„Romy Schneider hat sich als „sentimentale Wienerin“ bezeichnet“ _Interview Günter Krenn, Autor _ 40.Todesjahr Romy Schneider _ Wien 18.1.2022

Patricia Elisabeth Trageser _ Schauspielerin _Wien/Berlin
reenacting Romy Schneider

Sehr geehrter Herr Krenn, wie kam es zu Ihrem aktuellen Buchprojekt zu Romy Schneider?

Als mich der Molden-Verlag fragte, ob ich mir eine Publikation zum Thema Romy Schneider vorstellen könne, war ich zunächst skeptisch. Nach zwei Büchern über sie, einer Biographie und einem Buch über die Amour Fou mit Alain Delon, die ich verfasst habe, schien mir kein weiteres Thema passend, bis mir ihre Familiengeschichte einfiel, die mich bei Lebensgeschichten immer besonders interessiert. Bei meinen letzten beiden Arbeiten, einer Biographie über Karlheinz Böhm und einer über Serge Gainsbourg & Jane Birkin, schien mir die Familiengeschichte mindestens ebenso spannend wie die der Protagonistinnen und Protagonisten. Wir alle sind schließlich Teil einer Familiengeschichte, ob wir wollen oder nicht…

Günter Krenn, Autor, Österreichisches Filmmuseum

Wie gestaltete sich der Entstehungsprozess des Buches? Welche Schwerpunkte zu Leben und Werk wurden gesetzt?

In diesem Buch habe ich Romy Schneiders Leben in die Geschichte ihrer Vorfahren eingebettet, erzähle von der Schauspieldynastie der Albach-Rettys und der Familie Schneider, wobei vor allem die der Rettys faszinierend ist, da es sich um eine Familie handelt, deren Mitglieder über Generationen im Theatergewerbe tätig waren. Romys Großmutter Rosa Albach-Retty etwa stieg vom Kind eines Wanderschauspielerehepaares bis zur Doyenne des Wiener Burgtheaters empor und lebte von 1874 bis 1980 unglaubliche 106 Jahre! Auch Romys Eltern Magda Schneider und Wolf Albach-Retty waren im Schauspielberuf tätig, es war daher für Romy Schneider nicht immer leicht, sich gegen diese Familientradition durchzusetzen, sich, wie es der Titel nennt, „frei zu spielen“. Ein ähnliches Problem hat nun auch ihre Tochter Sarah Biasini, die ebenfalls im Rahmen der Familiengeschichte im Buch berücksichtigt wird.

Welche Gespräche haben Sie geführt? Gab es Kontakte zur Familie von Romy Schneider?

Bei diesem Buch habe ich mich sehr viel mit Dokumenten befasst, die im Österreichischen Staatsarchiv, der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, sowie dem Bundesarchiv in Berlin liegen. Ich wollte meine Ausführungen, die weit ins 19. Jahrhundert zurückgehen, aber auch jene über die Zeit des Nationalsozialismus konkret belegen können. Außerdem verwendete ich den Nachlass von Ernst Marischka in den Filmbezogenen Sammlungen des Österreichischen Filmmuseums, wo ich arbeite. Um ein wenig mehr Einblick in die Familienatmosphäre zu gewinnen, stellte ich Romy Schneiders Nichte Patrizia Albach einige gezielte Fragen, die nur jemand aus dem engeren Familienkreis beantworten konnte. Und natürlich konnte ich bei meiner Arbeit auf zahlreiche Interviews aus der Vergangenheit zurückgreifen.

Romy Schneider ist in Wien in eine bedeutende Schauspielfamilie geboren. Wie waren die Beziehungen Romy Schneiders zu bzw. der Einfluss Ihrer Familie väterlicher- und mütterlicherseits?

Väterlicherseits gab es, wie schon erwähnt, die auf bereits mehrere Generationen zurückgehende Theatertradition, mütterlicherseits den Filmstar Magda Schneider, der ebenfalls am Theater ausgebildet worden war. Dieses Vorbild einer erfolgreichen Schauspielerfamilie hatte Romy Schneider stets vor Augen und war vom Phänomen des Theaters zeitlebens beinahe eingeschüchtert. „Das einzig Wahre für einen Schauspieler ist die Bühne“ hat sie in Interviews immer wieder betont und dabei sicher wiederholt, was man ihr doziert hatte.

