
acting Romy Schneider _
40.Todesjahr Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris)
































acting Romy Schneider _
40.Todesjahr Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris)
Liebe Maria, welche Bezüge, Zugänge gibt es von Dir zu Romy Schneider?
Romy Schneider war mir bereits in der frühen Kindheit ein Begriff. Damals – wie natürlich auch heute – waren die sogenannten „Sissi-Filme“ mit ihr in der Titelrolle sehr beliebt. Anschauen durfte ich sie allerdings nicht. Ich kannte die Geschichten nur von meinen Freundinnen. Da mein Vater ja Historiker war, verwehrte er sich dagegen, dass in „seinem Hause“ diese – wie er sie nannte – geschichtlich verfälschten Geschichten konsumiert wurden. Später interessierte ich mich für sie als Schauspielerin im Speziellen.






Gibt es einen Film von Romy Schneider, den Du hervorheben möchtest und warum?
Death Watch von Bertrand Tavernier mit Romy Schneider und Harvey Keitel in den Hauptrollen.
Es gab damals einen Vorfall bei den Dreharbeiten, der mich sehr berührt hat. Es ging um eine Szene zwischen Schneider und Keitel, wobei sie plötzlich aus der Szene aussteigt, um ihm eine schallende Ohrfeige zu verpassen. Sie war erzürnt darüber, dass ihr Szenenpartner ihr anscheinend nicht richtig zugehört hatte, sozusagen weit entfernt war „vom echten Leben unter vorgestellten Umständen vor der Kamera“, sondern sich eher eitel in Position bringen wollte, herumkauend auf einem Heuhalm. Das fand ich großartig! Jetzt weniger die Gewalt, sondern das Einfordern von Wahrhaftigkeit im Spiel.




Gab es Berührungspunkte zu Werk und Leben Romy Schneiders in Deinen bisherigen Schauspielprojekten?
Berührungspunkte vielleicht in einigen ihrer Aussagen, die man aus ihren Interviews kennt. Sie sagte einmal in Anspielung auf ihre Rolle Philomena Schmidt in Le Trio Infernal:“Es ist reizvoll, Rollen zu spielen, die so ganz anders sind als ich.“ Dies vermag mir aus der Seele zu sprechen. Ich habe, glaube ich, diesen Beruf gewählt, um viele verschiedene Leben zu leben. Vielleicht kann man hier von einem kleinen Berührungspunkt sprechen.

















Wie siehst Du das Spannungsverhältnis von Leben und Schauspielberuf bei Romy Schneider wie an sich?
Das wenige, was ich über ihr Leben weiß, bzw. was uns darüber vermittelt wird, zeigt mir persönlich, dass sie eventuell sehr gelitten hat unter dem öffentlichen oder medialen Wunsch, sie für den Rest ihres Lebens als Sissi zu sehen. Es hat ihr wahrscheinlich viel Kraft gekostet, sich davon zu lösen, sich über die Jahre von dieser Rolle zu emanzipieren und sich schließlich neu zu definieren.


Romy Schneider wechselte nach großen Schauspielerfolgen in den 1950er das Filmgenre wie das Land. Wie siehst Du die Möglichkeiten persönlichen Entwicklungsweges im Schauspielberuf?
Das Wunderbare am Schauspielberuf ist, dass man mit fast jedem neuen Projekt auch das Team wechselt, sich dadurch ständig mit neuen Menschen umgibt und sich aus diesem Grund auch zwangsläufig neuen Ansichten, Methoden, Techniken, Sprachen, Geschichten etc. aussetzt. Ich glaube, dieser Umstand kann schnelle Entwicklungssprünge zur Folge haben. Persönlich wie professionell. Erfahrungsgemäß kann ich mir als Schauspielerin selten meine Arbeitskolleg*innen aussuchen, was natürlich dazu beitragen muss, an mir selber zu arbeiten, Wege zu finden, an einem fruchtbaren Probenprozess mitzuarbeiten. Wie begegne ich Menschen respektvoll in Zeiten größter Anspannung kurz vor der Premiere. Wie kann ich mich behutsam innerlich öffnen für ganz sensible Szenen. Welchen Weg wähle ich, um für meine Rolle einzustehen. Wie komme ich klar mit inszenatorischen Entscheidungen, auf die ich keinen Einfluss habe.


Was kann eine Schauspielerin von Romy Schneiders Werk und Leben mitnehmen?
Ich bewundere Romy Schneider in vielerlei Hinsicht. Was ich persönlich mitnehmen kann, ist sicherlich ihr unermüdliches Streben nach schauspielerischem Wachstum. Hat sie nicht irgendwann einmal gesagt, nachdem ein Journalist sie als große Schauspielerin bezeichnet hat: “Große Schauspielerin… naja. Ich lerne.“






Gibt es etwas typisch Wienerisches bei Romy Schneider?
Vielleicht ihre Sprache? Sie hat ein paar Worte, die sie richtig Wienerisch ausspricht. Aber vielleicht auch ihre melancholische Natur, die manchmal durchscheint bei Interviews. Den Menschen in Wien wird doch Melancholie und Schwarzmalerei nachgesagt?




