„Ich wünsche mir eine baldige Überwindung des „Produktionsstaus“ der Theater“ Nikolaij Janocha, Schauspieler _ Berlin 29.1.2022

Lieber Nikolaij, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Wenn ich gerade keine Proben oder einen Dreh habe: Aufstehen gegen 9:00, Kaffee bei einer kleinen Runde vor meiner Nintendo Switch (mein ältestes Hobby – thank you, Mario), danach Mails beantworten etc. – “Bürokram” halt. Derzeit bin ich am Text wiederholen für eine anstehende Tournee mit dem Stück „Amadeus“ im Februar und März. Dann zweiter Kaffee. Wenn ich mich überwinde eine runde Joggen (gerade läufts gut, Notiz an mich selbst:weiter so!).Im Anschluss vielleicht ein Spaziergang durch Berlin, Einkauf fürs Abendessen und kochen – Die Pandemie mit der vielen Zeit zu Hause hat meine Kochkünste stark verbessert zum Glück. Abends hau ich mir dann wie viele irgendeine Serie oder nen guten Film rein (zuletzt begeistert hat mich “Atlanta” von und mit Donald Glover).

Nikolaij Janocha, Schauspieler

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Kontakt halten mit Freund*innen (auch über die Distanz), solidarisch bleiben, nicht grantig werden und geht’s impfen, herrje!

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Für mich persönlich ist Theater Lebensunterhalt, also hoffe ich natürlich auf wenig Absagen dieses Jahr – und dass das neue Stück unseres freien Theaters “Theater Grand Guignol”, was wir im Herbst aufführen wollen, üppig gefördert wird. Insgesamt wünsche ich mir eine baldige Überwindung des „Produktionsstaus“ der Theater (weil so viel abgesagt werden musste wird nun vielerorts das gespielt was schon seit einiger Zeit “fertig” geprobt ist – darum gibt es weniger neue Produktionen und deshalb auch weniger Rollen zu besetzen für uns freie Schauspieler*innen). Für die Gesellschaft insgesamt hoffe ich, dass bald wieder jede Art von Kultur des gemeinsamen Erlebens – also Theater, Konzert, Museum, Tanz wie auch das kleine Livekonzert im Pub oder die Clubnacht am Wochenende sicher und ohne Bedenken möglich sind, das bringt uns Menschen einfach zusammen und ohne diesen Austausch wird man langsam aber sicher irre.

Das muss also bitte nicht heißen, dass nun alle Theater thematisch die Pandemie beackern müssen – ich glaube, das schwingt eh mit in der Arbeit – denn, dass ein geniales Theaterstück die Gesellschaft retten wird, glaub ich eher nicht. Aber, dass die Menschen wieder Lust aufs Gemeinsame haben, das glaube ich schon. Da sollten die Theater die Türen öffnen und Abende zeigen, die zum Austausch einladen.

Was liest Du derzeit?

„Mit Elfriede durch die Hölle“ von Katharina Tiwald – da erlebt Elfriede Jelinek eine absurde Reise zum Flughafen Schwechat wie in Dante Aligheris „Inferno“ mit bekannten Zeitgenoss*innen Österreichischer und internationaler Prominenz als gequälte Seelen, Teufel, Erzengerl – herrlich seltsam zu schmökern.

Außerdem habe ich wieder den Sci-Fi-Meilenstein „Snow Crash“ von Neal Stephenson angefangen, da gibt es statt Staaten nur mehr sich bekriegende Großkonzerne und mittendrin coole Held*innen  die gegen einen üblen (Computer-)Virus kämpfen – aus dem Buch stammen die Begriffe „Metaverse“ und „Avatar“ für unser virtuelles Alter-Ego – also mal wieder überprüfen wie weit die Realität noch davon entfernt ist!

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

“Wer zu enge Hosen kauft, hat noch Hoffnung.” – Anna-Sophie Fritz    

Nikolaij Janocha, Schauspieler

Vielen Dank für das Interview lieber Nikolaij, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an Künstler*innen:

Nikolaij Janocha, Schauspieler

Fotos_1 u. 4 Lena Meyer; 2 Nikolaij Janocha in “Dickhäuter”, Salzburger Festspiele, 2021, Foto_Erika Mayer; 3 Nikolaij Janocha in WASTED, Werk X Petersplatz, Wien 2019, Foto_Alex Gotter.

Künstlerbio Nikolaij Janocha:

Nikolaij Janocha absolvierte sein Schauspielstudium an der Universität Mozarteum in Salzburg.Erste Hauptrollen (Mephisto in “Faust I”, Ariel in “Der Sturm”, Jean in “Fräulein Julie”) spielte er am Zimmertheater Rottweil und war danach von 2014-2016 Ensemblemitglied am Jungen Staatstheater Braunschweig:Dort war er an erfolgreichen Produktionen mit Regisseur*innen wie Juliane Kann (“Das Tierreich”), Mareike Mikat (“Léonce und Lena”, ausgezeichnet am Hart am Wind – Festival 2015) und Martin Grünheit (“35 Kilo Hoffnung”) beteiligt.

Seit 2017 ist er freischaffend tätig und war in Wien am Werk X – Eldorado in der Uraufführung „Mutterseele“ von Thomas Perle zu sehen.Danach gastierte er für zwei Stücke am Schweizer Theater Kanton Zürich: “Die Schwarze Spinne” von Jeremias Gotthelf (Regie: Elias Perrig) sowie „Tschick“ von Wolfgang Herrndorf (R:Johanna Böckli).

Seit 2018 steht Janocha immer wieder an den Schauspielbühnen Stuttgart auf der Bühne: Zunächst in “Willkommen” von Lutz Hübner und Sarah Nemitz (R:Schirin Khodadadian), 2019 in “Zwei Tauben für Aschenputtel” (R:Catja Baumann) und zuletzt 2021 als Venticello in ”Amadeus” (R:Udo Schürmer).

Mit dem Morosis.Kollektiv realisierte er 2019 die Österreichische Erstaufführung von “WASTED”(Kate Tempest) in Wien.Nikolaij Janocha lebt in Berlin und ist Mitglied der Theatergruppe THEATER GRAND GUIGNOL mit bisher drei Uraufführungen in Braunschweig, das Stück “Ein Leben lang kurze Hosen tragen” war 2020 beim Festival BEST OFF nominiert.

Instagram: @nikolaijjanocha

25.1.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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