Bachmannpreis – Rückblickinterview: „als würde ich in einem Auto sitzen, das sich überschlägt, aber bei vollem Bewusstsein.“ Tanja Langer, Schriftstellerin_Bachmannpreisteilnehmerin 2001 _ Berlin 22.4..2023

Liebe Tanja Langer, Du hast 2001 am Bachmannpreis in Klagenfurt teilgenommen. Wie kam es zu Deiner Teilnahme und wie gestaltete sich Deine Vorbereitung? Welche Erwartungen hattest Du?

Mein damaliger Verlag Volk & Welt, bei dem mein Debüt „Cap Esterel“ 1999 erschienen war, wurde von Elisabeth Bronfen angesprochen – sie interessierte sich für meinen Roman „Der Morphinist oder Die Barbarin bin ich“, an dem ich gerade arbeitete und für den ich bereits zwei Stipendien erhalten hatte. Sie schlug mich für Klagenfurt vor. Ulrike Draesner, die auch bei Volk & Welt war, sollte ihren Roman etwas früher herausbringen, deshalb entschied man sich, sie zuerst zu schicken, sonst wäre ich im Jahr 2000 hingefahren.

Ich war relativ blauäugig und hatte mich nicht genau mit den Abläufen zuvor befasst; ich hatte drei kleine Kinder und schrieb viel für Zeitungen über Literatur, meine Zeit war begrenzt. Dort eingeladen zu werden, galt damals als hohe Ehre. Ich freute mich einfach über die Einladung und machte mir nicht viele Gedanken. Das einzige, was doof war: Ich hatte den Anfang des Romans aufgrund der Stipendien im Radio gelesen, diesen Text durfte ich dann nicht in Klagenfurt vorstellen (man darf nichts lesen, was schon einmal an die Öffentlichkeit gekommen ist).

Das Grundproblem war: Früher lasen die Autor*innen die Texte, OHNE dass die Jury sie vorher kannte. Jetzt bekam die Jury die Texte schon lange vorher.

Tanja Langer, Schriftstellerin und Verlegerin _
Bachmannpreisteilnehmerin 2001

Gab es im Vorfeld der Veranstaltung Kontakte zu den Mitlesenden und der Jury und wie war der Kontakt (Kontaktmöglichkeiten) vor Ort?

Es gab eine Pressekonferenz im Literarischen Colloquium in Berlin-Wannsee mit einigen der Juroren; dabei wurden drei Kandidat*innen vorgestellt: Mir war sehr schnell klar, dass es diejenigen waren, die man für die Gewinner*innen hielt – und so war es dann auch. Ich sprach an diesem Tag mit einem der Juroren, Robert Schindel, und teilte ihm meine Beobachtung mit; dass ich Sorge hatte, dass wir anderen dann nur noch als Statisten eingeladen wurden, die Sieger schon feststünden, und dass ich überlegte, dann nicht zu fahren. Er beruhigte mich. Doch ich hätte auf mein Urin hören sollen. Wenn man so etwas im Nachhinein erzählt, sagen die Leute: Klar, die ist verärgert – aber so einfach ist es nicht. Es ist mehr ein struktureller Ärger.

In welchem Hotel und wie war die Unterbringung und an welche Begleitveranstaltungen erinnerst Du Dich?

An das Hotel kann ich mich gar nicht erinnern; ich erinnere mich an den wunderbaren türkisfarbenen See, an dem sich zwischendurch alle tummelten, und die Abende im Biergarten.

Wie gestaltete sich die Auswahl für die Lesungstermine und wann hast Du gelesen?

Ich habe vage in Erinnerung, dass die Termine ausgelost wurden (angeblich, ich weiß es nicht), ich las am zweiten oder dritten Tag morgens um elf.

Wie hast Du Dich unmittelbar auf Deine Lesung vorbereitet?

Ich war mit den Nerven so runter, dass ich vorher – komplett gegen meine Gewohnheiten – einen Cognac trank! Herr Siblewski, mein neuer Lektor bei Luchterhand (dort sollte der Roman erscheinen, denn Volk & Welt wurde als Verlag eingestellt), war besorgt, er ermunterte mich: Es ist ein Schwergewicht, Ihr Roman, Sie müssen nicht aufgeregt sein.

Ich war aber aufgeregt, weil ich das Strippenziehen hinter den Kulissen längst begriffen und das Gekungel beobachtet hatte. Das war eine unfassbare Desillusionierung und ich wäre am liebsten abgereist.

Welchen Text hast Du in Klagenfurt vorgestellt?

Einen Auszug aus meinem Roman „Der Morphinist oder Die Barbarin bin ich“. Darin ging es um eine junge Frau mit kleinen Kindern, die sich mit dem frühen Hitler-Freund Dietrich Eckart befasst, der u.a. der Erfinder des Völkischen Beobachters war. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, wie ihre Eltern im Dritten Reich geprägt wurden, nämlich durch Figuren wie Eckart auch, was es für sie selbst bedeutet, und zugleich beschreibt sie, wie Eckart, als frustrierter Theaterautor, zum Antisemiten wird.

Wie hast Du die Jurydiskussion persönlich erlebt und wie beurteilst Du diese? Hast Du Dich in der Diskussion zu Wort gemeldet?

Einzig Robert Schindel verteidigte mich, begriff, was ich dort versuchte, ehrlich zu sein nämlich, skrupulös.

Damals konnte man nicht in die Diskussion eingreifen, es gab nur die Möglichkeit zu einem Schlusswort. Ich bestand auf meinem Schlusswort. Es fühlte sich an, als würde ich in einem Auto sitzen, das sich überschlägt, aber bei vollem Bewusstsein.

Mit welchem Feedback und persönlichen Emotionen hast Du den Lesungsort danach verlassen?

Es war ein Fiasko. Ich hatte irrsinnige Kopfschmerzen, der ganze Körper tat mir weh, ich brauchte sehr, sehr lange, mich davon zu erholen.

