mit dem Einzug. Sie wohnt noch immer bei uns.
Und die will auch jeden Tag mindestens 15 mal raus mit meinem Freund und mir. Sie besteht geradezu darauf. Nun bleibt uns nichts anderes übrig, als uns von ihr spazieren führen zu lassen. Auch das Hölzchen wirft sie uns gern und oft.
Die tägliche Natur ist somit seit 2020 ein wichtiger Teil in meinem Tagesablauf geworden. Und auch die Zecken auf Ilvys Schnäuzchen. Iiiiiiiiii
Langsam sehe ich auch wieder öfters Freunde. Ich erkenne sie wieder, weil ich vorher Fotos von ihnen anschaue. Weil wir alle so brav waren, dürfen wir nun den Mindestabstand auf 5 Meter reduzieren, aber nur draußen. Drinnen sieht man’s nicht.
Ich surfe viel, schlecht auf den Wellen, aber gut im Internet und recherchiere massig für meine Schauspiel-, Regie- und Sprecherprojekte.
Aber im Moment lese und schaue ich wenig Nachrichten. Über das Wichtigste informiert mich mein Umfeld und mein Hund ungefragt ohnehin.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Eine Freundin sagt immer das Wichtigste ist „Ruhig bleiben“ – da stimme ich ihr voll und ganz zu und das Zweitwichtigste sagt sie ist… äh… das darf ich hier nicht schreiben, das ist nicht jugendfrei.
Und das Drittwichtigste ist, sich treu zu bleiben und trotz allem der Mensch zu sein, der man vorher war. Mit all seinen Ideen und Wünschen.
Außer man war ein Serienkiller, dann könnte man seinen Charakterzug vielleicht nochmal überdenken.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?
Da ich nie eine große Planerin war und meine Projekte meist recht kurzfristig entstehen, tu ich mich nicht so schwer mit Neubeginn undsoweiter. Jedes meiner zahlreichen Projekte ist ohnehin ein Aufbruch und ein Neubeginn. Ich mache Regie-Konzepte, bereite mich auf meine Rollen, Proben oder Drehs vor – das habe ich auch im Jahr 2020 so gemacht. Der kreative Kopf hört nicht einfach auf zu denken, da gibt‘s kein Stopp im Kopp. Darum denke ich im Moment gar nicht an 2020 zurück oder gar vor. Und wenn die Projekte nicht sofort verwirklicht werden können, dann werden sie eben danach verwirklicht. Irgendwann findet alles wieder für jeden statt.
Die meisten Menschen, die ich treffe, haben so große Lust auf Kunst und Kultur. Und diese werden wir auch alle antreffen an den Orten wo Kunst passiert. Und das ist gut zu wissen.
Die Angst wird weniger werden.
90 Minuten in einem (wenn auch nur zur Hälfte bestuhlten) Theater zu sitzen und in eine ganz andere Welt einzutauchen lässt einen für eine kurze Zeit vergessen was vor der Türe los ist und kann befreiend sein und dem Zuschauer ein bisschen Frieden und Ruhe geben, in einer Welt der Strenge, der Maßnahmen und der Regeln.
Was liest Du derzeit?
„Sagen aus aller Welt“ und Werke von alten bekannten Dichten… äh Dichtern… ach diese Autokorrektur.
Ich recherchiere für unser Projekt „Latrinenpoesie – Humoristisches zum Anhören, wenns mal schnell gehen muss“. Es ist nicht das, wonach es sich anhört. Oder doch. Es ist das, wonach es sich anhört. Es ist ein nonkommerzieller literarischer Podcast. Wir veröffentlichen regelmäßig kurze Audiobeiträge – unbekanntes Literarisches von bekannten Dichtern, die mein Kollege Peter Wolf und ich unsinniger vortragen als sie sind.
