Lieber Daniel Carinsson, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Aufstehen, Nachrichten vermeiden, Sorgen machen, Druck spüren, Arbeiten. Zeit für Aktivismus aus den Rippen schneiden, Leute kontaktieren, Social Media, Arbeiten, Zeit zum Schreiben aus den Rippen schneiden, Nachrichten doch checken, Sorgen machen, Druck in Aktivität wandeln, Pläne machen, Schlafen.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Rückgrat.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Kunst und Literatur müssen jetzt feministisch sein. Wir erleben das verzweifelte, letzte Aufbäumen des Patriarchats. Literatur – vor allem auch Belletristik und der Mainstream – darf sich jetzt nicht zu Handlangern machen lassen. Kunst und Literatur waren immer auch Archive. Wir müssen festhalten, was geschieht, aufarbeiten, dokumentieren, Gründe und Verantwortung thematisieren und bei all dem nicht vergessen, die Menschlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen.
Was liest Du derzeit?
„Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ von Julia Jost und „Die schlechte Gewohnheit“ von Alana S. Portero
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
‚Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.‘ (1.Mose 1,27)
Als Mann UND Frau – nicht Mann ODER Frau!
Daniel Carinsson, Schriftsteller
Vielen Dank für das Interview, lieber Daniel, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Daniel Carinsson, Schriftsteller
Zur Person/über mich:Daniel Carinsson
Geboren 1968 in Berlin; klassischer Kreuz-und-Quer-Einsteiger. Studierter Toningenieur, später Musikproduzent, Werbetexter, zwischenzeitlich Bandleader in den USA, dann PR-Profi, Veranstalter sowie Betreiber eines Musiklabels in Wien und schließlich Social-Media-Manager, Online-Redakteur und Schriftsteller.
Nachdem ich in meiner ersten Lebenshälfte stark von US-amerikanischen Einflüssen der Popkultur geprägt war, galt mein Interesse seit den Nullerjahren vor allem Zentral- und Osteuropa, durch das ich als Band- und Kulturmanager ausgedehnte Reisen unternommen habe. Dem Westbalkan und der Kultur der Roma widme ich seither meine besondere Aufmerksamkeit. Vor gut zehn Jahren wählte ich folgerichtig auch einen Ort an der Donau nahe der slowakischen Grenze als Schaffensbasis, wo ich im Lichtatelier einer Jahrhundertwendevilla mit bewegter Vergangenheit lebe und arbeite. 2011 erschien mein erster Roman, gefolgt von diversen Kurzgeschichten, einem historischen und zwei weiteren Kriminalromanen. Der jüngste, „Naked Identity – Wer ist Aya K?“, spielt größtenteils in der Ukraine und handelt von der Auseinandersetzung einer Romni mit Rassismus, Antifeminismus und der eigenen Vergangenheit.
Von Mai 2015 bis Mai 2018 war ich Mitglied im dreiköpfigen Sprecherteam der Autorengruppe SYNDIKAT. Weiterhin bin ich als Webmaster und Multimediaproduzent im und für das SYNDIKAT aktiv.
Geboren 1968 in Berlin; klassischer Kreuz-und-Quer-Einsteiger. Studierter Toningenieur, später Musikproduzent, Werbetexter, zwischenzeitlich Bandleader in den USA, dann PR-Profi, Veranstalter sowie Betreiber eines Musiklabels in Wien und schließlich Social-Media-Manager, Online-Redakteur und Schriftsteller.
Nachdem ich in meiner ersten Lebenshälfte stark von US-amerikanischen Einflüssen der Popkultur geprägt war, galt mein Interesse seit den Nullerjahren vor allem Zentral- und Osteuropa, durch das ich als Band- und Kulturmanager ausgedehnte Reisen unternommen habe. Dem Westbalkan und der Kultur der Roma widme ich seither meine besondere Aufmerksamkeit. Vor gut zehn Jahren wählte ich folgerichtig auch einen Ort an der Donau nahe der slowakischen Grenze als Schaffensbasis, wo ich im Lichtatelier einer Jahrhundertwendevilla mit bewegter Vergangenheit lebe und arbeite. 2011 erschien mein erster Roman, gefolgt von diversen Kurzgeschichten, einem historischen und zwei weiteren Kriminalromanen. Der jüngste, „Naked Identity – Wer ist Aya K?“, spielt größtenteils in der Ukraine und handelt von der Auseinandersetzung einer Romni mit Rassismus, Antifeminismus und der eigenen Vergangenheit.
Von Mai 2015 bis Mai 2018 war ich Mitglied im dreiköpfigen Sprecherteam der Autorengruppe SYNDIKAT. Weiterhin bin ich als Webmaster und Multimediaproduzent im und für das SYNDIKAT aktiv.
Liebe Stefanie Gregg, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich stehe auf und beginne, mit einem Kaffee, das, was mein Leben ausmacht: dem Schreiben.
Was nicht bedeutet, dass man Worte aneinanderreiht. Man denkt nach, man möchte etwas sagen, etwas ausdrücken, etwas erzählen. Man ringt mit dem, was man mitteilen möchte. Man recherchiert, für ein Buch jahrelang, man schreibt, man ändert jeden Satz, man zweifelt an jedem Wort. Man bringt etwas zu Papier, das nach langer Zeit und viel bürokratischem Branchenaufwand Menschen erreicht.