Eine Frau aus dem Publikum kam auf mich zu und sagte (das werde ich nie vergessen): Schreiben Sie weiter. Wir Mütter sind die Kehrschaufel der Nation. Sie geben uns Müttern eine Stimme. Manche Kollegen kamen und sagten: Du hast dich wacker geschlagen, ich ziehe meinen Hut.

Wie hast Du die Zeit unmittelbar nach der Lesung verbracht und was war für Dich da wichtig? Gab es Gespräche mit Jury, Mitlesenden danach?

Das Wichtigste und Beste war eigentlich: Am Abend sprach mich Lutz Wolff, Cheflektor von dtv, an. Er war dort mit der amerikanischen Schriftstellerin Binnie Kirschenbaum, sie war voller Anerkennung und riet Lutz Wolff, mich sofort zu dtv zu holen. „She must have pressed some button“, sagte sie, „that they got so upset“. Sie sagte: „Solange wir Hitler auf einen Sockel stellen, kapieren wir nichts. Solange wir Opfer auf den Sockel stellen, auch nicht. Diese junge unerschrockene Autorin holt sie runter. Nimm sie.“

Tatsächlich holte mich Lutz Wolff nach dem Morphinisten zu dtv, wo ich meine nächsten Romane veröffentlicht habe.

Die Mitlesenden bis auf zwei, drei Ausnahmen waren mit sich selbst beschäftigt. Woran ich mich gut erinnern kann, war Annegret Held. Sie sagte zu einem Interviewer: Wenn ich gewusst hätte, dass man hier eine Erzählung abgeben soll, mit Anfang, Höhepunkt und Ende, dann hätt ich brav meine Hausaufgaben gemacht. Sie war ebenfalls verrissen worden und genauso perplex wie ich von allem.

Wer mich auch getröstet hat, war Ulrich Greiner von der ZEIT: Er drückte mir seine Hochachtung aus, sagte: „Lassen Sie sich bloß nicht beirren. Es gibt berühmte Schriftsteller*innen, die hier auch abgeschmettert wurden.“ Und er fragte nach dem Fortgang des Buchs.

Wie gestalteten sich für Dich die weiteren Lesungstage und die Preisverleihung?

Ich hielt irgendwie durch. Ging viel schwimmen. Hörte noch die eine oder andere Lesung. Beobachtete die Welt, das Karussell der Eitelkeiten. Trank zu viel. Knutschte mit einem Kollegen (mein Ex-Mann wird mir verzeihen).

Wie bist Du als Schriftstellerin und persönlich von Klagenfurt abgereist und welche Erinnerung und Resümee hast Du in Abstand an den Bachmannpreis?

Ach, diese Erfahrung hätte ich mir schenken können!

Wie hat die Teilnahme am Bachmannpreis Deine weitere schriftstellerische Laufbahn beeinflusst?

Zunächst hatte das Buch es sehr schwer, als es erschien. „Hitler in Muttis Hausapotheke“ titelte die NZZ. Es war ein Desaster. Zum Glück verteidigten einige Schriftsteller*innen meinen Roman: Allen voran Daniel Kehlmann, Tanja Dückers, Hans Christoph Buch.

Immerhin: Ich kam zu dtv, ich hielt durch, ich bin noch immer da. Es gibt auch Autor*innen, die danach aufgehört haben zu schreiben.

Gibt es noch Kontakt zu Mitlesenden, Jury, Journalisten*innen oder Bezugspersonen in Klagenfurt?

Kaum. Es ist ja schon so lange her. Danach begegnete ich natürlich Kolleg*innen von der Presse, solange ich noch für die Zeitungen schrieb, aber das schaffte ich zeitlich irgendwann nicht mehr, dann verlepperte sich das.

Würdest Du noch einmal am Bachmannpreis teilnehmen?

Nein.

Was wünscht Du Dir für den Bachmannpreis?

Ich weiß nicht, wie es heute ist, aber ich fand die uralte Offenheit schön, als die Autor*innen Texte lasen, die die Juror*innen vorher noch nicht kannten. Ich fände es auch gut, wenn das Publikum mitdiskutieren dürfte.

Was möchtest Du den aktuellen Teilnehmer*innen mitgeben?

Sich gut überlegen, ob sie den Konsequenzen gewachsen sind. Sich die Sendungen vorher genau anschauen. Sich gut beraten lassen. Ich bin von der Agentin damals weg.

Welche Erinnerung hast Du an den Lesungsort Klagenfurt und welche Aktivitäten hast Du in der Stadt unternommen?

Ich habe an die Stadt selbst nur eine Erinnerung: Ich laufe mit einem Kollegen durch die Straßen und er redet ununterbrochen davon, dass ein Flugzeug über uns abstürzen könnte!

Ich erinnere mich an das phantastische Wasser des Sees, das Schwimmen war meine Rettung. Und dass im Flieger hinzu tatsächlich Jörg Haider mitflog.

Welche aktuellen Projekte gibt es derzeit für Dich?

Ich arbeite an einem Roman über eine armenische Familie im Libanon, die z.T. den Genozid im Osmanischen Reich überlebt hat, ich begleite sie über ein Jahrhundert, ihre Wege, auch bis Marseille und Erewan, aber hauptsächlich im Libanon. Die Frauen und Kinder, die sich mit Handarbeiten das Leben verdienten, die große handwerkliche, oft verdrängte Fähigkeit der Armenier*innen im Textilbereich spielt eine Rolle, aber auch, wie sich in ihrem Gedächtnis die Erlebnisse verändern.

Außerdem führe ich meinen unabhängigen mehrsprachigen Bübül Verlag Berlin!

Tanja Langer, Schriftstellerin und Verlegerin _
Bachmannpreisteilnehmerin 2001

Vielen Dank für das Interview, liebe Tanja Langer, und alles Gute für alle Projekte!

