Ernst Jandl, dessen 100.Geburtstag heuer gefeiert wird, ist eine der originellsten, unverwechselbarsten Stimmen deutschsprachiger Literatur der Moderne. Seine experimentelle Lyrik, in welcher das Hören, der Vortrag ganz wesentlich ist, begeistert und inspiriert Generation um Generation immer wieder neu.
Zum Geburtstag legt der Wagenbach Verlag eine Neuauflage einer sehr spannenden Zusammenstellung von Gedichten aus verschiedensten Werkperioden Jandls vor, die einen sehr guten Ein-, wie Überblick über das Besondere seines Schreibens geben und Form, Rhythmik kennenlernen bzw. vertiefen lassen.
Ein Nachwort und Lebensdaten runden diese sehr gelungene Ausgabe ab.
Ernst Jandl. Einer raus, einer rein. Die schönsten Gedichte ausgewählt von Klaus Wagenbach. Wagenbach Verlag.
Ernst Jandl, Schriftsteller, geboren vor 100 Jahren am 1. August 1925 in Wien, gestorben am 9. Juni 2000 ebenda, ist eine der, weit über den deutschsprachigen Raum hinaus, bedeutendsten literarischen Stimmen der Moderne. Sein lyrisches Werk von virtuosem experimentellen Sprachspiel bestimmt, ist untrennbar mit seinem energiegeladenen dynamischen Vortrag verbunden, der einen seiner Höhepunkte am 11. Juni 1965 in der Londoner Royal Albert Hall findet, in welcher der so facettenreiche Autor vor 4000 Zuschauer*innen, mit weiteren internationalen Schriftsteller*innen, darunter Allen Ginsberg, begeisternd unter langanhaltendem Applaus performt. Dieser literarische Anspruch des ganz lebendigen, gleichsam performativen, Vortragens und Hörens von Text, bleibt zeitlebens ein Charakteristikum seines Schreibens, das sich auch in zahlreichen künstlerischen Kooperationen bis zu seinem Tod ausdrückt.
Der Titel der vorliegenden Jandl Biografie von Bernhard Fetz, renommierter Literaturwissenschaftler, Direktor des Literaturarchivs Wien, nimmt auf diese Mitte des künstlerischen Werkes Bezug und geht dann einen spannenden Weg einer „Stimme“ im biographisch-literarischen wie gesellschaftshistorischen Kontext, der viele neue Zugänge in Interviews, der Analyse und Darstellung von Werk- und Lebensstationen öffnet und den Klang dieser so einflussreichen „Stimme“ eindrucksvoll würdigt.
„Eine beeindruckende facettenreiche Biografie einer einzigartigen literarischen Stimme.“
Ernst Jandl. Biografie einer Stimme. Bernhard Fetz. Wallstein Verlag.
Liebe Daniela Ölweiner, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Tagesablauf ist nicht einfach zu beschreiben. Mein Alltag folgt keinem festen Plan. Ich lasse mich von Tag zu Tag treiben. Ehrlich gesagt liege ich abends im Bett, schaue auf meinen Kalender und plane den nächsten Tag rund um meine anstehenden Termine.
Daniela Ölweiner, Künstlerin
Ich liebe diese Tage, an denen nichts im Kalender steht. Dann verbringe ich meine Zeit im Atelier, am See. An Orten, die mir Ruhe schenken und Raum für Kreativität lassen.
An den Tagen mit Terminen verlagert sich mein kreatives Arbeiten oft in die Abendstunden. Diese verbringe ich dann im Atelier oder zu Hause. Manchmal allein, manchmal gemeinsam mit kreativen Freund*innen. Solche Abende können tief in die Nacht hineingehen. Wenn ich einmal im Flow bin, vergesse ich alles um mich herum und genieße die Stille beim Zeichnen und Malen.