Und dann hofft man, dass von dem Gemeinten etwas bei den Menschen ankommt.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Jede Sekunde müssen wir jetzt aufmerksam sein, wach, wachsam. Und klar sein, gegen jene Menschen, die vorgeben, Wahrheiten zu haben und Lösungen für alles. Denn für große Probleme gibt es keine einfachen Lösungen und so unangenehm und schwer dies ist, müssen wir das, sanft und mühsam erklären.
Wir müssen achtsam sein, zwischen den Zeilen lesen, wir müssen warnen, und, wenn es nötig ist, müssen wir mutig und laut sein.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Literatur muss wehrhaft sein, immer, aber nun ganz besonders. Literatur muss zum selbständigen Denken aufrufen, muss einfache Wahrheiten anzweifeln und überprüfen, muss neue Wege suchen und immer nach dem Einen suchen: nach dem Menschen.
Was liest Du derzeit?
Juli Zeh: Corpus Delicti.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort. Sie sprechen alles so deutlich aus: Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus, und hier ist Beginn und das Ende ist dort.
Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott, sie wissen alles, was wird und war; kein Berg ist ihnen mehr wunderbar; ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.
Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern. Die Dinge singen hör ich so gern. Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm. Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Rainer Maria Rilke
Stefanie Gregg, Schriftstellerin
Vielen Dank für das Interview, liebe Stefanie, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Stefanie Gregg, Schriftstellerin
Zur Person/über mich:Stefanie Gregg, geboren 1970 in Erlangen, studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie promovierte über „Das Lachen“. Ihren beruflichen Einstieg hatte sie im Bereich Bucheinkauf bei Bertelsmann. Als Unternehmensberaterin arbeitete sie dann bei der Top-five-Unternehmensberatung Kearney mit Schwerpunkt Medien. Nun schreibt die Münchner Autorin Romane, Kriminalromane und Kurzgeschichten.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt über sie: »Sensorium für Hintergründiges – Die Autorin Stefanie Gregg schaut gerne in die Tiefen der Psyche.«
Stefanie Gregg ist Mitglied im PEN Berlin.
Zudem im Autorenverband DAS SYNDIKAT und im Netzwerk der Krimiautorinnen MÖRDERISCHE SCHWESTERN
Eine Frau und eine große Liebe. Ein Tod und ein Neuanfang.
Koffer voller Briefe haben sie gefunden, erklären zwei Polizisten dem erstaunten Elias. Alle an ihn gerichtet. Geschrieben jeden Tag seit dreißig Jahren von einer Frau, die ihn liebte. Und die gestorben ist, ohne ihn je wiedergesehen zu haben, nachdem er sie als Achtzehnjähriger nach einer kurzen Beziehung verlassen hatte.
Elias begibt sich auf die Suche nach dem Leben dieser Frau, und damit auch auf die Suche nach sich selbst.
Verwüstung, Nico Feiden. Gedichte. Do the Taboo Verlag.
Hier geht es ums Ganze. Um das Karussell Welt in Abgrund und Hoffnung, Zeit und Schmerz, Morgen und Schrei, Gedicht und Notwendigkeit:
„…ich schreibe jenen,
die auf das Brot am Morgen warten im vertrockneten Vinyl ihrer
Mägen,
für die der Tag nur eine Stunde hat in der Wiederholung der Wälle
vor ihren Augen…
die sich von Wörtern anschreien lassen
&stumm bleiben,
bis ein Wort, ein Backenknochen bricht…“
Verwüstung
Der so vielseitige Kölner Schriftsteller Nico Feiden legt hier gleichsam ein mitreißendes Manifest der Zeit in allen Brüchen „Verwüstungen“ des täglichen Lebens in allen Verletzungen, Verzweiflungen und Ausweglosigkeiten vor, welches vom ersten Gedicht an in den Bann zieht und atemlos in die tobenden Stürme der Existenz im einzigartigen Sprachrhythmus folgen lässt. Es ist ein beeindruckender poetischer Blick in das Dunkle, den Schmerz in und um das tagtägliche Menschsein in Herausforderung, Aufgabe, Scheitern und Wiederholung. In das Geschehen von Gesellschaft und Politik, Kunst und Sinn. Ein schonungsloses Benennen, Brechen des Schweigens und auch Aufbrechens zu Horizonten neuer Tage. Die Suche nach Kraft – im Wort, das die Welt auch in dunkelsten Tagen als wesentlicher Angelpunkt zum Morgen in Hoffnung und Frieden vorantreibt:
„…Nenn mich bis zuletzt Hoffender,
in sich gekehrter Weltendreher…“
Über Sterne wurde genug geschrieben
Mit beeindruckender sprachlicher Wucht wie Virtuosität wird hier Poesie als existenzimmanente vulkanartige Urgewalt zum Spiegel einer Zeit und deren verstörenden Wahrnehmungen und zerstörerischen Erfahrungen.
Nico Feiden gibt einer erschütterten Welt einzigartig die Kraft und die Hoffnung der Poesie zurück. Gedichte als sensationelles Sprachdynamit, das Zerstörerisches im Benennen, im Mitteilen, im Hinausrufen zu Fall bringen sucht.
Walter Pobaschnig 1/25
Zum Autor: Nico Feiden
Geboren 1993 in Zell (Mosel).
