Liebe Tanja Maria Troll, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich spaziere mit meiner Tasse Kaffee in den Wald, versuche mein Gedankenkarussell aufzuschreiben und bereite mich auf die Herbstsaison vor.
Tanja Maria Troll, Schauspielerin, Produzentin und Projektmanagerin.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Die Atempausen nicht zu übersehen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?
Die Kunst ist Freiheit. Sei es, wenn wir in eine Rolle schlüpfen, einen Stift in die Hand nehmen und einfach drauf los schreiben, Musik hören, uns in die Wiese legen, um Gemälde in den Wolken zu erkennen, ein Tanz im Regen und so vieles.
Ich glaube die Aufgabe der Kunst ist es genau solche Impulse in uns wieder zu erwecken.
Was liest Du derzeit?
Einen Bühnen-Krimi von Martin Kroissenbrunner, in dem ich mit- produzieren und spielen darf.
Meine Bar in Italien von Stefan Maiwald.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Ich führe ein Zitatbuch, eingebunden in einem alten Leder auf meiner kleinen Küchenbar, da schreibe ich immer wieder Zitate auf, die mich auf irgendeine Art und Weise berühren.
Meine Mama sagt immer „Nicht ärgern, nur wundern.“, Sie hat recht, manchmal ärgern wir uns viel zu sehr über Dinge, die wir ohnehin nicht beeinflussen können.
„Wir sind ja Wer!“, dieses Zitat habe ich von meinem Papa. Es ist immer wichtig seinen eigenen Wert zu kennen und ich glaube, dass wir durch diese starken, äußeren Einflüsse diesen so oft vergessen. Uns an andere messen und unsere Bedürfnisse, unser Kennenlernen mit uns selbst in den Hintergrund gerät.
Und eines meiner letzteren Zitate war von einem Freund „Jeder Kaffee, den du trinkst, ist besser, wenn du ihn trinkst weil du gerade magst und nicht weil gerade Pause ist.“
Vielen Dank für das Interview liebe Tanja Maria Troll, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Tanja Maria Troll, Schauspielerin, Produzentin und Projektmanagerin
Zur Person_ Tanja Maria Troll wurde 1991 in Graz geboren, seit ihrem abgeschlossenen Schauspielstudium 2021 in Wien wirkt sie bei verschiedensten Produktion nicht nur auf, sondern auch hinter und vor der Bühne mit.
In kulturschaffenden Vereinen vereint sie nun die Arbeiten als Schauspielerin, Produzentin und Projektmanagerin.
„Ich werde mit zwölf Jahren in einem Zug geboren. Mitten im Niemandsland. Im September…“
1986. Es ist der Zug von Görlitz nach Frankfurt/Main. Von der DDR in die BRD. Die zwölfjährige Tochter ist mit ihrer Mutter am Weg in den Westen.
Aktenvermark 225
„Gemeinsames Gepäck: ein grüner Rucksack, ein rot-brauner großer Stoffkoffer, eine kleine graue Handtasche.
Die beiden weiblichen Personen führten keine Gespräche.“
Mutter und Tochter sind im Zugabteil nicht allein. Sie werden beobachtet und die Stille der beiden ist Ausdruck der Angst, ob die Reise gelingt…
Tagebuchvermerk der zwölfjährigen Tochter, Juli 1986:
„Wir werden in den Westen gehen. Aber ich will nicht weg. Ich habe mich in der Tanzstunde verliebt…“
Und der Weg geht weiter in das Neue, Hoffnungsvolle, aber auch Ungewisse, und er ist begleitet von Erinnerungen, Bildern im Kopf, die mit dabei sind…
Mayjia Gille, Schriftstellerin, Schauspielerin, Musikerin, Malerin, Moderatorin, Theaterpädagogin, legt mit ihrem Roman „Landgang“ ein mitreißendes biographisches wie gesellschaftliches Zeitzeugnis vor, welches in historischer Dokumentation wie literarischer Konstruktion und Virtuosität begeistert.