Latrinenpoesie ersetzt die Zeitung, die wir am Klo lesen. Da ohnehin jederfrau und jedermann sein Handy überall und natürlich auch am Kloset dabei hat, versüßen wir diese kurzen Minuten am Örtchen mit unsinnigem Schwachsinn.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Ganz spontan fällt mir als erstes ein Gedicht ein – eine Kleinigkeit damit das Herz lacht:
Vielen Dank für das Interview liebe Caroline, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Liebe Timna, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ständig bin ich nur am Planen, aber es muss sein, denn irgendwann geht es wieder auf Musiktournee. Die Abende verbringe ich meist im Tonstudio wo neue Produktionen entstehen können
Timna Brauer, Musikerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Das große Ganze zu verstehen, nicht die Gelegenheit zu Transformation zu verpassen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Wesentlich ist die Balance zu finden zwischen momentanen Impuls und Eigennutz und Nachhaltigkeit in allen Bereichen.
Kunst und Musik insbesondere können die Menschen wieder verbinden.
Was liest Du derzeit?
„Faustini bekommt Besuch“ von Wolfgang Hermann
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Bewusstes Atmen bringt uns in die Mitte.
Vielen Dank für das Interview liebe Timna, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Katharina J.Ferner_Schriftstellerin_Salzburg__Teilnehmerin _Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Liebe Katharina, herzlichen Dank für Deine Teilnahme, Deinen spannenden Text wie Lesung!
Wo und wie hast Du die Preisverleihung und den Abschluss der Literaturtage heute miterlebt?
Teilweise bei mir und teilweise bei meinen Eltern zuhause, die in den letzten Tagen ihr Haus für gemeinsames TDDL-Schauen geöffnet hatten.
Wie sieht Dein Rückblick auf die Literaturtage aus?
Für mich privat war es eine schöne Zeit mit on-/ und offline Begegnungen, voller Diskussionen und Literatur. Insgesamt bin ich aber auch froh, dass der Hype jetzt mal wieder vorbei ist.
Welche Inspirationen nimmst Du für Deine Literatur- und Kunstprojekte mit?
Inspiration aus Texten von Kolleg*innen nehme ich grundsätzlich bei den meisten Lesungen mit. Tatsächlich finde ich das Umfeld der TDDL für das eigene Schreiben nicht gerade inspirierend. Die offensichtliche Unterrepräsentation von Textformen, die sich gängigen Kategorisierungen widerschreiben, haben allerdings mein poetisches Selbstbewusstsein und meine literarische Position gestärkt.
Was sind Deine nächsten Schreibprojekte?
Da habe ich tatsächlich mehrere Dinge in der Pipeline, allerdings werde ich wohl erst ab Mitte Juli dazu kommen, zuvor freue ich mich schon sehr auf den Hausacher Leselenz.
Liebe Katharina, vielen Dank für das Interview! Viel Freude und Erfolg weiterhin wie schönen Sommer!
Verena Gotthardt_Schriftstellerin_Bildende Künstlerin_Teilnehmerin _Tage der deutschsprachigen Literatur _ 2021
Liebe Verena, herzlichen Dank für Deine Teilnahme, Deinen spannenden Text wie Lesung!
Wo und wie hast Du die Preisverleihung und den Abschluss der Literaturtage heute miterlebt?
Die Preisverleihung habe ich im Wohnzimmer meiner Eltern miterlebt und so, wie alle, vor dem Bildschirm.
Wie sieht Dein Rückblick auf die Literaturtage aus?
Für mich waren die letzten Tage sehr aufwühlend aber letztendlich auch positiv. Ich habe die Tage der deutschsprachigen Literatur herzklopfend und an der eigenen Haut erfahren.
Welche Inspirationen nimmst Du für Deine Literatur- und Kunstprojekte mit?
Dass ich weiterhin nicht schreibe, um zu gefallen. Dass ich nicht mit meinen Texten unterhalte und, dass es sehr viele Meinungen zur Literatur gibt. Generell haben mich alle Diskussionen inspiriert.
Was sind Deine nächsten Schreibprojekte?
Es wird wohl kein Roman werden.
Liebe Verena, vielen Dank für das Interview! Viel Freude und Erfolg weiterhin wie schönen Sommer!