Nach langen Reisen durch Europa lebt & arbeitet er heute als freier Schriftsteller in Köln. Diverse Veröffentlichungen in Anthologien, Rundfunkbeiträge &TV-Berichte im SWR, ORF und bei 3Sat.
2016 erschien sein Lyrikband „Blaue Wildnis“ im Elifverlag.
2017 erschien „Das Echo des Weines“ im RMV-Verlag.
2017 Stipendiat am Dante Institut Florenz.
Preisträger des Lyrikpreises der Stadt Baden (bei Wien).
2018 erschien sein Debütroman „Sterben können wir später“ im Astikos-Verlag.
2019 war er Teil des Printemps Poetique Transfrontalier Stipendiums.
Seine Theaterneufassung von Borcherts „Draußen vor der Tür“ wurde in Köln uraufgeführt.
Von 2021 – 2022 erhielt er das MKW-Stipendium der Bezirksregierung Köln.
2023 erschien sein Roman “ Nur noch einen Track lang träumen“ bei Avantgarde Books.
Zurzeit arbeitet Feiden an einer Serie für einen Streamingdienst. Er ist Organisator der Lesereihe „Quadrat im Kreis“, die in Köln stattfindet.
Verwüstung, Nico Feiden. Gedichte. Do the Taboo Verlag.
Zur Person/über mich:Heike Gerdes, geboren 1964 im Schwarzwald, lebt seit über 30 Jahren im ostfriesischen Leer. Schriftstellerin mit journalistischen Wurzeln. Macht schon immer was mit Lesen und Schreiben. Nach jahrelangem Redakteursdasein bei verschiedenen Zeitungen in Niedersachsen arbeitete sie freiberuflich bei Zeitungen, Zeitschriften und einem Internetmagazin, ehe sie sich für die Selbstständigkeit entschied. Der Hang zu gründlicher Recherche ist ihr aus der Journalistenzeit geblieben. Im Januar 2000 gründete sie den Leda-Verlag und betrieb mehr als zehn Jahre lang in Leer die Krimibuchhandlung „Tatort Taraxacum“ mit Café und Kleinkunstbühne, mit der sie zweimal den Deutschen Buchhandlungspreis gewonnen hat. Zudem ist die Autorin Mitglied im SYNDIKAT, dessen Geschäftsstelle sie seit 2022 leitet. Bisher erschienen die drei Kriminalromane „Sturm im Zollhaus“, „Soja nun auch nicht“ und „Friesisches Käsekartell“ und zahlreiche Kurzgeschichten. Ein historischer Roman ist in Arbeit.
Aktueller Kriminalroman von Heike Gerdes:
Heike Gerdes, Friesisches Käsekartell
In den Kühlregalen der ostfriesischen Supermärkte findet man keinen Käse mehr, der Käsemeister einer regionalen Großkäserei wird vermisst und ein geheimnisvolles Brüderpaar verkündet den Aufbau einer Käsefabrik mit Spezialitätenrestaurants. Okko Wildeboer, kleiner Dealer mit großen Träumen, liebt Käse und freut sich über deren Jobangebot. Aber bald wird klar: Die Sache stinkt. Hauptkommissar Roman Sturm und seine Kollegin Lükka Tammling ermitteln.
Die vielseitige Autorin Doris Wolek lädt zu einer spannenden, informativen wie kurzweiligen Reise durch das Jahr in Natur, Volkstradition, Kultur ein und öffnet dabei einen beeindruckenden Kosmos an Überlieferung wie Inspiration.
Hervorzuheben ist auch das wunderbare Layout, das hervorragend einlädt sich auf eine Buchreise voller Überraschungen zu begeben und dabei reich belohnt zu werden.
„Vom Brauch mit dem Rauch …“ Doris Wolek, Hermagoras Verlag.
Unterhaltsames, Wissenswertes, Mystisches, Rätselhaftes und Buntgemischtes durch den Jahreslauf
Liebe Heike Gerdes, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich balanciere zwischen Lesen und Schreiben, Musikhören und Musikmachen, Ruhe und Aktivität, Mut und Wut.
Heike Gerdes, Schriftstellerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Nicht akzeptieren, dass Unsagbares sagbar wird, Ausgrenzung konsensfähig und Hass akzeptabel. Viel zu lange haben wir hingenommen, dass Wahrheit und Lüge vertauscht werden, sprachliche Grenzen immer weiter verschoben wurden, sachliche oder positive Begriffe zu Schimpfwörtern mutierten und auf der anderen Seite Worte des Schreckens in den alltäglichen Sprachgebrauch einflossen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Kunst und Literatur müssen wahrhaftig sein. Auch und gerade in unseren ausgedachten Geschichten dürfen wir nicht lügen, täuschen und die Tatsachen verdrehen. Die Lüge hat es immer leichter als die Wahrheit, sie braucht keine Anwälte. Wenn wir im Kriminalroman oder anderen literarischen Werken das Brennglas auf Verbrechen und Gesellschaft richten, schärfen wir den Blick für das Wesentliche und Wahre. Das ist unsere Verantwortung.
Was liest Du derzeit?