Die Textmontagen (Tagebuch/Geheimdienstprotokolle) erzeugen eine narrative Lebendigkeit, die ganz außergewöhnlich ist und Erschütterung und Interesse wie Spannung verbindet. Dieser mutige Kunstgriff gelingt ausgezeichnet. Von der ersten Seite an werden Leserin und Leser mit auf eine Reise, ein Leben genommen und blicken in diesem Zeitzug mit der Autorin aus dem Fenster auf Horizonte, Hoffnungen, Träume und Schatten der Geschwindigkeiten, Stationen von Menschen da und dort in den 1980er Jahren in Deutschland.
Landgang, Mayjia Gille. Roman. kul – ja! publishing.
Lieber Markus Riedler, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich denke, es handelt sich meistens um den Versuch, Räume zu öffnen oder geschlossen zu halten. Man muss auch nicht jede Tür aufmachen. Bei manchen reicht ein Blick durch das Schlüsselloch. In manchen Räumen befinden sich Licht und Wärme. Manche Räume sind dunkel und kalt.
Ein Tag hat 24 Stunden, die U-Bahn kommt alle 3 Minuten. Die Geschwindigkeit im Transfer von Geldern in der Finanzspekulation kann mit der menschlichen Wahrnehmung nicht mehr erfasst werden.
Als Kind habe ich auf die heiße Herdplatte gegriffen, mich verbrannt und geweint. 2 Minuten später habe ich wieder drauf gegriffen und wieder geweint. Und dann noch ein drittes Mal. Vielleicht muss man sich als Mensch gewissen Gefühlen vergewissern, vielleicht spürt man sich aber auch, wenn man älter wird, nicht mehr so viel.
Markus Riedler, Künstler
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich denke, für uns alle wäre es wichtig unsere Gewohnheiten zu hinterfragen und unsere Geschichte zu betrachten. Wir sollten lernen, wie man lebt, wenn man nichts besitzt, auch die, die zu viel besitzen und es nicht mehr wertschätzen können. Soziale Unterschiede zeigen sich bereits bei sehr jungen Menschen sehr deutlich. Wollen wir eine breit gebildete Gesellschaft, die uns weiterbringt oder wollen wir Unterdrückung und Ausbeutung?
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?
Wenn man von etwas weg geht, stellen sich immer mehrere Fragen. Kann man das Hinterlassene alleine lassen? Was nimmt man mit? Warum verlässt man es? Gibt es überhaupt Neues? Die Rolle der Kunst sehe ich darin Fragen zu stellen und Gefühle verständlicher zu machen, die sich bei der Sezession aber auch im Ankommen spürbar machen.
Was liest Du derzeit?
Ab und zu schaue ich in ein Magazin hinein, die Nachrichten verfolge ich täglich. Ich verspüre eine starke Neugier für das Gegenwärtige. Bücher lese ich momentan kaum. Ich bin viel in den Gedanken und der Kraft des Gehirns mir Dinge vorzustellen.
Ich informiere mich viel über Pflanzen und Landwirtschaft. Ich sehe mir täglich tausende Bilder in unterschiedlichen Medien an und versuche diese in mir zu ordnen.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Einen Gesang aus Berthold Brechts Werk “Baal” aus 1918
Orge sagte mir:
1
Der liebste Ort, den er auf Erden hab`
Sei nicht die Rasenbank am Elterngrab.
2
Orge sagte mir: Der liebste Ort
Auf Erden war immer der Abort.
3
Dies sei ein Ort, wo man zufrieden ist
Daß drüber Sterne sind und unten Mist.
4
Ein Ort sei einfach wundervoll, wo man
Wenn man erwachsen ist, allein sein kann.
5
Ein Ort der Demut, dort erkennst du scharf
Daß du ein Mensch nur bist, der nichts behalten darf.