Daniela Ölweiner, folgende
Im Sommer nehme ich mir bewusst Zeit für Blumenwiesen und Spaziergänge durch die Natur. Der Sommer ist für mich die wichtigste Zeit im Jahr, denn ich bereite mich auf den Herbst und Winter vor. Da ich mit getrockneten Blumen arbeite, ist diese Jahreszeit essentiell. Doch mein Alltag besteht nicht nur aus Tun, sondern auch aus Staunen. Zum meinem Tagesablauf gehört es, fasziniert und aufmerksam zu sein für das, was mich umgibt: für die kraftvollen und intensiven Farben der Blumen, für Vögelformationen am Himmel, für das Glitzern des Sees im Sonnenlicht. Diese kleinen Momente berühren mich, nähren meine Kreativität und erinnern mich daran, wie lebendig alles ist.
Als Künstlerin kann jeder Tag zu einem neuen Abenteuer werden. Sei es ein Kunstprojekt, eine Ausschreibung, ein neuer Auftrag oder die Kunst, sich selbst immer wieder neu zu begegnen und kennenzulernen.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich glaube, was uns heute wirklich guttut, ist das Bewahren der Ruhe und ein liebevolles und verständnisvolles Miteinander.
Was ich besonders wahrnehme ist, das viele Menschen unserer Gesellschaft getrieben sind, von ständigem Input, sozialen Medien, Konsum, To-do-Listen und vollen Terminkalendern. Orte und Momente, in denen wir wirklich bei uns sind sind daher besonders wichtig. Nicht erreichbar sein. Nicht funktionieren müssen. Einfach nur sein, atmen, schauen, wahrnehmen, lachen, Neues ausprobieren, Zeit vergessen.
Zwischen all dem Lärm brauchen wir die leisen Räume, in denen wir wieder hören können, was in uns klingt. Für diese Antworten braucht es besonders verständnisvolle Mitmenschen, die einem Zeit schenken, zuhören und Geborgenheit schenken.
Vielleicht geht es genau darum: wieder spüren zu lernen, was wirklich zählt. Nicht das, was sich laut in den Vordergrund drängt , sondern das, was leise da ist, wenn wir still werden.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?
Was dabei wesentlich sein wird, ist das Bewusstsein für Veränderung und die Bereitschaft, uns selbst und unser Umfeld neu zu entdecken. Es braucht Offenheit für Neues und den Mut, Schritte ins Unbekannte zu wagen. Gleichzeitig ist es wichtig, genau hinzuschauen und nicht alles gedankenlos zu übernehmen.
Ebenso wichtig ist es, das Bewährte nicht zu vergessen. Unsere Traditionen und das uralte Wissen, das oft eng mit der Natur verbunden ist, können uns Orientierung und Halt schenken. Das Gefühl, das entsteht, wenn wir etwas mit unseren eigenen Händen herstellen oder verarbeiten, ist kaum in Worte zu fassen. Dabei entsteht eine Verbindung zwischen dem, was wir tun, und dem, was wir sind. Selbst herzustellen bedeutet Verantwortung zu übernehmen., also bewusst mit Materialien, Ideen und Prozessen umzugehen.
Ein Beispiel für solch eine alte Tradition, die ich in meiner Arbeit weiterführe, ist das Pressen und Konservieren von Blumen. Die Arbeit mit getrockneten Pflanzen hat eine lange Geschichte. Man denke an Herbarien, an fein säuberlich gepresste Blätter in dicken Büchern, an getrocknete Blüten zwischen den Seiten alter Lexika. Für viele sind diese Erinnerungen mit der Kindheit verbunden, an Sommernachmittage bei der Großmutter und an das Staunen über die Formen und Farben, die sich beim Trocknen verändern.
Dieses einfache, stille Tun, das Blumen sammeln, sortieren, pressen und bewahren, ist für mich Verbindung: zur Natur, zur Zeit und zur Erinnerung. Indem ich dieses alte Wissen in meine künstlerische Arbeit einfließen lasse, entsteht etwas Neues, das trotzdem seine Wurzeln kennt. Es ist ein zarter Dialog zwischen gestern und heute.