„Das Komplott“ von Will Eisner. In dieser Graphic Novel erzählt er die wahre Entstehungsgeschichte der antisemitischen Propagandalüge über die „Protokolle der Weisen von Zion“. Mit seinen dokumentarischen Zeichnungen entlarvt er die Hetzschrift, die seit dem 19. Jahrhundert Fake News verbreitet, lange ehe der Begriff erfunden wurde.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Wir müssen auf unseren moralischen Kompass achten, wenn der gesellschaftliche Polsprung droht.
Vielen Dank für das Interview, liebe Heike, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:Heike Gerdes, Schriftstellerin
Zur Person/über mich:Heike Gerdes, geboren 1964 im Schwarzwald, lebt seit über 30 Jahren im ostfriesischen Leer. Schriftstellerin mit journalistischen Wurzeln. Macht schon immer was mit Lesen und Schreiben. Nach jahrelangem Redakteursdasein bei verschiedenen Zeitungen in Niedersachsen arbeitete sie freiberuflich bei Zeitungen, Zeitschriften und einem Internetmagazin, ehe sie sich für die Selbstständigkeit entschied. Der Hang zu gründlicher Recherche ist ihr aus der Journalistenzeit geblieben. Im Januar 2000 gründete sie den Leda-Verlag und betrieb mehr als zehn Jahre lang in Leer die Krimibuchhandlung „Tatort Taraxacum“ mit Café und Kleinkunstbühne, mit der sie zweimal den Deutschen Buchhandlungspreis gewonnen hat. Zudem ist die Autorin Mitglied im SYNDIKAT, dessen Geschäftsstelle sie seit 2022 leitet. Bisher erschienen die drei Kriminalromane „Sturm im Zollhaus“, „Soja nun auch nicht“ und „Friesisches Käsekartell“ und zahlreiche Kurzgeschichten. Ein historischer Roman ist in Arbeit.
Aktueller Kriminalroman von Heike Gerdes:
Heike Gerdes, Friesisches Käsekartell
In den Kühlregalen der ostfriesischen Supermärkte findet man keinen Käse mehr, der Käsemeister einer regionalen Großkäserei wird vermisst und ein geheimnisvolles Brüderpaar verkündet den Aufbau einer Käsefabrik mit Spezialitätenrestaurants. Okko Wildeboer, kleiner Dealer mit großen Träumen, liebt Käse und freut sich über deren Jobangebot. Aber bald wird klar: Die Sache stinkt. Hauptkommissar Roman Sturm und seine Kollegin Lükka Tammling ermitteln.
Fotos _ am Wohnort Milena Jesenskas in Wien. Franz Kafka war im Sommer 1920 für 4 Tage zu Gast in Wien.
Station bei Milena Jesenska und Franz Kafka _ Cordula Sommer und Bernard F._Wien_performing
Liebe Cordula Sommer, welche Zugänge gibt es von Dir zu Franz Kafka und Milena Jesenska?
Milena Jesenská war mir vor diesem Projekt kein Begriff. Franz Kafkas Werke kennt man natürlich und auch ich habe „Die Verwandlung“ und „Der Prozess“ in der Schule gelesen. Ich bin froh, durch Dein Projekt auf Milena aufmerksam geworden zu sein. Ohne den Bezug zu Kafka und seinen Briefen hätte ihr Leben weitaus weniger Beachtung in der Literatur gefunden, aber dies ist im Prinzip das Schicksal unzähliger Menschen, die in ihrem Leben Wichtiges vollbracht haben.
Milena wird beschrieben als: klug, gefühlsbetont und willensstark. Sie hatte ein starkes soziales Gewissen, konnte andere Menschen gut lesen – „denn in der Tiefe kann ein Mensch den anderen täuschen, aber an der Oberfläche erkennt man ihn“1. Sie war nicht bereit, sich selbst und andere zu verleugnen und hat vor allem gehandelt. In der Wahl ihrer Mittel hat sie sich weniger von Konventionen leiten lassen als von dem, was ihre analytische und emotionale Intelligenz ihr vorgab. Sie hat ihre Meinung stark vertreten, war aber auch bereit sie zu ändern; auch ihre politische Meinung. Man beschreibt sie als „in ihrer Liebe und Freundschaft immer vorbehaltlos und bis zur Selbstzerfleischung ehrlich“1.
Sie war „leicht entflammbar“1 und ich stelle mir Milena ebenso als launisch, egozentrisch und teilweise überfordernd vor, wie ein echter Mensch eben ist. Milena schrieb über die Menschen: „Nur papierene Menschen haben einen geradlinigen Charakter. Wirkliche Menschen widersprechen sich hundertmal am Tage, sie gleichen ihren Edelsinn durch Schlechtigkeiten aus und zahlen für ihre Niederträchtigkeiten mit inneren Schönheiten.“1
Was mich bei Milena stark anspricht, ist ihre Weigerung, Opfer zu sein. Sie erkennt, dass dies eine Geisteshaltung ist und sie ihre Würde selbst bestimmt. Es gab sicherlich Zeiten, in denen sie zusammengebrochen ist. Sie hatte Schmerzen, war eine Zeit lang morphiumabhängig und dann war natürlich die Zeit im KZ Ravensbrück und ihr schwerer Tod. Aber ich sehe es so, dass ihre lebensbejahende, kraftvolle und von Empathie und Gerechtigkeitssinn geprägte Natur letztendlich unumstößlich war und sie immer tun musste, was ihre Natur ihr vorgab.
