Liebe Angelika, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Aufstehen, manchmal eine Runde Laufen im Prater, auf die Probe, danach zuhause etwas essen und ab spätem Nachmittag dramaturgische Arbeiten. Am Abend entspannen, lesen, meditieren.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Konstruktiv an einer positiven Zukunft arbeiten. Der Ukrainekrieg, andere Krisen wie die Klimakrise, generell der Zustand unserer Welt gibt ein eher düsteres Bild ab. Daher ist es besonders wichtig, konstruktiv zu bleiben und nicht nur schwarz zu malen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater, der Kunst an sich zu?
Ich sehe im Moment mehr Umbruch als Aufbruch. Die Rolle der Kunst ist wichtig und vielfältig. Trösten, inspirieren, aufrütteln, mahnen, vorausschauen. Raum geben für Sehnsüchte, Träume. Aber auch Kritik üben und Entwicklungen aufzeigen. Und in Zeiten der virtuellen Begegnungen das Live-Erlebnis zelebrieren. Das kann nur das Theater.
Was liest Du derzeit?
Lilian Thuram, Das weiße Denken.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Die Erkenntnis der Lage, in der wir uns alle befinden, treibt uns in die Enge, denn es gibt keine Hoffnung, und es sieht so aus, als wäre die Welt nicht als gut geschaffen worden, als gründete sie auf Leiden, das sich nicht vermeiden lässt. Und obwohl wir nicht wissen, warum dem so ist, müssen wir uns in diesem Ozean der Hoffnungslosigkeit anständig verhalten – das macht uns zu Menschen, nicht unsere DNA. Und so verhalten, als hätte es eine Bedeutung, als gäbe es Prinzipien und Normen, als existierte ein erlösendes und rettendes Gutes, das unserem Handeln einen Sinn verleiht.“
(aus: Olga Tokarczuk, Übungen im Fremdsein)
Vielen Dank für das Interview liebe Angelika, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Angelika Messner _ Autorin, Regisseurin, Dramaturgin.
https://www.angelikamessner.at/de/
Foto_Lalo Jodlbauer
Zur Person_
Angelika Messner, Autorin, Regisseurin, Dramaturgin
Geboren in Wien, aufgewachsen im Burgenland, studierte Violine, Musik- und Theaterwissenschaft in Wien. Von 1993 bis 1995 arbeitete sie als Assistentin von Frank Castorf an der Berliner Volksbühne. Seit 1995 lebt sie als freischaffende Regisseurin, Dramaturgin und Autorin in Wien. Zahlreiche Libretti, Bearbeitungen und Übersetzungen u.a. für die Volksoper Wien, das Theater Osnabrück, Teatro Arriaga in Bilbao, Festspiele Erl, Marinskij Theater St. Petersburg, Theater an der Wien, Musiktheater Linz u.a. Dramaturgische Tätigkeit bei den Mondsee Tagen, dem Festival Osterklang Wien, Loisiarte, Arsonore Graz und seit 2014 bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf. Regie u.a. am Volkstheater Wien, Künstlerhaustheater Wien, Kosmostheater, OHO u.a.
Aktuelles Projekt:
Angelika Messner erarbeitet derzeit Text und Regie von IPHIGENIE im TAG Theater Wien
Iphigenie von Angelika Messner
Frei nach „Iphigenie auf Tauris“ von J.W. von Goethe
Premiere: Mi. 30. Nov. 2022, 20.00 TAG Theater Wien

https://www.dastag.at/iphigenie
12.11.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.