

Station bei Malina_Wien_Walter Pobaschnig _
Pressebüro Evangelische Kirche _ Foto: Marco Uschmann,
Jetzt sitzt er im Flugzeug. Am Weg zu einem Begräbnis. Und denkt dabei auch an das eigene und aller an Bord, denkt an den Absturz, den Tod. Wie wohl alle einmal in der Luft, beim Start, der Landung.
In der Berichterstattung darüber wäre er ein Teil der Gesamtsumme der Toten. 224. Mehr wohl nicht. Aber immerhin. „…Man hat oft genug das Pech alleine zu sterben.“ Aus diesen Gedanken und lebend wieder am Boden angekommen, geht es zum Friedhof. Zum Tod und doch ins Leben hinein. Zu Kontakten mit Menschen, die es sonst nicht gibt für ihn. Denn er hat als Lebensform das Alleinsein gewählt und das ist Glück für ihn, „eine Art Einsamkeit, die er vollkommen nannte.“
Gerda weint. Und jetzt brechen Leben, Leiden, Schuld, Gewissen vor ihm auf. Wie ein Absturz. Doch er denkt nach, kein Mitleid, geht weiter. Und dann Mathilde an der Zugstation. Die 8 und die 9. Hausnummern. Nachbarschaft. Ein Gespräch, und Netze beginnen sich zu spinnen. Fein, fest, ohne Ziel…
„Wir sehen uns bestimmt wieder.“
Ein Weg, ein Flug beginnt für ihn und er weiß nicht wohin seine Gedanken, seine Einsamkeit und die Welt herum führen werden…
Ana Marwan, Bachmannpreisträgerin 2022, begeistert in ihrem Debütroman mit einem Sprachzauber, der vom ersten Satz an in den Bann zieht und nicht mehr loslässt. Hier kommt jedes Wort, jeder Satz aus dem pochenden literarischen Herz der Möglichkeiten von Form und Inhalt modernen Erzählens und Ana Marwan greift nach diesen selbstbewusst und genial. Da sind Überraschung, Spannung, Humor, ganz feine Ironie und immer wieder vieldeutige Textimpulse, die Sinn und Unsinn von Mensch und Welt auf den Punkt bringen und wieder in die Luft werfen.
Es ist eine spielerische Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit, die Ana Marwans Sprache auszeichnet und einzigartig macht. Ein sensationelles Romandebüt, das modernes Erzählen neu definiert!
„Der Kreis des Weberknechts“ Ana Marwan. Roman. Otto Müller Verlag
Interview_Ana Marwan 7_2022
Literatur – Bachmannpreis
Walter Pobaschnig 7_22