Liebe Claudia, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Als Bibliothekarin arbeite ich „normal“, Büchereien ohne LeserInnen erlebe ich dabei gespenstisch, bedrückend. Als Autorin und Künstlerin arbeite ich wie bisher, schöpferische Phasen wechseln mit (nur scheinbar) nicht schöpferischen. Mit der Pandemie sind mir Bewegung, Natur, Meditation noch wichtiger geworden. Ich telefoniere mehr als früher, bin viel mehr am Handy. Ich schlafe mehr. Im ersten Lockdown habe ich jeden Tag einen Satz mit der linken Hand geschrieben, seit dem zweiten Lockdown schreibe ich täglich tagebuchartig auf Klopapierstreifen. Schwierig finde ich oft die Abende, an denen ich gerne kulturelle Veranstaltungen besuchen oder Leute treffen würde. Onlinetreffen und Onlineveranstaltungen mag ich nicht sehr gern. Wichtig ist ein Stapel guter DVDs.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Zusammenhalten, durchhalten, auf sich und auf die anderen achten und auch schauen, wo die Ärmsten unabhängig von Corona bleiben! Und kämpfen dafür, dass begriffen wird, wie wichtig der Kunst- Kulturbereich für eine Gesellschaft ist! Und Lachen!
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Das Wichtigste scheint mir, zu verstehen, was diese Pandemie mit uns, unserer Lebensweise, der Weltpolitik zu tun hat, die Zusammenhänge und Ungerechtigkeiten und die daraus folgenden Konsequenzen zu erkennen. Ein umfassendes Umdenken! (Zuversichtlich sein fällt schwer… ) Die Literatur, Kunst kann wie immer, aufzeigen was ist, was sein kann, Herz und Hirn öffnen, erweitern oder uns einfach staunen lassen.
Was liest Du derzeit?
Herta Müller: Heute wär ich mir lieber nicht begegnet
Bov Bjerg: Serpentinen
Jerneja Jezernik: Alma M.Karlin
Das Gedicht & sein Double: die zeitgenössische Lyrikszene im Porträt
Sachbücher zum Thema: Wechseljahre, Schnitzen
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
NICHT MÜDE WERDEN
Von Hilde Domin
Nicht müde werden
sondern dem Wunder
leise
wie einem Vogel
die Hand hinhalten.
Vielen Dank für das Interview liebe Claudia, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Claudia Bitter, Schriftstellerin
Aktuelle Ausstellung: Die Sprache der Dinge, im Literaturhaus Wien bis 25.02.2021
Aktuelle Veröffentlichung: Kennzeichnung, Roman, Klever Verlag 2020
http://klever-verlag.com/buecher/kennzeichnung-roman/
Foto_privat
22.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.