6
Ein Ort der Weisheit, wo du deinen Wanst
Für neue Lüste präparieren kannst.
7
Und doch erkennst du dorten, was du bist:
Ein Bursche, der auf dem Aborte – frißt!
Vielen Dank für das Interview lieber Markus, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Vielen Dank auch!
5 Fragen an Künstler*innen:
Markus Riedler, Künstler
Zur Person _ Markus Riedler wurde 1984 in Niederösterreich geboren. Er besuchte verschiedene Ausbildungen zur kreativen Gestaltung. Er war als Grafiker tätig und landete schließlich bei der Kunst. Seine Werke umfassen Zeichnungen, Grafiken, klein- und großformatige Malereien. Sein Interesse gilt dem Gegenständlichen und den Erzählungen. Er organisiert Ausstellungen in Wien und New York und macht Musik für Tanzperformance. Seit 2006 ist er tätig bei GOTO Verein der Künste.
Gmiadlich sitz I bei an Bia im Gostgoatn, de Sun scheint und
I sui jetza wos Gscheids dazöön
Vom Kriag und vom Friedn, und
Eigentlich waas i do iwahaupt nix driawa.
Panik hobn, Olletog a Todesongst,
Eigentlich waas i do iwahaupt nix driawa
An guadn Freind vaobschiedn, sei eigane
Cousine unta r an Trümmerhaufn valian,
Eigentlich waas i do iwahaupt nix driawa. Wia si des ongspiat, on
Ana Front stehn z‘miaßn, des
Chaos und de vün Schrecken, wia
Huacht si
A Bombn an
Nie hob I des Ois leanan miaßn. Gerecht is des auf kaan Foi, dass ned a jeda de
Chance hot, wia I afoch sogn zu kennan:
Eigentlich waas i do iwahaupt nix driawa
Johannes Sautner, 1.9.2023
Johannes Sautner, Schauspieler
Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:
Johannes Sautner, Schauspieler
Zur Person _ Johannes Sautner ist in Wien geboren und aufgewachsen und hat seine Schauspielausbildung in New York und an der Schauspielschule Krauss in Wien absolviert. Seit 2017 ist er in Österreich und Deutschland als Schauspieler, Sänger und Sprecher tätig und konnte bereits in über 30 Produktionen in der Theaterlandschaft Fuß fassen, die von Engagements an Sprechbühnen über diverse Lesungen bis hin zum Musiktheater reichen.
Bisherige Wegstationen waren unter anderem das Theater Nestroyhof Hamakom, Scala Wien, Werk X, Wiener Stadthalle, Off-Theater, Comödie Dresden, Stadttheater Mödling, Komödie Graz und die Festspiele Schloss Tillysburg.
Seit 2022 ist Johannes Sautner Ensemblemitglied bei den allsommerlichen Komödienspielen Porcia in Kärnten in Spittal an der Drau, wo am 05. Oktober 2023 auch sein erstes eigenes Programm „Es geht um nix“, ein bunter Abend gemeinsam mit Claudia Waldherr und Severin Salvenmoser Premiere feiern wird.
„Drei Tage vor ihrem Tod, sie war fast fünfundneunzig Jahre alt und nicht mehr ganz da, erkundigte sich meine Mutter bei mir nach ihren Eltern: „Dort, wo meine Leute jetzt sind…kannst du dort vielleicht mit dem Handy anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht…“
Die Mutter im Prozess des Sterbens. Im Altenheim die Besuche des Sohnes, die Gespräche. Und dann der Abschied am Grab. Gedanken, Erinnerungen.
Was waren Stationen ihres langen Lebens? Ihr Beruf, der Krieg, der Neuanfang…woher und wohin führten ihre Wege, Träume…
Wolf Haas, Bestsellerautor, legt mit „Eigenheim“ einen ergreifenden, erschütternden wie sehr persönlichen Roman im unvergleichlichen Haas-Stil vor, der Literatur ganz direkt beim Leben mit virtuoser Empathie, Abgründigkeit und Witz packt.
