Orte sind in der Kunst ganz wichtig. Inspiration, Ausdruck, Stimmung hängen wesentlich damit zusammen. Dies trifft für einen Roman, ein Gemälde oder den Tanz, eine Performance zu.
Das „Ungargassenland“ Bachmanns habe ich jetzt in diesem Projekt neu entdeckt. Ich habe es bisher in Spaziergängen gestreift.
Mir war es wichtig in diesem Projekt an der Authentizität der Rolle in Vorbereitung und Umsetzung zu arbeiten. Mein erster Zugang war dabei die Mode. Ich bin selbst Absolventin der Modeschule Wien_Hetzendorf. Dazu kommt eine grundsätzliche Begeisterung in verschiedene Rollen zu schlüpfen.
Ich finde den Zugang zum Roman mittels der Psychoanalyse Sigmund Freuds sehr spannend. Die Instanzen des Freud_Modells in ES, ICH, ÜBER-ICH im Kontext zu den Romanfiguren zu sehen, ist ein ganz interessanter Zugang und hat mir auch die szenischen Rollen hier nähergebracht.
Der Roman „Malina“ thematisiert auch unsere verschiedenen Persönlichkeitsanteile. Es ist ein literarisches wie direktes Nachdenken darüber. Ein ganz wichtiges.
Im freudschen Modell geht es um Prozesse der Entwicklung des Ichs, der Persönlichkeit. Dem ES kommt dabei eine sehr elementare Bedeutung zu. Die Symbolik des Wassers trifft dies auch gut. Das ÜBER-ICH stellt ja die gesellschaftlichen Einflüsse, Konditionierungen dar. Darin, in diesen Voraussetzungen und Gegebenheiten, bildet sich, hat sich das Ich zu formen. Das ist eine Aufgabe in allem Risiko. Davon erzählt auch der Roman.
Was bin ich? Wer ist dieses Ich eigentlich? Woher kommt es, wohin geht es? Der Roman stellt diese Fragen eindringlich.
Im Roman geht es um Unabhängigkeit. Auch um Erinnerung und Trauer.
Sinnlichkeit und Leidenschaft, ihre letztliche Unerfüllbarkeit, sind ganz wesentliches Thema im Roman.
Es ist eine Summe von Erfahrung und Erleben, die zu Stärke führt. Ich sehe dieses Thema im Roman. Als Frau aber für den Menschen an sich.
Der Roman spricht vom Scheitern aber auch stark vom Zutrauen der Frau. Das ist auch in der Gegenwart ganz wichtig. In der Kunst wie im Leben.
Die Männlichkeit ist im Roman in der Beziehungspolarität sehr stark präsent, auch übermächtig. Ivan, Malina, der Vater. Die anonyme Ich-Erzählerin ringt damit. Aber sie ist stark genug dies zu tun. Und stark genug einen Ausgleich, eine Einheit, eine Lebensform zu finden.
Weiblichkeit ist eine große Stärke. Es geht um die Besinnung darauf. Das ist weniger ein Kampf gegen etwas als ein Leben davon und dafür.
Widerstände sind ständige Herausforderungen. Es ist auch wichtig vor Wänden nicht stehenzubleiben sondern weiterzugehen, umzukehren – was auch immer.
Der Roman ist ein Spiegel von Gesellschaft und spricht das Marionettenhafte eines Lebens an. Die angstvolle Rolle, die Unfreiheit.
Es ist wichtig, sich selbst treu zu bleiben.
„Ich glaube Dir kein einziges Wort. Ich glaube dir nur alle Worte zusammen“ – Ich finde diese Worte von Malina im Roman besonders schön. Es geht dabei um die Macht von Worten aber auch um das Verstehen von Persönlichkeit, auch um Empathie.
Der Romanschauplatz selbst hier bringt das Buch sehr nahe. Es ist eine künstlerische Zeitreise der ganz besonderen Art.
Ingeborg Bachmann, das ist für mich Tiefgründigkeit aber auch Melancholie.
Ingeborg Bachmann ist eine einzigartige Autorin und Persönlichkeit und sie hat Literatur und Kunst stark beeinflusst, bis heute. Der jährliche Ingeborg Bachmann Preis in Klagenfurt ist etwa ganz anschaulicher Ausdruck davon.
Wir sind die Summe unserer Erfahrungen – schlussendlich.
Vielen Dank liebe Monika für Dein großartiges Bemühen in der Vorbereitung in Kostüm, Requisite wie Textzugängen und das wunderbare gemeinsame Umsetzen der Romanszenerie und das interessante Gespräch!
Station bei Bachmann _ Roman Malina _ Monika Jantschnig, Modedesignerin, Performerin_ Wien_Romanschauplatz 21.2.2020
Idee, Regie, Interview und alle Fotos _ Walter Pobaschnig 2_20
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