



160×120 Öl, Acryl, Ölkreide auf Leinwand_6/2022
IM KONKRETEN FREIEN FALL
VOM YUPPIE
ZUM PUPPIE
TRÖSTET DANDY
MIT HEISSEM
BAKER MILLER
EIS



160×120, Öl, Acryl, Ölkreide, Asche, Spray auf Leinwand_2022




Liebe Lola, herzlichen Dank für die Einladung in Dein beeindruckendes neues Atelier „Kunstraum Tabaktrafik“ im Herzen Wiens!
Wann hast Du Dein Atelier bezogen und welche Pläne hast Du jetzt hier?
Ich habe den Raum zu Beginn des Sommers übernommen, also taufrisch. Aufgrund sommerbedingter Reisetätigkeit habe ich das Atelier bisweilen nur rudimentär genutzt, aber im September findet die offizielle Eröffnung mit einem Salongespräch mit Prof. Robert Pfaller statt. Dann wird es im Herbst „open evenings“ geben, bei denen man die aktuelle Ausstellung bildender Arbeiten besichtigen kann. Die Ankündigung erfolgt unter http://www.kunstraumtabaktrafik.com .
Fix geplant sind ein Herbst-, Winter-, Frühlings- und Sommersalon sowie auch in weiterer Folge Gemeinschaftsausstellungen.




250×120 Öl, Acryl, Spray auf textilisiertem Holzrahmen 2022






80×120, Öl, Acryl, Ölkreide, Spray, Collageelemente auf textilisiertem Holzrahmen 12/2021

Hast Du den Lebens- und Kunstraum um Dein Atelier schon etwas kennenlernt?
Da ich seit einigen Monaten in der Nähe wohne, ja. Der 2.Bezirk ist so spannend zu entdecken, er liegt einerseits sehr zentral, andererseits fühle ich mich wie in einer eigenen Stadt in der Stadt – das ist großartig. An vielen Ecken, wie eben dem Czerninviertel, finde ich ein geheimnisvolles, unentdecktes Wien vor. Die Atmosphäre beispielsweise links von der Praterstrasse, also im Rotensternviertel oder Kameliterviertel, empfinde ich ganz anders als rechts v.d.Praterstrasse, im Czerninviertel- und genau diese Unterschiede machen die Gegend so spannend und bereichernd. Sie sehen schon, ich liebe das Grätzel.




120×180 Öl, Acryl, Ölkreide auf textilisiertem Holzrahmen 4/2022
Abhängen mit Schuh
Nichts vor mit Lichterkette
Macht skeptisch am Teppich
Flugmodus gut gegen Klugscheisser
Fliegenpilz schön fürs Auge
Heugeigen besser als Ruf
Maggi-Halter aus der Mode
Himmel meerblau
Miami Vice geht immer







Wie waren/sind Reaktionen des Lebensumfeldes hier?
Da die Tabaktrafik lange leer stand, erweckt die neue Nutzung großes Interesse, vor allem auch weil ich zu völlig unregelmäßigen Zeiten vor Ort bin. Ich habe dann meist die Eingangstüre offen stehen und die am Gehsteig vorbeiziehenden Leute bleiben stehen und fragen Dinge wie: “Was machen sie denn da?“ oder konkreter “Ich habe eine Freundin, die ist Künstlerin, hat die die Möglichkeit hier auszustellen?“….







Es ist eine Mischung aus skeptischer Neugier und Interesse. Ich beantworte oft mehr Fragen, als mir beim Arbeiten eigentlich lieb ist.

Was schätzt Du jetzt schon besonders hier in der Leopoldsstadt, dem zweiten Wiener Gemeindebezirk?
Ich sage immer:“ Der 2.Bezirk drängt sich einem nicht auf“.
Ich habe, seit ich in Wien lebe, schon in vielen unterschiedlichen Bezirken gelebt und gearbeitet, aber das Gefühl in einer eigenen Welt zu sein, erlebe ich hier- im Mikrokosmos Leopoldstadt- am intensivsten.


Welche Schwerpunkte hast Du derzeit in Deinen Kunstprojekten?
Ich arbeite ja schon seit längerem mit textilen Strukturen, aktuell fokussiere ich mich diesbezüglich auf Großformate, was technisch besondere Anforderungen mit sich bringt. Das heißt das Bespannen der großen Holzrahmen ist ein vorbereitender, aber prägnanter Arbeitsschritt für mich- das Bild ist schon im Entstehen, ich stehe praktisch selten vor der berühmt berüchtigtem weißen Leinwand.

