„Once upon a time . . . in Hollywood“ Quentin Tarantino. Film. 21.9.2019

 

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Filmzeit. Wir schreiben die 1960er Jahre. Sie gehen zu Ende und damit auch eine Fernsehepoche mit ihren rasanten Karrieren, die nun abflugbereit in den Kurven liegen wie der cremefarbene Cadilliac Coupede Ville (1966) des Bildschirmstars Rick Dalton auf den Straßen von Los Angeles und den Hollywood Hills. Dalton kämpft jetzt um seine Möglichkeiten wieder auf die Spur seiner Karriere in sich verändernden Zeiten zu kommen. Doch zu viele andere sind jetzt auf der Überholspar im Hollywood Business. Der Anspruch neuer Herausforderungen setzt ihm zu, das Selbstbewusstsein leidet jetzt in den Produzentengesprächen und Rollenangeboten. Der Alkohol wird zum ständigen Begleiter. Wie auch der Stuntman Cliff Booth, der viel mehr als sein chaffeur ist und zum Halt in diesen harten Zeiten wird.

Dem beruflichen Ringen des alternden Stars steht der Aufstieg der jungen Filmgeneration gegenüber. Da ist der erfolgreiche Regisseur in der Nachbarschaft und seine junge Frau, die ihre ersten Filmrollen im Kinosaal genießt und sich über jeden Zuspruch freut. Doch die Spannung zwischen Untergang und Ruhm ist nicht nur in den Studios zu spüren. Da ist die Kommune der Spahn Ranch, deren junge Frauen und Männer sich um einen Anführer scharen, der vor Gewalt nicht zurückschreckt. Als es Nacht wird über den Hollywood Hills kommt es zur Katastrophe und zu überraschenden Wendungen…

 

Der 56jährige Kultregisseur Quentin Tarantino will es in seinem neunten Film „Once upon a time . . . in Hollywood“ genau wissen. Es geht ihm um die zeitübergreifende Frage: Was bleibt noch von Film und Schauspiel in den rasanten Bilderwelten damals und heute? Das „once upon a time“ ist als eine stilistische Doppelung zu verstehen, die beispielhaft anhand eines filmischen Epochenbruches (1960/70er Jahre) über ein Schauspielleben erzählt wie die Möglichkeiten von Film und Kino über die Zeit an sich reflektiert.

Es ist eine wunderbare melancholische hommage und Verneigung an große Regie- und Schauspielkunst in Charakter, Inspiration und Experiment. An das Spiel des Menschen, um den Menschen und für den Menschen als wesentliche Selbstvergewisserung und Kritik seiner selbst. Als notwendigem Spiegel von hybris und Fall zu aller Zeit. Und als zeitlose Utopie menschlicher Hoffnung auf und vor der Leinwand.

Das innere Ringen einer Schauspielseele zwischen Anpassung und Anspruch wird dabei von Leonardo DiCaprio grandios gespielt. Die Filmszene im Versagen in einem Dreh und der folgende Wutausbruch gehören schon jetzt zu den Meilensteinen moderner Filmgeschichte. Er zieht dabei alle Register eines packenden Psychogramms. Die knappen Dialoge und die ruhige Inszenierung – Brad Pitt setzt den Stuntman Cliff Booth wunderbar in die filmische Umbruchphase der 1960/70 Jahre, Margot Robbie spielt Sharon Tate großartig ausdrucksstark – laden zur Aufmerksamkeit ein, welche die ZuschauerInnen fordert wie im furiosen Finale belohnt wird.
Tarantino spielt mit Andeutungen und Bildverweisen und hebt damit das menschliche Ringen im Hollywood Business zur großen Metapher der Existenz des Menschen an sich zwischen Traum und Wirklichkeit – Vision und Abgrund. Dem Regisseur gelingt da ein besonderer Kunstgriff. Es ist großes Kino in einer Zeit, die großes Kino braucht, weil es um den Menschen geht. Damals und heute. Da und dort.

mde

Once Upon a Time in Hollywood, 2019
Regie: Quentin Tarantino
Schauspiel:
Leonardo DiCaprio: Rick Dalton
Brad Pitt: Cliff Booth
Margot Robbie: Sharon Tate
Emile Hirsch: Jay Sebring
Margaret Qualley: Pussycat Al Pacino: Marvin Schwarz
Kurt Russell: Randy/„Erzähler“ – weitere.

Aktuell zu sehen im HOLLYWOOD MEGAPLEX GASOMETER Kino,
Guglgasse 11; 1110 Wien
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Fotos_ Film sony Pictures.

Alle weiteren Fotos_Walter Pobaschnig

Walter Pobaschnig 9_19
https://literaturoutdoors.com

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