Es geht in meinem Text „Der Schrank“ auch um elementare Arbeitsprozesse. Die Nähe zu den Dingen im Prozess der Herstellung, im Tun der Arbeit, was heute ja größtenteils nicht mehr so ist.
Ich denke, es wird später über uns gesagt werden, dass wir die Digitalisierung nicht verstanden haben. Im Sinne, dass Maschinen für uns arbeiten.
Wir praktizieren im Umgang mit der Digitalisierung ein großes Missverständnis, wir wollen besser sein als die Maschinen – anstatt, dass wir uns helfen lassen von ihnen. Das ist ein ganz großes Paradoxon unserer Arbeitswelt.
Unsere Aufgabe liegt darin zu begreifen, dass, wenn wir wirklich wollen, dass wir an unserer Arbeitswelt, unserer Lebenswelt nicht zugrunde gehen, müssen wir Maschinen nützen lernen, um uns Zeit zu verschaffen. Doch dies ist in unserer Gesellschaft nicht zu sehen.
Es ist ein immer mehr an Leistung. Ich wundere mich darüber. Gerade auch, warum es nicht umgekehrt ist.
Erfolg und Anerkennung, ja, das ist ein altes Spiel. Zuerst ist da die Suche nach Anerkennung. Wenn diese da ist, kann man sie nicht glauben, dann ist man sofort misstrauisch, denkt, irgendwann kommen sie drauf, dass es ja ganz anders ist.
Bei negativer Kritik ist es ein gleichsam automatischer Reflex sich innerlich aufzurichten, um stehenzubleiben.
Es kommt im Prozess der Kritik und Diskussion darauf an, sich zu konzentrieren auf das, was wirklich wichtig ist im Prozess des Schreibens.
Es ist wichtig als Schriftstellerin sich nicht vom persönlichen Weg abbringen zu lassen.
Was ist ein Thema, was will erzählt werden – dass sind die Fragen einer Schriftstellerin, meine Fragen im Prozess des Schreibens.
Wo bist Du wirklich? Wo schreibst Du echt?
Es muss beim Schreiben um alles gehen.
Ich glaube Leserin und Leser spüren immer genau wie echt ein Text gemacht ist.
„Schreib` einmal einen Satz Landschaftsbeschreibung“, sagte mein Lektor „nur einen“. Naturbeschreibungen, so etwas mache ich nicht, spüre ich nicht.
Je echter ein Text gemacht ist, desto spürbarer ist es.
„Braucht es die Katastrophe, um über das Schöne schreiben zu können?“
Ich denke schon. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es SchriftstellerInnen gibt, die aus dem reinen klaren schönen Wohlbefinden Literatur machen können. Ich kann mir das nicht vorstellen – für mich. Ich weiß es nicht ob es das gibt. Gibt es das?
Birgit Birnbacher; Bachmannpreisträgerin 2019 im Gespräch mit Katja Gasser, Staatspreisträgerin Literaturkritik 2019, Konzerthaus Wien, 15.1.2020.
Herzlichen Dank an Charlotte Hartwig, Pressebüro Konzerthaus Wien, für die freundliche Pressebetreuung!
Alle Fotos_Walter Pobaschnig _ 15.1.2020 _ Konzerthaus Wien_BRG19 Vienna, Krottenbachstr.