Liebe Anna, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Immer zuerst grünen Tee. Dann nach Tagesbedarf kuscheln, essen, arbeiten. Meine Tage variieren, ich mäandere zwischen den Künsten, dem Broterwerb, dem Yoga hin und her. Nicht ohne Struktur, das könnte ich nicht. Aber die Freiräume dazwischen lassen mich atmen, denken, schreiben. Das ist Luxus, ich weiß.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Zu atmen. Durchzuatmen. Zu schnell sind wir erregt über Dinge, die in der Rückschau oft nur halb so wichtig sind. Zuzuhören. Schon dann hat der andere Mensch das Gefühl, geachtet zu werden. Mitzufühlen. Und schließlich zu handeln. Jeder Mensch dort, wo er es für wichtig hält.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Für mich ist jeder Tag ein Aufbruch, ein Neubeginn. Was gestern war, kann heute noch gelten, muss aber nicht. Dafür sensibel zu sein, sporne ich mich immerfort an. Und davon zu berichten, das kann Kunst, das kann Literatur, das kann Musik, darüber schreibe ich, das versuche ich auszudrücken, wenn ich musiziere. Meine persönlichen menschlichen Erfahrungen in ein Nachvollziehbares zu transformieren, Mitfühlen und Mitdenken und Mithandeln zu ermöglichen. Austausch auf allen Ebenen.
Was liest Du derzeit?
Carlos Franz: Das Quartett der Liebenden, ein Roman über Darwin, einen Maler und eine Frau.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„die Schläfer kommen nicht zur Ruh
die Lichter- und Geräuschkulisse schwillt
die Endgeräte senden immerzu
wir müssen niederknien“
aus GLIMM von Kerstin Becker
Vielen Dank für das Interview liebe Anna, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literatur-, Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Anna Zepnick, Autorin, Musikerin
Zur Person_ Anna Zepnick, geboren, aufgewachsen, beschult und studiert in Dresden. Diplom und Konzertexamen als Pianistin. Arbeitet als Musikerin und Yogalehrerin. Liebt Sprache, seit sie sie beherrscht. Initialbegegnung waren die Bibel und die Grimmschen
Märchen.
Schreibt seit 2012 intensiv. 2007 Drehbuch „Mascha, der Kater und der kleine Elefant“, Balancefilm Dresden 2015 Vertonung „so ist das mit dem glück“ / Etta Scollo, Album „tempo al tempo“, Jazzhaus Records, 2016 Gedichte in „Richtungsding X“, Zeitschrift für Gegenwartsliteratur, Herausgeber J. Laarmann, Düsseldorf,
2020 Hörbuch „und singt ewige lieder“ (gefördert durch ein Denkzeit-Stipendium der
Kulturstiftung des Freistaates Sachsen) annazepnick.bandcamp.com
2022 Teilnahme an Lyrikwerkstatt von Andreas Altmann, Poesiefestival Vollradisroda
2022 Bühnenpremiere von „und singt ewige lieder“ am Societaetstheater Dresden
https://www.societaetstheater.de/veranstaltung/und-singt-ewige-lieder/
Foto_privat
4.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.