GIVE PEACE A CHANCE
Szene 1: Junge Frau im Yogatop mit Katze auf der Couch, ihr Handy in der Hand
G Give peace a chance tippst du in dein Social Media Profil
I im warmen Wohnzimmer auf dem Sofa –
V verdammter Krieg, Je suis Charlie, Stand up for Ukraine.
E Eine Meinung braucht schließlich jeder – me too.
Szene 2: Präsident in seiner 4. Amtszeit, allein am langen Tisch des prunkvollen Saals der Weltpolitik sitzend
P Patria und Parolen triefend vor Pathos
E Ehre, immer geht es um die Ehre. Ehre um jeden Preis.
A Atomwaffen zur Not, wo Panzer nichts mehr ausrichten. Der
C Choleriker am Hebel verbirgt mühsam das altersschwache Zittern seiner Hand.
E Es hat sich nichts geändert seit dem Mittelalter.
A Aber die Welt dreht sich noch. Dreht sich weiter. Weiter.
Szene 3: Eine Gruppe Menschen hat sich in einem Keller verbarrikadiert, Alte und Kinder und eine verstörte Katze, in der Ferne dumpfes Kanonengrollen
C Chaos draußen. Stille hier unten.
H Habseligkeiten in Plastiktüten. Stumm hocken sie da. Leere Gesichter.
A Aus Angst wird Apathie, während dort oben die Stadt zerreißt. Ringsum wird gestorben. Und
N nichts entgegenzusetzen.
Leise erklingt der 4. Satz von Beethovens 9. Sinfonie
C Chor: Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium … alle Menschen werden Brüder …
Schwestern!, tippt die junge Frau auf dem Sofa in ihr Handy.
E Es gibt keine einfache Formel, um den Frieden herbeizuschreiben. Wir müssen ihn leben (auch auf Instagram, aber nicht nur). Jeder von uns. Täglich. Immer wieder. Auch dann, wenn keiner zuschaut. Auch dann, wenn es schwerfällt. Vor allem dann.
Veronika Bauer, 17.8.2022

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:
Veronika Bauer, Schriftstellerin
Foto_privat
Walter Pobaschnig _ 17.8.2022.