„Ich finde es in Literatur und Kunst wichtig, nicht in eine Blase abzugleiten“ Silvia Pistotnig, Schriftstellerin_Wien 28.4.2021

Liebe Silvia, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Ich wache, eingeklemmt zwischen meiner vierjährigen Tochter und meinem siebenjährigen Sohn, auf.

Dann bin ich Gepardin (manchmal auch Tigerin), Lokalgast, Tierwärterin, Bahnfahrerin, Wildererin und Forscherin. Zwischendurch versuche ich mich als Lehrerin (1. Klasse Volkschule, schaff ich gerade noch), Kindergärtnerin (anstrengend, die KindergärtnerInnen müssen mehr verdienen!), Köchin (schlecht, bestes Gericht: Nudel mit Butter und Salz), aufräumen und putzen (meist werfe ich das volle Joghurtschüssel hinunter) und meiner eigentlichen Erwerbsarbeit. Am Abend falle ich gegen 21 Uhr ins Bett.

Dabei bin ich keine Alleinerzieherin. Mein Lebensabschnittspartner (als nicht-verheiratet nennt man das so, oder? Kindsvater klingt so unsympathisch) und meine Eltern helfen mir. Wir haben Platz, haben den Job nicht verloren und sind absolut privilegiert. Trotzdem bin ich überfordert. Ich bewundere alle Menschen, die in dieser Situation nicht solche Bedingungen haben und es trotzdem schaffen.

Silvia Pistotnig_Schriftstellerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich kann nicht für alle sprechen. Mir ist wichtig, nicht in Selbstmitleid und Ohnmacht zu verfallen, in ein „ist eh alles Wurscht und umsonst“. Sonst finde ich es wichtig, nicht auf andere zu zeigen mit irgendwelchen plakativen Aussagen. „Wir müssen dies und wir müssen das“. Aber was ist mit meiner Verantwortung? Mit meinem Energieverbrauch? Mit meinem Handy aus wertvollen Rohstoffen und klimaschädigender Herstellung? Mit meiner Bequemlichkeit?

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Stehen wir vor einem Aufbruch? Dieses Virus ist nur ein Resultat unserer Leben – was wir daraus machen? Ich hoffe, etwas Sinnvolles, das den Lebenswert aller ErdbewohnerInnen verbessert.

Die Rolle der Literatur und Kunst: Ich finde es wichtig, nicht in eine Blase abzugleiten, die nur für sich selbst steht und sich zu wichtig nimmt. Die Kunst und Literatur stehen nicht darüber. Sie stehen mittendrin.

Ich freue mich über Literatur aus Ländern und von Menschen, die bis dato unterrepräsentiert waren.

Was liest Du derzeit?

Nachdem ich um 21 Uhr komatös einschlafe: Nix. Meine Leseliste wird dafür länger und länger. Wobei, ich lese Kinder- und Schulbücher (vor). Generell lese ich gern Literatur, die mir andere Lebensweisen näherbringt.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Das macht mich ganz nervös. Natürlich möchte ich sofort etwas besonders Kluges notieren. Etwas Schönes. Etwas Berührendes. Ein bisschen lustig wäre auch gut … „Kauft mein Buch“ trifft das wahrscheinlich nicht, oder? Fände ich aber trotzdem fein.

Vielen Dank für das Interview liebe Silvia, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an KünstlerInnen:

Silvia Pistotnig, Schriftstellerin

Silvia Pistotnig – Teresa hört auf (milena-verlag.at)

Foto_privat.

8.4.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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  1. Pingback: „Die Wirtinnen“ Silvia Pistotnig. Roman. Wien, Verlag Elster & Salis, 2023. | Literatur outdoors – Worte sind Wege

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