Meiner Meinung nach spielt Kunst im Prozess des Wandels eine ganz besondere Rolle. Sie ist nicht nur Ausdruck unserer inneren Welt, sondern auch ein Spiegel unserer Gesellschaft. Kunst schafft Räume, in denen Fragen gestellt und Visionen sichtbar werden können. Sie lädt uns ein, innezuhalten, zu reflektieren und neue Perspektiven einzunehmen. Gerade in Zeiten des Umbruchs ist es wichtig, das Unsichtbare sichtbar zu machen, das Unausgesprochene fühlbar zu machen und dabei auf wesentliche Werte zu erinnern.
Die Kunst öffnet Räume, in denen wir hinter die Kulissen blicken, das Verborgene spüren und neue Perspektiven entdecken können. Sie verbindet das Sichtbare mit dem Unsichtbaren, das Alte mit dem Neuen, das Innere mit dem Äußeren. Für mich ist die Kunst eine Einladung, den Wandel nicht nur zu erleben, sondern ihn aktiv mit Offenheit, Kreativität und Achtsamkeit mitzugestalten.
Kinder sind für mich ein ganz besonderer Schatz in diesem Wandel. Sie tragen eine natürliche Offenheit in sich, einen unvoreingenommenen Blick auf die Welt, der uns Erwachsenen oft verloren geht. Ihre Neugier und ihre Verbundenheit zur Natur sollten wir behüten und bewahren. Es ist essenziell, dass Kinder nicht von der Natur entfremdet werden wie technisierte, künstliche Umgebungen, die den direkten Kontakt zu Erde, Pflanzen und Tieren ersetzen. Stattdessen brauchen sie Räume, in denen sie barfuß über Wiesen laufen, im Regen tanzen und den Wind auf der Haut spüren können. Nur so können sie ihr natürliches Gespür für das Leben entwickeln und mit offenem Herzen in die Zukunft gehen.
Kunst kann Kinder wunderbar unterstützen, indem sie ihnen die Freiheit schenkt, frei und kreativ zu denken, sich mit sich selbst und anderen zu verbinden und ihre eigene Sprache zu finden. Durch das Spielen mit Farben, Formen und Materialien entdecken sie ihre Individualität und lernen gleichzeitig, Teil eines größeren Ganzen zu sein.
Was liest Du derzeit?
Zurzeit begleitet mich The War of Art von Steven Pressfield. Ein Buch, das mit erstaunlicher Klarheit über kreative Prozesse und innere Widerstände spricht. Und es trifft einen Punkt, den viele Menschen kennen. Nämlich, dass das größte Hindernis oft in uns selbst liegt.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
“Art is not what you see, but what you make others see.” – Edgar Degas
Dieses Zitat zeigt, dass Kunst als Brück dienen kann. Eine Verbindung zwischen Menschen, zwischen inneren Welten und der äußeren Realität. Kunst ist nicht nur Ausdruck des Künstlers, sondern öffnet Türen für andere, sich selbst neu zu entdecken, Gefühle zu spüren und Perspektiven zu wechseln. Sie lädt uns ein, genauer hinzuschauen und das Verborgene sichtbar zu machen.
Vielen Dank für das Interview, liebe Daniela, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Daniela Ölweiner, Künstlerin
Zur Person/über mich:Daniela Ölweiner ist eine zeitgenössische Künstlerin mit Sitz in Klagenfurt am Wörthersee. Schon immer von der Natur und ihrer Schönheit fasziniert, fließen florale Elemente organisch in ihre Werke ein.
Ihre einzigartigen Blumencharaktere sind eine spielerische Verschmelzung von Farbe, Form und Emotion – ein Ausdruck von Lebendigkeit und zarter Stärke.
