















Die vom irischen Dramatiker, Satiriker und Literaturnobelpreisträger (1925) George Bernhard Shaw, (*1856 Dublin +1950 Ayot Saint Lawrence/England), verfasste Komödie „Helden“ („Arms and the Man“ _Uraufführung 1894 im Londoner Avenue Theatre) spielt während des Serbisch-Bulgarischen Krieges im Jahre 1885 und stellt nationalistischen wie persönlichen Heldenpathos in aller Absurdität und höchster Theaterkunst auf die Bühne.
Den Stationen des Stückes in der österreichischen Theatergeschichte (1921, Schönbrunner Schlosstheater; 1972 Theater an der Wien, Musical von Udo Jürgens mit Michael Heltau und Gabriele Jacoby), folgt nun eine Neufassung des Theater Forum Schwechat „Helden reloaded“ in Text und Regie von Marius Schiener.
Krieg, Eitelkeit, Liebe werden anhand hervorragend tragisch-komischer Dialoge und Situationen zum komödiantischen Feuerwerk, welches das großartige Ensemble in Wort wie beeindruckendem Körperspiel in Treffsicherheit zu setzen weiß. Von Beginn an ist das Publikum in der Welt des Krieges und dessen allzumenschlichen Eitelkeiten, Wirrungen und persönlichen Enthüllungen mittendrin.
Regisseur Marius Schiener nimmt in seiner mitreißenden Inszenierung das begeisterte Publikum auf eine komödiantische Reise in Lachen wie Nachdenklichkeit einmalig mit und das großartige spielfreudige Ensemble zaubert Situations-, wie Dialogkomik in Wort wie Gestik/Mimik genial auf die Bühne. Auch ist das detailreiche, wunderbare Bühnenbild hervorzuheben wie Musik/Gesang.
Walter Pobaschnig, literaturoutdoors 9/22
Interview Regie/Ensemble:
Wie kam es zu dieser Stückauswahl und was sind Schwerpunkte der Neuinszenierung?
Die Programmierung beginnt üblicherweise ein Jahr vor der Premiere. Vor einigen Jahren ist aus dem Theaterherbst mit Standort Zwettl ein Programmpunkt im Herbst des Spielplanes des Theaters Forum Schwechat geworden. Das Ziel: jedes Jahr ein anderes EU-Partnerland anhand einer Komödie vorzustellen. Heuer wäre das Irland, daher Shaw und Helden. Eigentlich auch mit dem Hintergedanken, dass es leider immer Kriege gibt. Nun ist leider ein europäischer im allgemeinen Blickpunkt, viele andere gewalttätige Konflikte in aller Welt sind es nicht.
(Marius Schiener, Regisseur)
Was macht das Stück zeitlos?
Die Grundthemen: Eitelkeit, Gewinnsucht, Prahlerei. Die Relation Mann Frau ist es auch, wenn gleich sie in dem Stück etwas altbacken wirkt. Dennoch bricht Raina, die weibliche Hauptfigur, aus dem klassischen Rollenbild aus, entlobt sich und begehrt auf. Der Impetus Shaws als Katholik mit dem Dogma: du sollst nicht töten und somit als Moralist war es, ein Plädoyer gegen den Krieg zu verfassen, in einer vergnüglichen Form, die selbst Brecht als Vertreter des Theaters als Medium, das unterhalten soll, goutiert hat. Denn der Schritt von Schokolade statt Patronen zu stell dir vor, es ist Krieg und Keiner geht mehr hin, ist ein kleiner, doch leider ein zu großer und unmöglicher für die Menschheit.
(Marius Schiener)
Was sind die Herausforderungen in der Stückerarbeitung für Regie und Ensemble?
Einerseits sich die etwas ältlich, aber feine Sprache des Übersetzers Trebitsch zu Eigen zu machen, um damit die Charaktere zu kreieren, sie gegen die reine Bedeutungsebene zu benutzen und mit ihr zu spielen, andererseits in der Stückbearbeitung zu kürzen, ohne wesentliche Handlungsteile zu streichen und Stereotype von damals auf heute umzulegen. Interessant am letzteren: die angegebenen Charakterzüge, die in diesem Werk verlacht werden sollen, sind zeitlos und noch immer vorhanden: angeben, um mehr zu scheinen als andere und sich von ihnen abzugrenzen ist allzu menschlich.
(Marius Schiener)
Theater ist ein Prozess und somit auch die Stückentwicklung – es erfordert Mut, Offenheit, Geduld und Lust! Die unterschiedlichsten Persönlichkeiten treffen aufeinander und die Herausforderungen bestehen darin, Stärken herauszufiltern, Ideen und Vorstellungen auszuprobieren und umzusetzen und dem gemeinsamen ,,Wachsen“ Raum zu geben. MITEINANDER entsteht ein kreatives und authentisches Gesamtwerk!
(Michelle Haydn, Schauspielerin)



Inwieweit fließen aktuelle Ereignisse in das Stück ein und wie formt dies den Probenprozess?
„Unsere Inszenierung zelebriert das Changieren zwischen Freuden- und Trauertränen, betont genau dieses Wechselspiel als Stärke des Stückes, das auch über das Thema Krieg und Frieden hinaus wohlgesetzte Hiebe zwischen den Zeilen oder durch szenische „Nebenhandlungen“ zu versetzen vermag. Das Thema ist zeitlos und somit aktuell zugleich, ohne Bedarf an konkreten Anspielungen. Beim Proben, bei der Auseinandersetzung mit dem Inhalt werden natürlich erschütternde Realitäten des Krieges bewusst und sofern möglich etwas nachempfunden, Shaws Humor bietet da aber immer auch „Rettungsanker“ an die man sich halten kann.“
(András Sosko, Schauspieler)





