Liebe Elisabeth, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Noch vor einem Jahr, begann mein Morgen hektisch. Nach einem Morgenkaffee mit meinem Mann, Katzenkuscheln und füttern, Text, Frühstück, To-do-Liste verstauen und ab ins Theater zur Probe. Abends Vorstellung und zwischendurch, sich Zeit nehmen für Freundinnen und Familie. Heute nach dem dritten Lockdown ist alles anders.

Jedoch will ich nicht nur negatives aus dieser Zeit mitnehmen. Ich habe meine Heimatstadt mit den Augen eines Touristen gesehen und neu entdeckt.
Kleine und große architektonische Juwele und Hinterhöfe. Dazu hätte ich mir vor dieser Krise keine Zeit genommen. Auch habe ich an einem eigenen Projekt geschrieben und eine Webserie mit dem Handy gefilmt.

Zeit für sich selbst haben, das habe ich genossen. Aber nicht das Fehlen der sozialen Kontakte, die Sehnsucht nach Freiheit. Sehnsucht spontan auf einen Kaffee zu gehen. Sehnsucht nach der Bühne, nach meiner Arbeit.
Fragen wie es weitergeht, was sich verändern wird. Wird sich überhaupt was verändern. Haben wir etwas aus dieser Pandemie gelernt? Wie wird sich die Kultur verändern, wo doch die Kultur vom Stellenwert her, weit hinter dem Friseur lag? Wie viele Künstler*innen werden es sich noch leisten können Künstler zu sein. Ich kenne einige, vor allem junge Kollegen*innen die bereits umgesattelt haben. Doch Jammern hilft niemanden.
Dann schleicht sich auch ein zartes Glücksgefühl und Dankbarkeit ein. Ich bin dankbar, dass ich meine Familie habe und alle gesund sind. Dankbar, dass wir in einem Land leben, in dem das Gesundheitssystem niemanden auf der Strecke lässt und glücklich dass ich nach der Krise wieder auf die Bühne darf.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Vertrauen in sich und das Leben

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?
Ich wünsche mir, dass die Kulturschaffenden, egal ob Hochkultur oder freie Theater, mehr zusammenrücken. Alleine die Bezeichnung Hochkultur finde ich unpassend. Kultur/Kunst ist vielfältig und gleichermaßen wichtig und verdient gefördert zu werden. Ich hoffe, dass die Menschen sich nach dieser schrecklichen Zeit mit noch mehr Freude ins Theater setzen oder ins Kino gehen. Ich versuche mein Bestes, um mein Publikum zum Lachen zu bringen, denn ich glaube Lachen ist die beste Medizin.
Gerade in Zeiten wie diesen darf man den Humor nicht verlieren, sonst verliert man sich selbst.
Was liest Du derzeit?
Aufregend war es immer (Autobiographie Hugo Portisch)
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Begegne dem, was auf dich zukommt nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung
(Franz von Sales)

Vielen Dank für das Interview liebe Elisabeth, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Elisabeth Osterberger, Schauspielerin
Elisabeth Osterberger Homepage – elisabeth-osterbergers Homepage
Fotos_1,2 Pamela Russmann; 3 C.Hofbauer;; 4 S.Schwarz.
18.5.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.