„Nähe und Intimität müssen wieder erlebbar gemacht werden“ Alina Schaller, Schauspielerin_Wien 30.1.2021

Liebe Alina, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Alina Schaller, Schauspielerin

Seit Anfang der Pandemie erinnere ich mich an meine Träume, sie sind in der Früh, wenn ich aufwache noch so lebendig als würde ich noch schlafen. Mein Tag beginnt also damit, dass ich mich frage, was da in mir drinnen vor sich geht. “Wie geht es mir heute?”. Dann wecke ich meinen Körper auf und bewege ihn. Sport, am liebsten an der frischen Luft. Die eigenen vier Wände wirken dann doch oft dünkler und so ein weiter Himmel über dem Kopf lässt mich freier atmen.

Dann geht’s ran an Mails, Zoom-Sessions und aktuelle Aufgaben, dazwischen dann das Mittagsjournal und weiter geht’s. Früher war ich viel unterwegs, war kaum zuhause, meist nur zum Schlafen – das vermisse ich sehr. Der tägliche Austausch mit anderen Menschen, egal ob Freunde oder Fremde hat mir immer schon sehr viel Kraft und Motivation gegeben. Jetzt passiert das eben über Videocalls oder beim Spaziergang. Aber als Künstlerin finde ich mir immer etwas zu tun und das nächste Projekt wartet auch schon um die Ecke, ein schöner Kinofilm wird das.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Die Augen offen zu halten, ob jemand Hilfe braucht, in einem dunklen Loch versinkt, einen Einkauf benötigt oder einen warmen Schlafsack. Die Risse in einer Gesellschaft werden in einer Krise zu Schluchten. Zusammenhalt und Solidarität sind unglaublich wichtig.

Wir haben noch einige Monate vor uns und wir müssen alles dafür tun, dass wir diese Zeit sowohl gesundheitlich, als auch psychisch und finanziell gut überstehen. Einfach das nächste Mal nachfragen, wie es der Nachbarin oder der Freundin geht. Oder bei der Volkshilfe, Caritas oder Courage – Mut zur Menschlichkeit anrufen und fragen, was die Menschen in den Flüchtlingslagern in Bosnien oder Griechenland brauchen, um zu überleben. Nutzen wir unser europäisches Privileg!

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Dynamisch bleiben und Reflexion. Und wer ist besser darin als die Kunst die Menschen in den verschiedensten Situationen zu unterstützen. Ob man sich für ein paar Stunden in eine andere Welt flüchtet oder Ideen holt wie man mit einer komplexen Situation im eigenen Leben umgeht oder auf keinen Fall umgehen sollte.

Geschichten anderer bieten Verständnis, Schauspiel bedeutet in den Schuhen anderer zu stehen und zu verstehen. Dieses Einfühlungsvermögen wird uns in der Zukunft helfen als Gesellschaft wieder zusammenzuwachsen und unseren Blick zu öffnen. Nähe und Intimität müssen wieder erlebbar gemacht werden. Das wird aber nur Schritt für Schritt möglich werden. Wir Menschen befinden uns ja ständig in Entwicklung, das war schon immer so. Also einfach weitergehen und Blick nach vorn!

Was liest Du derzeit?

Auf meinem Nachtkästchen liegen “Unsichtbare Frauen” von Caroline Criado-Perez, was eine Pflichtlektüre sein sollte und das Buch “Ich erwarte die Ankunft des Teufels” von der jungen Mary MacLane aus dem 19. Jahrhundert. Sie schreibt von ihrem Leben in der isolierten Einöde Amerikas und ihren Träumen, die sie für ihr Leben hat, ein wunderschönes Spiel zwischen Selbstzweifeln und Übermut.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

“Kindness is just love with its work boots on.”

Und weil ich Zitate so sehr liebe…

“There is an Indian proverb that says that everyone is a house with four rooms, a physical, a mental, an emotional, and a spiritual. Most of us tend to live in one room most of the time but unless we go into every room every day, even if only to keep it aired, we are not a complete person.” – Rumer Godden

Alina Schaller, Schauspielerin

Vielen Dank für das Interview liebe Alina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:

Alina Schaller, Schauspielerin  

Alle Fotos_Walter Pobaschnig _ Cafè Prückel_Wien 1_2021

23.1.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

Hinterlasse einen Kommentar