Bachmannpreis _ Rückblick _Interview:

Tanja Langer, Schriftstellerin und Verlegerin _
Bachmannpreisteilnehmerin 2001

Zur Person_Tanja Langer, geboren 1962 in Wiesbaden, lebt seit 1986 in Berlin. Sie veröffentlichte Erzählungen, Hörspiele und Romane wie Der Tag ist hell, ich schreibe dir, Der Maler Munch, Kleine Geschichte von der Frau, die nicht treu sein konnte und den Afghanistanroman Der Himmel ist ein Taschenspieler (mit D. Majed). Als Textdichterin für Neue Musik verfasste sie das Libretto für die Oper Kleist (UA 2008) und den Liederzyklus Künstlerinnen / Fürchterlich ist die Braut am Abend von Rainer Rubbert, die Oper Ovartaci – crazy, queer & loveable für 12 Komponist*innen (2017/8 Staatsoper Unter den Linden, Berlin) u.a.. 2019 eröffnete sie ihr Projekt zum Erinnern und Vergessen mit dem Roman Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday oder die Erfindung der Erinnerung. 2016 gründete sie den polyphonen Bübül Verlag Berlin.

Langer gilt als »… eine aufregende und avancierte Autorin mit Gespür für politisch-gesellschaftliche Umbrüche, die sie immer auch aus privater Sicht zu spiegeln weiß.«  Volker Heigenmooser, literaturkritik.de

http://www.tanjalanger.de

Tanja Langer _ BÜBÜL VERLAG BERLIN

https://tanjalanger.de/buebuel/

Fotos _ 1 Michele Corleone; 2 privat.

Bachmannpreisrückblickinterview_

Walter Pobaschnig, Interview 5.4.2023

https://literaturoutdoors.com

„Die Teilhabe an Kunst ist für Menschen wesentlich“ Luise Kloos, Bildende Künstlerin _ Graz 22.4.2023

Liebe Luise, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Mein Tagesablauf richtet sich je nach Terminen. Am liebsten sind mir die Tage ohne Störung, dann arbeite ich ab 9 Uhr morgens im Atelier, habe ein kleines Mittagessen um ca. 14 Uhr. Vor dem Eintreten der Dunkelheit mache ich einen Waldspaziergang und arbeite dann noch abends, bis ca. 22 oder 23 Uhr im Atelier. Dazwischen mache ich kleine Lesepausen.

Luise Kloos, Bildende Künstlerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Die in die höchste Aufregung getriebenen Nachrichten mit Gleichmut zu
betrachten, halte ich für sehr wichtig. Den Gleichmut zu trainieren, erfordert
viel Konzentration, aber würde tatsächlich zum friedlichen Miteinander beitragen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?

Ich sehe als Aufgabe eines Künstlers/einer Künstlerin die Notwendigkeit, die Sorgfalt und Hingabe an die Arbeit und an den Augenblick des Gestaltens. Dabei denke ich, dass die Teilhabe an Kunst für Menschen wesentlich ist. Vieles in der Kunst scheint weit weg von den Menschen zu sein, oder auch abgehoben und arrogant. Eine verständliche und ermöglichte Kommunikation der künstlerischen Arbeit spielt eine wichtige Rolle.

Was liest Du derzeit?

Oben Erde, unten Himmel. Von Milena Michiko Flašar

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Jede Linie ist ein Triumph gegen das Chaos in dieser Welt“. Von Maria Lassnig

Vielen Dank für das Interview liebe Luise, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Luise Kloos, Bildende Künstlerin

Zur Person_

Luise Kloos, bildende Künstlerin, lebt und arbeitet in Graz

www.luisekloos.at

www.nextkunst.at

www.zeichenimpulse.at

Foto_privat

27.12.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

„abermalshoffend!“ Barbara Ambrusch-Rapp, Multimediakünstlerin _ Give Peace A Chance _ Velden/Wörthersee 22.4.2023

GIVE PEACE A CHANCE

„abermalshoffend!“

Barbara Ambrusch-Rapp, Performance “Balkanroute” in Klagenfurt/Celovec
(fotografiert von Deborah Staubmann)

G         reifen

i           rre

V         ermaechtnisse

E          ingeweide.


P         acken

e          rbaermliche

A         hnengespinste

C         reaturen

e          in.


A         usweglos?


C         ollaboriert,

H         irngesponnene,

a         bermalshoffend!   

N         aivgeschumpfene

C         himären,

e          röffnet!


Barbara Ambrusch-Rapp, Velden am Wörthersee, 12. April 2023

Barbara Ambrusch-Rapp, Multimediakünstlerin,
Kuratorin, Kulturarbeiterin und Aktivistin

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:

Barbara Ambrusch-Rapp, Multimediakünstlerin,
Kuratorin, Kulturarbeiterin und Aktivistin

Zur Person_Barbara Ambrusch-Rapp, geb. 1972 in Klagenfurt am Wörthersee, lebt und arbeitet als freischaffende Multimediakünstlerin, Kuratorin, Kulturarbeiterin und Aktivistin mit ihrer Familie in Velden am Wörthersee.

Mitglied u.a. im Kunstverein Kärnten/Koroška und weiteren Kunst- und Kulturvereinen, bei ausgewählten auch im Vorstand maßgeblich aktiv. Kreativ-Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für Menschen verschiedener Herkunft, an Bildungseinrichtungen, für Unternehmen und in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Künstlerische Beiträge zugunsten von Sozialprojekten und öffentlichen Aktionen im Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Belangen, Menschenrechten, Diskriminierung etc.

Freischaffend präsent in nationalen und internationalen Ausstellungen sowie in den Bereichen Performance, Theater, Fashion-Art und Kunst im öffentlichen Raum. Würdigung der Arbeit mittels Preisen, Ankäufen oder Projektförderungen; in Publikationen u.a. im Bereich der Literatur, Bildenden Kunst und Wissenschaft erwähnt, beteiligt oder herausgebend.

http://www.barbara-rapp.com

Foto Portrait_Marcel Ambrusch

Foto_Performance_Deborah Staubmann

Walter Pobaschnig _ 12.4.2023

https://literaturoutdoors.com

„Gestern noch waren wir“ Vinzenz Fengler, Schriftsteller _ Give Peace A Chance _ Berlin 21.4.2023

GIVE PEACE A CHANCE


Gestern noch waren wir

In eine Amour fou gefallen mit einem

Verhinderten Krieg und dachten

Es wird sich schon alles einpegeln.