Welche Beziehung hatte Romy Schneider zu Ihrem Vater, dem Wiener Schauspieler Wolf Albach-Retty (1906 – 1967) und Ihrer Großmutter der Schauspielerin Rosa Albach-Retty (1874 – 1980)?

Ihr Vater war der große Abwesende in Romy Schneiders Kindheit, sie hat ihn idealisiert, geliebt und verehrt, selten kritisch gesehen. Auch die Großmutter war, einerseits wegen ihrer Stellung als Burgtheaterschauspielerin, andererseits als starke Frauenpersönlichkeit, jemand, den Romy Schneider sehr bewundert hat. Auch wenn Rosa Albach-Retty, noch bevor Romy sich ihre ersten Sporen beim Film verdient hat, einmal über sie gesagt haben soll: „Kein Talent. Kein Organ. Die kann nicht zum Theater!“

Romy Schneiders Vater konvertierte zum evangelischen Glauben. Welche Bewegründe gab es da und wie vollzog sich dies?

Meiner Erinnerung nach müsste es umgekehrt gewesen sein. Wolf Albach-Retty war nach der Konfession seiner Mutter Rosa evangelisch und hat vor der Ehe mit Magda Schneider deren katholisches Religionsbekenntnis angenommen. Er zeigte vor allem in jüngeren Jahren wenig Interesse für religiöse Dinge, sondern eher für Autos, Frauen, die Jagd, daher denke ich nicht, dass er über seinen Konfessionswechsel allzu viel nachgedacht hat.

Welche Bedeutung hatte Religion für Romy Schneider? Wurden ihre Kinder getauft?

Zur „Gretchenfrage“ hat sich Romy Schneider kaum geäußert, weder was sie selbst noch ihre Kinder betrifft. Sie wurde katholisch getauft, ging einige Jahre auf ein Internat mit katholischen Schwestern. Das hat sie zweifellos geprägt. Im Laufe ihres Lebens hat sie sich sehr für das Judentum zu interessieren begonnen, vor allem, weil sie sich ausgiebig mit den Verbrechen des Nationalsozialismus beschäftigt hatte. Die Namen für ihre Kinder, David und Sarah, waren bewusst gewählt, eines der ersten Geschenke an ihren Sohn war ein Anhänger in Form des Davidsterns.

Gab es seitens der Großmutter auch Kontakt zu den Kindern Romy Schneiders?

Wenn sich die Frage auf Rosa Albach-Retty bezieht, so haben sich einige Besuche mit Romys 1966 geborenen Sohn David ergeben, wenn sich die Großfamilie auf dem Anwesen Magda Schneiders in Schönau am Königsee traf. Sarah wurde 1977 geboren, zu jenem Zeitpunkt lebte Rosa mit 103 Jahren bereits im Künstlerheim in Baden bei Wien. Da sie 1980 starb, werden sich, wenn überhaupt, nur wenige Treffen mit der Kleinen ergeben haben. Rosa Albach-Retty kannte die Urenkel aus diesem Familienzweig wohl eher von Fotos und Erzählungen her.

War Romy Schneider bei den Begräbnissen Ihres Vaters bzw. Ihrer Großmutter in Wien anwesend und war Sie da familiär eingebunden?

Bei der Beerdigung ihres Vaters im Jahre 1967 auf dem Evangelischen Friedhof in Wien war Romy Schneider dabei. Anders war dies 1980, als ihre Großmutter in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt wurde. Da reiste Romy Schneider erst ein paar Tage später an, um allein und vor allem anonym Abschied nehmen zu können. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits ein beliebtes Opfer von Paparazzi geworden, die mit Fotos der trauernden Romy Schneider viel Geld verdienten. Das nahm immer groteskere Formen an: Um den medialen Rummel um ihre Person zu entgehen, hatte sie das Begräbnis ihres ersten Ehemannes Harry Meyen in Hamburg ein Jahr zuvor kauernd auf dem Boden eines Lieferwagens verlassen müssen. Ähnliche Szenen wollte sie der Familie und sich selbst bei diesem Anlass ersparen.

