Lieber Federico, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Zuallererst habe ich Glück, weil ich nicht zu Hause bleiben muss. Normalerweise unterrichte ich morgens Physik, während ich mich nachmittags mit Kunst und Literatur beschäftige. Das Gedichtbuch, an dem ich arbeite, heißt „EIS“. Es erzählt die Geschichte eines isländischen Gletschers. In dem Buch verflechten sich verschiedene Sprachen und asemische Schriften. Ein Gletscher ist schließlich die verschiedenen Aggregatzustände von Wasser.
Ich wohne fast in der Nähe eines Waldes von Eichen, Kiefern und Buchen. Seine Stimme ist mir sehr nahe, sie beschäftigt mich den ganzen Tag. Abends gehe ich oft im Wald spazieren.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Es ist wichtig, wachsam zu bleiben. Wie Norbert Wiener immer sagte, „wiederholte Kommunikation führt erhöhtem Rauschen zu“.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ein tiefgreifender Paradigmenwechsel in der Gesellschaft wäre erforderlich. Das Trugbild vom verschwindenden Staat hat seine Nachteile deutlich gezeigt.
Wenn ich die Welt als ein komplexes System betrachte, erkenne ich das Missverständnis der Globalisierung: keine harmonische Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teilen, sondern ein einziges Teil, das nur eines tun muss, nämlich die Gesetze des Marktes zu befolgen.
Kunst und Wissenschaft sollten wirklich im Zentrum der kulturellen Entwicklung stehen, anstatt der leeren Folklore der sozialen Netzwerken. Sie sollten das Fazit einer Weltanschauung darstellen.
Was liest Du derzeit?
„Bees. Their Vision, Chemical Senses and Language.“ von Karl von Frisch, ein Buch über die soziale Organisation von Bienenvölkern und ihre Sprache.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
“We live in a world where there is more and more information, and less and less meaning.” Jean Baudrillard
Vielen Dank für das Interview lieber Federico, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Federico Federici _ Schriftsteller
Federico Federici – conceptual artist, physicist, writer
Foto_privat.
12.3.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
Hat dies auf WEISSES WERK rebloggt und kommentierte:
„Ein tiefgreifender Paradigmenwechsel in der Gesellschaft wäre erforderlich“ – Melogno, 24/04/2021
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