In ihrer Kunst arbeitet sie mit getrockneten Blumen, die als symbolische Repräsentation für die emotionalen und charakterlichen Wurzeln eines Menschen dienen. Diese Blumen verleihen den Bildern einen individuellen Ausdruck, indem sie die vielfältigen Facetten der menschlichen Persönlichkeit und Gefühlswelt verkörpern. Sie machen sichtbar, was oft flüchtig und ungreifbar ist: die feinen Nuancen unserer Emotionen.
Nach Jahren in der Selbstständigkeit fand sie ihren künstlerischen Weg über die Liebe zum Detail. Neben Originalkunstwerken bietet die ausgebildete Pädagogin Workshops an, um Kunst greifbar zu machen und Menschen zu inspirieren.
Liebe Johanna Wack, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Tagesablauf ist meistens recht ähnlich: (sehr müde) aufstehen, mindestens zwei Kaffee trinken (vorher bin ich funktionsunfähig), Kind schulfertig bekommen, mich selbst so hinbekommen, dass ich wie ein normaler Mensch aussehe, Arbeit, Arbeit, Arbeit, Haushalt, Kind, Haushalt, feststellen, dass es plötzlich Abend ist, ins Bett fallen. Wenn noch Kraft dafür da ist, lese ich natürlich gern.
Johanna Wack, Schriftstellerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Empathie. Lernen, Fake News/KI/Manipulation zu erkennen. Mehr Ehrlichkeit. Und vor allem: Irgendwie weitermachen. (Und hat irgendjemand vielleicht meinen Glauben an die Menschheit gefunden? Ich scheine ihn gerade verlegt zu haben.)
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich habe mich als Kind durch alle Bücher zum Thema Holocaust gelesen, die ich in die Hände bekommen habe. Außerdem durch sämtliche Comics. Und durch medizinisch/psychologische Fachliteratur. Das sind auch heute noch meine großen Themen: Menschen und ihre Motive verstehen, Wissen anhäufen, dabei den Humor nicht verlieren. Die Menschen habe ich in vielerlei Hinsicht bis heute nicht vollständig verstanden, aber durch die Literatur konnte ich in andere Leben und Welten eintauchen und diese besser nachvollziehen und auch nachfühlen und vieles besser verstehen, was sich rein aus den historischen Fakten niemals in dieser Tiefe ergeben hätte. Auch Comics haben mir Perspektiven eröffnet, wenn auch auf anderen Wegen. Ich habe diese Wege schon immer sehr geschätzt, sie sind sehr direkt, leicht zugänglich und unterhaltsam.
Die Perspektiven der anderen einnehmen zu können, sich einfühlen zu können, halte ich für wesentlich. Ein rundum empathischer Mensch kann kein Nazi sein, kann keine Lebewesen quälen oder die Welt aus egozentrischen Gründen zugrunde richten.
Was liest Du derzeit?
„Der Junge auf dem Berg“ von John Boyne. Dazu zwischendurch Comics und Graphic Novels und medizinisch/psychologische Fachliteratur. (Ich bleibe hier offensichtlich bei meinen alten Gewohnheiten.)
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Nie wieder ist jetzt.
Vielen Dank für das Interview, liebe Johanna, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literatur-, Buchprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Johanna Wack, Schriftstellerin
Zur Person/über mich:Johanna Wack wurde 1979 in Hamburg geboren und hat seitdem keinen Grund finden können, ihren Wohnort zu wechseln.
Sie ist eigentlich Ökotrophologin, verirrte sich aber während des Studiums auf eine Poetry-Slam-Bühne und ist dort einfach geblieben. Sie war erfolgreich bei mehreren Slam-Meisterschaften, gewann 2008 den Publikumspreis beim Berliner Literaturwettbewerb open mike und ist Mitgründerin der Hamburger Lesebühnen Randale und Liebe und Soirée Süd.