Milena scheint mir sehr intelligent und auch überlegt gewesen zu sein. Sie war ganz klar eine Aktivistin, aber sie schreibt auch über die „Kunst, stehen zu bleiben“:
„Menschen, die von Angst besessen sind, die von Kummer und Panik befallen werden, von Unsicherheit oder Einsamkeit, setzen sich hastig in Bewegung und treten entweder die Flucht nach vorne an oder weichen zurück. Die einen vollführen Gewaltakte und die anderen feige Mätzchen. Die einen spielen sich als Märtyrer auf, obgleich sie niemand quält, und die anderen fliehen, obwohl sie niemand jagt. Es ist wohl das Wesen der Angst, dass sie niemandem erlaubt, stehen zu bleiben.“1
Für Milena gehörte politisches Engagement zum Leben eines und einer jeden. Sie erinnert uns daran, mit voller Kraft und Liebe wir selbst zu sein und für das einzustehen, wofür und wogegen wir brennen.
Wir sind hier am Lebensort Jesenskas, an dem auch Kafka zu Gast war. Welche Eindrücke hast Du vom Haus/Umfeld hier?
Ich versuche es vor allem mit den Augen einer so jungen Frau aus Prag zu betrachten. Wien und dieses Haus waren zunächst für Milena fremd und ihr Sprung in die große, weite, mondän erscheinende Welt. Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind meinen Vater zum ersten Mal in Prag besuchte und an dieses initiale Gefühl von Staunen aber auch Fremde und Einsamkeit.
Für Milena war diese Wohnung in der Lerchenfelder Straße ein Ort voller Emotionen, von Erniedrigung bis hin zu großer Freude. Ich stelle mir vor, wie sie immer wieder ihre Kraft und ihren Mut zusammennimmt und die Stiegen zur Wohnung hinaufsteigt, um sich den Geschehnissen und Menschen darin zu stellen oder wie sie die Stiegen hinaufeilt, um dort etwas Ruhe und Raum für sich selbst zu finden oder wie sie mit Freude und auch etwas Triumpf behutsam endlich Franz Kafka alles zeigt.
Die Lerchenfelder Straße selbst war eine belebte Straße. Franz Kafka schreibt in einem seiner Briefe an Milena „Ich will Dich so fest sehn, wie zum ersten Man auf der Straße, aber die Briefe lenken mehr ab, als die ganze Lerchenfelderstraße mit ihrem Lärm.“2
Im heutigen Wien erscheint sie im Vergleich zu anderen Straßen fast beschaulich, wenn sie auch immer noch eine stark frequentierte Straße ist. Die angrenzende Pfarre und der kleine Park sowie die Straßenbahn machen Milenas Adresse in meinen Augen pittoresk. Das alte Zinnshaus mit der geschwungenen Stiegenhaustreppe rundet dieses Bild ab. Die Wohnung war groß und ist mittlerweile in zwei Wohnungen aufgeteilt. Meine Großeltern mütterlicherseits wohnten sehr ähnlich in Wien und ich habe dadurch ein ganz bestimmtes Bild davon, wie Milena sich durch diese Wohnung bewegt hat.
Was lässt Liebe wachsen, was Liebe untergehen?
Ich finde, dies ist schwer zu beantworten, weil es mit der Liebe wie mit Träumen ist. Plötzlich findet man sich mitten im Geschehen, ohne zu wissen oder darüber nachzudenken, wie man da eigentlich hingekommen ist und woraus man, wenn, dann plötzlich wieder erwacht. Nüchtern darüber nachdenken tut man erst nach dem Erwachen und dann basiert die Antwort auf diese Frage immer auf einer Erinnerung, die nie ganz der Wirklichkeit entsprechen kann. Ich habe mich auch oft gefragt, ob Liebe wirklich eine Größendimension hat und wenn ja, woran man die Größe einer Liebe misst oder auch nur einschätzt und vor allem wie unterschiedlich dies unterschiedliche Menschen vielleicht tun. Im Falle von Milena zum Beispiel, wenn man nur manche der Männer heranzieht, die in ihrem Leben eine zentrale aber durchaus sehr unterschiedliche Rolle gespielt haben, also Ernst Polak, Franz Kafka, Jaromir Krejcar und Willi Schlamm, könnte man sich die Frage stellen, wen Milena wie (sehr) geliebt hat. Aber kann man das überhaupt so betrachten? Hat Milena das je bemessen oder unterschieden?
Ihren Mut und ihre Kraft, intensiv zu lieben, lese ich in ihrem Brief an Willi Schlamm und sie hatte nur eine Bedingung, sie wollte für den andern genauso etwas Besonderes sein, wie derjenige für sie war.