Station bei Malina_ Mark Klenk, Schriftsteller _Wien_ acting Malina _ Romanschauplatz „Malina“ Ingeborg Bachmann (1971) Wien _ 50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)Station bei Malina_ Mark Klenk, Schriftsteller _Wien_ acting Malina _ Romanschauplatz „Malina“ Ingeborg Bachmann (1971) Wien _ 50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)
Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.
Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.
Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.
Den Schwerpunkt bildet dabei Werk und Leben Ingeborg Bachmanns. Ebenso weitere Künstler:Innen.
Lieber Mark Klenk, wir sind hier an literarischen Bezugsorten des Romans „Malina“ (1971) von Ingeborg Bachmann in Wien. Sind Dir die Orte hier vertraut?
Als ich “Malina” gelesen habe, erkannte ich sofort die Straßen und Ecken, weil ich auch dort wohne. Es war interessant zu sehen, was sich in den 50 Jahren geändert hat beziehungsweise was gleichgeblieben ist.
Welche Eindrücke hast Du von den Schauplätzen in der Ungargasse, die wir besucht haben?
Die Gebäude sind, wie ich mir Wien in den 70er vorgestellt habe: breite offene Gänge, schwere Holztüren, enge Aufzüge, kalte Marmorfliesen, Kalkfarbe an den Wänden. Wenn ich die tatsächlichen Schauplätze sehe, die Ingeborg Bachmann verwendete, wird das Buch lebendiger. Sehr spannend!
Was sind für Dich zentrale Themen und Aussagen des Romans?
Bachmann hatte im Leben viel durchgemacht. Praktisch als Teenager den Zweiten Weltkrieg zu erleben, ist sehr prägend (Sorry! Understatement des Jahres…). Ihre Auswahl an Liebesbeziehungen führte zu weiteren Enttäuschungen im Leben. Ich finde, sie äußerte ihre gesammelte Lebensqual durch dieses Buch.
Welches Frauen- und Männerbild spricht Ingeborg Bachmann in Malina an und wie aktuell ist dies heute?
Meine erste Überlegung war, ob Ingeborg Bachmann eine Beziehung zwischen “Dominant und Submissiv” (Ivan und der Ich-Erzählerin) beschreiben wollte. Die Parallelen sind vorhanden. Allerdings, je mehr man liest, desto mehr versteht man, dass Bachmann eher ihre Beobachtung der ungesunden Unausgeglichenheit der männlichen-weiblichen Rollen zum Ausdruck bringen wollte. Ein modernerer Ausdruck dafür wäre: “Es ist kompliziert”. Wie weit liegt die Schuld dieser Aussage an der Passivität und der Krankheit der Ich-Erzählerin? Wie weit ist es Schuld der Patriarchie?
“Ja, es ist kompliziert…” heute wie damals.
Gab es in Deinen Musik-, Kunstprojekten Berührungspunkte zu Ingeborg Bachmann?
Nicht direkt, aber ich mag, wenn jemand mich fotografiert oder ich eine Rolle spiele, spiele ich gerne eine strenge Rolle wie Ivans.
Du bist wie Ingeborg Bachmann als Künstler nach Wien gezogen. Von wo und wann war das und welche Erfahrungen hast Du hier als Künstler gemacht?
Stimmt! Ich vergesse oft, dass ich kein “echter” Wiener bin. Hahaha. Ende 1996 kam ich nach Wien. In meinem Buch “Oh, das bin ja ich” (Löcker Verlag) erzähle ich, wie ich langsam alles in Colorado hinterlassen habe. Nicht vom Fernweh getrieben, sondern vom Heimweh, weil Wien mir Heimatgefühle schenkte.
Die ersten Erfahrungen waren hart. Als Schriftsteller, der seine neue Sprache noch nicht konnte… darum arbeite ich gern mit Migranten, weil ich sie ermutigen kann! Ich verstehe die Österreicher und die Mitbürger sozusagen.