Was bedeutete Romy Schneider Wien? Welche besonderen Bezugsorte gibt es da?

Romy Schneider kam 1938 in Wien zur Welt, als Österreich bereits Teil des Deutschen Reichs war und sie blieb zeitlebens deutsche Staatsbürgerin. Dennoch hat sie sich oft als „sentimentale Wienerin“ bezeichnet und gerne Zeit hier verbracht. Einige der Filme aus den Anfängen ihrer Karriere sind in Wien entstanden, sie hat während der Dreharbeiten oft im Hotel Sacher gewohnt. Ihre Großmutter lebte im 19. Bezirk in der Reithlegasse. Die Familie Schneider besuchte in Wien gerne diverse Theater, darunter natürlich das Burgtheater, aber auch die Staatsoper. Wenn man Romy Schneiders Stimme hört, fällt vor allem bei privaten Aufnahmen, die österreichische Färbung darin auf. Sie hatte zwar keine offiziellen österreichischen Dokumente, trug ihren diesbezüglichen Pass aber auf der Zunge.

Wo wurden die Sissi Filme, mit denen Romy Schneider Mitte der 1950er Jahre schnell berühmt wurde, in Wien gedreht?

Bei den Außenaufnahmen sowie einigen Interieurs hat man sich für das für Tourismuszwecke äußerst wirksame Schloss Schönbrunn entschieden, obwohl die österreichische Kaiserin mehr Zeit in der Hofburg verbracht hat. Einige Szenen wurden im Palais Liechtenstein gedreht, vieles in den Studios am Rosenhügel. Die legendäre Filmhochzeit fand nicht wie in der historischen Wirklichkeit in der Augustinerkirche statt, sondern in der Michaelerkirche, die man wiederum als Stephansdom ausgab…

Was waren Motive für die Schauspielerin nach Frankreich zu gehen und wie reagierte Ihre Familie darauf?

Romy Schneider ging zweimal nach Frankreich. Einmal 1958, als sie Alain Delon frischverliebt folgte, um mit ihm in Paris zu leben. Das sorgte innerhalb ihrer Familie für einen Skandal, weil die in ihren Filmen als „blütenreine Unschuld“ verkaufte Romy nun ohne Verlobungsakt oder Trauschein mit einem Mann unter einem Dach lebte. Erst nach einiger Zeit konnte eine publikumswirksame Verlobung für die Medien inszeniert werden, zur Hochzeit kam es bekanntlich nie. Nachdem sich das Paar 1964 trennte, zog Romy nach Deutschland und heiratete dort Harry Meyen. 1969 war es wieder Delon, der sie nach Frankreich holte, um ihr mit „Der Swimmingpool“ die Chance eines Comebacks anzubieten. Der Erfolg dieses Films war der Beginn ihrer zweiten Karriere, denn in Frankreich wurden ihr – im Gegensatz zu Deutschland oder Österreich – interessante zeitgemäße Filmstoffe angeboten.

Wie und von wem wurde die Schauspielerin Romy Schneider beruflich beraten und gemanagt?

Erst von ihrer Mutter und ihrem Stiefvater Hans Herbert Blatzheim, der jedoch wohl einen Teil ihrer beträchtlichen Gagen in sein Firmenimperium investiert haben dürfte. Später waren es unterschiedliche Agenturen, von denen sie vertreten wurde, in Hollywood etwa von dem legendären Paul Kohner. Wichtiger wäre für Romy Schneider gewesen, sich mit Leuten zu umgeben, die sie in Steuersachen besser beraten hätten, denn ohne entsprechende Aufsicht hat sich bei ihr eine große Steuerschuldenlast angehäuft, die ihr in den letzten Lebensjahren ziemlich viele Probleme machte.

Welche Ihrer Filme schätzte sie selbst besonders?

