Liebe Anna, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Das Einzige, was wirklich wirklich immer gleich ist: Kaffee und Radio und kaltes Wasser ins Gesicht. Und dann schau ich in den Tag und bin oft euphorisch ob der vielen Möglichkeit, dann fang ich an, tausend Sachen zu machen und das geht dann in einer Kurve (die Euphorie und die Produktivität) hinunter zum Abend hin. Die Abende finden ja jetzt wirklich immer zuhause statt, mit Wein dann, statt Kaffee. Und komischerweise bin ich dann auch erschöpft und freue mich wahnsinnig über das weiche glatte Bett.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Dass wir uns nicht an diesen Zustand gewöhnen!!!
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen.
Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem
Schauspiel/Theater, der Kunst an sich zu?
Ich habe das Gefühl, dass wir in Österreich theoretisch oft vor einem Aufbruch stehen, und dass völlig klar ist, dass der nie passiert. Dafür geht es uns zu gut oder wir sind zu benebelt vom Fernsehen. Außerdem fehlt eine Streik-Kultur. Aha, ich denke bei Aufbruch natürlich an Auflehnung gegen die Politik. Das war ein bitteres Check-Up dieses Jahr, zu sehen wo die Kunst- und Kulturszene für Politik und (die meisten) Medien stehen. Wir machen hier ja sehr konformes und publikumsfreundliches Theater – ja, im besten Fall kann es im einzelnen Menschen was bewirken.
Was liest Du derzeit?
Ich lese jetzt weiter „Der Matrose von Gibraltar“ von Marguerite Duras, in einer
Gesamtausgabe, wo die Seiten durcheinander sind! Aufregend! Das ist so dick
wie ein Telefonbuch, deshalb hat es hier auf mich gewartet als ich jetzt in
Deutschland war. Unterwegs hab ich „Ich weiß, ich war’s“ von Christoph
Schlingensief gelesen. Beides mag ich sehr.
Welches Zitat, Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Man wird nicht der, der man sein wollte, man kann es gar nicht werden, weil
die Unschärfe ins Spiel kommt und man permanent neu belichtet wird.“
(schlingensief)
Vielen Dank für das Interview liebe Anna, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Anna Rot, Schauspielerin
Foto_Sven Serkis
14.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.