Was sind Deine derzeitigen Projektpläne?
Oh, sehrrrrr viel! Zum Beispiel, für unsere Vernissage am 11.11.2023 im Amerlinghaus (Wien) schrieb ich eine Geschichte, die zusammen mit Harfe vorgeführt wird. Dazu präsentieren wir ein neues Buch, bei dem ich Malereien mit Lyrik begleite. Die talentierten Malerinnen werden ihre Kunstwerke zwei Wochen lang aushängen und meine Texte (und das Buch) kommen dazu!
Durch meinen Kulturverein Worte und Taten haben wir neue Bücher und Projekte, wo wir Kunst mit “Mental-Health-Awareness” fusionieren. Spannend wird die Reihe für Künstler “ART:FLOW”. Hier haben wir die Schwerpunkte: Vertiefung der eigenen Kunstprojekte, mentaler und Art-Work-Flow, Art-Life-Balance, konfliktfreier zu leben, usw.
Danke Walter nochmals für diese Möglichkeit und die großartigen Fotos!
Darf ich Dich abschließend zu einem Malina Akrostichon bitten?
Manchmal warte ich auf dich vor der Tür.
Auch vorm Telefon… griffbereit.
Lass es klingeln, Ivan.
In deiner Stimme finde ich mein Leben.
Niemand kann mich sonst erwecken.
Aber am Ende war es Mord.
Velen Dank, lieber Mark, für Deine Zeit in Wort und Bild im „Ungargassenland“, alles Gute für alle Projekte!
Station bei Malina_ Mark Klenk, Schriftsteller _Wien_ acting Malina _ Romanschauplatz „Malina“ Ingeborg Bachmann (1971) Wien _ 50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)
Station bei Malina_Roman Ingeborg Bachmann_Wien_1971
im Interview und szenischem Fotoportrait_acting Malina:
Mark Klenk, Schriftsteller _Wien_ Romanschauplatz „Malina“ Ingeborg Bachmann (1971) Wien _
„Aus meiner Sicht als Kind, war da eine gewisse Ehrfurcht, die sich für meine Schwester entwickelte…Sie machte aus der Sicht ihres kleinen Bruders in so jungen Jahren eine erstaunliche Karriere…Ingeborgs Erzählungen über ihr Leben waren immer spannend. Aber ihr zunehmender Ruhm warf auch für mich allmählich die Frage auf, was ich denn in meinem Leben leisten würde…“
Heinz Bachmann (Geologe, London, geb.1939 in Klagenfurt, jüngerer Bruder der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann *1926 Klagenfurt +1973 Rom) legt zum 50.Todesjahr seiner Schwester Ingeborg einen vielfältig berührenden, spannenden wie inspirierenden Erinnerungsband in Wort und Bild vor, der den Fokus des künstlerischen, literarischen Werdegangs seiner Schwester Ingeborg mit den biographischen, familiären wie zeithistorischen Kontext in einen Dialog setzt, der einerseits neue Erkenntnisse über eine der bedeutendsten Persönlichkeiten moderner Literatur vermittelt wie auch die Frage nach dem Einfluss auf das Leben als Bruder wie dem Umgang mit dem Ruhm in einer Familie stellt.
Der Erinnerungsband, der in seiner biographischen, zeit- wie literaturhistorischen Komposition in Wort und Bild sehr gelungen ist, überrascht auch mit dem Erzähler Heinz Bachmann, der einen ganz feinen Spürsinn für Erinnerungen mit spannender Erzählgabe besonderer Begebenheiten verbindet.
Der Anfang des Bandes ist den Tagen des Brandunfalles von Ingeborg Bachmann Ende September 1973 in ihrer Wohnung in Rom gewidmet, an deren Folgen, die vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin am 17.Oktober verstarb. Heinz Bachmann schildert aus erster Hand die Ereignisse und stellt dabei auch verschiedene Versionen und Mutmaßungen klar.