Im Fernsehen trat sie bei der ARD »Ladies Night« auf, beim »WDR-Poetry-Slam« oder dem »NDR Comedy Contest«. Sie hat übrigens wirklich mehr Allergien als Freunde. Aber nur, weil sie verdammt viele Allergien hat.
„Johanna Wack sucht im Baumarkt nach dem Urks, sie schreibt Märchen aus der Sicht der Wölfe und stellt sich die Frage, wie eigentlich andere Frauen reagieren, wenn sie Penisfotos geschickt bekommen.
Dies ist das lang ersehnte Debüt einer der komischsten Autorinnen Deutschlands. Seit zwanzig Jahren steht Johanna Wack auf den Lese- und Poetry-Slam-Bühnen dieses Landes. Ihre Storys sind wie Sex and the City auf Norddeutsch. Und noch viel mehr.
Johanna datet Männer mit schlechtem Kunstgeschmack, dreht als alleinerziehende Mutter Pirouetten mit Pinguinen, bedichtet den Ü40-Sex, lauscht bei einer Trennungstherapie und weiß, wie man als Frau trotz Penisneid hart bleibt. Stets schreibt sie mit Spaß an Selbstironie, hoher Pointendichte und reichlich schwarzem Humor.“ Pressetext/Verlag
Johanna Wack:MEHR ALLERGIEN ALS FREUNDE. Aber das juckt mich nicht.Geschichten. Satyr Verlag
Dan Jones, Historiker, Journalist und Schriftsteller, legt mit „Kreuzfahrer“ eine facettenreiche Zeitreise in eines der dramatischsten und blutigsten Kapitel mittelalterlicher Geschichte vor.
In der Verbindung von lebendigem Erzählstil und historischem Rahmen gelingt ein ganz besonderes Werk, das Stationen und Situationen in Biographie, Politik, Gesellschaft der Kreuzzüge eindringlich darstellt. Zudem geben zahlreiche Abbildungen und Landkarten unmittelbaren Einblicke der zeithistorischen Bewegungen und Manifestationen.
Ein ausführlicher Anhang rundet dieses spannende Werk zur mittelalterlichen Geschichte sehr gut ab.
„Eine informative wie lebendige Zeitreise in eines der erschütterndsten Kapitel mittelalterlicher Geschichte.“
„Kreuzfahrer“ Der epische Kampf um das Heilige Land. Dan Jones. Beck Verlag.
Mit diesem Vorwort zu ihrem ersten Gedichtband legt die vielseitige Freiburger Schriftstellerin Miriam Brümmer schon eingangs das sprachliche Programm des in zehn Kapitel gegliederten Gedichtzyklus vor. Und dieser hält was versprochen wird und mehr als das.
Es ist eine einzigartige sprachliche Wucht und Energie, die ergreifend wie erschütternd zwischen Bild und Ich oszilliert und Lebenswege-, -begegnungen, -momente aus der Erde reißt und selbstbewusst gegen Stille und Vergangenheit wirft.
„Ich war ein Dach
für deine Schönheit,
hab` deine Hand gefasst…
Von dort setz` ich die Ruder…“
Prolog, Ich war der Himmel
So spannend, aufmerksam und neugierig machend die sprachliche Ouvertüre des Bandes gewebt ist, so leuchtend in vielen Farben von Gedanke und Wort werden die weiteren Sprachwege geknüpft, die auf ihrer Reise in, durch das Hell und Dunkel der Existenz zum fliegenden Teppich der Liebe, der Trauer, der Hoffnung mitreißend einladen.
„Lyrik als strahlender sprachlicher Komet, der mit einzigartigen poetischen Feuer wuchtig und zart in die Landschaften eines Lebens einschlägt, benennt und Wege öffnet.“
„Aus der Nacht“ Miriam Brümmer. Gedichte. Geest-Verlag
Broschürt, 180 Seiten
12,50 EUR
ISBN 978-3-69064-504-1
Fotos _ Motive: Walter Pobaschnig; Cover _ Verlag.