Post Scriptum aber log das Sujet,

Erbrach sich an Verschlucktem &

Alles militarisierte sich.

Chimären in Kampfanzügen tanzten

Einen Reigen zum Gemetzel der Worte.


Aha, ach so, interessant, sagten einige.


Chaos verbindet die Teile, dachten wir,

Hofften auf die Vernunft zwischen

Auf- und Abschwellen der Wut,

Nicht erinnernd die besser wissenden

Chöre, die Stimmen, die sagten:

Ergebt euch, euch selbst & diesem Frieden.


Vinzenz Fengler, 10.4.2023

Vinzenz Fengler, Schriftsteller, bildender Künstler & Performer

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:

Vinzenz Fengler, Schriftsteller, bildender Künstler & Performer

Zur Person_Vinzenz Fengler wurde 1969 in Hoyerswerda geboren und lebt seit 2001 in Berlin. Seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit Photographie und Performance Art, später kommen noch Kunstinterventionen im öffentlichen Raum dazu.  Er schreibt Lyrik, Prosa und Stücke. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. Vinzenz Fengler ist Zweitplatzierter (zusammen mit Monika Littau) des Polly Preises für Politische Lyrik 2016. Im Juli 2020 erschien „Stimme.Stimme“, ein gemeinsam mit Isabella Lehmann geschriebenes Theaterstück bei Edition Maya, im April 2023 sein Lyrikband „Materialermüdung tragender Teile“ im ELIF Verlag.

www.vinzenz-fengler.de

Foto_privat

Walter Pobaschnig _ 10.4.2023

https://literaturoutdoors.com

„Wissens, da Hansi hods nimma ausghoitn“ Peter Nitsche, Schauspieler _ Station bei Falco _ Wien 21.4.2023

Peter Nitsche, Schauspieler _ Wien _ acting „Ganz Wien“ Falco (1981) _
25.Todesjahr Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)

„Ganz Wien“

Er geht auf der Straß’n
Sagt net wohin
Das Hirn voll Heavy Metal
Und seine Leber ist hin

Seine Venen san offen
Und er riecht nach Formalin
Des alles macht eam kan Kummer
Weil er ist in Wien.

Ganz Wien – ist heut auf Heroin
Ganz Wien – träumt mit Mozambin
Ganz Wien – Wien, Wien, greift auch zu Kokain überhaupt in der Ballsaison
Man sieht ganz Wien, Wien, Wien is so herrlich hin, hin, hin
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin, 1,2,3

Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin

Einmal wird der Tag kumman
Die Donau außer Rand und Band
Im U4 geigen die Goldfisch‘
Der Bruno längst im sich’ren Land,
Der Hannes A

Dann lernen wir Schwimmen
Treib’n tan ma eh.
Alle Teuferl weisses Gewandl
Und weiss wie Schnee

Wien

Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin, that you know
Kokain und Kodein, Heroin und Mozambin
Machen uns hin, hin, hin

Ganz Wien
da, da, da, da
Ganz Wien

„Ganz Wien“ 1981 / Text: Falco / Musik: Falco

Peter Nitsche, Schauspieler _ Wien _ acting „Ganz Wien“ Falco (1981) _
65.Geburtstag Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)


Lieber Peter Nitsche, Schauspieler, welche Bezugspunkte gibt es von Dir zu Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)?

Vor allem die Begegnung mit seiner Mutter, ca 8 Monate nach Falcos Heimgang. Sie meinte „ Wissens, da Hansi hods nimma ausghoitn. Er hod gwussd, dass ea nimma hecha auffe kumma kaun.“ Diese Worte seiner Mama haben mich zutiefst berührt. Hansi war ihr Bua, ihr Ein und Alles.


Wir haben als Falco Thema den Song „Ganz Wien“ 1981 gewählt. Was sagt der Song für Dich damals und 40 Jahre später aus?

Hoch aktuell. Falco scheute sich nie, den Menschen aufs Maul zu schauen, denn er war und blieb immer einer von ihnen/uns. Was er zu sagen hatte in seinen Songs, seinen Performances, ließ er tief in die Gedärme der Menschen eindringen. Fast prophetisch.

Was macht für Dich den Künstler Falco aus?

Für mich ist Falco der Mozart des 20. Jahrhundert. In Allem war er seiner Zeit weit voraus. Er ist Wege gegangen, die die Breite Masse nicht mal zu denken wagte. Ein unfassbar zart und doch unbändig starkes Wesen zeichnet diesen Menschen auch heute noch für mich aus


Du bist Schauspieler, Fotograf. Hättest Du Dir ein Projekt mit Falco vorstellen können und wenn ja, welches?

Unbedingt…. Mutter, der Mann mit dem Koks ist. Da wäre ich sehr gerne der Kohlen = Kokslieferant.


Es ist ein großartiger Style, den Du zum Fotoshooting hier gewählt und auf das Thema abgestimmt hast. Was bedeutet Dir Mode, Style?

Danke, lieber Walter. Ich stehe so drauf, Styles, Outfit, Visagist Styles,.. made by my self zu kreieren. Auf Flohmärkten, in Mülltonnen, im Second& Third-Handbereich finde ich seit vielen Jahren nahezu Alles, woraus ich Neues kreiere.

Mode ist ein aufgesetzter Moment. Für mich, Bedeutet mir Nichts. Oder kaum etwas.

Style/s, yeah, thats Life. Pura Vida. Das flasht mich und damit flashe ich.


Was sind Deine derzeitigen Projektpläne?

Theaterrollen in unterschiedlichen Bereichen. Und mit einer tollen Musikerin in Graz arbeite ich seit einigen Wochen auch sängerisch. Ein neues Feld, das mich, der bisher kaum eine Notenzeile, ect. wirklich erfassen konnte, in spannende neue Welten führt. In dieser Produktion, mit einer Harfinistin, einer Geigerin, einem Saxophonisten und einem Zieharmonikervirtuosen tauchen wir ein in die Aufarbeitung der letzten 3 harten Jahre. Mein Part, das Schauspielen und Singen.


Was kannst Du als Künstler von Falco mitnehmen?