Es folgen Schilderungen über das Aufwachsen in Klagenfurt im familiären, gesellschaftlichen Kontext und der weitere künstlerische Werdegang wie private Lebensweg Ingeborg Bachmanns mit Stationen wie Wien, Zürich, Rom und Begegnungen mit ihrem Bruder.
Vieles bisher Unbekanntes aus dem literarischen wie privaten Leben Ingeborg Bachmanns, besonders auch begeistern die berührenden Familienfotos über Jahrzehnte, gelangt hier ans Licht und öffnet auch neue Zugänge zu Leben und Werk.
Grundsätzlich stellt dieses sehr bemerkenswerte Buch die Frage nach dem, was Leben trägt, stärkt, verbindet und inspiriert, was bleibt. Und stellt damit den Menschen Heinz Bachmann in seinem Leben-, Familien- und Weltverständnis vor. Ganz wie es seine Schwester in ihrem literarischen Werk tat.
„Ein Erinnerungsband von Heinz Bachmann, Bruder von Ingeborg Bachmann, der in Wort und Bild einem und damit dem eigenen Leben folgt und in sensibler wie spannender Erzählgabe Leben und Werk, Bruder und Schwester, vorstellt. Ein ganz besonderes Lese-, Bild und Lebensereignis!“
„Das Fröhliche, Heitere an ihr wird mir bleiben und die Unterstützung, die ich immer von meiner großen Schwester erfahren habe…
Fünfzig Jahre sind seit diesem Verlust vergangen, aber Ingeborg ist jeden Tag bei uns.“
Heinz Bachmann _ Elternhaus Klagenfurt, Sept.2021 _ Foto: Walter Pobaschnig
Zur Person _ Heinz Bachmann, geboren 10. Juni 1939, Kindheit und Jugend verbrachte er in Klagenfurt und Obervellach bei Hermagor. Er besuchte die Mittelschule in Klagenfurt, maturierte 1957, studierte Geologie in Graz und spezialisierte sich beruflich auf Geophysik und arbeitete weltweit in der Öl- und Gasaufschließung vorwiegend in Afrika, dem Mittleren Osten und Europa. Heirat mit Sheila in London 1971. Nach dem Tod seiner Schwester Ingeborg 1973 war er zusammen mit seiner Schwester Isolde für ihren Nachlass verantwortlich. Viele Jahre verbrachte er mit seiner Familie in Spanien. Nach dem Ende der beruflichen Laufbahn 2006 widmete er sich intensiver dem Werk seiner Schwester Ingeborg mit Buchvorstellungen und Vorträgen in Deutschland, Österreich, und vereinzelt auch in den USA, London und Paris. Seit 1995 ist er mit Unterbrechungen in der Nähe von Oxford wohnhaft.
Lieber David Mase, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich wache auf, trinke Kaffee und frühstücke, lese entweder online Zeitung oder ein wenig in einem Buch, dann mache ich mich fertig und fahre mit dem Fahrrad in mein Atelier. Nach einem zweiten Kaffee in der Gemeinschaftsküche suche ich mein Atelier auf und betrachte erstmal die Leinwände, an denen ich aktuell arbeite.
Je nach Tagesverfassung entschließe ich mich dann an den Arbeiten vom Vortag weiterzumachen oder über etwas Neues nachzudenken.
Ich bin meistens bis abends im Atelier, dann fahre ich nach Hause und lasse den Tag ausklingen.
David Mase, bildender Künstler
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Für „uns“ wäre es gerade wichtig, vereint aufzutreten und sich für gewisse Themen stark zu machen, die Grundbedürfnisse betreffen. Ich zähle zu den Geringverdienern für die, die momentanen Preiserhöhungen in allen Lebensbereichen nicht mehr tragbar sind und ich glaube vielen KünstlerInnen geht es da gleich.
Natürlich ist da auch das große Thema, das wir Klimaschutzmaßnahmen konsequent durchsetzen müssen und jeder seinen Teil dazu beiträgt.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?