„Ich liebe Dich wirklich sehr. Ich weiß nicht genau, wie, ich weiß nur, dass ich Dich sehr liebe. Aber die Voraussetzung zu dieser Liebe war die Gewißheit, daß Du mich nicht liebst. Und das weißt Du nicht. Hätte ich geglaubt, daß Du mich lieben könntest, wäre ich doch weggelaufen bis ans Ende der Welt. Wie Du das erklären willst, ist einerlei – aber es ist wahr: ich habe nur Deine Freundschaft gebraucht. Etwas mehr wäre viel weniger gewesen. Nur so war es mir möglich, ruhig zu Dir zu kommen, mich bei Dir unendlich glücklich zu fühlen. Gerade Deine Freundschaft war der sichere Boden, die merkwürdige, verzauberte Welt von einigen Stunden, die ich sicher mein ganzes Leben lang zu den schönsten rechnen werde. Gerade die Tatsache, daß Du mich nicht liebst, daß Du aber ein gutes Herz hast, daß Du mir gut bist und daß Du ein Gesicht hast, das ich so unsagbar liebe. Diese Freundschaft allerdings brauchte ich und wollte ich. Um die habe ich mich bemüht, und die wäre ein großes Geschenk gewesen. Dann habe ich aber gesehen, daß Du eine andere Freundschaft für mich übrig hast als die, welche mir so viel Glück gab: dieselben Worte, dieselbe Haltung, dieselbe Liebenswürdigkeit hast Du zu vielen Menschen, Willi.“…“Ich bin zwar sehr bescheiden, aber auch sehr stolz. Für eine besonders große Liebe müßte besonders große Freundschaft da sein, das wirst Du sicher verstehen –… .“In einem Rudel Deiner Freunde zu stehen, Willi, ist kein Glück.“2
Wie siehst Du den Briefwechsel und die Beziehung beider?
Wir kennen ja im Detail nur Kafkas Seite des Briefwechsels und lesen durch seine Antworten – also seine Interpretation von Milenas Worten – ihre Antworten heraus. Ich würde so gerne ihre tatsächlich geschriebenen Worte lesen. Aber wir können uns auch durch ihre Briefe an andere, wie zum Beispiel Willi Schlamm, vorstellen, wie direkt und ausführlich Milena geschrieben hat und wie sehr sie ihr Inneres nach außen gekehrt hat.
Ich persönlich sehe es so: Milena und Franz haben das Potential ihrer Liebe nicht gelebt, nicht erlebt. Zuerst weil Kafka sich, geprägt von seiner Unsicherheit und Angst, der Realität einer Beziehung mit Milena und der damit unweigerlich einhergehenden direkten Konfrontationen und ENTtäuschungen beiderseits, nicht aussetzen wollte.
„Es war mir nämlich immer ganz unverständlich, wenn jemand sich in mir verfangen hat und ich habe manche menschlichen Verhältnisse (zum Beispiel das mit Weiß) zerstört aus einer logischen, immer mehr als Irrtum des andern als an Wunder (soweit es mich betraf, sonst nicht) glaubenden Geisteslage.3
Später hat Milena empfunden, dass ein Leben mit Kafka nicht erdig genug für sie wäre.
Milena und Kafka waren analytisch und emotional hoch intelligente Menschen mit einem klaren Blick für die Seele und Instinkte der Menschen und beide benutzten die Sprache in all ihren Facetten, um zu beschreiben, aufzuzeigen, zu berühren, zu beindrucken. Aber Milena scheute nicht das Leben so wie Kafka, ganz im Gegenteil. Und Milena liebte die Menschen mit (fast) all deren Facetten. Milena war, so wie ich es sehe, emotional fordernd, an sich selbst wie an andere.
Für mich zeigt ihr Briefwechsel, dass beide sehr viel Potential zu lieben in sich trugen und sie jeweils jemanden suchten, dem sie diese Gefühle schenken konnten und welcher diese Gefühle würdigen würde. Sie brauchten jemanden, den sie als etwas Besonderes für sich betrachten konnten und für den sie etwas Besonderes waren. Kafka genügte es, dass es diese Person, Milena, da draußen gab, sie musste nicht physisch mit ihm interagieren.
Kafka zieht sich in die Analyse zurück und dreht und wendet alles so lange bis der logische Schluss zu sein erscheint, es mache keinen Sinn, die Dinge noch zu erleben. Für Milena konnte immer nur das Leben und Erleben selbst der logische Schluss sein. Milena suchte jemand, mit dem sie ihr Potential zur Leidenschaft, dass sie in sich spürte, ausleben könne.
Sehr berührend finde ich Milenas Beschreibung von Kafka:
„Gewiss steht die Sache so, dass wir alle dem Augenschein nach fähig sind zu leben, weil wir irgendeinmal zur Lüge geflohen sind, zur Blindheit, zur Begeisterung, zum Optimismus, zu einer Überzeugung, zum Pessimismus oder sonst zu was. Aber er (Kafka) ist nie in ein schützendes Asyl geflohen, in keines. Er ist absolut unfähig, zu lügen, so wie er unfähig ist, sich zu betrinken. Er ist ohne die geringste Zuflucht, ohne Obdach. Darum ist er allem ausgesetzt, wovor wir geschützt sind. Er ist wie ein Nackter unter Angekleideten.“1
Zu Beginn sind die Briefe noch der wohltuende Segen für Kafka, ja sie werden vielleicht zu einer Art Droge. Aber auch Kafka nimmt über den Zeitverlauf immer stärker war, dass ein reiner Briefwechsel immer wieder emotionale Reize setzt ohne eine mögliche Beruhigung/Befriedigung durch direkte Interaktion.
