„die Sehnsucht der Ich-Erzählerin nach Freiheit und Selbstbestimmung“ Marilies Jagsch, Musikerin_Station bei Malina _ Wien 21.5.2023

Marilies Jagsch, Musikerin_
Station bei Ingeborg Bachmann_Malina_Wien  
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Liebe Marilies Jagsch, wir sind hier an Wiener literarischen Bezugsorten des Romans „Malina“ (1971) von Ingeborg Bachmann wie auch in unmittelbarer Nähe von biographischen Bezugspunkten der vor 50 Jahren verstorbenen Schriftstellerin. Sind Dir die Orte hier, die Umgebung vertraut?

Da ich hier ums Eck zehn Jahre lang gewohnt habe, kenne ich die Gegend gut. Bachmanns Beschreibung der Ungargasse ist mir sehr nah, auch wenn sie aus einer anderen Zeit stammt.

Du bist Musikerin. Auch Ingeborg Bachmann hatte eine große Liebe zur Musik, komponierte früh und arbeitete später als Librettistin mit Hans Werner Henze zusammen. Wie war Dein Weg zur Musik und welche Stationen gibt es da?

Das Bedürfnis, Musik zu machen, war bei mir immer da. Gitarre spiele ich, seit ich acht bin, und schon als Kind habe ich meine ersten Lieder geschrieben. Mein Ansatz ist aber ein sehr intuitiver, Musiktheorie hat mich nie besonders interessiert, bis heute vermeide ich Noten, weil mir die Musik weniger Spaß macht, wenn ich das Gefühl habe, sie in ein System zwängen zu müssen. Mit 16 habe ich begonnen, in einer Band zu singen, und mit 20, meine eigenen Lieder live zu präsentieren. Dann folgten auch bald meine ersten beiden Alben sowie viele Konzerte und Zusammenarbeiten mit anderen Künstler*innen und Bands.

Was sind Themen Deiner Musik?

Die Lyrics meiner Lieder kreisen um Themen und Gefühle, die in unserer leistungsorientierten Gesellschaft keinen Platz haben. Vielleicht gibt es da einen Konnex zu Bachmanns Erzählkosmos. In meinen Songs geht es vorwiegend um Machtverhältnisse und Gewaltstrukturen, Missbrauch, Verlust und Trauer.

Was sind Deine derzeitigen Projektpläne?

Im September erscheint das Debütalbum meines neuen Projekts MAIIJA, ein großer Schritt für mich, da ich seit 13 Jahren keine eigenen Lieder mehr veröffentlicht habe. Die erste Single haben wir schon im April released, im Juni folgt die zweite. Bald werden auch die nächsten Konzerte verkündet.

Im Roman „Malina“ ist der Hauptschauplatz Wien. Du bist wie Ingeborg Bachmann als Künstlerin nach Wien gezogen. Was bedeutet Dir diese Musik- wie Literaturstadt und welche Erfahrungen hast Du hier als Künstlerin gemacht?

Meine Beziehung zu Wien als Kulturstadt ist gespalten, weil Kultur hier tatsächlich sehr groß geschrieben und gut subventioniert wird, allerdings ist es für alle Kunstsparten, die sich nicht in die Hochkultur einordnen lassen oder für den Tourismus nicht relevant sind, auch nicht viel einfacher als in den meisten anderen europäischen Städten. Dennoch ist Wien eine sehr lebenswerte Stadt und ich schätze die kulturellen Netzwerke hier. Im Untergrund der Wiener Szene habe ich einen starken Zusammenhalt und viel Loyalität erfahren. 

Welche Eindrücke hast Du von den Romanschauplätzen in der Ungargasse?

Die Ungargasse kannte ich ja bereits, aber das Stiegenhaus des Hauses Nummer 6, in dem die Ich-Erzählerin im Roman wohnt, war mir noch neu. Es wirkt fast ein wenig herrschaftlich mit der Statue im Eingang, deutlich weniger beklemmend, als man es sich zur Stimmung des Romans vorstellt. Aber gleichzeitig ist es wohl genau dieses Bürgerliche, mit dem so viele Konventionen und Erwartungen verbunden sind, das sich so erdrückend anfühlt.

Welche Bezüge hast Du zu Literatur? Schreibst Du auch?

Aktuell schreibe ich nur Songs, aber ich habe ein sehr inniges Verhältnis zur Literatur. Als Lektorin und Literaturprogrammleiterin des Verlags Kremayr & Scheriau durfte ich in den letzten Jahren viele Romanprojekte in ihrer Entstehungsphase begleiten. Zurzeit hab ich mir eine Auszeit für meine Musik genommen, aber die Literatur wird in meinem Leben auch in Zukunft eine große Rolle spielen.

Was sind für Dich zentrale Themen und Aussagen des Romans „Malina“?

Am meisten berührt mich die Sehnsucht der Ich-Erzählerin nach Freiheit und Selbstbestimmung in einer von Männern dominierten Welt. Die Abhängigkeit, die sie spürt, fühlt sich für mich sehr grausam an.

Hättest Du mit Ingeborg Bachmann gerne einen Tag in Wien verbracht und wenn ja, wie würde dieser aussehen?

Gerne würde ich wissen, worüber Ingeborg Bachmann heute schreiben würde. Wahrscheinlich würde ich eine Runde mit ihr durch den Stadtpark spazieren und darüber sprechen, was in Österreich momentan alles schiefläuft. 

Darf ich Dich abschließend zu einem Malina Akrostichon bitten?

Mein

Anderes

Leben 

Ist 

Nie 

Abkömmlich

Marilies Jagsch, Musikerin_
Station bei Ingeborg Bachmann_Malina_Wien  
50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Vielen Dank, liebe Marilies Jagsch, Musikerin, für Deine Zeit in Wort und Bild bei Malina, alles Gute für alle Projekte!

Station bei Malina_Roman Ingeborg Bachmann_Wien_1971

im Interview und szenischem Fotoportrait_

Marilies Jagsch, Musikerin_ Wien _

Aktuelles Musikalbum_MAIIJA / Marilies Jagsch

https://www.facebook.com/people/Maiija/100063141973568/

2023 _ 50.Todesjahr_Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Interview und alle Fotos_Romanschauplatz _ Malina_Wien _ Walter Pobaschnig

Walter Pobaschnig, 5_23

https://literaturoutdoors.com

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