Liebe Marion Kecht, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Tag beginnt meist gegen acht Uhr. Während mein Frühstück – eine Grapefruit, ein Ei, etwas Müsli und Vollkornbrot – auf mich wartet, mache ich ein paar sanfte Gymnastikübungen, ohne Zwang, einfach um den Körper zu wecken. Schwarzer Kaffee gehört unbedingt dazu. Nach einem Bad und ein paar Telefonaten widme ich mich meinen Lektoratsaufgaben, die ich derzeit freiberuflich erledige. Oft zieht es mich auch hinaus: in Vorlesungen an der Uni, auf Spaziergänge im Regen – der für meinen Geschmack zu selten fällt in Wien – oder ins Kunsthistorische Museum. Dort finde ich jene Stille, die in einer Großstadt so dringend nötig ist. Vor den Gemälden von Pieter Bruegel dem Älteren kann ich verweilen, als wäre die Zeit einen Augenblick lang aufgehoben.
Abends widme ich mich meinem Privatleben: Ich ziehe mich schön an, treffe Freunde, gehe ins Theater oder in den Musikverein. Klassische Musik, aber auch Jazz, sind sehr wichtig für mich; in meiner Altbauwohnung läuft fast immer etwas im Hintergrund. Besonders dann, wenn ich zuhause bleibe, sind die Abendstunden meine Zeit zum Schreiben – ich denke dann über Gedichte nach, feile an Bildern und lasse die Worte kommen, versuche durch sie hindurch zu gehen, bis sich der Tag langsam senkt.
Marion Margarethe Kecht, Dichterin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Immer wieder habe ich über diese Frage nachgedacht: Wer ist dieses ‚Wir‘ überhaupt – und existiert es wirklich? Ich denke, was es nun am dringendsten braucht, ist die Fähigkeit, sich wieder zu erinnern, was uns im Kern menschlich macht: Zuhören, Geduld, Sanftheit im Umgang miteinander. Wir sollten lernen, nicht sofort Antworten parat zu haben, sondern Stille auszuhalten und sie zu teilen. Aufbrüche beginnen oft im Kleinen – in einem Blick, einer ausgestreckten Hand, in der Offenheit, jemanden wirklich zu sehen. Und gerade darin liegt auch etwas Mächtiges: nicht in lauten Parolen, sondern in der leisen Bereitschaft, Verantwortung füreinander zu tragen. Es ist mir ein Anliegen, dass wir alle das Staunen und die Unschuld wiederfinden- eine Art unverstellter Kinderblick – über die Welt, die Kunst, über die Schönheit, die uns umgibt. Denn nur wer noch staunen kann, kann auch hoffen, oder? Obwohl ich zugeben muss: Es ist oft nicht leicht, bei Verstand zu bleiben.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt da der Literatur, der Kunst an sich zu?
Vor einem Aufbruch und Neubeginn stehen wir nicht nur mit aufgefächerten Händen, sondern oftmals mit zu vielen ausgeleierten Worten, die ihre Kraft verloren haben. Wesentlich wird sein, dass wir die Fähigkeit zurückgewinnen, Widerspruch auszuhalten – den der anderen sowie den eigenen. Wir müssen uns selbst irritieren, unsere Bequemlichkeit aufrühren, die alltägliche Schwere durchbrechen. Literatur und Kunst sind dabei kein dekoratives Beiwerk. Sie sind scharf und gefährlich wie Elektrizität, und gleichzeitig weicher Sand, der sich auf die Seele legt. Sie zwingen uns, auf uns selbst zu schauen, auf die Ecken, die wir meiden, auf das Unausgesprochene, das uns so oft lähmt. In Zeiten des Aufbruchs werden sie zu unruhigen Flüssen, die uns reflektieren und zugleich fortspülen, so dass wir uns kurzzeitig neu erfinden können – stärker, verletzlicher, wacher. Wer glaubt, Kunst sei nur schön, verkennt ihre Kraft. Sie ist zugleich Warnung und Versprechen, manchmal schmerzlich, manchmal tröstlich. Ohne sie bleibt der Aufbruch an der Oberfläche. Erst durch sie lernen wir, dass Neubeginn immer auch das zarte Ringen mit unserer eigenen Unvollkommenheit ist – und genau darin liegt seine Energie.