Mut, Seligkeit, Nachdenklichkeit, Ver-rücktheit. Stay free. Stay wild. Stay alive until minimum 75.

Peter Nitsche, Schauspieler _ Wien _ acting „Ganz Wien“ Falco (1981) _
25.Todesjahr Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)

Station bei Falco_„Ganz Wien“

Peter Nitsche, Schauspieler _ Wien _ acting „Ganz Wien“ Falco (1981) _

25.Todesjahr Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)Wien

Alle Fotos_Walter Pobaschnig _ Wien 3_23

https://literaturoutdoors.com

Walter Pobaschnig 3_23

„In der Sprache verhandeln wir, wofür oder wozu wir leben wollen“ Martin A. Hainz, Autor _ Baden bei Wien 21.4.2023

Lieber Martin A. Hainz, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Mein Tagesablauf ist sehr regelmäßig und überaus unspektakulär – zwischen Schreibtisch und Ergometer und zuweilen Hörsaal.

Martin A. Hainz, Autor,
Literaturwissenschaftler & Philosoph

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Adolf Holl empfahl einmal das Weiterwursteln – statt der Patentlösung. Wir haben viele Probleme und brauchen viele Antworten vieler Menschen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Sprache gestattet uns, mit anderen darüber zu verhandeln, wofür oder wozu wir leben wollen, aber auch die Diskussion darüber, inwiefern Aussagen, die wir treffen, gültig sein können – das sind auf den ersten Blick kleine Freiheiten, die als solche aber das ausmachen, was als „Freiheit“ direkt formuliert vielleicht keine ist.

Was liest Du derzeit?

Elfriede Jelinek, Angabe der Person.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Und obwohl wir darüber noch kein einziges Wort verloren haben, ahnen wir bereits, daß man für den Feind, zu dem man spricht, eine gewisse, ja zuweilen eine stärkere Freundschaft hegt als für den Freund, von dem man spricht.“ (Jacques Derrida)

Vielen Dank für das Interview lieber Martin, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Buchprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Martin A. Hainz, Autor, Literaturwissenschaftler & Philosoph

Zur Person_Martin A. Hainz, geboren 1974 in Wien; Prof. Mag. Dr. phil., Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaftler, Philosoph und Bildungswissenschaftler; Leiter der Forschungsstabstelle der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland (Eisenstadt, Österreich). Vorstandsmitglied der Rose Ausländer-Gesellschaft. Alumnus der Alexander von Humboldt-Stiftung. Bücher in Auswahl: Silbenzwang (Tübingen 2017), Lapsus (Würzburg 2014), Entgöttertes Leid (Tübingen 2007), Masken der Mehrdeutigkeit (Wien 2001, 22003); zahlreiche Aufsätze zur deutschen und österreichischen Literatur sowie zu philosophischen Fragestellungen.

http://www.martinhainz.at.

Foto_privat

20.3.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

Dysfunctional Woman, Julia Kulewatz. Roman. kul-ja! Publishing

Sie ist auf der Flucht. Im Wald.

„Gehetzt. Ein gejagtes, nummeriertes Wild war sie, orientierungslos rennend, blutend, stolpernd, zu Tode und in aller Endgültigkeit erschöpft…“

Sie und der Tod. Sie und ihr Kind. Doch sie war nur ein Code in dieser Welt. Nanobots, chips. Programmiert zu gebären.

„Meine Codierung ist QL172004-5-4. Ich bin 17 Jahre alt. Ich bin die 2004.fruchtbare Frau. Ich habe erfolgreich 5 Kinder geboren…“

Und die Flucht, der Weg geht weiter…

nicht allein…was ist ihre Bestimmung? Geheimnisse, Begegnungen öffnen sich im Dunklen der Welt…

Julia Kulewatz, Schriftstellerin, Verlegerin, legt mit „Dysfunctional Woman“ ihren ersten Roman vor, der in einer faszinierend-geheimnisvollen wie eindringlichen dystopischen Vision von Mensch, Welt, Zukunft begeistert. Die Autorin schafft es einmalig in Spannung, Neugierde und großartiger Fantasie-, Erzählkraft Leserin und Leser von Beginn an in die Flucht, das Ringen und die Lebenslust von „Q“ mithineinzunehmen und ihr zu folgen in aller Herausforderung, Hoffnung und Suche nach Freiheit.

Es ist ein Roman, der sicherlich zu den bemerkenswertesten Neuerscheinungen des Literaturjahres zählt.

„Ein Roman als faszinierende Hochschaubahn von Frau, Welt, Dystopie in großartiger Spannungs- und Erzählkraft!“

Dysfunctional Woman, Julia Kulewatz. Roman_2023

Softcover, 256 Seiten / 11,5 x 18 cm

Preis: 15,00 Euro zzgl. Versandkosten

ISBN: 978-3-949260-10-0

kul-ja! Publishing

Julia Kulewatz, Schriftstellerin, Verlegerin

Zur Person_Julia Kulewatz wurde in einer stürmischen Oktobernacht unter dem roten Jägermond des riesenhaften Orions als ewige Freundin der Plejaden geboren. Sie schreibt als eine Tochter der fahrenden Leute mit dem Kopf in den Sternen und dem Herzen in der Erde. Auf ihren Reisen fließen ihr vor allem Kurzgeschichten durch die Nacht ihrer Haare in den Tag ihrer Hände. Ihre Literatur ist „handgemacht“, weshalb sie jede Geschichte zunächst handschriftlich, zumeist unter einem Baum sitzend, aufschreibt. Es ist ihr wichtig, der Fantasie ihrer Leser (Welten-)Raum zu geben, um so gemeinsam das Höchste und das Tiefste zu berühren.

 Julia Kulewatz wurde mit dem Neu-Ulmer Stadtschreiberstipendium 2022 ausgezeichnet.