Romy Schneider war bis zu ihrem Tod davon überzeugt, keinen wirklich bedeutenden Film gedreht zu haben. Natürlich gibt es Streifen, die ihr sehr am Herzen lagen, etwa die Filme mit Claude Sautet, in denen sie ihre Rollen mit einem leisen ironischen Lächeln um die Mundwinkel anlegen konnte. Das hat ihr, glaube ich, durchaus entsprochen. Oder auch „Der Prozess“ unter der Regie von Orson Welles, bei dem sie das erste Mal das Gefühl hatte, etwas Außerordentliches geleistet zu haben. Die Zweifel an der Qualität der eigenen Arbeit überwogen jedoch zeitlebens.

Welche freundschaftlichen Kontakte gab es von Ihr zu Kolleg*innen bzw. Künstler*innen?

Die meisten von Romy Schneiders Freundinnen und Freunde kamen nicht aus der Kollegenschaft, sondern aus dem privaten Kreis, wie etwa die Journalistin Christiane Höllger. Zu den Ausnahmen gehörten Hildegard Knef, Gertraud Jesserer, Jean-Claude Brialy, Michel Piccoli und – nicht zu vergessen – Alain Delon, der sich nach Ende ihrer Beziehung bis zu Romy Schneiders Tod als guter Freund erwies.

Romy Schneider war mit der kürzlich tragisch verstorbenen Wiener Schauspielerin Gertraud Jesserer (1943 – 2021) befreundet. Wie gestaltete sich diese, wie war der Kontakt, Austausch?

Romy Schneider und Gertraud Jesserer lernten sich bei dem Film „Die Halbzarte“ 1958 in Wien kennen. Sie freundeten sich an, schrieben sich danach regelmäßig, wodurch Jesserer stets über das Privatleben Romys informiert blieb. Als Romy Schneider mit ihrem Ehemann Harry Meyen 1969 nach Hamburg zog, traf sie Jesserer, die dort Theater spielte, wieder. Beide waren nun junge Mütter, man sah sich regelmäßig. Man kann also mit Recht sagen, dass Getraud Jesserer eine enge Vertraute von Romy Schneider war. Das Lebensschicksal der beiden Frauen weist fatale Parallelen auf: Beide waren autodidakte Talente, begannen in sehr frühen Jahren ihre Filmkarriere, beide mussten den Schmerz nach dem Verlust eines Kindes verkraften, beide Ex-Ehemänner beginnen Selbstmord, beide Frauen starben einen tragischen Tod…

Gab es Kontakte bzw. freundschaftliche Kontakte zu österreichischen Künstler*innen?

Ich denke, die meisten solcher Kontakte, wie etwa zu Peter Weck oder Senta Berger, waren eher beruflich. Auch Karlheinz Böhm traf Romy Schneider selten, sie war dann in ihren Gesprächen aber immer wieder erstaunlich offen zu ihm, wie er mir bei einem Interview erzählte. Die einzige Ausnahme war wohl die bereits erwähnte Gertraud Jesserer.

Überlegte Romy Schneider bzw. gab es künstlerische Pläne wieder in Wien Theater zu spielen, zu drehen?

Theaterpläne beschäftigten Romy Schneider ihr ganzes Leben lang. Sie wurde als Filmschauspielerin bekannt, stand nur zwei Mal auf der Bühne, sah jedoch – sicher geprägt durch die Familie – im Theater den höchsten künstlerischen Anspruch für eine Schauspielerin. Die Vorstellungen, wie und in welcher Form sie am Theater agieren sollte, änderte sich im Laufe ihrer Karriere immer wieder. Es gab schon in den 1950er Jahren ein Angebot des Burgtheaters, das Magda für ihre Tochter jedoch ablehnte, weil sie es als zu früh empfand. Mehrere deutsche Theater bewarben sich später, keines erhielt den Zuschlag. Zuletzt hätte es Romy Schneider bevorzugt, in einem neuen, eigens für sie geschriebenen Stück zu spielen, wohl um nicht mit anderen Schauspielerinnen, die die Rolle zuvor interpretierten, verglichen zu werden. Filmangebote aus Wien hat sie ab dem Film „Der Kardinal“ nicht mehr angenommen, immerhin hat sie für „Gruppenbild mit Dame“ im Waldviertel gedreht. Hätte sie länger gelebt, wären Kontakte zum neuen österreichischen Film durchaus möglich gewesen, denken wir nur an die französisch-österreichischen Filme Michael Hanekes.