160×120, Öl, Acryl, Ölkreide, Spray auf Leinwand_2022





160×120, Öl, Acryl, Ölkreide auf Leinwand_2022
Jenes Alter,
als er das Bouquet des erträumten Lebens aufsog,
liegt weit zurück
und doch kann er an guten Tagen noch erahnen, wie es gerochen haben könnte.
Dufte! Er lächelt milde










Wir haben als Thema für das Fotoshooting in Deinem Atelier die Zeit der 1970er Jahre gewählt. Welche Zugänge gibt es für Dich zu dieser Epoche?
Nun, dass die Tendenz besteht, dass man retrospektiv Epochen oder Lebensgefühle glorifiziert oder Aspekte in der Nachsicht ausspart, ist ein bekanntes Phänomen. Jedoch glaube ich, dass sich viele Menschen in den 1970ern der Glamourösität dieses Zeitgefühls bereits bewusst waren, nicht erst retrospektiv betrachtet.

Was unterscheidet die 70er von den Jahrzehnten davor/danach?
Rein von der Formensprache und Ästhetik symbolisieren die 70er Fülle, Lebensfreude, Glamour und Leichtigkeit.

200×100 Öl, Acryl, Spray auf Leinwand_6/2022


120×160 Öl,Ölkreide,Acryl a.Leinwand 31.12.2021
Was zeichnete die Mode und die Gegenstände/Accessoires der Lebenswelt damals aus?
Die Mode war natürlich von den Auswirkungen der sexuellen Revolution ab 1968 geprägt- kurz, bunt, lebensfroh. Die bevorzugte geometrische Form war rund, das zeigt sich in Tapetenmustern, Möbeln, Schriftzügen und Karosserieelementen. Das Interieur konnte nicht bunt genug sein, wobei man sich hier meist in Bereich des warmen Farbsegments bewegte- orange, braun, beige, ocker. Die Einrichtung von Colombo-Häusern war der Inbegriff des damaligen Ästhetikbegriffs.





Was schätzt Du besonders an den 70er und fließt dies auch in Deine Kunstprojekte ein?
Meine Arbeiten sind füllig und bunt, alles ist erlaubt. Die Manifestierung von Lebensgefühlen ist ein wesentlicher Motivator für meine Arbeiten, dazu gehören auch Gefühlswelten die ich anachronistisch verorte. Und als Kind der 1970er ist diese Welt zumindest auch unbewusst immer prägend für die eigene Arbeit.

120×80 Öl, Acryl, Ölkreide auf textilisiertem Holzrahmen 2022




160×120 Öl,Ölkreide, Acryl a.Leinwand, 2022,
Vertreten
Das gesellschaftliche Ich tanzt mit dem eigentlichen tritt auf den Anspruch des Standpunkts mit Füßen vertreten werden darf.

Gibt es einen Film der Zeit, den Du hervorheben möchtest?
Ich habe unlängst „Der Eissturm“ wiedergesehen, ein Film des taiwanesischen Regisseurs Ang Lee, der zwar 1997 herausgekommen ist, jedoch im Jahr 1973 spielt und sich-dramatisch- mit den Eigenheiten der amerikanischen Gesellschaft in den 70ern auseinandersetzt. Hier geht es – eingebettet in vordergründige Glamourösität – um die innerpsychologischen Tücken und gesellschaftlichen Dramen der Zeit des Vietnamkriegs und der Watergate-Affäre.



80×120 Öl, Acryl, Ölkreide,.Spray a.textilisiertem Holzrahmen, 12/2012
Rosalie verschenkte drei Punkte.
Diese werden nun in der warmen, emsigen Stube geraucht.
Tüchtig, sehr tüchtig.

Du hast in Modestil und Accessoires eine perfekte Zeitreise in die 70er erschaffen! Welche Schwerpunkte hast Du dabei ausgewählt?
Psychodelische oder florale Muster in feinem Strick – und ein weißer Filzhut. Große Ohrringe, Ringe und Ketten in Bronze oder Gold.

Was können wir aus den 70er in Leben und Kunst in das Heute mitnehmen?
Es schleicht sich heute wieder eine vermehrte Prüderie ein, da kann die Offenheit als Maxime der 70er sicher als Impulsgeber dienen.




Was wünscht Du Dir für den Kunst- und Lebensraum in „Deinem“ Bezirk hier?
Die Unverwechselbarkeit und das Anachronistische möge länger erhalten bleiben, als in anderen Innenstadtbezirken – die mögliche Zeitreise möge lange währen.
Herzlichen Dank, liebe Lola, viel Freude und Erfolg weiterhin!







Atelierbesuch_
Station bei Lola Lindenbaum, Kunstraumtabaktrafik, 1020 Wien
http://www.kunstraumtabaktrafik.com
Lola Lindenbaum, Künstlerin, Wien
https://www.lolalindenbaum.com/de/
Alle Bilder/Texte: Lola Lindenbaum
Kostüm/Accesoires: Lola Lindenbaum
Interview und alle Fotos_ Walter Pobaschnig
Walter Pobaschnig 8_22