Wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Um sieben wache ich auf und lese eine Stunde im Bett. Dann male ich zwei Stunden, mit einer Früstückspause, während die erste Schicht trocknet. Ich schreibe einige Seiten. Den Rest des Tages verbummle ich. Das mit dem Malen ist neu, sonst ist im Grunde alles wie früher, nur dass ich normalerweise mehr davon im Kaffeehaus gemacht hätte.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Dieselben Dinge wie immer. Allerdings weiß ich nicht, welche das sind.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich bin nicht sicher, ob wir wirklich vor einem gesellschaftlichen Aufbruch stehen. Es spricht wenig dafür, dass sich demnächst etwas grundlegend ändern wird. Was die Kunst betrifft, fällt mir auf, dass jetzt viele die Wichtigkeit der Kultur beschwören, als wäre sie vom Aussterben bedroht. Die Kunst ist eine Konstante der Menschheitsgeschichte. Sie ist gar nicht wegzukriegen und bedarf deshalb auch nicht unbedingt besonderer Förderung um ihrer selbst willen. Aber: Stipendien, etwa vom Staat, demokratisieren die Kunst, erlauben Menschen, sie ernsthaft zu betreiben, die es sich sonst nicht leisten könnten.
Was liest Du derzeit?
Ich bin inzwischen beim dritten Band der Broken Earth Trilogie von N.K. Jemisin angelangt.
Welches Zitat, Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Warum nicht ein Brecht-Gedicht, das mir in letzter Zeit ohne offensichtlichen Grund im Kopf herumgeistert:
Der Rauch
Das kleine Haus unter Bäumen am See
Vom Dach steigt Rauch
Fehlte er
Wie trostlos dann wären
Haus, Bäume und See.
Vielen Dank für das Interview lieber Simon, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Simon Sailer, Schriftsteller
Foto_Sarah Kanawin.
19.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.