„Ich habe keine Angst vor einem Aufbruch“ Marilies Jagsch, Musikerin _ Wien 12.2.2023

Liebe Marilies, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Bis jetzt waren meine Tage klar definiert und strukturiert, vor allem durch meinen Job in einem Verlag, aber da ich mich entschieden habe zu kündigen, um wieder mehr Zeit für Musik und andere Projekte zu haben, die schon lange auf Eis liegen, wird sich das nun ändern. Ich muss erst neue tägliche Routinen finden oder alte wiederfinden und lasse mich überraschen, was die Umbruchphase so mit sich bringen wird. Keine vorgegebene Struktur zu haben fühlt sich im Moment für mich wie ein großer Luxus an, den ich hoffentlich eine Zeit lang aufrechterhalten kann.

Marilies JagschMusikerin, Lektorin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich denke nicht, dass ich diese Frage universell beantworten kann, für mich persönlich habe ich aber festgestellt, dass ich mich wegbewegen möchte von einem Gefühl der Resignation und Passivität hin zu mehr aktiver Mitgestaltung. Ja, vieles kann ich als Einzelperson nicht ändern, aber in den letzten Jahren hat uns die Isolation ein wenig vergessen lassen, wie groß die Kraft einer Gruppe von Menschen sein kann, die sich zusammenschließt.

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?

Ein Aufbruch wäre angesichts der Klimakrise dringend nötig, Wissenschaft und Kunst beschäftigen sich ja schon seit vielen Jahren mit den Problemen des Anthropozäns, die jetzt erst langsam im öffentlichen Diskurs ankommen. Wenn die Entscheidungsträger sich davon inspirieren ließen, würde die Welt ganz anders aussehen. Ich habe keine Angst vor einem Aufbruch, ich befürchte, dass ein Aufbruch ausbleibt, weil die nötigen Entscheidungen nicht getroffen werden. Dennoch glaube ich daran, dass Kunst die Menschen auf eine Weise zu berühren vermag, die viel bewegen kann. Und zwar nachhaltiger als eine Schreckensmeldung in den Medien, die uns verstummen lässt und uns Angst macht.

Was liest Du derzeit?

Confronting Capitalism von Vivek Chibber. Und zwischendurch immer wieder einzelne Geschichten von Alexander Kluge.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

In the impasse induced by crisis, being treads water; mainly, it doesn’t drown.

(aus Cruel Optimism von Lauren Berlant)

Vielen Dank für das Interview liebe Marilies, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Marilies JagschMusikerin, Lektorin

Zur Person_Marilies Jagsch lebt und arbeitet als Musikerin und Lektorin in Wien. 2023 erscheint das Debütalbum ihres neuen Projekts MAIIJA.

Foto_Michael Vienne

4.2.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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