Liebe Hannah, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
mein tagesablauf ist nicht täglich gleich geregelt. ich arbeite gern abends und nachts, deshalb kommt der lockdown meinem biorhythmus entgegen.
das studium ist natürlich momentan digital. als textarbeitende studierende sind wir in einer priviligierten situation und sollten dafür dankbar sein. andere studien, die labore, ateliers und proberäume benötigen, haben es da schwieriger.
wenn ich nicht schreibe, mache ich musik, spiele guitarre. es geht um den drang, sich selbst und was mensch zu sagen hat auszudrücken. kreativität hilft, den schmerz, den turmoil, die unruhe zu verarbeiten.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
RÜCKSICHTNAHME auf die schwächsten unter uns. maske tragen, zuhause bleiben, auf fucking schifahren verzichten, zoom meetings abhalten und impfen lassen, wenns soweit ist. das rettet leben! verdammt nochmal weniger rummotzen, dass mensch nicht rausgehen kann. die eigenen privilegien reflektieren. wir sitzen alle in einem boot – zeigen wir uns solidarisch, halten wir zusammen. liebe, oida.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
bzgl neubeginn hoffe ich, dass endlich ein digitaler aufschwung in der breiten bevölkerung kommen wird und die menschen statt flugreisen vermehrt onlinetreffen einrichten. einen text auszudrucken verbraucht mehr co2 als ihn am bildschirm zu lesen. digitalität ahoi!
die kunst, die literatur muss neben der nutzung der digitalen, interdisziplinären möglichkeiten auch wieder zurückfinden zur REALNESS. literatur muss authentisch sein, das hässliche genauso zeigen, das dunkle, lyrische, unabhängige, unkonventionelle, rohe, planlose, angstridden and anguished. es geht nicht zuletzt um die frage, wem raum und bühne geboten wird, sich zu äußern, die eigenen traumata und die eigene geschichte zu erzählen – und wer in der hegemonie der schönheit, des patriarchats und der weißen cis-männlichkeit nicht sprechen darf oder nicht gehört wird.
Was liest Du derzeit?
Meta Merz und Sarah Kane und Anne Carson und eine menge alter zines aus den 90ern.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„die schlimmste verletzung ist zu spüren dass du nicht sehr
dir gehörst“
-Claudia Rankine, citizen
Vielen Dank für das Interview liebe Hannah, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Hannah Bründl, Schriftstellerin
Hannah Bründl-Home (hannahbruendl.com)
Foto_Pamela Rußmann
27.11.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.