„Gib mir die Schatten zurück, die sich wie Brücken verlängern“ Marco Grosse, Schriftsteller _ Give Peace A Chance _ Bonn 26.6.2022

GIVE PEACE A CHANCE

Gib mir die Schatten zurück, die sich wie Brücken verlängern

und unter unserem Dahinschreiten streckten, als hätte es nur richtige Wege gegeben, in der Vielzahl der Möglichkeiten.

In ihren entlegenen Rändern befand sich unsere Heimat.

Verdeckt von Übergängen, von Zeit, vom täglichen Geben und Nehmen, spürten wir unsere Schläfen und das Trommeln unserer Füße.

Es müssen Verzweifelte sein, die versuchen, Feuer in ihren Händen zu halten, ohne sich zu verbrennen.



Planspiele mit Petroleum oder Pferdeflüsterer? Präsidenten oder Premiers? Wir schalten die Nachrichten ab. Planeten gaben immer Orientierung, jetzt sind sie verdeckt vom Rauch unnützer Worte. Immer der Sonne nach, sagst du, während unsere Schuhe am heißen Asphalt kleben.

Ein Gedanke ist schon ein Gebet, denke ich, und in diesem Denken erfüllt sich die Aussage, und als ich dir davon erzählen will, sprichst du von deinen Gedanken, die die Spiegelung der meinigen sind, als könntest du Gedanken lesen.

Auf unseren Köpfen rieseln Kondensstreifen. Wir legen uns flach auf den Boden, als könnten wir so ausharren und eins werden mit dem Pulsieren der Erde.

Camouflage, flüsterst du, während unsere Köpfe eine Mulde in das Feld drücken und unsere Zungen den Humus berühren.

Eines Tages werden wir die Leere der Herzen begreifen, mit Träumen zu füllen versuchen, doch was ist jetzt?



Antworten suchen wir, die uns nicht den Mut nehmen, die im Wendekreis des Krebses der Freiheit ein Denkmal setzen.



Carabiner, Colts, Caliber, Crediteintreiber. Calibrieren. Cretino. Cosa credi?

Hüzün. Am nächsten Tag sind wir der Traurigkeit verfallen, scharfe Paprika noch in der Kehle, es gibt keinen Ausweg. In der Wartehalle am Kai schauen wir den Katzen nach, bis die Fähre uns hinausträgt, in die Meerenge am goldenen Horn. Dann zählen wir die Wellen, sehen die Reflektionen des Ganzen, dazwischen den Rücken eines Delphins, der wie ein Seraphim beim Sprung aus den Wogen zu uns blickt, uns vorauseilt, in die Vielfalt der Wirklichkeit, wo die Sonne jetzt unser Verlangen liebkost.

Auf der anderen Seite der Stadt lernten wir mit Wunden zu leben.

Niemand ist Normalnull.

Cinderella stand als Name auf der eisernen Verkleidung, die in sich den Sprengstoff trug: Schau der Wirklichkeit ins Auge, sagten sie, aus Angst, aus Notwendigkeit, aus Gehorsam — sie halten alle Brenngläser in den Händen, haben das Apfelpflücken vergessen und lassen die Früchte auf den Bäumen verrotten.

Erst gestern standen wir abends neben den Anglern auf der Brücke, schauten ihnen zu und glaubten an ihre Zeichensprache, ihre endlose Geduld, während die Muezzinrufe das Dröhnen des Verkehrs durchdrangen. Die Angelleinen, die die Luft durchtrennten, bevor sie hinabsanken, führten geradewegs ins schwarze Wasser, bis ein Fisch anbeißen würde.


Marco Grosse, 1.6.2022

Marco Grosse, Schriftsteller

Give Peace A Chance_Akrostichon for peace:

Marco Grosse, Schriftsteller

Foto_privat.

Walter Pobaschnig _ 1.6.2022.

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