Bei kul-ja! publishing sind bisher erschienen:

counting magpies (Gedichte, August 2021)

Königin der Nacht (Essay, September 2022)

Orkaniden. Sturmgedichte (Gedichte, April 2021)

Bei kul-ja! publishing erscheint demnächst:

Ausgebuffte Luder (Gedichte, 2023)

Dysfunctional Woman (Roman, 2023)

Fast so traurig wie Linda (Gedichte, 2023)

https://www.kul-ja.com/

Foto Portrait: Selbstporträt, © Julia Kulewatz

Walter Pobaschnig 4_23

https://literaturoutdoors.com

„Musik kann das Leben beflügeln“ Sybil Amber, singer-songwriter _ Wien 20.4.2023

Liebe Sybil Amber, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Ich wache auf, trinke meinen Cafe. Dann beginnt mein Tag mit Musik, Lernen, Kontakte suchen, EMails schreiben, dazwischen einige Pausen.  Meine Arbeitstage sind eher regelmäßig und ruhig, weil ich stundenlang mit Kopfhören und Tastatur gemütlich schreibe, lerne, komponiere, Musik höre, oder Instrumente übe. Performances oder Film ansehen gehört ebenso dazu, wie Musikvideos ansehen. News lesen oder einen Imbiss, geschieht dazwischen. Netzwerken, Freunde besuchen, mit meinem Freund feiern.

Sybil Amber, singer-songwriter, Schriftstellerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Für uns alle wäre es wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass wirkliche Probleme auf der Erde unser aller Leben sehr verändern werden. Deswegen ist gesunde, vegane Ernährung an erster Stelle, sowie Training.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?

Musik begleitet Menschen, kann heilen, Fröhlichkeit erwirken, grässliche U-Bahnfahrten erleichtern, generell das Leben beflügeln, oder aber auch zum Abtanzen bewegen. Viele Emotionen können mit Musik geordnet werden, dabei tritt Heilung ein. Auch Gehirnwellen können damit beeinflusst,  Bedürfnisse nach Ästhetik befriedigt werden. Entspannung, Atmung, Tonus, und weitere körperliche Prozesse verändern sich durch Musik positiv. Musik, Kunst, kann Botschaften übermitteln, die viele Menschen verstehen. Der Künstler, die Künstlerin, kann in der Erschaffung eines Werks sein oder ihr Publikum so ansprechen, dass Zustimmung und Freude, daher sinnvolle Reflexion, entstehen.

Der, die HörerIn, BetrachterIn, das Publikum sind letztlich die reflektierende Oberfläche, und können Werke der Kunst dadurch in ihrer Bedeutung verändern. Siehe dazu Marcel Duchamps Schrift zum Kunst-Koeffizienten und Joseph Beuys zum Begreifen von revolutionären Prozessen.

Was liest Du derzeit?

Thomas Bernhard, die Bibel. Artikel in Tageszeitungen. Lyrics von Nina Hagen, Yoko Ono, John Lennon. Fachbücher.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Fela Kuti: Beasts Of No Nation

How animal go know say dem no born me as slave?

How animal go know say slave trade don pass?

And, they wan dash us human rights

Animal must talk to human beings

Give dem human rights

I beg-I oh, make you hear me well-u well

I beg-I oh, make you hear me very well

Human rights na my property

So therefore, you can’t dash me my property

Human rights na my property

Dey wan dash us human rights

Vielen Dank für das Interview liebe Sybil, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Sybil Amber, singer-songwriter, Schriftstellerin

Zur Person_Sybil Amber, geboren in Wien 1964, Studium der Musik, Kultur,- und Sozialanthropologie, Schauspiel. Erste Gedichte und Poesie seit dem 13. Lebensjahr; Lesungen. Kurze Texte fuer messing Logbuch – Gruppe für kulturelle Produktpräsentation; Theaterarbeit bei daskunst und Cocon. Songs und Lyrics, Arrangement, Music Production.

Foto_privat

17.3.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

„Gehen auseinander“ Sebastian Grayer, Autor _ Give Peace A Chance _ Graz 20.4.2023

GIVE PEACE A CHANCE

Gehen auseinander

In verschiedene Richtungen: Unvereinbarkeit.

Vergessen

Einander niemals.


Pianisten hörten auf zu spielen.

Einstürzende Menschlichkeit und ihre Trümmer liegen frei.

Außer einer Stimme, die eindringlich appelliert.

Cellos verstummten unfreiwillig.

Eindringlich an Humanität.


Alles ist so grauenhaft still.


Chöre haben sich aufgelöst.

Haben sich verloren. Wie so viele im Land.

Alleinsein ist nicht Einsamkeit.

Nichts außer Wind und Regen.

Chorgesang und das Ersehnen danach.

Eigentlich nur Schmerz und Ruf nach weniger Tod.

Sebastian Grayer, 9.4.2023

Sebastian Grayer, Autor

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:

Zur Person_ Sebastian Grayer, Autor

*1999 in Klagenfurt (Kärnten) geboren

Beruf und Wohnort Autor, freier Kulturjournalist sowie Student der Soziologie und Germanistik. Lebt, arbeitet und studiert in Graz (Steiermark, Österreich) sowie in Völkermarkt (Kärnten, Österreich).

2006 – 2010: Franz Mettinger Volksschule Völkermarkt 2006 – 2009: Musikschule Völkermarkt (Waldhorn) 2010 – 2014: Neue Mittelschule Völkermarkt 2014 – 2018: Bundesoberstufenrealgymnasium Wolfsberg (Matura) 2018 – 2020: Rotes Kreuz Völkermarkt (Zivildienst und Ehrenamt) Seit 2019: Bachelorstudium Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Seit 2022: Blog „Ein Hinterzimmer. Texte zu Literatur, Kultur und Gesellschaft“ 2022: Jurymitglied beim Literaturwettbewerb der HAK und HLW Wolfsberg Seit 2023: Mitglied bei den Völkermarkter Turmschreiber:innen

Seit 2023: Redaktioneller Mitarbeiter beim kärntenweiten Newsletter des Roten Kreuzes
Kärnten

Seit 2022: Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit beim Roten Kreuz Kärnten (Bezirk
Völkermarkt)

Seit 2022: Ehrenamtlicher Kulturjournalist beim Kärntner Bildungswerk
Seit 2022: Literaturjuror beim Kärntner Bildungswerk
Seit 2022: Bachelorstudium Germanistik an der Karl-Franzens-Universität Graz
Seit 2021: Freier Journalist bei KLiCK Kärnten
2020 – 2021: Tutor für Studienanfänger:innen des Soziologiestudiums an der Karl-FranzensUniversität Graz

