Lieber Stephan, sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
steh gern früh auf. null eile angesagt- das gilt für ganzen tag- ganz besonders für vormittag- manchmal wach ich mit einem gedicht auf.

mon amour
am rand
der wiese mit himmelschlüssel
kerbel, sauerampfer und allerhand
schließ meine augen
sag ganz leis
mon amour
spür
wie der frühling sich verbreitet
bis in die lungen der kranken
bis in die nieren von stieren
mon amour
hör
das fröhliche plaudern der vögel
das rohe röhren der hirsche
das scharren der katze an der vergangenheit
mon amour
Stephan Eibel, mon amour
je wacher ich werd, umso unfertiger wird gedicht. je mehr ich schreiben will, umso mehr verkrampf ich mich. räume küche auf, geh spazieren. das lockert. ab 10 uhr ists vorbei mit konzentration. falls ich unruhig werde ob der niederträchtigkeiten die hilflosen menschen passieren oder mir passieren, ich unverschämtes von einem politker höre wasche ich wäsche. das beruhigt.
nachmittags schlaf ich eine halbe stunde und geh abwechselnd mit christian zillner, gabriele kögl und ewald baringer, erwin uhrmann oder lydia mischkulnig spazieren. oder ich hab interviews, wobei ich sie gern im prater hab. dort geh ich barfuß und das lockert mich beim handelsvertreter spielen.
abendessen mit bettina und vielleicht unserer jüngeren tochter marlene. und einmal in der woche sind wir von unserer älteren tochter und ihrem freund zum essen eingeladen.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
machotum ist nicht einfach nur lächerlich. es ist lebensgefährlich. das leben grauslich machen die rechtsextremen.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
vor sitzungen im nationalrat soll ein gedicht aufgesagt werden- auswendig! vor landtags-wie gemeinderatssitzungen auch. und wird jemand beim schwarzfahren erwischt, gibt es keine strafe, wenn ein gedicht aufgesagt wird.das muss nicht unbedingt der ewischte aufsagen, sondern kann auch ein anderer oder eine andere in der straßenbahn oder …aufsagen.
Was liest Du derzeit?
die windhose vom 13.oktober 1870 von erwin uhrmann- gipskind von gabriele kögl – die paradiesmaschine von lydia mischkulnig – erinnern-suche nach dem vergessen(en) von eva ribarits, gitta stagl
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
sei bitte net kleinlich es genügt
wenns i bin
Vielen Dank für das Interview lieber Stephan, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Stephan Eibel, Schriftsteller
Foto_Marlene Eibel
22.5.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.