Romy Schneider als private Person. Welche privaten Interessen, Freundschaften pflegte, Hobbys hatte Sie?

Trotz der Tragik ihrer beiden letzten Lebensjahre wäre es falsch, Romy Schneider generell als tragische Figur zu zeichnen. Im Gegenteil, sie war eine lebensfrohe, humorvolle junge Frau. Man kann sie als sehr offen und ehrlich beschreiben, als sensibel, leicht verletzbar, manchmal aufbrausend, aber auch unsicher und ängstlich. Was den Freundeskreis betrifft, suchte sie nach ausgleichenden und selbstbewussten Charakteren. Vor der Kamera lebte sie auf, gleichzeitig war sie als Künstlerin sehr selbstkritisch und selten mit ihrer Leistung zufrieden. Was Hobbies betrifft, so war es als Kind und Jugendliche die dekorative Malerei, etwa auf Holztellern, die sie gerne ausübte. Später setzte sie die Filmarbeit so ins Zentrum ihres Lebens, dass sie neben etwas Urlaub und Musik kaum mehr Zeit für Hobbies hatte.

Romy Schneider als Liebende und Mutter. Was bestimmte, kennzeichnete da ihren Weg?

Man kann wohl sagen, dass sie in der Liebe sehr leidenschaftlich, sehr emotional war. Das gilt für Männer ebenso wie für ihre beiden Kinder und ihre Familie. Das bedeutet aber nicht, dass sie nebenher nicht auch ihren Beruf geliebt hat, ihre Arbeit, ihre Berufung. Dieser Umstand wird mancher Frau immer noch – völlig zu Unrecht – negativ angerechnet, während es bei Männern als völlig normal akzeptiert wird.

Alain Delon wird als Ihre große, tragische Liebe bezeichnet. War es so?

Alain Delon hat längst verstanden, dass er und Romy Schneider in gewisser Weise für immer zusammengehören werden. In der Phantasie und der Erinnerung der Menschen. Im Leben hatte die Liebesbeziehung nicht funktioniert. Aber in den späteren Lebensjahren entstand eine echte Freundschaft, in der Delon immer wieder in entscheidenden Momenten für Romy Schneider da war, man kann sagen, bis über ihren Tod hinaus. Aus Liebe zu ihm brach sie 1958 aus ihrer bisherigen luxuriösen Welt aus, zog nach Frankreich, riskierte ihre märchenhafte Karriere, änderte ihr Leben von Grund auf. Durch ihn lernte sie den Regisseur Luchino Visconti kennen, der mit ihr ein Theaterstück inszenierte und Filme drehte. Fünf Jahre nach der Trennung bot ihr Delon die weibliche Hauptrolle in „Der Swimmingpool“ an, womit der entscheidende Teil von Schneiders internationaler Karriere begann. Nach den Schicksalsschlägen am Ende ihres Lebens stand er ihr immer wieder als Freund zur Seite. Auch die Organisation von Schneiders Begräbnis übernahm er ganz in ihrem Sinn, indem er Presse und Öffentlichkeit weitgehend ausschloss.

Von Romy Schneider gibt es sehr viele Fotoserien. Wie kam es dazu?

Viele Fotografen haben betont, dass Romy Schneider das Posieren vor einer Kamera durchaus geliebt hat, dabei selbst gerne kreativ wurde, immer neue Variationen des Geforderten anbot. So entstanden unzählige Fotoserien, die nun immer wieder publiziert werden. Mich erstaunt selbst, wie viele Fotos in den vergleichsweise wenigen Lebensjahren von Romy Schneider eigentlich gemacht wurden. Angelehnt an den Satz von Marlene Dietrich, die über sich selbst meinte, man habe sie zu Tode fotografiert, scheint es bei Romy Schneider so zu sein, dass man versucht, sie ins Leben zurück zu fotografieren.

Es gibt von Romy Schneider auch sehr viele private Paparazzi Fotos bis hin zum Tod ihres Sohnes. Wie ging, musste Sie damit umgehen?

