„Ich halte Freiheit für unabdingbar. Wie eh und je“ Susanne Toth, Schriftstellerin_Wien 28.7.2020.

Liebe Susanne, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Vereinzelt. Und zerspragelt. Es gibt ein drinnen. Es gibt ein draussen. Zwischen beiden Extremen pendelnd, verlaufen die Tage, unfix und teilverplant, in jeder Frühe öffne ich die Samtvorhänge, für das Licht, und den Freiblick in den Himmel.

Meditieren, Körperübungen, Gedichtzeilen schreiben, Texte tippen, Lage bedenken, was tun mit den übervollen Speicherzuständen, meinen Humor zum Assistenzeinsatz rufen, in Büchern lesen, Textarbeit, mit Familie, Freunden, Kolleginnen kommunizieren, social media versorgen, mich grämen über gestern versäumte Veranstaltungen, neue Wohnung suchen, künstlerische Kooperationen visionieren, Aufenthalte anderswo auftun, dem Wind in den Blättern lauschen, innehalten, atmen, Heimbüro, aufräumen, kochen, essen, Kaffee brauen, intensive Blumenfarben bewundern, zeichnen, globales Chaos betrachten, Kopf schütteln, Anteil nehmen, Blicke lösen, Schlüsse ziehen, kritzeln, schreiben, Terminkalender aktualisieren, Fenster auf Luft rein, Fenster zu Lärm raus, tagesadäquate Kleidung finden, Flucht ergreifen. Rad fahren. Barfuß über eine Wiese gehen. On the road die Welt via smartphone zusammenhalten.

Die beiden Seelen die ich trage /
gehen getrennte Wege täglich /
einmal kreuzen sich diese nur /
nachts reisen sie zusammen.

 

Susanne Toth _ Christina Gohli

 

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Human Kindness. Geistesgegenwart und Mitgefühl. Selber denken.
Bäume, Wiesen, tief atmen. Menschen umarmen, mit Kindern sein, viel und laut lachen. Kunst genießen und erschaffen. Lieben!

 

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst zu?

Hui! das sind große Fragen…

Ich halte Freiheit für unabdingbar. Wie eh und je. Und Respekt, vor dem wie für das Leben.
Ein Ende der globalen Misogynie, parallel zur absoluten Entwaffnung und Entmilitarisierung. Gesellschaftlich fallen mir Vielfaltsein, Gemeinschaft, Solidarität als zusammenhörig fürs Überleben ein, also bedingungslose Grundversorgung, und natürliche Lebensmittel.

Literatur ist da, in ihrer Gesamtheit. Vom Anfangswort bis zur jüngsten örtlichen Neuerscheinung.

Der Menschheit vorenthaltene Literatur, geheimgehalten, weggesperrt, fehlt dieser schmerzlich in ihrer Entwicklung. Eine Öffnung ist essenziell. Es gibt endenlos literarische Schätze zu heben.

Kunst als Manifestation menschlicher Ausdrucksfähigkeit. Eine Freiheit (s.o.).

Susanne Toth _Christina Gohli

 

Was liest Du derzeit?


„Milkman“  von Anna Burns (im Juni hab ich 4 Bücher von Agota Kristof verschlungen) und vor mir liegen „Annette, ein Heldinnen-Epos“ von Anne Weber und „Americanah“ von Chimamanda Adichie

 

Welchen literarischen Impuls möchtest Du uns mitgeben?

Fame is a bee.
It has a song—
It has a sting—
Ah, too, it has a wing.

(Emily Dickinson)

 

Vielen Dank für das Interview liebe Susanne, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen vielfältigen Literaturprojekte wie persönlich in diesen Tagen alles Gute!

 

5 Fragen an KünstlerInnen:

Susanne Toth, Schriftstellerin

Bücher

Fotos: Christina Gohli

 

12.7.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

 

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