Seit 2020: Korrektor für wissenschaftliche Texte (von Student:innen der Karl-FranzensUniversität Graz und Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) und andere Textsorten von außeruniversitären Personen sowie auch außeruniversitären Themen

Soziale Medien
Ein Hinterzimmer: https://einhinterzimmer.blogspot.com
Facebook: https://www.facebook.com/sebastian.grayer Instagram: https://www.instagram.com/sebastian.grayer

Foto_privat

Walter Pobaschnig _ 9.4.2023

https://literaturoutdoors.com/

Bachmannpreis – Rückblickinterview: „Ich habe mehr als ein Jahr, fast zwei, nicht mehr weitergeschrieben“ Gudrun Seidenauer Schriftstellerin, Bachmannpreisteilnehmerin 1999 _ Salzburg 20.4.2023

Liebe Gudrun Seidenauer, Du hast 1999 am Bachmannpreis in Klagenfurt teilgenommen. Wie kam es zu Deiner Teilnahme und wie gestaltete sich Deine Vorbereitung? Welche Erwartungen hattest Du?

Robert Schindel hat mich eingeladen, ich sah das Ganze als Chance und fühlte mich erstmal einfach geehrt und habe mich gefreut.

Gudrun Seidenauer, Schriftstellerin _ Bachmannpreisteilnehmerin 1999

Im Verlauf der Bachmannpreisgeschichte gibt es immer wieder Veränderungen im Setting und des Ablaufes. Wie war es damals bei Dir und wie hast Du das Ankommen, die organisatorische und kollegiale Begleitung erlebt?

Ich hab schon einiges vergessen, fand aber, dass das Kennenlernen unter den Kolleg*innen ein bisschen zu kurz gekommen ist. Manche waren sehr freundlich und offen, andere recht kühl und im Konkurrenzmodus – vielleicht einfach ehrlich, aber mich hat es eingeschüchtert. Es wurde ein kleiner Film zur Vorbereitung gedreht, die Leute waren nett, aber mir war es etwas zu viel. Ich wollte meine Texte sprechen lassen und habe erst damals richtig realisiert, dass es ganz stark auch um mich als Person bzw. um die inszenierte Person geht. Damit konnte ich nicht souverän umgehen, aber anderen ging es ähnlich und es war so weit ok. Ein Stück Entfremdung war es, ich hatte wenig Vorstellung davon und bin eher naiv herangegangen.

Alles andere Organisatorische, die Ankunft, die Begleitung etc. waren sehr professionell und freundlich.

Gab es im Vorfeld der Veranstaltung Kontakte zu den Mitlesenden und der Jury und wie war der Kontakt (Kontaktmöglichkeiten) vor Ort?

Nein, nur zu Robert Schindel. Mit anderen Juror*innen habe ich nicht gesprochenund es hat auch niemand Kontakt gesucht. Die Juror*innen und Teilnehmer*innen wurden einander vorgestellt, ich erinnere mich, besonders bei zwei Frauen beim kurzen Kontakt ein unbestimmtes, aber deutliches „ungutes Gefühl“ empfunden zu haben, was sich später zu bestätigen schien. Die Juroren haben fast nur mit den eigenen Kandidat*innen gesprochen. Es gab schon freundliche und vorsichtige Kontakte unter den Lesenden, ganz unterschiedlich und ungezwungen, vor allem VOR den Lesungen. Danach stieg die Spannung ziemlich, vor allem die, die schlecht abgeschnitten hatten, wurden eher gemieden, scheint mir.

In welchem Hotel und wie war die Unterbringung und an welche Begleitveranstaltungen erinnerst Du Dich?

Ich erinnere mich nicht ans Hotel, war alles unauffällig in Ordnung.

Wie gestaltete sich die Auswahl für die Lesungstermine und wann hast Du gelesen?

Ich weiß es nicht mehr. Irgendwann ziemlich in der Mitte der Veranstaltung.

Wie hast Du Dich unmittelbar auf Deine Lesung vorbereitet? Gab es da eine organisatorische Begleitung?

Ich habe meinen Text öfters laut gelesen, auch mit Robert Schindel. Organisatorisch gab es nur die Termine, wann ich wo sein sollte.

Welchen Text hast Du in Klagenfurt vorgestellt?

Einen Text aus meinem erst 6 Jahre später erschienen ersten Roman „Der Kunstmann“ Residenz Verlag, 2005.

Wie gestaltete sich die Jurydiskussion zu Deinem Text. Wie hast Du diese persönlich erlebt und wie beurteilst Du diese? Hast Du Dich auch in der Diskussion zu Wort gemeldet?

Ich war über die Heftigkeit in der Wortwahl bei drei Jurorinnen völlig überrascht. Die Ablehnung war massiv. Ich erinnere mich an Robert Schindels erschrockenen und perplexen Blick, er hat den Text ebenso wie Dieter Bachmann (der damalige Herausgeber der Zetischrift „DU“) ruhig, aber vehement verteidigt. Die Worte „Kitsch“ und „anmaßend“ waren wirklich kränkend. Es wirkte, als würde über mich als Person verhandelt werden. Ich bin mir sehr entwertet vorgekommen und habe gleich gemerkt, dass ich keine Distanz herstellen kann. Ehrlich gesagt habe ich mich auch für meine mangelnde „Coolness“ gegenüber dem Ganzen geschämt, was es noch schlimmer gemacht hat. Ich fand für diese Urteile aber keinerlei sachliche Begründung und nachvollziehbare Argumentation und hatte den Eindruck, in einem rhetorischen Schlagabtausch zum Spielball zu dienen.

Mit welchem Feedback und persönlichen Emotionen hast Du den Lesungsort danach verlassen?