Was bedeutet Dir Wien/Österreich und welche Erfahrungen hast Du hier im Schauspielberuf gemacht?
Zu Wien hege ich, wie man so schön sagt, eine Hassliebe. In Wien bin ich erwachsen geworden, würde ich sagen. Es war die erste Großstadt, in der ich gelebt habe und als 19Jährige, die soeben aus Neuseeland zurückkehrte, bedeutete sie die große weite Welt und eine Welt, die mein Fernweh damals etwas stillen konnte. Ich bin in einem kleinen Ort in Oberösterreich aufgewachsen und es war mir früh klar, dass ich ihn irgendwann hinter mir lassen musste. Was mir im Grunde leicht fiel, da auch meine Eltern anderswo ihre Heimat hatten und meine Familie dort nach wie vor als „zuagroast“ gilt. In Wien bin ich in die Schauspielschule gegangen und habe hier auch mein Handwerk erlernt. Das Fernweh hatte mich natürlich längst wieder eingeholt, deshalb organisierte ich mir nach 2 Jahren dann einen Erasmusaustausch mit einer Universität in Schottland, an der ich schließlich meinen Schauspielabschluss gemacht habe. Da durfte ich die Schulbank mit heute internationalen Schauspielgrößen drücken. Weiter ging’s nach London. Aber Wien ließ ich nie aus den Augen, aus dem Herzen. Und die Rückkehr war großartig! Endlich konnte ich wieder in meiner Muttersprache spielen.



Wie siehst Du die Möglichkeiten als Schauspielerin in Wien/Österreich?
Wien zieht seit jeher Künstler*innen aller Sparten an, ist seit Jahrhunderten ein Hotspot, könnte man sagen. Im Vergleich zu Großbritannien gibt es natürlich viel weniger Angebot an Filmrollen, aber auf der anderen Seite eine riesige Nachfrage. Für meine internationalen Schauspielfreund*innen, die in London, Kalifornien, New York leben, sind 5 Castings pro Tag 7 Mal die Woche völlig normal. Davon können wir hier in Österreich nur träumen. Die Filmproduktionskultur ist hier eine völlig andere. Es gibt wunderbare staatliche Fördermaßnahmen, die es in Großbritannien und Amerika so niemals gebenwürde, aber deshalbfehlen uns andererseits hier auch ein wenig die Privatinvestoren. Mir kommt vor, dass sich die Kultur des „fundraisings“ noch nicht so etabliert hat.



Im Theaterbereich kenne ich persönlich die sogenannte Off-Szene sehr gut (aus dem Amerikanischen von „Off-Broadway“, was so viel heißt wie „abseits des Broadway“). Auch hier fehlt es an Geld, an sozialen Sicherheiten. Als Schauspielerin bin ich es gewohnt, auf der Bühne für wenig Geld zu arbeiten. Wunderbar ist es natürlich, wenn ich hin und wieder in TV-Produktionen mitwirke. Und wenn man mich nach meiner bescheidenen Meinung fragen würde, dürfte in diesem Bereich noch viel mehr produziert werden. Wahnsinns Ideen und richtig gute Schauspieler*innen gäbe es genug!

Was wünscht Du Dir für den Schauspielberuf?
Ich wünsche mir, dass ich bis an mein Lebensende dafür brenne, dass ich bis an mein Lebensende nicht müde werde zu lernen, wie ich mich immer mehr loslasse und der Rolle, die ich verkörpere Raum gebe, um Menschen mit Geschichten zu inspirieren, die ich ihnen mit Wahrhaftigkeit und Leidenschaft zu erzählen vermag.

Was sind Deine kommenden Projekte?
Ich habe vor 10 Jahren ein englischsprachiges Theater mitbegründet, die Open House Theatre Company, und wir haben soeben unsere neue Saison finalisiert.
Dann probe ich gerade für ein Theaterstück mit 2 Künstlern, die ich verehre. Darauf freue ich mich unendlich.
Ich arbeite momentan auch an einigen Drehbüchern mit meinem Mann, der ebenfalls Schauspieler und Regisseur ist. Mehr möchte ich noch nicht verraten.






Was möchtest Du Schauspielstudenten*innen mitgeben?
Finde Lehrer*innen, die Dich inspirieren und von denen Du das Handwerk richtig gut lernst. Lehrer*innen, die Dir zuhören und sich wahrhaftig für Dich interessieren. Dann gib nicht auf, suche Dir Projekte, die Dich erfüllen, umgib Dich mit Menschen, die Dich herausfordern und entwickle ein Gespür dafür, welche es gut mit Dir meinen. An die halte Dich. Erfolg bedeutet: Fall down 7 times, get up 8.


Was würdest Du Romy Schneider sagen, fragen wollen?
Ich verneige mich in Ehrfurcht.

Wie siehst Du die Umstände des Todes von Romy Schneider?
Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass sie über den äußerst tragischen Tod ihres Sohnes nie hinweggekommen ist… mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Darf ich Dich abschließend zu einem Romy Schneider Achrostikon bitten?
Raw
Obsession
Muse
Yearning





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40.Todesjahr _ Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris) _ im Gespräch und szenischem Fotoporträt_acting Romy Schneider
Maria Lohn, Schauspielerin _Wien
Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _Wien_10.2022
Herzlichen Dank an Magdas Hotel_Ungargasse 38, 1030 Wien für die freundliche Kooperation!
Walter Pobaschnig 10_22