Liebe Hanna, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Während ich diese Zeilen schreibe sieht er noch ganz anders aus. Ich muss in keinem Büro sein und beziehe ein Stipendium, also stehe ich morgens auf, gehe eine Runde mit dem Hund spazieren, und setze mich dann vor den Laptop, um zu schreiben. Aber ab Juni sitze ich wieder in einem Büro (wohl zu beginn nur von zu Hause aus) und werde wieder sehr wenig zum Schreiben kommen.
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Einen Apfel am Tag essen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt gesellschaftlich und persönlich stehen. Welche Rolle kommt dabei der Literatur und der Kunst an sich zu?
Ich würde es gar nicht Aufbruch oder Neubeginn nennen. Vielmehr Menschen werden unter der Armut leiden, die die vergangenen Monate für ihr weiteres Leben bestimmt haben, viele Menschen werden daran sterben, viele wissen nicht, wie es weiter gehen kann, haben keinen Aufbruch und keinen Neubeginn vor Augen. Literatur und Kunst muss das sichtbar machen, aber auch Momente bieten, in denen man vor diesem Horror in eine Parallelwelt fliehen kann.
Was liest Du derzeit?
Zerschlagt die Banken von Rudolf Hickel
Welches Zitat, welche Textstelle möchtest Du uns mitgeben?
Aus Janoschs Wörterbuch:
Alsdann! Eine Art Schlachtruf des willigen Menschen, der sich nach langer Prüfung entschließt, aus irgendeinem Grund irgendetwas dann doch beginnen zu wollen. Man ruft mehr oder weniger laut dieses »Alsdann! « aus, stellt sich vor die anstehende Tat hin, wobei es gut aussieht, wenn man sich dabei leicht die Hände reibt. Dann könnte man zur Tat schreiten. Besser wäre es, diesen verpflichtenden Schlachtruf durch ein »Warum denn nicht?« zu ersetzen. Denn dann wäre ein Rückzug von der Tat noch möglich, gibt es doch immer einen Grund, etwas nicht zu tun.
Vielen Dank für das Interview liebe Hanna, viel Freude und Erfolg für den Bachmannpreis und ebenso für alle weiteren Projekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Hanna Herbst, Schriftstellerin, Bachmannpreisteilnehmerin 2020
https://bachmannpreis.orf.at/stories/3047116/
29.5.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
Foto_Ingo Petramer