Was kann Theater/Kunst dem Krieg entgegensetzen?
Die Kunst dient unter anderem auch dazu, gesellschaftliche Konflikte in Form von einer eigenen künstlerischen Interpretation zu kritisieren beziehungsweise in Frage stellen. Im Endeffekt kann man Menschen indirekt dazu bewegen, gewisse Dinge sein zu lassen oder auch zu inspirieren, diese zu tun. In dem Sinne kann man Menschen dazu bewegen, keine Kriege mehr zu führen. Jedoch hat man leider direkt keinen Einfluss darauf. Aber man kann seinen Mitmenschen sehr wohl Hoffnung, Mut und Lebensfreude mit der Kunst schaffen.
(Aleksander Fahrner, Schauspieler)
Ein Feindbild bekommt Sprünge, sobald man sich selbst darin sehen kann. Die Bühne ist ein besonders geeigneter Ort, um solche Bilder auszuleuchten, weil auf ihr Dinge passieren- jetzt in diesem Moment mit Menschen, die man anfassen könnte (bitte nicht)- diese Direktheit hat eine unvergleichbare emotionale Schlagkraft. Hier kann Menschen ein Gesicht, eine Geschichte gegeben werden, die zwar beides schon haben, aber in der öffentlichen Wahrnehmung sonst nur Zahlen sind oder Fremde oder Karikaturen oder eben Feinde. Wie will man sich der Menschlichkeit der „Anderen“ entziehen, wenn man sich selbst in ihnen erkannt hat?
(Linda Pichler, Schauspielerin)

Welche persönliche Erfahrungen wurden/werden im Probenprozess gemacht?
Die persönlichen Erfahrungen im Probenprozess sind zumindest für mich immer zweierlei Natur: Zum Einen Erfahrungen, die ich mit mir und meiner zumindest temporär angenommenen Unfähigkeit als Schauspieler mache und zum Anderen Erfahrungen, die sich aus der Beschäftigung mit dem jeweiligen Stoff des Stückes ergeben.
Letzteres war in diesem Fall besonders interessant, weil in Helden Reloaded zu Beginn sowohl der Kriegseifer als auch der pragmatische Zu- bzw. Umgang mit der Katastrophe Krieg vorübergehend gleichberechtigt oder zumindest unkommentiert neben einander stehen. Im Verlauf der Geschichte weicht der Kriegseifer aber letztlich auch dem Pragmatismus. So bleibt am Ende wieder einmal die Erkenntnis, dass die abstrakten Ziele eines Krieges nur für diejenigen von Wert sind, die den Krieg beginnen. Für alle anderen bleibt nur der Pragmatismus.
(Kevin Krennhuber, Schauspieler)

Welchen Wunsch gibt es an das Publikum?
Wir hoffen, dass wir unser Publikum gut unterhalten mit dem Stück und sie ihre Sorgen und Probleme vergessen können und dass wir gemeinsam viel Spaß haben. Mögen wir alle erkennen, dass Krieg und Gewalt nie der richtige Weg sein kann und wir nur weiterkommen, wenn wir alle zusammenhalten und den großen Spalt in unserer Gesellschaft wieder schließen.
Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam eine schöne Zeit erleben und die Welt ein bisschen bunter und fröhlicher machen.
(Manuela Seidl, Schauspielerin)
Dass das Publikum zahlreich strömt und sich gut unterhält.
(Bruno Reichert, Schauspieler)

„Ein mitreißendes reload eines komödiantischen Klassikers, das rundum begeistert und fasziniert. Zweifellos das Stück der Zeit.“
Walter Pobaschnig, literaturoutdoors

„Helden Reloaded“ Premiere_22.9.2022 _ Theater Forum Schwechat
„Helden reloaded“ oder „lieber Schokolade statt Krieg“_Komödie von G.B. Shaw, in einer Neufassung. Eigenproduktion Theater Forum Schwechat
Regie: Marius Schiener
Mitarbeiterin der Regie: Amy Parteli
Ensemble: Michelle Haydn, Linda Pichler, Manuela Seidl, Aleksander Fahrner, Kevin Krennhuber, Bruno Reichert und András Sosko
Kostüme: Sigrid Dreger
Technische Leitung: Werner Ramschak
Bühne: Thomas Fischer, René Knierim, Werner Ramschak und Daniel Truttmann
Premiere_22. September 2022, 20:00
ca. 2 Stunden, eine Pause
WEITERE TERMINE: 24., 27., 28., 29., 30., September und 2.; 5.; 6.; 7.; Oktober 2022, 20:00 _ Beginn 20:00

Ausstellung im Foyer: Kriegerisches
Karikaturen von Stefanie Grüssl, Dorthe Landschulz, Elisabeth Semrad, Ham Bengen, Axel Bierwolf, BURKH, Teja Fischer, Eggs Gildo, Alois Jesner, Daniel Jokesch, Johann Mayr und Reiner Schwalme
Theater Forum Schwechat, Ehrenbrunngasse 24_2320 Schwechat
Spielplan – Theater Forum Schwechat
Walter Pobaschnig 9_22
Alle Fotos_Walter Pobaschnig