Einige Leute haben mich bedauert, was es nicht besser gemacht hat. Ich war ziemlich verstummt und habe auch sehr an meine Schreiben gezweifelt. Ich merkte auch, dass man sofort uninteressant wurde für Medien und Leute aus dem Betrieb. Vielleicht projizierte ich aber auch dazu, ich war zu durcheinander und wollte am liebsten gleich weg.  Ich habe mehr als ein Jahr, fast zwei, nicht mehr weitergeschrieben, aber vieles andere gemacht. Und doch auch einiges über mich und meine Grenzen gelernt.

Wie hast Du die Zeit unmittelbar nach der Lesung verbracht und was war für Dich da wichtig? Gab es Gespräche danach mit Jury, Mitlesenden?

Mit Robert Schindel und Dieter Bachmann, die mich nach Kräften (aber damals vergeblich) aufrichten wollten. Ich konnte mir eigentlich keinen Zuspruch holen, da ich mich zu sehr mit dem negativen Urteil identifiziert hatte und teilweise glaubte, die negativen Stimmen hätten recht. Ich konnte nichts mehr relativieren und einschätzen. Die gefühlte Häme in gewissen Wortmeldungen hatte mich völlig überfordert und ich fragte mich, woher dieser geradezu geifernden Ton bei manchen kam.

Welche Reaktionen gab es nach Deiner Lesung und wie gestalteten sich für Dich die weiteren Lesungstage und die Preisverleihung?

Ich erinnere mich an eine sehr freundliche Reaktion von Gerd Scobel von 3sat, der sich auch über den Ton einer Jurorin ausließ. Einige Zuhörer kamen auf mich zu und drückten aus, dass ihnen der Text gefallen hätte, aber das „hörte“ ich sozusagen nicht mehr. Ich habe noch drei oder vier Lesungen gehört, bin aber vor der Preisverleihung abgereist.

Welche Erinnerung hast Du in Abstand und Resümee an den Bachmannpreis? Welche Erfahrungen hast Du da gemacht?

Ich habe viel über konstruktive und wohlwollende Kritik nachgedacht und handle diesbezüglich sehr bewusst im Umgang mit meinen Schüler*innen, aber auch bei Kritik unter Kolleg*innen. Ich habe auch viel über die medialen Inszenierungen und den theatralen Charakter des Ganzen gelernt und meine Naivität bzgl. deren Mechanismen abgelegt. Zudem war mir meine Vulnerabilität viel zu wenig bewusst, da habe ich viel gelernt, schütze mich besser und setze mich nicht jeder Situation aus.

Wie hat die Teilnahme am Bachmannpreis Deine weitere schriftstellerische Laufbahn beeinflusst?

Zunächst folgte eine lange Schreibpause, in der ich nicht wusste, ob ich das Projekt weiterverfolge, und auch recht deprimiert in Bezug auf das Schreiben war. Ich habe es dann doch zu einem guten Ende gebracht und für genau diesen Text plus Erweiterung das Staatsstipendium und eine Publikation bei Residenz bekommen. Es hat aber Jahre gedauert. Ich war beim Schreiben irgendwann wieder mutig, aber beim Veröffentlichen zögerlich.

Gibt es noch Kontakt zu Mitlesenden, Jury, Journalisten*innen oder Bezugspersonen in Klagenfurt?

Nein, sporadisch zu Robert Schindel.

Würdest Du noch einmal am Bachmannpreis teilnehmen?

Auf keinen Fall. Ich habe die Wirkung klar unterschätzt, besonders rate ich niemandem wie ich damals ohne Verlag hinzugehen.

Was wünscht Du Dir für den Bachmannpreis?

Die Texte sollten anonymisiert sein. Eventuell von Schauspieler*innen gelesen? Alle Faktoren, die nicht den Text selbst betreffen, sollten minimiert werden. Wird nicht klappen, weil dann die “Show“ leidet.

Was möchtest Du den aktuellen Teilnehmer*innen mitgeben?

Ich wünsche ihnen, dass sie sich ehrlich fragen, ob sie mit dieser Situation der öffentlichen Wahrnehmung und vor allem der Beurteilung umgehen können. Man sollte loyale Freunde dabeihaben.

Welche Erinnerung hast du an den Lesungsort Klagenfurt und welche Aktivitäten hast Du in der Stadt unternommen?

Kann mich nicht recht erinnern. Ländlich, ruhig, schön, Badewetter….

Welche aktuellen Projekte gibt es derzeit für Dich?

Gerade ist mein neuer Roman erschienen. Weiteres ist noch offen, aber ich freue mich wieder auf die Zeit, etwas sich annähern lassen zu können.

Vielen Dank für das Interview, liebe Gudrun Seidenauer, und alles Gute!

Bachmannpreis _ Rückblick _Interview:

Gudrun Seidenauer, Schriftstellerin _ Bachmannpreisteilnehmerin 1999

Zur Person_Gudrun Seidenauer

geboren 1965 in Salzburg, lebt in Adnet, Studium der Germanistik und Romanistik. Autorin und Lehrerin am Musischen Gymnasium Salzburg für Deutsch und Kreatives Schreiben. 1991-2018 Erwachsenenbildnerin, Leiterin von Schreibwerkstätten für Erwachsene und Jugendliche

Veröffentlichungen:

Aktueller Roman_ Gudrun Seidenauer, Libellen im Winter. Jung und Jung Verlag (2023)

432 Seiten, gebunden mit SU
auch als E-Book erhältlich

WG: 1112
ISBN: [978-3-99027-274-9]

Preis: € 24,-
erschienen am 23.2.2023

Libellen im Winter

„Libellen im Winter“ Gudrun Seidenauer. Roman. Jung und Jung Verlag.

Was wir einander nicht erzählten. Milena Verlag (2018)

Zuvor drei Romane im Residenz Verlag: Der Kunstmann (2005)

Aufgetrennte Tage (2009), Hausroman (2013)

Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien

Preise und Stipendien: u.a. österreichisches Staatsstipendium für Literatur, Rauriser Förderungspreis, Lyrikpreis des Landes Salzburg und Jahresstipendium des Landes Salzburg

Foto_Barbara Klein

Bachmannpreisrückblickinterview_

Walter Pobaschnig, Interview 28.3.2023

https://literaturoutdoors.com