„Mit einem Mal verschwindet in der Kunst das Gefühl von Einsamkeit“ Laura Schürmann, Malerin _ Berlin 3.4.2023

Wie sieht jetzt dein Tagesablauf aus?

Einen immergleichen Tagesablauf gibt es bei mir zurzeit nicht. Ich befinde mich aber gerade in einer so genannten „produktiven Phase“, zeichne und male täglich wie eine Wahnsinnige und habe unverschämt viel Spaß dabei. Zwischenzeitlich flowt es einfach, man ist voll von Ideen und Leidenschaft und das sollte man dann nutzen so gut es geht.

Laura Schürmannn (folgende) _Just a few seconds before he broke up / 2015/ Kugelschreiber und Marker auf Papier, digital überarbeitet

Zwischendurch werfe ich meinem flehenden Körper was zu fressen hin, jogge um den Block, treffe mich mit Freunden zur Besprechung von Liebe und Leben auf Kaffee oder Wein.

Wasted Berlin / 2015 / Tusche und Aquarell auf Papier, digital überarbeitet
I enjoy being a woman / 2015 / Tusche und Aquarell auf Papier, digital überarbeitet
Dramatic Posing (part2) / 2023/ Kugelschreiber und Graphit auf Papier, digital überarbeitet

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Was für „uns alle“ jetzt besonders wichtig ist, kann ich wirklich nicht sagen. Wir meinen ständig, die Welt sei so immens im Wandel und alles würde jetzt -mal wieder- so ganz anders werden. Ich fühle das überhaupt nicht. Auch unsere Bedürfnisse und Wünsche scheinen mir stets unverändert zu bleiben: Das Streben nach Bedeutung in dieser Welt, Liebe, Anerkennung, Familie. Und genau darum sollten wir uns einfach weiterhin kümmern. Die Dinge in unserem eigenen kleinen Radius voranbringen und im Gleichgewicht halten. Die Welt wäre glaube ich eine sehr viel bessere, wenn jeder mehr bei sich selbst bliebe. An dem, was für uns alle besonders wichtig ist, hat sich in der Vergangenheit nicht viel geändert und wird es glaube ich auch in Zukunft nicht.

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?

Ich halte den sogenannten Aufbruch der Gesellschaft, den großen Wandel im Großen und Ganzen wie gesagt für eine Illusion. Übrigens bleibt das „Wesentliche„ für mich auch stets dasselbe, egal wie sehr die Welt sich auch wandeln mag. Tatsächlich bleibt mir bei dem kläglichen Versuch, Tag für Tag meine eigene kleine begrenzte Welt in Ordnung zu halten auch gar keine Zeit mehr, mir den Kopf über weltliche Zusammenhänge zu zerbrechen und ich frage mich auch oft, wie all die anderen das zeitlich hinkriegen, die „am Weltgeschehen Interessierten“. Ich meine, etwas muss da doch auf der Strecke bleiben. Möglicherweise das eigene Leben?

Clubbing Couple/ 2022 / Graphit auf Papier, digital überarbeitet

Auch die Rolle der Kunst wird hoffentlich dieselbe bleiben und das ist übrigens eine sehr schöne Rolle, wie ich finde: Sich in der Kunst eines anderen, einem Satz, der Atmosphäre in einem Bild, einer Melodie gewissermaßen schockartig wiederzuerkennen und zu merken, dass man ja doch gar nicht so verdammt allein ist mit seinen Gedanken, Gefühlen, Empfindungen in dieser großen weiten Welt. Mit einem Mal verschwindet das Gefühl von Einsamkeit. Dafür ist Kunst meiner Meinung nach von jeher da gewesen: Zur Eliminierung jener Einsamkeit, zu der vor allem wir Menschen ja irgendwie verdammt sind.

Katerblau-Club Berlin/ 2015 / Verschiedene Zeichnungen, digital collagiert
Messy Table Scene / 2022 / Kugelschreiber auf Papier, digital überarbeitet

Was liest du zurzeit?

Schändlich, aber wahr: Im Moment tatsächlich nichts. Mir fehlt auch einfach im Moment die Zeit. Der letzte, wirklich gute Autor, den ich gelesen habe war Wolfgang Herrndorf, der der „Tschick“ geschrieben hat. Seit seinem Tod kam leider nichts Vergleichbares mehr nach.

Reading while it´ s snowing outside / 2023 / Digitale Zeichnung

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„We are eternal, all this pain is an illusion“ ist eine immer wiederkehrende Zeile aus dem Songtext von Tools „Parabola“.

Untiteled / 2015 / Tusche und Aquarell auf Papier, digital überarbeitet

Vielen Dank für das Interview liebe Laura, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an Künstler*innen:

Laura Schürmann, Malerin, Zeichnerin und Grafikern

Laura Schürmann, Malerin, Zeichnerin und Grafikern

Zur Person_Laura Schürmann, 1985 geboren und aufgewachsen in Witten im Ruhrgebiet, gelernte Gestaltungstechnische Assistentin und Mode-Journalistin, lebt und arbeitet seit 2006 als freie Künstlerin in Berlin. Inspiration für ihre teils düster anmutenden Gemälde, Zeichnungen, Kollagen, Grafiken und Digital Drawings (die sich häufig um die Körperlichkeit des Menschen, seine Sexualität, Aussenseitertum, Hedonismus und Zerstreuung in der Hauptstadt drehen) holt sie sich gerne im Berliner Nachtleben. Neben ihrer freien Kunst entwirft sie auch Plakate und Flyer, unter anderem 2015 für den prominenten Berliner Techno-Club Berghain. 

https://instagram.com/laura_schuermann_art?igshid=YmMyMTA2M2Y=

Alle Fotos _ Bilder: Laura Schürmann

Foto Portrait: privat

16.2.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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