Bachmannpreis 2022 _ „Ich mache gerne einen literarischen Stunt“ Mara Genschel, Schriftstellerin, Bachmannpreisteilnehmerin 2022 _ Klagenfurt 27.6.2022

Mara Genschel, Schriftstellerin _ Berlin
_ Bachmannpreisteilnehmerin 2022

Liebe Mara, wo liegen die Wurzeln, Inspirationen Deines Textes?

Ich wollte eine Erzählung über den Entstehungsprozess einer Erzählung schreiben. Der Text ist in der Corona Zeit im Winter entstanden, in diesem Lockdown-Pandemie Zustand, wo man ja nicht vor die Tür gegangen ist und wenig input abseits der screens, dem Internet und dem Sehen im absoluten Nahbereich hatte. Das Fenster ist eine Art Metapher dafür.

Diese Art von passiver resignativer Grundhaltung habe ich versucht zu analysieren und anderseits auch zu persiflieren, weil ich diese nicht für eine Lösung erzählerischen Schreibens halte.  

Es ist auch eine Art Selbstportrait im move des Beobachtetwerdens. Dabei verwendete ich auch Approximation-Markierungen, etwa im Titel „Das Fenster zum Hof“.

Lesung ORF Gartenbühne _ Mara Genschel

Mich interessieren auch immer performative Strukturen, das Text-Verhalten. Deshalb habe ich dann überspitzt diese absolute Inhaltslosigkeit mit wenig dürren blassen Bezügen zu Klassikern, die im übertragenen Sinne direkt auf dem Regalbrett liegen, in Beziehung gesetzt. Der Film „Das Fenster zum Hof“ von Hitchcock ist natürlich strukturell supercool gemacht.

Ist Interdisziplinarität in der Kunst für Dich ganz wesentlich im Schreiben?

Ja, aber ich möchte mich nicht unbedingt auf diesen Begriff festzurren. Ich denke eher an Textlichkeit außerhalb literaturbetrieblicher Textbeschaffenheit.

Wie hast Du die Jurydiskussion Deines Textes erlebt?

Also, ich muss ganz ehrlich sagen, diese ist etwas an mir vorbeigerauscht – aus akustischen Gründen und auch weil meine Konzentration noch woanders war. Ich habe mich aber über Zuspruch und bestimmte Schlagworte gefreut. Michael Wiedersteins Begriff des „Stunt“ fand ich super. Ich mache gerne einen literarischen Stunt.

Philipp Tingler provoziert eine Auseinandersetzung, die in diesem Konstrukt nicht möglich ist. Das ist das eigentliche Dilemma. Vielleicht nicht einmal die Art wie er ist, sondern, dass man nicht „zurückschlagen“ kann, weil wir nicht selbst im Studio sind. Das ist vielleicht eine strukturelle Fehlkonstruktion von diesem Setting Versuch.

Du hast Dich auch selbst in der Jurydiskussion zu Wort gemeldet. Das kommt sehr selten vor. Was war Dir dabei wichtig?

Ich finde es generell gut, diese Möglichkeit zu haben und es wurde ja eine Steilvorlage geliefert. Erlebt habe ich es dann, dass es gar nicht so leicht ist, einzugreifen. Erstens aus technischer Hinsicht und zweitens, weil die Diskussion so eine Dynamik hat und man aus verschieden Gründen – etwa Höflichkeit, Neugier, Faulheit – nicht richtig reinkommt.

Ich kann mir vorstellen, dass ich nicht die Einzige war, die Bock hatte, sich da so zu zeigen. Aber das ist nicht leicht und je nachdem wie die Diskussion verläuft, geht das halt dann gar nicht. Ich hatte einfach das Glück, dass ich eine schöne kleine Steilvorlage gekriegt habe.

ORF Studio _ vor der Preisverleihung Bachmannpreis _
Mara Genschel, Juan S.Guse (Deutschlandfunk Preisträger 2022), Maskenbildnerin Michaela Haag, Andreas Moster, Eva Sichelschmidt und Leona Stahlmann (alle erste Reihe von links)

Wie hast Du das Lese-, Jury-, Publikumssetting heuer erlebt?

Das kann ich nicht vergleichen, ich kenne ja Klagenfurt nicht anders.

Eigentlich mag ich Gartenlesungen nicht. Aber diese Gartenlesung war superschön. Es war gelöstes, lockeres Publikum da.

Es war eine sehr starke Live_Situation. Mehr als ich das konzipiert hätte. In der Vorbereitung für meine Lesung habe ich sehr stark über das Fernsehen nachgedacht. Wie sind die Bilder im Fernsehen? Wo ist die Kamera? Wo gucke ich hin?

Ich dachte, ich lasse die Live-Situation etwas außen vor aber dann hat sie mich überwältigt, weil sie einfach cool war. Well es eine schöne Stimmung war.

Wie hast Du die Schnurrbartmaske gestylt?

Es ist Echthaar, ich war beim Frisur und habe es dann zur Maskenbildnerin Michaela Haag im ORF mitgebracht. Und sie war ganz toll, hat sofort verstanden, was ich will und fand das super – bart&crime.

Mara Genschel, Schriftstellerin _ Berlin
_ Bachmannpreisteilnehmerin 2022

Liebe Mara, herzlichen Dank für das Interview und das Dabeisein in Klagenfurt, viel Freude und Erfolg weiterhin!

Im Interview _ Mara Genschel, Schriftstellerin_Berlin _ Bachmannpreisteilnehmerin 2022

46.Bachmannpreis _ Klagenfurt 22. – 26.6.2022

Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _

Walter Pobaschnig 6_22

https://literaturoutdoors.com

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