GIVE PEACE A CHANCE
„Gibt es Krieg, weil Menschen böse sind, Papi?“
„Ich glaube schon. Er entsteht meistens dann, wenn Menschen etwas haben wollen, das anderen gehört.“
„Vielleicht wäre kein Krieg mehr, wenn alle gleich viel hätten.“
„Einer meint immer, er hätte zu wenig. So sind die Menschen. Leider.“
„Papi, vielleicht gäbe es keinen Krieg mehr, wenn es keine Waffen mehr gibt.“
„Eine Hand kann auch eine Waffe sein, meine Kleine. Sogar ein Wort kann das. Und man kann alles Mögliche als Waffe verwenden.“
„Aber hört das dann nie auf mit dem Krieg?“
„Charlotte, Süße, ich weiß das nicht, aber leider ist es so, dass es, seit es Menschen gibt, fast immer irgendwo auf der Welt Krieg gab.“
„Echt? In so einer Welt will ich nicht sein.“
„Aber …“
„Clemens’ Papa hat gesagt, wenn niemand zurückschießt, gibt es irgendwann keinen Krieg mehr. “
„Hat er das? Hat er auch gesagt, dass dann die Bösen gewonnen haben werden? “
„Aber es wäre kein Krieg mehr. Und vielleicht werden die Bösen irgendwann gut. “
„Na ja, aber für die Menschen, die bis dahin unter den Bösen zu leiden haben, wäre das alles andere als schön. Außerdem, das mit dem Gut und dem Böse ist so eine Sache. Viele Menschen sind beides gleichzeitig, in verschiedenen Abstufungen, deshalb lassen sich die einen von den anderen schwer trennen. Außer du natürlich, meine Süße. Du bist nur gut. “
„Clemens ist auch total gut. “
„Er ist wirklich ein sehr, sehr feiner Kerl. Ihr seid beide ganz großartige Menschen. Daran solltet ihr denken: Ihr habt es in der Hand, nichts steht für immer fest. Ändern kann man die Dinge nur, wenn man es auch versucht.“ (Dreht sich weg, um die Tränen vor dem Kind zu verbergen.)
Tom Liehr, 17.2.23

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:
Tom Liehr, Schriftsteller
Zur Person_Tom Liehr wurde in Berlin geboren, wo er heute noch mit seiner Familie und zwei Katzen lebt. 1990 wurde er Erst- und Drittplatzierter beim »Playboy-Literaturwettbewerb«, dem späteren »Gratwanderpreis«. Seither hat Tom Liehr unzählige Kurzgeschichten in diversen Publikationen und zwölf Romane bei Aufbau und Rowohlt veröffentlicht, zuletzt »Freitags bei Paolo« (Aufbau, 2022). Sein Bestseller »Leichtmatrosen« wurde für die ARD verfilmt. Er hat den »Putlitzer Preis« erfunden, ist Gründungsmitglied des »42erAutoren e.V.« und des PEN Berlin.
Mehr Informationen: www.tomliehr.de
Foto: privat
Walter Pobaschnig _ 17.2.2023