„Der Untergang des österreichischen Imperiums oder die gereizte Republik“ Ed.Hauswirth und Ensemble. Umjubelte Uraufführung TAG Theater Wien. 17.11.2018.
Jetzt wird getanzt. Hemmungslos. Die Urhorde findet sich gleichsam wieder im Hotel am Semmering. Das Totem, das sind sie jetzt selbst. Ihre Ängste, die Geist und Körper wieder zerreißen und wild toben lassen. Das Unbehagen der Kultur im Anspruch von Humanität und Bildung zerreibt sich in der Ambivalenz prekärer Arbeitsverhältnisse, die dazu verführen Ideale für Lohnzettel zu tauschen. In Zeitungsredaktionen und überall. Ein Angestelltenverhältnis oder was? Niemand entgeht diesen Fragen jetzt. Unten am Fuß des Berges. In den Städten und überall. Daher bleibt jetzt nur noch die Macht des Körpers. Nackt, expressiv, schonungslos… Doch es ist noch nicht so weit. Der letzte Tanz bleibt zunächst eine Dystopie. Eine dunkle Vision vom Untergang der Kultur im Naturtriumph von Instinkt und Macht.
Noch treffen sie sich wie immer hier am Berg. Die Journalistin und Autorin, der Publizist, der junge Chefredakteur, die Philosophin und weitere. Es gibt Rituale. Gespräche und Tun. Wandern, kochen. Wort und Natur. Lachen und Nachdenken. Doch so war es einmal. Jetzt spitzt sich alles zu. Dunkle Wolken der kränkenden aktuellen Berufserfahrungen, persönliche Enttäuschungen im Lebensweg und die gesellschaftspolitischen Veränderungen ziehen schwer übers Land und hüllen jetzt auch den Berg ein. Überall Verlust und wenig Hoffnung. Es donnert und blitzt. Schwer. Im Tal und jetzt zwischen den Anwesenden. Und es ist nur eine Frage der Zeit bis die narzisstische Magie des Imperiums im letzten Röhren der Hirsche alles verschlingt. Ein dunkler Reigen, dessen Sog hier am Berg kränkt, demütigt und eine scheinbar verlorene Welt endgültig sprengt…
Das TAG Theater Wien setzt sich mit der umjubelten Uraufführung „Der Untergang des österreichischen Imperiums oder die gereizte Republik“ von Ed.Hauswirth und dem Ensemble fulminant an das Jubiläumsbankett des Landes. Es ist ein komödiantisch wie intellektuell kritisch mitreißender Blick auf die moderne Gesellschaftsgeschichte in allen Herausforderungen und Enttäuschungen. Die Inszenierung in der grandiosen Darstellung und Sichtbarmachung individueller Lebenswege öffnet die großen Einsamkeiten und stillen Tragödien unserer Zeit, in denen Fragen und Klagen persönlich bleiben (müssen) und so innerlich erstarren lassen. Das Ensemble interagiert im großen Thema individueller und gesellschaftspolitischer Lebensspannung von Ideal und Realitätanspruch in hervorragender persönlicher Aufmerksamkeit und schafft es die Brüche zwischen sozialer Rollenfassade und unterdrücktem persönlichen Angstschrei in Gänsehaut offenzulegen. Präsenz, Expressivität, Überraschungsmoment und Tragik reißen das Publikum mit.
Ein Bühnenereignis, das unterhält wie nachdenklich macht und zeigt welch Kraft, Aufmerksamkeit und Spielfreude modernes Theater auszeichnen kann.“
Regie: Ed. Hauswirth
Text: Ed. Hauswirth und Ensemble
Es spielen: Beatrix Brunschko, Jens Claßen, Juliette Eröd, Lorenz Kabas, Monika Klengel, Raphael Nicholas, Georg Schubert, Lisa Schrammel
Bühne: Johanna Hierzegger
Kostüm: Christina Romirer
Dramaturgie: Tina Clausen, Isabelle Uhl
Regieassistenz: Renate Vavera
Kamera: Gregor Graschitz
Regiehospitanz: Alexander Schlögl
Uraufführung: Sa 17. November 2018, 20.00
Weitere Vorstellungen
Di 20., Mi 21., Fr 23., Sa 24., Di 27. und Mi 28.* November 2018, 20.00
Di 18., Mi 19. und Do 20. Dezember 2018, 20.00
*Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Publikumsgespräch statt.
Walter Pobaschnig, Wien 11_2018
Fotos_Walter Pobaschnig