Liebe Isobel, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Tatsächlich nicht viel anders als vor Corona. Ich bin wohl schon lange im schreibenden Lock-Down, setze mich morgens an den Schreibtisch und verlasse ihn manchmal erst abends. Ab und zu fahre ich zu Terminen mit Auftraggeber*innen oder Kolleg*innen. Danach sitze ich wieder an meinem Schreibtisch. Am Abend treffe ich meist einen Menschen, der mit mir spazieren, etwas essen oder sich etwas ansehen geht. Wenn es besonders viel zu tun gibt, gehe ich danach wieder an meinen Schreibtisch.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Eigenverantwortlich handeln, sich solidarisch mit Schwachen und weniger Begünstigten zeigen und die Menschen im Schatten nicht vergessen. Es tut persönlich gut, Zuversicht zu bewahren, sich zum Weitermachen zu motivieren und in unplanbaren Zeiten wie diesen flexibel, möglichst gutgelaunt und wenig enttäuscht zu sein.
Insgesamt kann man nur versuchen, sein wie immer geartetes Bestes zu geben und sich ehrlich entschuldigen, wenn das mal wieder nicht gelungen ist.
Damit lässt es sich morgens gut aufstehen und abends gut einschlafen.
Vor einem Aufbruch, Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Literatur und Kunst unterhalten und wirken horizonterweiternd. Sie erzählen individuelle Geschichten, die dann andere vielleicht über ihre Tellerränder hinausblicken und verstehen lassen. Im Verstehen ist Hass unmöglich und das ist wichtig für eine offene, gleichberechtigte und empathische Gesellschaft, wie ich sie mir für einen Neubeginn wünschen würde.

Was liest Du derzeit?
Peter Stamm: Der Lauf der Dinge
Fumiko Enchi: Die Wartejahre
Walter Serner: Die Tigerin
Annie Ernaux: Die Scham
Dazu Gedichtbände und Romane, die ich in Vorbereitung für meine Salons lese.
Welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
epoche der zahlreichen veränderungen
eine veränderung
und wieder
eine veränderung
und wieder
eine veränderung
und wieder
eine veränderung
und wieder
eine veränderung
und wieder
eine veränderung
und schon wieder
eine veränderung
und schon wieder
eine veränderung
und schon wieder
eine veränderung
und schon wieder
eine veränderung
und noch eine
und noch eine
und noch eine
und noch eine
und noch eine
und noch viele
und noch viele viele viele viele viele
geburtstage im kreise der familie
aus: lechts und rinks, ernst jandl

Vielen Dank für das Interview liebe Isobel, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Ich danke Dir! J
5 Fragen an KünstlerInnen:
Isobel Markus, Schriftstellerin
Fotos_Dirk Skiba
29.10.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.