Liebe Juliana, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Da ich nicht nur Autorin bin, sondern auch an einer Hochschule arbeite, prägt dies auch meinen Tagesablauf. Nach dem Frühstück (das ich meist am PC zu mir nehme, während ich mich durch Nachrichten scrolle) werden Arbeitsmails durchgesehen und bearbeitet. Ansonsten bereite ich Seminarsitzungen vor (und halte diese ab) oder sitze in Videokonferenzen, um dies oder das zu besprechen und zu organisieren. Zwischendurch: Einkaufen, Essen, Haushalt, Bibliothek, Lesen, und an guten Tagen: Schreiben.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Versuchen, das Beste daraus zu machen und nicht aus den Augen zu verlieren bzw. uns immer wieder daran zu erinnern, dass…
- …die aktuelle Situation nicht für immer anhalten wird und die kleinen und großen Opfer, die wir alle auf die ein oder andere Weise erbringen, dazu dienen, das Licht am Ende des Tunnels ein bisschen näher zu rücken.
- …mit jeder Freiheit auch eine Verantwortung einhergeht und die Tatsache, dass etwas erlaubt ist, nicht davon entbehrt, nachzudenken und abzuwägen.
- …diese Pandemie alle, in deren Lebenssituation „sich schützen“ überhaupt eine Option darstellt und die in einem Land leben, in dem die Gesundheit der Bevölkerung (und ihre gesundheitliche Versorgung) als oberste Priorität behandelt wird und das selbstverständlich finanzielle Hilfen für besonders Betroffene in Aussicht stellt, schon allein aus diesen Gründen in einer privilegierten Situation trifft.
- … es auch noch andere dringende Probleme zu bewältigen gibt, auch wenn diese zwischendurch aus dem Blickfeld geraten sind.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Literatur und andere Künste können dabei helfen, Dinge, „zwischen den Zeilen“, d.h. auf auf einer intuitiven, emotionalen Ebene verständlich zu machen. Bestimmte Werke können zu uns „sprechen“, wenn wir Trost, Motivation oder einen Sinn suchen, sie können uns aufwühlen (und das ist durchaus positiv gemeint) und wir finden in ihnen neue Impulse und Denkanregungen.
Was liest Du derzeit?
„Aus der Zuckerfabrik“ von Dorothee Elmiger
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Am Ende war da immer ein Faden weiter gespannt, der über das Volumen hinausging, auf ein Vielleicht verweisend, auf ein Bestenfalls, auf ein Werweiß, das jede versteinerte Version des Werkes außer Kraft setzte.“
(Aus: „Rayuela. Himmel und Hölle“ von Julio Cortázar in der Übersetzung von Fritz Rudolf Fries)
Vielen Dank für das Interview liebe Juliana, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Juliana Kálnay_Schriftstellerin
Juliana Kálnay – Verlag Klaus Wagenbach
Foto_Su-Jin Zieroth
29.11.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.