Aufbruch und Neubeginn, ich weiß nicht. Es ändert sich viel aber ich sehe da gerade keinen Neubeginn. Das Altbewährte schleppt sich in neuer Form weiter, Corona hat da nicht viel verändert, obwohl wir das zu hoffen wagten und ich bezweifl`, dass die Klimathematik wirklich ein großes Umdenken bringt. In dieser Hinsicht bin ich nicht besonders optimistisch. Aber die neuen Umstände werden die Welt verändern und neue Themen bringen, KI entwickelt sich rasant und ist schon wie ein selbstverständlicher dritter Arm für uns, die Gesellschaft wird auf der einen Seite immer offener und auf der anderen Seite immer konservativer..
Die Kunst wird weiter das tun was sie am besten kann, beobachten und reflektieren – und daraus etwas Neues schaffen – ein Membran sein für das was noch kommt.
Und uns vielleicht ein bisschen Sinn stiften und Unterhalten.
Was liest Du derzeit?
Das Klingsor-Paradox von Jorge Volpi
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Mein Opa sagte immer „Wenn du es eilig hast, geh langsam“
Ein einfacher Spruch, der aber einfach gut ist, und an den ich oft denken muss, wenn ich gerade 3 Projekte gleichzeitig mache und dabei ins Schleudern komme.
Vielen Dank für das Interview lieber David, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
David Mase, bildender Künstler
Zur Person _ David Mase, geb. 1986, Klagenfurt freischaffender Künstler.
David Mase`s Arbeiten sind im weitesten Sinn, Bildräume, die je nach Thema und Ort in den unterschiedlichsten Techniken entstehen. Er kombiniert darin unterschiedlicher Ebenen, Textur und Material, zu mehrdeutig lesbaren Kompositionen an der Grenze zwischen Abstraktion und Figuration. Es geht ihm dabei ebenso um Fragen der Malerei, Perspektive und Raum, wie persönliche und gesellschaftliche Themen
Liebe Sandra Hubinger, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
In den heißen Sommermonaten pendle ich oft zwischen Wien und Oberösterreich, auf der Suche nach ruhigen Schreibplätzen und kühlenden Gewässern, mitten in der heißen Überarbeitungsphase meines aktuellen Lyrikmanuskriptes.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Sich zu fragen, wie dieses „uns“ und „wir“ eigentlich ausschaut und welche Wege sich finden lassen zu einem gelingenden Miteinander, zu mehr Verantwortung füreinander.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich glaube, mehr als sonst wurde uns in den letzten Jahren bewusst oder haben wir erfahren, dass wir verletzbar sind, das Leben fragil ist und die Welt voller Ambivalenzen und Unzulänglichkeiten. Und das ist etwas, so denke ich, womit Kunst sich schon immer auseinandergesetzt hat. Vielleicht kann Kunst, indem sie uns Räume öffnet, wo wir entdecken und erfahren können, uns Impulse geben und stärken in Imagination, Empathie und der Anerkennung von Unterschiedlichkeit.
Was liest Du derzeit?
Das Theatermanuskript eines Freundes
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
(…) But I’m not after demeaning or dreams born of fatique. And even my
tardy mind has come to suspect that meaning is a vertical pain over the
bridge of the nose. Or, like everything metaphysical, inhabits grammar.
Then it’s not a matter of finding meaning, but pausing to enjoy its
possibility. That is, language, and the more tangible meaning of words.
Their use, the way they mesh with our life.
To place them on a page. So that air circulates between them. And
thoughts become more than anxiety.
aus: Rosmarie Waldrop: Rehearsing the Symptoms
Sandra Hubinger, Schriftstellerin
Vielen Dank für das Interview liebe Sandra, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Sandra Hubinger, Schriftstellerin
Zur Person_Sandra Hubinger, Autorin, geb. in Oberösterreich, lebt in Wien. Studierte Germanistik und Geschichte in Salzburg und Sprachkunst in Wien. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien. 2013 dritter Preis beim Feldkircher Lyrikpreis. 2018 H. C. Artmann-Stipendium Salzburg. Zuletzt erschienen: Von Krähen und Nüssen, Kurzprosa, keiper 2022.