Franz Kafka an Milena im Mai 19203
„Genügt nicht ein einziger (Brief), genügt nicht ein Wissen? Gewiss genügt es, aber trotzdem lehnt man sich weit zurück und trinkt die Briefe und weiß nichts als dass man nicht aufhören will zu trinken.“
Franz Kafka an Milena im November 19203
Das was Du mir bist Milena mir hinter aller Welt bist in der wir leben, das steht auf den täglichen Fetzen Papier, die ich Dir geschrieben habe, nicht. Diese Briefe, so wie sie sind, helfen zu nichts, als zu quälen und quälen sie nicht, ist es noch schlimmer…Ich will Dich so fest sehn, wie zum ersten Mal auf der Straße, aber die Briefe lenken mehr ab, als die ganze Lerchenfelderstraße mit ihrem Lärm.3
Ich sehe hier auch Parallelen zum heutigen Umgang mit Message-Diensten wie WhatsApp und dem Risiko, zwischenmenschliche Interaktion sehr stark auf geschriebene Worte zu fokussieren.
Wann bist Du erstmals mit den Texten Kafkas in Berührung gekommen und welche Aussagen gibt es da für Dich?
In der Schule haben wir Die Verwandlung und Der Prozess gelesen. Besonders kann ich mich noch an meine damalige Empörung und mein Unverständnis über die Geschehnisse und das Verhalten von Herrn K. in Der Prozess erinnern. Es erinnerte mich an dieses Gefühl von Machtlosigkeit, das man manchmal in einem Traum erfährt, in dem etwas unangenehmes passiert und man aus irgendeinem, sich einem nicht ganz erschließenden und absurd wirkenden, Grund nicht so direkt und wirkungsvoll handeln kann wie man es erwartet hätte und im Wachzustand getan hätte. Es scheint einem auf unerklärliche Weise verwehrt und dieses starke Gefühl von Ohnmacht wird klaustrophobisch. In Die Verwandlung hat mich vor allem die Angst vor Ablehnung stark berührt und das Thema von Zusammengehörigkeit. Dies sind Themen die einen als Kind und Jugendlicher natürlich bereits stark beschäftigen und berühren und bleiben Thema ein Leben lang.
Wie hast Du Dich auf das Fotoshooting/die Performance vorbereitet?
Ich habe das Buch von Alois Prinz über Milena „Sie ist ein lebendiges Feuer“ gelesen und dann die Briefe von Milena, herausgegeben von Alena Wagnerová. Danach erst habe ich die Briefe von Kafka an Milena gelesen. Man kennt Milena vor allem durch Kafka und wegen dessen Berühmtheit und ich wollte zuerst unberührt von Kafka ihre Geschichte erfahren.
Milena Franz Akrostichon
Meine Briefe sollten dich ins Leben führen
Ich sandte jedes Wort dich einzeln zu berühren
Leben braucht Liebe aber Liebe braucht auch Leben
Eine tiefe Berührung kann es nur geben
Nur wenn der Körper auch seine Worte spricht
Aufopfern konnte ich mein Leben für Dich nicht
Für kurze Momente nimmst du mir völlig die Sicht
Reißt mich aus dem Schatten in Dein gleißendes Licht
Ausharren möchte ich aber vermag es nicht
Nur noch bis dein nächster Brief zu mir spricht
Zusammen im Herzen bis der nächste Tag anbricht
————————
Mein innerstes habe ich nach außen gekehrt Inniglich lieben wollte ich dich Liebe und Leben hast Du mir verwehrt Eine Alternative gab es nicht für mich Nichts war schwerer loszulassen Als das was es niemals galt zu fassen
Fremd war ich mir bis ich dich traf
Realität erlebte ich wie im Schlaf
Anzünden wollte ich die Briefe die dir galten
Nur die Fantasie von uns für mich behalten
Zerstören kann man nicht was nie gelebt
Station bei Milena Jesenska und Franz Kafka _ Wien.
Cordula Sommer und Bernard F._Wien.
Cordula Sommer, Bernard F. (links) und Walter Pobaschnig im angrenzenden Garten/Park an das Wohnhaus von Milena Jesenska.
Cordula Sommer, Bernard F. (links) und Walter Pobaschnig vor dem Wohnhaus von Milena Jesenska in Wien.
Alle Fotos_Walter Pobaschnig 1_25
Quellen:
1: Alois Prinz, <<Sie ist ein lebendiges Feuer>>. Das Leben der Milena Jesenská, Insel Verlag Berlin 2018.
2: Milena Jesenská, <<Ich hätte zu antworten tage- und nächtelang>> Die Briefe von Milena. Herausgegeben von Alena Wagnerová, Fischer Verlag 2024.
Zur Person/über mich:Franziska Hatz, MA (Festivalintendanz)
Geb. 1979 in der Steiermark. Lebt und arbeitet in Wien. Akkordeonistin, Sängerin, Komponistin, Ensembleleitung (Großmütterchen Hatz, Troi u.a.) Chorleitung, Sozialarbeiterin, Intendantin, Musikakquisiteurin für Theaterproduktionen u.v.a.
Ausbildungen (Auswahl):
Master of Arts social sience 2009 berufsbegleitend
Personal-Leadership-Management-Kompetenzen, Projekt und Zeitmanagement
Seit 2023 Musikakquise Burgtheater Wien
Tätigkeiten in Kulturmanagement, Festivalproduktion (Auswahl):
Unter dem Thema „FEMOSO“ (ein Wortspiel aus Femme _ Frau und famos _ großartig) rückt das 26. Internationale Akkordeonfestival heuer vor allem Frauen am Akkordeon in den Vordergrund.
