Liebe Devi, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Anfang November dieses Jahres war ich wieder in vollem Tages-, Arbeitslauf: Früh aufstehen, meine Tochter in die Schule bringen, in´s Atelier eilen, arbeiten, soviel gemeinsame Zeit mit meiner Tochter und meinem Liebsten verbringen, wie wir brauchen. Deadlines einhalten, Anproben, Überweisungen, … Eine Form von Alltag, die sich beinahe anfühlte wie AC (Ante Corona). Beinahe. Und noch. Jetzt der nächste Lockdown und ich kann, wie die meisten Österreicher nur ahnen, wie er sich auf unser Leben und meine Arbeit auswirken wird.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Für jedes Individuum ist etwas Anderes wichtig.
Allen hilft wahrscheinlich: selbständig und selbstverantwortlich denken und handeln, das Herz aufmachen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater, der Kunst an sich zu?
Die bildenden und darstellenden Künstler tun kontinuierlich, was sie am besten können: historische und politische Zusammenhänge herstellen, zum Nachdenken bringen, ärgern, das Herz öffnen, ängstigen, ernst sein, einfach nur mal stellvertretend blöd sein, tief erschüttern, das Leben der Rezipienten verändern, … wir werden damit niemals aufhören, auch, wenn die Rituale sich verändern müssen.
Ebendiese Veränderung müssen wir nun wohl alle in unsere Leben integrieren. Wer jetzt so weitermachen will wie immer, hat schon verloren. Den Werbeslogan „schau auf dich, schau auf mich“ können wir auf die Menschengemeinschaft auf der ganzen Welt anwenden. Mit Kleindenken, Egoismus und Gartenzäunen kommen wir nicht mehr weiter.

Was liest Du derzeit?
„Omama“ von Lisa Eckhart
„GRM Brainfuck“ von Sibylle Berg
den „Falter“
„die Zeit“
ganz selten Facebook-Postings und -Kommentare

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Christof Schlingensief antwortete Benjamin von Stuckrad-Barre 1998 in einem Interview auf die Frage, ob er mal ´ein Musical machen wolle, da könne man die Menschen noch erreichen:
„Man erreicht die Leute da auch nicht. Du erreichst sie nur, wenn du im Flugzeug eine Lautsprecherdurchsage machst: ´die Triebwerke sind ausgefallen, das war´s.´“
aus dem „Falter“ Nr.43/20

Vielen Dank für das Interview liebe Devi, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen vielfältigen Theater-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an KünstlerInnen:
Devi Saha, Bühnen- und Kostümbildnerin
Foto_credits _Text.
2.11.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.