Aktuelles Buch:
Von Krähen und Nüssen, Sandra Hubinger. Kurzprosa. edition keiper.
Sandra Hubinger legt in ihren poetischen Prosa-Miniaturen Nüsse aus, und es ist ein Vergnügen, den Spuren in den Texten zu folgen und die Nüsse zu knacken. Manche Geschichten sind traumartig und bewegen sich im Surrealen, manche Geschichten sind düster und unheilvoll, andere wieder ironisch-knapp oder melancholisch. Die Freude am Spielen und Experimentieren mit Inhalten und Sprache steht im Vordergrund. Oft ist ein Ich Hauptfigur, dann wieder spielen die Tiere einer Großstadt eine wichtige Rolle. Die Struktur der Miniaturen ist so gebaut, dass sich einzelne Motive oder auch Textelemente in den Geschichten wiederholen. Die Sprache, die Satzstruktur ist bewusst einfach gehalten, manchmal lakonisch, aber immer poetisch. Kurze, sprachlich einfach perfekte Prosa!
Zur Person _ Christa Prameshuber, geboren 1961 in Linz, Studium der Geografie, danach berufliche Laufbahn bei internationalen Organisationen in Genf und Paris. Meine Lebensmittelpunkte liegen in der Schweiz und Frankreich. Seit 2015 widme ich mich dem Schreiben. Beim Trauner Verlag sind bisher drei Frauen-Biografien erschienen: „Die Meisterin“ (2018) , „Das mit der Liebe ist alles ein Schwindel“ (2020), und dieses Jahr „Die Liebesdeserteurin“ (2023). Zudem wurden Kurzgeschichtenbeiträge in der Sammlung „Textland Oberösterreich“ und „Briefe an Angelika Kauffmann“ veröffentlicht. Ich liebe Musik, Malerei, Museen und Menschen.
Aktuelles Buch von Christa Prameshuber:Die Liebesdesserteurin. Das Leben der willensstarken Fürsorgerin Amalia Berger
Christa Prameshuber,Die Liebesdesserteurin. Das Leben der willensstarken Fürsorgerin Amalia Berger. Trauner Verlag 2023.
Als lediges Kind mit vier Jahren Waise zu werden ist ein hartes Schicksal. Amalia Berger muss kurz nach dem 1. Weltkrieg den Selbstmord ihrer Mutter überwinden, für eine Berufsausbildung kämpfen und weitere traumatische Schicksalsschläge bewältigen. Das prägt spürbar. Die willensstarke Frau kämpft Zeit ihres Lebens für Selbstbestimmung und bringt große Opfer, um für andere da sein zu können.
Mali arbeitet als Gouvernante in Budapest und Rom, bis der 2. Weltkrieg sie zwingt, nach Linz zurückzukehren. Aufopfernd kümmert sie sich hier als Fürsorgerin um arme Kinder, misshandelte Frauen und Prostituierte. Nicht immer macht sie sich mit ihren unkonventionellen Methoden Freunde, sogar Ordnungsstrafen muss sie zahlen, wenn sie ihrem Herzen folgt und nicht den Dienstanordnungen.
Zahlreiche Bewunderer loben ihre Schönheit, Berge von Liebesbriefen bezeugen ihre Beliebtheit und doch bleibt sie immer allein. Irgendwie entzieht sie sich jeder tiefergehenden Beziehung – als eine Liebesdeserteurin, gegen ihren eigenen Willen?
Anhand Hunderter Briefe, Fotos und Gespräche rekonstruiert ihre Nichte das Leben einer couragierten Linzerin im 20. Jahrhundert.