Großer Österreichischer Staatspreis 2022_
Staatspreisverleihung an Anna Baar _ Künstlerhaus Wien 26.1.2023
Interview _ HR Dir. Prof. Mag. Dr. Gabriele Fenkart_ Direktorin BRG Viktring/Klagenfurt _ 26.1.23

26.1.23
Sehr geehrte Frau HR Dir. Prof. Mag. Dr. Gabriele Fenkart, Sie sind Direktorin des BRG Viktring/Klagenfurt, dies ist jene Schule, welche die Staatspreisträgerin 2022, Anna Baar, besucht und an welcher sie maturiert hat. Sie haben Anna Baar in Deutsch unterrichtet.
Welche Erinnerungen haben Sie an den Unterricht mit Anna Baar?
Anna ist in der 5.Klasse zu uns an die Schule gekommen und das war eine Zeit, in welcher der Deutschunterricht noch ohne Textsortenkatalog und Standardisierung stattfinden durfte. Ich habe da gerne im Unterricht offenen Schreibformen Raum gegeben. Schreiben und Lesen in Notwendigkeit wie Inspiration und Motivation waren ganz wichtige Säulen des Deutschunterrichtes.
Ich habe Anna in der großen Klasse als eine Schülerin, wie auch andere, wahrgenommen, die Lust hatte zu schreiben und das hat für mich als Pädagogin eine wichtige Rolle gespielt.
Dass Anna diesen Weg des Schreibens nimmt, ist für mich einfach wunderbar und es ist auch spannend zu erfahren, was man alles über eine Schülerin nicht wusste und nun im Schreiben wiederentdeckt, etwa wie sie sich selbst wahrgenommen gefühlt hat.

Verleihung Österreichischer Staatspreis 2022 _
Künstlerhaus Wien 26.1.2023
Wie konnten Sie als Deutschpädagogin die Schreiblust von Anna Baar und ihrer MitschülerInnen im Unterricht begleiten und fördern?
Ich denke, wir waren freier in der inhaltlichen Auswahl und Schwerpunktsetzung was den Literaturunterricht in der Oberstufe des Gymnasiums betrifft. Wir waren auch freier, Lektüre individuell zuzugestehen – was gelesen werden muss und was gerne persönlich bzw. empfohlen weiter gelesen wird – ich finde das macht einen Unterschied zur Gegenwart aus.
Welchen Schwerpunktzweig Ihrer Schule hat Anna Baar besucht?
Anna war im Schwerpunktzweig Musik.
Unsere Schule hatte damals wie heute die Schwerpunktzweige Musik- und Kunstunterricht (Bildnerische Erziehung). Der Unterricht hat da jeweils den Umfang von sechs Wochenstunden, statt der in den gymnasialen Realzweigen ansonsten üblichen zwei, und dies ist prägend.
Ihre Anwesenheit als Direktorin heute bei der Staatspreisverleihung für Anna Baar zeigt die starke Wertschätzung füreinander. Gibt es weitere Kontakte, Projekte?
Es gibt eine große Wertschätzung und Anna war etwa 2017 zur 40 Jahre Feier unserer Schule als Festrednerin eingeladen.
Wenn es die Möglichkeit gibt, laden wir Anna zu uns in die Schulbibliothek zum literarischen Gespräch, Arbeiten mit unseren Schüler*innen ein. Und Anna kommt sehr gerne.
Ist Ihnen als Deutschprofessorin von Anna Baar in Aufsätzen, Arbeitsaufgaben ihrerseits etwas inhaltlich, stilistisch in Erinnerung?
Was ich mit Sicherheit in Erinnerung habe, ist, dass diese Klasse, und damit auch Anna, gerne mit der literarischen Technik „Stream of consciousness“ (Bewusstseinsstromtechnik) gearbeitet hat. Dieses Schreiben über sich selbst, die Gedanken im Kopf, war ein wichtiger Schwerpunkt in dieser Klasse.
Ich erinnere mich auch an eine Themenstellung der Maturarbeiten – „Welche markanten Lektüreerlebnisse haben mich im Schulleben begleitet und was bedeutet dies für meine Entwicklung“. Ob Anna dies gewählt hat, da müsste ich sie fragen (lacht).
Was möchten Sie Anna Baar zur Verleihung des Österreichischen Staatspreises 2022 mitgeben?
Ich wünsche Anna, dass sie ihren so beeindruckenden wie wichtigen literarischen Weg der kulturellen Thematisierung des Da- und Dazwischensein weitergeht, es ist sehr befruchtend und für Anna wohl auch ein wichtiger Weg im Schreibprozess.
Der österreichische Staatspreis, die großen Würden beginnen jetzt, und so soll es weitergehen. Das wünsche ich Anna von Herzen.

26.1.23
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin so inspirierende, beeindruckende wie erfolgreiche Absolventen*innen Ihrer Schule!
Info_Der Große Österreichische Staatspreis ist die höchste Auszeichnung, die die Republik Österreich einer Künstlerin oder einem Künstler für ein künstlerisch besonders herausragendes Lebenswerk verleiht.
Der aus 21 Mitgliedern bestehende Österreichische Kunstsenat nominiert jährlich eine Künstlerpersönlichkeit aus den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Literatur oder Musik ohne festgelegtes Rotationsprinzip für den Staatspreis. Vergeben wird der Preis seit dem Jahr 1950. Bis 1970 wurden jährlich mehrere Staatspreise vergeben, seit dem Jahr 1971 nur mehr ein Staatspreis pro Jahr.
Preisträgerin 2022: Anna Baar
Quelle: Bundesministerium Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport 1_23
Interview_Walter Pobaschnig
Alle Fotos_Walter Pobaschnig