Während sie vor der Kamera von Profis wie etwa Robert Lebeck oder Helga Kneidl gerne posierte, waren ihr Paparazzi, die mit indiskreten und geschmacklosen Aufnahmen viel Geld verdienten, zuwider. Zu den schlimmsten Dingen, die sie dabei erleben musste, gehörten Aufnahmen ihres toten Sohns, die entstanden, nachdem sich Fotografen ins Krankenhaus geschlichen hatten, und dem toten Kind dort die Decke über dem Kopf wegzogen, um es abzulichten. In einem ihrer letzten Interviews nimmt Romy Schneider darauf Bezug, prangert die an, welche solche Fotos machen, aber auch die, welche sie abdrucken. Sie fragt in beiden Fällen zu Recht: Wo bleibt hier der Anstand, die Moral?

Welche privaten und beruflichen Pläne hatte Romy Schneider vor Ihrem Tod?

Privat war sie frisch verliebt in Laurent Pétin, wollte mit ihm und ihrer Tochter Sarah viel Zeit in einem Landhaus in Boissy-sans-Avoir verbringen. Sie träumte davon, eines Tages nur mehr auf dem Land zu leben, keine Filme mehr zu drehen… Ob sie das jemals erreicht und dann durchgehalten hätte, wissen wir nicht. Beruflich war sie voller Pläne, auch weil sie gewusst hat, dass Filmarbeit sie zumindest kurzzeitig von ihrem privaten Kummer erlöst. Als nächstes wollte sie einen Film mit Alain Delon drehen, für den es bereits ein Drehbuch gab, zu dem es jedoch nicht mehr kam.

Welche Erkenntnisse über Leben und Werk Romy Schneiders haben Sie im Zuge des Buchprojekts gewonnen?

Es hat mir gefallen, im Rahmen einer Familiengeschichte Romy Schneider trotz ihres zentralen Erscheinens im Buch letztlich als eine von mehreren Frauenfiguren zu behandeln und daher auch immer wieder aus einer anderen Perspektive zu betrachten, bzw. den Blickwinkel auf sie zu verändern, zu erweitern. Die Geschichte der Familien Albach-Retty und Schneider bis hin zu den Biasinis ist ja vor allem eine Geschichte mit faszinierenden Frauencharakteren.

Was schätzten Sie an Romy Schneider?

Am meisten hat mich ihr Fleiß beeindruckt, ihr Bedürfnis, sich im Beruf stets fordern zu lassen, einen schweren künstlerischen Weg zu gehen, es sich nicht leicht zu machen, mit guten Regisseuren an schwierigen Stoffen zu arbeiten. Wie wenig andere Schauspieler*innen ihrer Generation hat sie sehr früh damit begonnen, sich dem Thema Nationalsozialismus zu stellen, hat gespürt, dass es hier etwas aufzuarbeiten gibt. Es war ihr wichtig, Stoffe zu wählen, die mit jener Zeit zu tun hatten, den Opfern aus der Vergangenheit dabei Gesicht und Stimme zu geben.

Welcher ist Ihr Lieblingsfilm und warum?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Wenn ich mich festlegen muss, dann wäre es wohl „Die Dinge des Lebens“, weil hier Dinge zu den Themen Liebe und Beziehungen gesagt und gezeigt werden, die sich längst als zeitlos gültig erwiesen haben. Aber das gilt auch für andere ihrer Filme, vor allem jene von Claude Sautet, etwa „César und Rosalie“…

Darf ich Sie bitte abschließend zu einem Romy Schneider Achrostikon bitten?

Rosemarie

oesterreich

marischka

ymor

Sarah

charismatisch

herzlich

natürlich

ehrlich

integer

david

emotional

ruhelos

Vielen Dank für das Interview!

Sehr gerne, danke für Ihr Interesse!

40.Todesjahr _ Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris)

Im Gespräch_Autor Günter Krenn

https://www.styriabooks.at/romy-spielt-sich-frei

Foto Autor_privat.

12.1.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

Patricia Elisabeth Trageser _ Schauspielerin Wien/Berlin

reenacting Romy Schneider _

Patricia Elisabeth Trageser _ Schauspielerin Wien/Berlin

Alle Fotos_Walter Pobaschnig _ Grand Hotel Wien 7.1.2022

Walter Pobaschnig 1_22

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