Deshalb gebührt die Festivaleröffnung auch zwei Ausnahme-Akkordeonistinnen: Anne Niepold aus Belgien spielt, begleitet von einem Streichquartett, am 22.02. im Ehrbar Saal. Tags darauf präsentiert die Finnin Johanna Juhola ihr Programm „Reaktori“ im Theater Akzent.
Insgesamt spielen beim 26. Internationalen Akkordeonfestival über 120 Künstler*innen, davon etwa 47 Handzuginstrumentalist*innen, aus knapp 20 verschiedenen Ländern auf.
Aber auch das Festival selbst expandiert.
Erstmals finden Kooperationen des Akkordeonfestivals außerhalb Wiens statt: In Graz wird der Live Music-Club Tube´s bespielt und eine Kooperation mit dem Kulturverein Weltenbühne www.weltenbuehne.at eingegangen.
Im steirischen St. Ulrich in Greith bietet das Greithhaus eine renommierte Bühne, und mit Straden.Aktiv und dem Kulturforum in Bad Radkersbuerg sind zwei renommierte Weltmusikvereine dabei.
Wünschenswert wäre ein Akkordeonfestival in ganz Österreich!
Neben den beiden Eröffnungskonzerten wird wieder ein abwechslungsreicher und spannender Spielplan geboten: Marlies Fürst alias MAOLA gestaltet mit ihrem neuen Programm einen Abend in der Bühne Purkersdorf, wo die stimmgewaltige Akkordeonistin ihre Eigenkompositionen zum Besten gibt. In Kooperation mit dem slowenischen Kulturinstitut SKICA und Bratko Bibic kommt Accordiona, ein ganzes Frauen-Akkordeon-Orchester, das gemeinsam mit Otto Lechner, Paul Schuberth und Heidelinde Gratzl musizieren wird.
Am 08.03. wird Lea Gasser aus der Schweiz mit ihrem Jazz-Quintett das Porgy & Bess bespielen.
Als internationale Gäste sind auch noch Valentin Butt & Anna Steinkogler, Duo Oxymoron, Duo Mäsä aus Finnland mit dem Schweizer Bassisten Roman Britschgi und Samuel Zumstein eingeladen.Letztere verknüpfen sich mit einem jungen Wiener Nachwuchstalent: Pia Madlener, die ihr Akkordeonfestivaldebut geben wird.
Ebenfalls erstmals dabei sind auch Zoltan Migovics, ein aus der ungarischen Minderheit im Westen der Ukraine stammender Akkordeonist, gemeinsam mit Sigi Finkel. Zwar schön öfter dabei, aber erstmals alles aus seiner Feder wird Marko Zivadinovic – mit „Handmade“ wunderschöne Eigenkompositionen präsentieren.
Getanzt werden darf natürlich auch, wenn erstmals ARS HARMONIAE – ein Akkordeon-Tango-Orchester aus der Oststeiermark, das ebenfalls Akkordenfestival-Premiere feiert, aufspielt. Zudem ist ein Zydeco-Tanzabend mit Otto Lechner und dem australischen Akkordeonisten George Butrumlis im Schutzhaus Zukunft geplant.Der Ausnahmekünstler Lechner, der Auschlag gebend für die Gründung des Internationalen Akkordeonfestivals war, wird zudem mit einer Film-Biografie (24.02 im Filmcasino) geehrt, die im Rahmen des Akkordenfestivals Premiere feiert.
Neben den Abendkonzerten gibt es auch wieder vier Stummfilm-Matinées, in denen Filmklassiker live vor Ort vertont werden, drei Workshops und eine Carte Blanche mit anschließender Session im Frau Mayer.
Den Abschluss des Festivals bilden die Akkordeonfestival-Stammgäste Renato Borghetti (14.03.), die Attwenger (15.03.)und Landstreich Plus mit Local Hero Krzysztof Dobrek (16.03.).
Es ist ein Weg durch die Jahreszeiten eines Lebens, die der namenlose Erzähler durchschreitet und Erinnerungen, Worte, Gedanken an-, aufnimmt und fortträgt…
„Wozu bin ich bloß geboren? Wenn ich`s nur wüsste? Zum Rauchfangkehrer? Zum Eintänzer? Zum Links-und-Rechts-Verbinder?…Himmel, wie konnte ich bloß zum Alleingeher werden…“
Peter Handke lässt in diesem Text all seine sprachliche Virtuosität im assoziativen Wahrnehmen und Erfahren im inneren Karussell einer Lebensreise wunderbar erstrahlen und sternengleich glühen. Es ist das einmalige im Wort Verweilen und Aufbrechen an Horizonten von Lebensfragen, Lebensstationen und Zukunftswegen, welche den Nobelpreisträger von 2019 in jedem Werk auszeichnen. Ein zart nachdenkliches wie fordernd begreifendes Mitgehen, Mitwandern in Zeit, Mensch, Welt zwischen Glück, Schmerz und Hoffnung.
„Ein weiteres Meisterwerk, das einmalig in einen wunderbaren Kosmos von Sprache, Welt und Sinn entführt, begleitet und entlässt.“
Schnee von gestern, Schnee von morgen. Peter Handke. Suhrkamp Verlag.