Was liest Du derzeit?
Momentan lese ich Gedichte von geschätzten Kollegen wie Boris Greff und Marcus Roloff. Außerdem tauche ich ein in Anne Carsons „Der bittersüße Eros“, verliere mich in Robert Services „The Shooting of Dan McGrew“ und beschäftige mich mit der Abhandlung „Vom Erhabenen’ von Pseudo-Longinus. Ich lese meist mehrere Dinge gleichzeitig.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Von William Faulkner:
„Das Vergangene ist nicht tot. Es ist nicht einmal vergangen.“
Vielen Dank für das Interview, liebeMarion Margarethe Kecht, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Marion Margarethe Kecht, Dichterin
Zur Person/über mich:Marion Margarethe Kecht (*1984/Bad Reichenhall) lebt als freischaffende Lyrikerin und Lektorin in Wien.
Veröffentlichungen u.a. in „Die Brache“, „Mosaik“ , „Poesiegalerie“ und „Signaturen-Magazin“. Ihr Debüt VAKUUM ist bislang noch unveröffentlicht.
„Das Dschungelbuch“, ein Erzählklassiker des britischen Schriftstellers Rudyard Kipling, der erste Band erschien 1894, hat eine beeindruckende künstlerische Wirkungsgeschichte in Film und Theater. Die coming of age Geschichte des Kindes Mogli, das aufgrund eines Tigerangriffes von den Eltern getrennt und von wohlwollenden Tieren aufgenommen wird und in allen Bedrohungen seinen Weg zurück zu den Menschen findet, begeistert Generation um Generation im ganz großen Bogen von Freundschaft, Mut, Zusammenhalt und Aufbruch wie Abschied.
Diese großen Lebensthemen nun im Kontext des Erzählrahmens jeweils neu in Ort und Zeit auf die Bühne zu bringen, ist eine spannende wie große Herausforderung, der sich Regisseurin und Theatergründerin Birgit Oswald„THEO. TheaterOrt für junges Publikum Perchtoldsdorf“ mit Ensemble und Musik mit viel Idee- und Spielkraft stellen.
Der Premierenabend begeistert in einem mitreißenden dichten storyboard, das von Beginn an das junge wie ältere Publikum auf eine Abenteuerreise zwischen Kräften und Mächten von Gut und Böse in der rauen (Dschungel)Welt energiegeladen mitnimmt.
Das bestens abgestimmte Ensemble lässt im fokussierten Bühnenbild höchste Spielkunst in Wort, Dialog, Dramatik, Bewegung und Lied im wahrsten Sinne des Wortes in den Generationen von der ersten bis zur letzten Reihe, von Enkel bis Oma, erstrahlen – wunderbar auch die Live-Musik! Sehr beeindruckend auch, dass diese Spielspannung über knapp 2 Stunden (mit Pause/freie Getränke) beim Publikum anhält und mit langanhaltendem Applaus belohnt wird. Eine große Bestätigung dieses rundum begeisternden generationenübergreifenden Theaterabends!
Liebe Miriam Brümmer, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich beginne den Tag mit Laufen in der wunderschönen Natur und ihren Tieren hier. Ich schöpfe daraus Kraft und meist Gedanken für ein neues Gedicht. Dann frühstücke ich und, wenn es die Zeit erlaubt, notiere ich das Erdachte. Dann habe ich zumeist viel Organisation rund um meine Praxis der Logopädie und Stimmbildung oder auch rund um mein Schreiben.
