Lieber Thomas, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Tagesablauf ist ganz stark durch meinen Beruf als Lehrer bestimmt.
Aufstehen um 5 Uhr 30. Nach einem veganen Frühstück, für das ich mir viel Zeit nehme, studiere ich ausführlich die Wetterkarten im Internet. Die Versuche der Computer, das Chaos der Vorgänge in der Atmosphäre zu bändigen, faszinieren mich. In allen meinen Romanen spielen Beschreibungen von Wetterlagen eine große Rolle.

Dann Fahrt in die Schule und Unterricht ab 8 Uhr. An den Nachmittagen folgen Vorbereitungen und Verbesserungen und so fällt meine schriftstellerische Tätigkeit in den Abend und in die Nacht hinein, falls der Tag meine schöpferische Kraft nicht verbraucht hat.
Anders natürlich in den Ferien und am Wochenende. In den Morgenstunden fahre ich da sehr gerne mit dem Fahrrad durch das Südburgenland. Von den Eindrücken, die ich auf diesen Touren sammle, kann man in meinen Kriminalromanen lesen. Danach arbeite ich meist sehr intensiv.

Mein Lieblingsplatz zum Schreiben ist unser Glashaus im Garten. Hier ist es auch an sonnigen Wintertagen angenehm warm und in den Sommernächten leuchten die Sterne über mir am Himmel oder die Blitze ferner Gewitter erleuchten die Finsternis, wenn ich am Ende des Tages ein Buch lese.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Die Stürme um die Insel der Seligen werden heftiger. Noch sind die meisten nur am Bildschirm zu sehen, doch die einsamen, dünnen Schneebänder in grüner Landschaft lassen sich nicht einfach wegwischen.
Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte sind mit vollen Bäuchen, vom Urlaub gebräunten Körpern und vollgetankten SUVs leicht aufrecht zu erhalten. In Krisen, wenn die Mauer des Wohlstand bröckelt, liegt es an uns allen den „Populären, starken Mann“ zu verhindern. Zu große Unterschiede zwischen Arm und Reich müssen mit aller Macht verhindert werden.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben. Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. Schiller ist leider wieder mehr als aktuell. Aufrüstung darf nicht die einzige Antwort sein.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Noch können wir die Tore unserer Burgen schließen und reiten nur zum Vergnügen hinaus und durch die ärmlichen Siedlungen der Umgebung, um uns zu unterhalten. Der Adel des 21. Jahrhunderts sind wir. Wir müssen rasch lernen zu verzichten, sonst ist weder die Klimaerwärmung noch die nächste Revolution der Armen zu verhindern. Persönlich werden wir uns die unangenehme Frage stellen müssen, ob wir uns nicht zu gern hinter dem Satz: „Was kann da ein einzelner schon machen?“ verstecken.
Literatur ist besonders gut geeignet, der Gesellschaft einen Spiegel vor Augen zu halten. Sie darf übertreiben, um deutlich sichtbar zu machen, was im Trubel des Alltages gerne übersehen wird, denn Künstler fürchten keine nächste Wahl und auch den Verlust von Followern und Likes nicht. Ein Kunstwerk muss sich auch nicht die Frage stellen: Wozu ist es gut? Wer hat was davon? Kunst folgt keinen Aktienkursen. Oft können sich die Mächtigen nur helfen, indem sie Kunst vernichten, Bücher verbrennen, so wirkungsvoll ist Kunst. Ich bin sicher, dass Kunst einen ganz wichtigen Betrag leisten wird, die kommenden Veränderungen bewältigen zu können.
Was liest Du derzeit?
Graham Greene Das Ende einer Affäre
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Das Problem dieser Welt ist, dass die intelligenten Menschen so voller Selbstzweifel und die Dummen so voller Selbstvertrauen sind.“
Bertrand Russell nach William Butler Yeats
Vielen Dank für das Interview lieber Thomas, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Thomas Himmelbauer, Schriftsteller
Zur Person_ Thomas Josef Himmelbauer geboren am 2.10.1960 in Wien. 1979-1984 Lehramtsstudium für Mathematik und Physik an der Universität Wien. Ab 1984 Lehrer am Gymnasium Wien 2, Zirkusgasse 1984-1987 Doktoratsstudium Mathematik bei Univ. Prof. Harald Rindler Dissertation über „Lineare Gleichverteilung“.
In den Jahren 1979-1984 entstand der Roman „Mosaik“ über das Leben von Jugendlichen im Wien der 70-Jahre, der unveröffentlicht blieb.
Ab 1988 bis 2023 Lehrer am katholischen Privatgymnasium Neulandschule in Wien Grinzing. Seit 1989 verheiratet. Zwei Kinder.
Im Frühjahr 2007 entstand der Kriminalroman „Tod in Pannonien“, der im Südburgenland in der Umgebung von Güttenbach spielt. Im April 2009 erscheint der Kriminalroman im Verlag Federfrei und befindet sich momentan in der 2. Auflage.
Es folgen die Kriminalromane: „Tod im Gymnasium“ 2010; „Tod am Güttenbach“ 2011; „Tod auf der Weißwandhütte“ 2013; „Tod bei Güssing“ 2015; „Tod im Zickenwald“ 2019
Aktueller Roman „Tod an der Pinka“ 2022

http://www.federfrei.at/todanderpinka.html
Foto_privat
26.2.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.