Wie sieht dein Tagesablauf aus?
Ich stehe gegen 7 Uhr auf, mache mir eine große Kanne Earl Grey Tee, rolle die Yogamatte aus und mache eine halbe Stunde Yoga. Dann beginne ich zu schreiben. Mein tägliches, selbst gesetztes Ziel sind 10 000 Zeichen. Meist bin ich damit gegen 14 Uhr fertig. Ich arbeite hauptberuflich als Autorin. Am Nachmittag kümmere ich mich um Marketing, PR, Social Media, Newsletter, E-Mails und natürlich um die Recherche. Dazu kommen rund dreißig bis vierzig Lesungen im Jahr.
Wenn ich über neue Plots nachdenke, gehe ich zum Denken gerne in den Wald. Die Abende verbringe ich mit meinem Mann, oder ich treffe Freunde, besuche Lesungen, Kabaretts und Konzerte.
Ich liebe den Austausch mit anderen Schreibenden. Oft chatte ich bis Mitternacht mit meinen engsten Autorenfreund*innen.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Nicht zu verzweifeln. Klimakrise, Coronakrise, Wirtschaftskrise, Krieg, Energiekrise, Papierkrise. Sich da den Optimismus zu bewahren und im Idealfall auch noch andere zu inspirieren, das ist eine enorme Herausforderung. Ich finde es wichtig, hier ganz bei sich und im Jetzt zu bleiben, statt sich in Worst Case Szenarien zu verlieren. Die aktuellen Bedrohungen sind (noch) nicht das Ende – weder das Ende von uns als Gesellschaft noch das Ende der Kunst.
Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich habe nicht das Gefühl, dass ein Aufbruch bevorsteht. Ganz im Gegenteil. Sehr viele Menschen, mit denen ich rede, sehnen sich nach einer (nostalgieverklärten) Vergangenheit. Sie sehnen sich nach einer Zeit, in der ein Studien- oder Arbeitsplatz sicher(er) war und Arbeit selbstbestimmter und weniger bürokratisiert und reglementiert war. Nach einer Zeit, in der man noch keine Angst hatte, dass man z. B. von einer Haarfarbe oder einem verkohlten Steak Krebs bekommen kann. Eine Zeit in der man noch nicht im Sekundentakt damit konfrontiert wurde, wie korrupt und grausam die Welt ist. Die Sozialen Medien tragen leider zu dieser negativen Wahrnehmung bei. Dabei geht es uns laut Kommunikationsdesigner Stefan Sagmeister langzeitig gesehen eigentlich wesentlich besser als z. B. noch vor hundert Jahren.
Wie Literatur und Kunst die Gegenwart reflektieren, obliegt der individuellen Entscheidung der Künstler:innen. Ich finde hier gerade die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten spannend. Manche entscheiden sich für messerscharfe Gesellschaftskritik oder Provokation. Andere ermöglichen dem Rezipienten kleine Fluchten von der Realität, bedienen sich einem Zweckoptimismus. Bis zu Dystopie ist in Kunst und Literatur alles möglich. Ich bin stark von der britischen Kultur geprägt. Mein Stilmittel ist der schwarze Humor.
Was liest du derzeit
»Der Hausmann« von Wlada Kolosawa. Ein unkonventioneller Roman. Er kombiniert traditionelle Erzählweisen mit anderen Erzählstilen wie Chatprotokolle oder Comic. Es ist eine Geschichte über Gentrifizierung und Liebe, über exzessive Start-up- Kultur, Klimaerwärmung, veganes Hundefutter und das Darknet. Das Buch hat mir meine „Schreibschwester“, die Autorin Susanne Kristek vor ein paar Tagen geschenkt.
Aktuell bin ich auch Testleserin von Susannes neuem, noch unveröffentlichtem Manuskript. Insofern ist das, das zweite Buch, das ich gerade lese.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Für deinen Blog und zum Thema des Interviews passend, natürlich ein Bachmann Zitat J
„Das Beste ist, müde zu sein und am Abend hinzufallen. Das Beste ist, am Morgen, mit dem ersten Licht, hell zu werden, gegen den unverrückbaren Himmel zu stehen, der ungangbaren Wasser nicht zu achten und das Schiff über die Wellen zu heben, auf das immerwiederkehrende Sonnenufer zu.“ — Ingeborg Bachmann

Vielen Dank für das Interview liebe Martina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Martina Parker, Schriftstellerin
Zur Person:
Martina Parker hatte eine herrliche Kindheit am Land. Mit 18 war es trotzdem Zeit über den Gartenzaun zu blicken. Als Journalistin reiste sie in 69 Länder, traf und interviewte Stars und Künstler wie Susan Sarandon, Cate Blanchett, Quentin Tarantino und Karl Lagerfeld. Sie lebt mit ihrer Familie, Pferden, Katzen und Fledermäusen in einem alten Bauernhof im Südburgenländischen. In ihrem Garten gibt es sehr viel Giersch und viel zu viele Nacktschnecken.
Martinas journalistischer Background erklärt die starken Frauenfiguren in ihren Krimis. Ihre Ehe mit einem Engländer den burgenländisch-britischen Humor. Setting für die Abenteuer des Klubs der Grünen Daumen ist das Südburgenland. Für Martina das schönste Ende der Welt.
Martina Parker / Autorin
Martina Parker begann nach Praktiken beim ORF und bei Der Standard zunächst als Journalistin bei der Österreichischen Gastgewerbe Zeitung, ehe sie die Leitung der beiden Fachzeitschriften Café Journal und Parfümerie&Drogerie übernahm. Parallel dazu schrieb sie unter dem Pseudonym Glenda Gossip Kolumnen, die mit dem Österreichischen Zeitschriftenpreis prämiert wurden. Sie gründete das Beautyressort der Frauenzeitschrift WIENERIN und leitete dieses über zwei Jahrzehnte lang. 2008 wurde sie Beauty Director für sämtliche Frauentitel der Styria. Monatliches Highlight war bis 2020 ihre Kolumne Schöner Leben. Parallel dazu schrieb sie zu unterschiedlichen Themen für WIENER, WIENERIN, DIVA und PRESSE Schaufenster, SERVUS in Stadt & Land. Sie entwickelt Kundenzeitschriften und macht Medienberatung. Aktuell arbeitet sie als Autorin und freie Journalistin. Ihre beiden Kriminalromane Zuagroast und Hamdraht (Gmeiner Verlag) sind beide Bestseller.
Books:
Zuagroast 7/2021 (Gmeiner Verlag)
Hamdraht 3/2022 (Gmeiner Verlag)
Hotel Rock´n Roll 9/2022 mit Manfred Stallmajer (SCHULTZ & SCHIRM Bühnenverlag GmbH)
Autorin — Martina Parker schreibt
Neuerscheinung_Martina Parker neues Buch „Aufblattelt“ erscheint am 25.1.23

Aufblattelt 1/2023 (Gmeiner Verlag)
https://www.martinaparker.com/aufblattelt
Fotos Portrait_Rafaela Pröll
2.1.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.