Ich esse zu Mittag und gehe in die Praxis und wenn dann noch etwas Zeit bleibt, gehe ich am liebsten noch in ein Café, um dort weiter zu schreiben, zu korrigieren, ich übertrage auf den PC und im besten Fall, wenn ich wirklich viel Zeit habe, schaue ich nach Ausschreibungen und Lesungen, vernetze mich und vieles mehr.
Miriam Brümmer, Schriftstellerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich kann nur für mich sprechen, aber ich denke, es ist sehr wichtig, nach innen zu schauen, dort Frieden zu suchen, herzustellen, zu finden. Aus dieser Quelle ist es wichtig, sich um das Verbindende im täglichen Miteinander zu bemühen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Wir stehen, so denke ich, immer wieder vor immensen Herausforderungen. Es gab schon viele sehr schwere Zeiten in der Geschichte, auch wenn erstmals so deutlich die Natur und letztlich unser Ökosystem schlimm in Frage gestellt sind. „Noch hoffe ich, dein Kuss wird mir Zelt.“ aus meinem Gedicht ICH BIN DER BODEN. Die Kunst hat grundsätzlich die Aufgabe, alles zu benennen, aufzuzeigen, das Schöne, wie das zerstörend Schlimme. Es ist wichtig, über den eigenen Tellerrand zu schauen, das Gespräch nicht abreißen zu lassen..“dem Vogel die Hand hinhalten.“ Das Leben besteht aus Gegensätzen.
Was liest Du derzeit?
Wirklich Zeit zu lesen habe ich leider viel zu wenig und wenn, lese ich oft verschiedene Genres und Bücher nebeneinander. Derzeit lese ich den Roman von Yael von der Wouden „In ihrem Haus“. Romane dienen mir oftmals dazu, mich in neue Geschichten zu denken, mich wegtragen zu lassen, starke Momente darin bieten oft Stoff für ein neues Gedicht. Immer wieder lese ich natürlich auch Gedichte, (soviel ich kann, auf insta:-) Auch von aktuell erschienenen Kolleg*innen, wie z.B. Jutta von Ochsenstein, aber auch immer wieder Lieblingslyriker, wie z.B. Rumi, Peter Huchel, Mascha Kaleko, Rilke, Ingeborg Bachmenn und viele mehr. Aber um ehrlich zu sein, lese ich zu wenig, denn mein Schreiben drängt so sehr, so dass ich sehr lavieren muss, die wenige Zeit bestmöglich dafür nutzen. Es hat oberste Priorität, es ist meine Quelle.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Wo das Licht die Farbe bricht, trägt die Luft.“ ( Das ist von mir 🙂
Vielen Dank für das Interview, liebeMiriam Brümmer, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Miriam Brümmer, Schriftstellerin
Zur Person/über mich: Ich bin 1968 in Göttingen geboren, lebe in Freiburg und habe dort seit 2009 eine Praxis für Logopädie/ Stimmbildung.
Ich komme aus einer Schauspielerfamilie (Claus Eberth von den Münchner Kammerspielen war mein Onkel.) So war ich früh vertraut mit Theaterliteratur, griechischer Mythologie und im Besonderen durch meine Großmutter, die viel Gedichte mit mir gelesen hat, auch mit Gedichten.
Veröffentlichungen meiner Gedichte finden sich im Rahmen von Ausschreibungen, aber auch in Zeitschriften, wie der Schule für Dichtung (sfd) in Wien, der eXperimenta 12/24 und 01/25, in Anthologien wie 365 Tage Frieden, (Edition Maya), der kalligrafierten Zeitschrift die Geste, oder auch dem Lyrikjahrbuch, der AG Literatur(Edition AS). Aktuell ist mein Debüt Aus der Nacht im Geest-Verlag 2025, ISBN 978-3-69064-504-1 erschienen.